Entnazifizierung von Schülern

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Amy
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Do 2. Feb 2006, 20:31 - Beitrag #1

Entnazifizierung von Schülern

Guten Abend liebe Matrix'ler,

seit geraumer Zeit (drei Jahren) bin ich Mitglied der Tutorengemeinschaft an meiner Schule, die wir uns auch Leukos taufen.
Wir werden aktiv, wenn Mobbing die Runde macht, Gewalt und Streitereien.
Nun aber auch für etwas anderes.

Heute früh wurde ich mit einer 'Kollegin' zu der leitenden Lehrerin geholt, die uns einige Fälle aufzählte.
Unter anderem Mobbing von unserem Tutoren-Anführer gegenüber anderen, Tutoren-Hass unter sich (obwohl sie alle genau die Fraktion gegen Gewalt, etc. einnehmen sollten), Ausnutzen der Macht, die wir in gewisser Weise haben (Bsp: Ein Kollege hat Schüler aus der 5. Klasse aus dem Internetcafe verscheucht, nur um sich dann vor deren Augen pornografische Seiten - was verboten ist! - anzusehen.
Nun ja. Diese Fälle werden in den nächsten Wochen besprochen, denn sie betreffen ja unsere Mitte, ohne die wir nicht existieren können.
Denn die einzigen, die noch mit Herz und Seele dabei sind, sind nun mal wir aus den 10. Klassen, die jedoch bald zurücktreten und sich den Abschlussprüfungen widmen.

Um was es mir geht, ist ein anderer Fall.
Uns wurde mitgeteilt, dass einige Schüler aus den 5. Klassen sich ständig mit dem Hitlergruß begrüßen, Hakenkreuze überall zeichnen (Bus, Bänke, etc.) und lauthals irgendwelche Parolen rufen. Die Schülerinnen dieser Klasse sind mit den Nerven am Ende - was ich auch verstehe.
Ich bin in diesem Thema - Rassismus und Verherrlichung von Hitler - ziemlich verbissen. Mit Rassisten habe ich schon öfter einen Streit begonnen, weil ich diese Ansicht kein bisschen toleriere.
Nun. Uns wurden diese Jungs ans Herz gelegt und wir sollen (zu zweit) sie zur Vernunft bringen. Denn zum Einen schaden sie ihrem Umfeld, zum anderen könnte dies ein schlimmes Ausmaß annehmen, wenn 10jährige Schüler bereits jetzt so besessen von diesem Thema sind.

Meine Frage ist nun: Wie würdet ihr am Besten vorgehen?

Meine Kollegin und ich, dachten daran, erst einmal ein ruhiges Gespräch mit ihnen zu führen, um herauszufinden, was sie denn so toll an all diesem Thema finden. Ich hätte ihnen dann auch noch einige harte Bilder aus dem 2. Weltkrieg vorgelegt, damit sie sehen, was "der tolle Held Hitler" mit der Welt angerichtet hat.

Aber das würde nicht genügen. Ich habe Angst davor, dass sie dies am Ende noch schön finden und ein gehauchtes "Cool" über ihre Lippen kommt, denn so etwas konnten wir schon von Gleichaltrigen im Arbeitslager in Maudhausen erleben.

Daher bitte ich euch, mir zu helfen.
Vielleicht sieht der Ein oder Andere eine Lösung.

Über Vorschläge würde/n ich/wir uns freuen,
denn wir wollen den Kleinen die Augen öffnen, nach dem Treffen.

Danke für die Zeit, die ihr euch für mich nehmt.

In Liebe
Amy

janw
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Do 2. Feb 2006, 21:18 - Beitrag #2

Liebe Amy,
da hast Du Dir was vorgenommen...^^

Ich denke, zuerst mal solltest Du Deine eigene Aufgeregtheit ablegen, die ich verstehen kann, die berechtigt ist, die ich wohl auch hatte in Deinem Alter, und ganz unbefangen auf die Jungs zugehen, sie eben fragen, warum sie Sachen beschmieren, die ihnen nicht gehören, warum sie irgendwelche Parolen brüllen, was sie so toll daran finden - Du möchtest einfach nur verstehen.
Du wirst dann sehen, woran Du bei ihnen bist - sind sie einfach nur frühpubertierende Jungs, die einen Auslaß suchen für ihren ganzen Gefühlsstress, den sie auch als Jungs in dem Alter haben, oder haben sie sich bereits mit rechter Ideologie beschäftigt, sind sie irgendwie auf einem gefährlichen Trip?

