Die Tochter meiner besten Freundin hat letzte Woche ihr allererstes Schulzeugnis erhalten. Das ganze Schuljahr über war die Mutter in regem Kontakt mit den Lehrern, und ihr wurde immer folgendes gesagt: Das Kind wäre sehr gut, es würde zum oberen Klassendrittel gehören. Wenn jeder so lieb, lernfreudig und schnell von Begriff wäre wie sie, wäre die Schule das Paradies.
Auch negatives wurde angesprochen: Die Kleine wäre recht sensibel, und manchmal zu flüchtig. Hält sich nicht immer damit auf, die Aufgabenstellung völlig zu erfassen. ABER: das ist nichts, worum man sich Sorgen machen müsse.
Die ersten drei, vier Monate hatte das Mädchen größere Schwierigkeiten mit dem Lesen. Gegen Ende konnte sie es gut. Das erste halbe Jahr hat sie ähnliche Buchstaben verwechselt. Am Ende nicht mehr.
Tja. Und jetzt kam das Zeugnis. Keine Ziffern, eben nur Text. Und der liest sich, als wäre das Mädel der letzte Klassendepp!
Sie könne nur ganz langsam, Wort für Wort lesen. Verwechsle Buchstaben.
Beim Schreiben ist sie unsorgfältig, mieses Schriftbild, hält keine Linien ein, macht ständig Flüchtigkeitsfehler.
Kann keine Aufgabenstellung umsetzen, auch auf Lehrerhinweis nicht alle Fehler korrigieren.
Das Rechnen im Raum bis 20 geht zwar noch, aber mit zu vielen Flüchtigkeitsfehlern. Sie sei verträumt, sensibel, anhänglich. (ANHÄNGLICH? )
Die Hausaufgaben kämen nur "meistens" pünktlich. (Die werden im Hort unter Erzieherinnenbetreuung erledigt!)
Das Schulmaterial wäre meist nicht vollständig.
Selbst in Kunst war sie zwar enthusiastisch, aber zu ungenau.
Das einzige, dass dieser begnadete Mini - Schussel so drauf hatte, war Sport: In Laufen und Weitsprung hätte sie beeindruckende Leistungen gezeigt.
Das gesamte Zeugnis klingt nach einer Aufforderung, möglichst schnell einen Kinderpsychologen aufzusuchen, um ADHS ausschließen zu lassen. Oder vielleicht doch eine Zurückstufung zu beantragen. Denn das Klassenziel wurde ja offensichtlich nur mit äußerster Mühe erreicht.
Die arme kleine Erstklässlerin, die bis dato jeden Morgen glühend vor Stolz zur Schule marschiert ist, heult sich jetzt die Augen aus.
Und die Mutter wird auf jeden Fall ein ernstes Gespräch mit den Lehrern suchen. Ob sie das Zeugnis anfechten will, weiß sie noch nicht. (Hurra, wir kommen zur Frage):
Was muss man tun, um ein ungerechtes Zeugnis anfechten zu können? Wie groß sind die Erfolgsaussichten?