Gegen das erstere hilft einiges, am besten irgendeine Gruppe, in der sie sich ausleben und Erfolgserlebnisse bekommen können, indem sie zusammen mit anderen etwas schaffen. Eine Schülerzeitung zum Beispiel, eine Literatur-AG, eine Schachgruppe,... Yoga finde ich auch nicht schlecht, aber in dem Alter?

Wenn sie wirklich auf dem ideologischen Trip sind, dann sollten sie irgendwie erfahren, wie es ist, selbst ausgegrenzt zu werden. Vielleicht hat ein Gemeinschaftskunde-Lehrer eine Idee dazu.
Aber so weit bist Du ja noch nicht mit Deiner Erkundigung...

Anaeyon
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Do 2. Feb 2006, 21:42 - Beitrag #3

Amy, ich denke mit ein paar Bildern wirst du bei Zehnjährigen nichts erreichen. Es sind nur Schwarzweiß-Bilder. Du reagierst vielleicht sensibler auf solche Bilder, aber die meisten tuen es nicht. Für die meisten ist es wie eine Dokumentation über eine Geschichte in grauer Vorzeit, unrealisierbar das wirklich auf unserem Grund und Boden Menschen gestapelt und verbrannt worden.

Ich denke - ohne es selbst je versucht zu haben - das man den Jungs eher den Wind aus den Segeln nimmt, indem man das Thema Nazi eher nicht beachtet, sondern ihnen klarmacht was ihnen droht wenn sie weiter mit ihrer Sachbeschädigung machen. Gehst du auf das Thema Nazis ein, tust du genau das was sie wollen - sie wollen provozieren und du lässt dich provozieren.

ICH würde solchen Jungs mal Videos vorspielen, getreu dem Motto Fresse auf den Bordstein oder "Willst du sterben?". Da dies aber wohl nicht erlaubt ist, fällt diese Möglichkeit weg. Nebenbei würde ich die Jungs danach ebenfalls auf den Bordstein bitten, so als kleine Schock-Kur. Bild

Mach ihnen klar das dich deren Nazi-Geplärre einen scheiss interessiert, das ist eh nur kindischer Mist, aber das es harte Strafe gibt wenn sie Leute anpöbeln oder Dinge vollschmieren.

janw
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Do 2. Feb 2006, 22:04 - Beitrag #4

Ana, bin ich irgendwie zu lieb? ;)
Vielleicht hast Du recht, und man muss ihnen etwas härter kommen...
Aber die feinfühlige Amy, die schafft das schon! :)
Oder...muahaha?

Nein, bin selbst ein bißchen hin und hergerissen zwischen verständnisvoll auf die Jungs eingehen und ihnen zeigen, wo der Hammer hängt...

Anaeyon
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Do 2. Feb 2006, 22:18 - Beitrag #5

Nun, ich weis nicht wer von uns beiden mehr Erfahrung im Umerziehen von 10jährigen hat, ich habe sie durch die kleinen Gangstaz...aber ob die auch auf Pseudo-Nazis zutrifft?

Vielleicht sind sie auch noch ein bisschen zu Jung, um so dermaßen in der Pubertät zu stecken das sie gar nichts blicken wollen, wer weis..Amy könnte es aber mit Stöckelschuhen versuchen Bild

Kati
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Do 2. Feb 2006, 22:28 - Beitrag #6

Mich würde mal mehr interessieren, woher dieses Beschäftigen mit dem Nazionalsozialismus kommt :boah: In der 5. Klasse? Wenn ich mich recht erinnere, kam das Thema erst in höheren Klassen zur Sprache.

Es gibt also nur zwei Möglichkeiten:
1) Großer Bruder/Vater sind in der rechten Szene einer der Jungen, der das natürlich ganz toll findet und nacheifert, in dem Alter sind sie ja.

2) Sie haben das irgendwo mal irgendwie aufgeschnappt und haben nicht die geringste Ahnung was sie da eigentlich machen.

Beide Fälle wären schwierig zu behandeln. Den ersten würd ich sehr vorsichtig angehen, immerhin gehen deine Worte dann nicht nur "gegen" ihr Verhalten, sondern auch gegen das ihrer Verwandten/Bekannte/wai.

Bei zweitem Fall allerdings, würde ich es so angehen wie Anaeyon. Vielleicht nicht unbedingt die Sache mit dem Bordstein ;) Aber es gibt genug Bilder und Filmmaterial über beispw. die KZs. Und so wortgewand wie du bist Amy, kannst du diese Bilder dann auch noch gut unterlegen :)

Egal was du machst, dein Einsatz hat viel Respekt verdient :pro:

nazgul
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Do 2. Feb 2006, 22:37 - Beitrag #7

Immer hilfreich in dem Fall kann ich zwei Filme nennen:
1. Die Welle
2. Führer Ex

Das Buch von ersterem wird die Blagen wohl nicht erreichen (Bäh lesen / können nazis sowas überhaupt?)

Ansonsten, und wenn sie auf Bücher anspringen, wären da noch zu Empfehlen:
1. Großvater und das vierte Reich
2. Unter der Asche die Glut
3. Muscha

Das ist Altersangemessen und kommt sehr plastisch rüber.

Ansonsten schliess ich mich Ana an... "Fresse auf den Bordstein"

Anaeyon
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Do 2. Feb 2006, 22:39 - Beitrag #8

Kati, Dokus über WWII gibts täglich im Fernsehen, in jeder Zeitung wird irgendwelchen Opfern gedacht und auch ansonsten sind 5.Klässler nicht ganz so blind wie man meinen möchte. Bild

Rauszufinden ob die Bekannten rechts sind ist leicht. Hör dir die Parolen genau an. Wenn nicht nur "Heil Hitler" kommt, sondern auch Phrasen wie "88", "14 Words", "Blood & Honour/28" etc. dann bin ich mir ziemlich sicher das die Jungs da nicht allein drauf gekommen sind..

janw
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Do 2. Feb 2006, 22:57 - Beitrag #9

Naja, ich würde mal tippen, daß die auf dem "wir sind ganz doll stark und toll"-Trip sind, wie Jungs eben in dem Alter oft so sind. Die einen machen dann auf ganz böse und dämonisch Satanismus, die andern auf ganz böse oder auch voll krass GangstaZ, und einige eben auf voll starke Neonazis.
Die eigentlich...mit ihrer Gewalt nur stumm nach Liebe schreien. Nach Anerkennung dessen, so wie sie sind, nämlich eigentlich ganz knuffig und nur etwas unsicher.

janw, mal gänzlich unhysterisch

aleanjre
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Fr 3. Feb 2006, 00:00 - Beitrag #10

Wow, Amy, ich finde deinen Einsatz toll! :pro:
Aber dieser Fall ist wirklich sehr schwierig.
Es gilt wohl wirklich erst mal herauszufinden, ob die Jungs nur irgendetwas brüllen, dass sich als wirksames Provokationsmittel erwiesen hat, oder mit Herz dahinterstehen.
Wichtig wäre mir zuerst ein Gespräch mit jenen Kindern der Klasse, die unter den Parolen leiden. Ihnen klar machen, dass gepflegte Ignoranz das beste Mittel ist, um den Tätern zu zeigen, dass sie so nicht weiterkommen.
Das Verhalten der Jungen ist im besten Fall dumm. Ein ernstes Gespräch und tatsächlich der Film "Die Welle" würde wohl reichen.
Wenn es tiefer geht, könnt ihr als Mitschüler gar nichts mehr erreichen. Welche Konsequenzen würden die Lehrer dann ziehen?

Maglor
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Fr 3. Feb 2006, 15:16 - Beitrag #11

Wenn ich mich recht an meine eigene Schulzeit erinnere, gab es tatsächlich Phasen, wo wir so etwas sehr lustig fanden. Es ging aber nicht nur um Hakenkreuze; Hammer und Sichel, Pentragramme, Judensterne... kann man auch überall hinschmieren.
Es war auch keineswegs so, dass wir nicht wussten, was das alles bedeutet. Im Grunde wussten wir über Holocaust und Weltkrieg bescheid und wenn wir, es nicht gewusst hätten, hätten wir es auch keineswegs so spaßig gefunden.
MfG Maglor

Amy
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Fr 3. Feb 2006, 22:54 - Beitrag #12

@ Janw: Es geht ja nicht um mutwillige Zerstörung (falsche Beschreibung - ich weiß ).. Die wichtigsten Punkte sind, dass sie damit ihr Umfeld schädigen und sich das Verhalten sicherlich verstärken wird. Wenn sie sich in der Vorpubertät einen Weg ebnen und diesen dann in der Pubertät wählen, sind sie ziemlich tief versunken. In der Pubertät sucht man einen Weg, ein Ziel, Halt. Und wenn sie sich solchen Halt suchen, sieht es schlecht aus. Die Welt kann auf eine Gruppe Neonazis verzichten, wo wir doch sowieso langsam untergehen.
Das mit Schülerzeitung [und ähnlichem] habe ich mir eine Zeit lang durch den Kopf gehen lassen und mich dann jedoch in die Lage dieser Kinder hineinversetzt. Du bist 10, männlich, negativ rebellisch und hast einen Hang zum Rassismus.
Nun - denkst du, die würden auch nur ein zweites Mal in der SZ auftauchen? Oder einen sinnvollen Text erstellen? Am Ende schreiben sie noch einen über "den tollen Onkel Hitler". Die anderen Sachen fallen da leider auch weg. Schach spielt heutzutage keiner mehr [ich kann es ;) ] und will auch niemand mehr lernen. Zu Weihnachten bekam ein zwei Jahre jüngerer Cousin einen Schachcomputer und hat ihn gehasst. Und dies öffentlich gezeigt. Die Jungs, soviel ich von ihnen gehört habe, würde ich auch in diese Spalte stecken. Und da ich diesen Typ Mensch häufig beobachten kann, bin ich der festen Überzeugung, dass sie Schach als "scheiße" befinden und Yoga als.. was weiß ich. Mir fallen keine jugendlichen Schimpfwörter mehr ein.. :rolleyes:
Aber dennoch danke ^^

@ Ana: Ja. Die Bilder. Ich weiß, dass sie bei denen nichts anrichten werden. Wir durften uns vor zwei Jahren einen krassen Bildband ansehen und wir waren danach nicht wirklich fröhlichen Gemüts. Aber du hast Recht... Denen wird das nichts ausmachen. Wieso sollte es auch? Wahrscheinlich finden sie es am Ende doch noch toll.
Die Theorie mit dem Ignorieren ist wirklich nicht schlecht. [Das hat mir meine Mutter auch immer gesagt.. *g*] Aber wenn diese Kinder wirklich mit Herzblut in dieser Sache sind, wollen sie sich Aufmerksamkeit holen. Gefährliche Sache: entweder es gelingt oder es eskaliert.
Und das mit dem Bordstein werde ich sicherlich nicht machen - oder willst du Feuer mit Feuer löschen?
- Und ich habe keine Stöckelschuhe, daher fällt die Sache auch weg ;)

@ Kati: Ja. Soweit ich weiß wird das Thema erst ungefähr in der 8./9. Klasse angesprochen. Was du ansprichst, ist einer der wichtigen Punkte, den wir uns auch vorgenommen haben. Und wir tippen im Stillen eigentlich auf ältere Geschwister. Die Vorbildfunktion der heutigen Kinder entfernt sich immer weiter von den Eltern und rutscht zu den älteren Geschwistern, die man im Stillen "sooo cool" findet. [Dabei muss ich jetzt an "American History X" denken..] Sollten sie ihr Wissen / ihre Quelle in den Geschwistern haben, wird es knifflig, ihnen da etwas auszureden. Denn auf wen würdest du hören?
Auf zwei Schüler, die du nur ab und zu sieht oder einen älteren Bruder, der dich 24-Stunden am Tag unter Kontrolle haben kann?
Ein extrem schlimmer Fall wären natürlich die Eltern. Wenn diese den Nationalsozialismus verherrlichen.. Dann würde ich persönlich den Fall aber an die Lehrer weitergeben. Gegen jüngere Schüler können wir vielleicht helfen. Aber nicht gegen - meist gewalttätige - Väter (in wenigen Fällen Mütter)..

@ Nazgul:Danke für die Vorschläge. Habe mir alles notiert. Ich muss aber erst einmal sehen, ob ich das irgendwo auftreiben kann [ich wohne in einem Kaff!]. Wenn nicht: wäre "Schindlers Liste" etwas? Oder einer der neueren Filme (-> "Sophie Scholl", "Der Untergang",etc.)? An die würde ich sicherlich leichter kommen..

@ Alea: Danke :) Auf ein Gespräch mit den 'Opfern' sind wir noch gar nicht gekommen. Keine Ahnung wieso.. *hust* Aber, ja. Das ist gut. Diese könnte man darum bitten, auf Ignorieren umzuschalten. Nur blöderweise könnte dann wieder der Fall mit dem "Aufmerksamkeit-beschaffen" eintreten. Aber ich hab's mir mal notiert und wir werden wohl auf jeden Fall mal mit den [überwiegend] Mädchen reden.
Welche Konsequenzen die Lehrer ziehen würden, weiß ich nicht. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob das Verhalten der Schüler schon so vorgedrungen ist, denn auch wir haben im Stillen darüber geredet und nicht in der Öffentlichkeit.
Irgendwie habe ich auch das Gefühl, dass die Lehrer nichts unternehmen könnten/würden, denn diese kleine Gruppe 5. Klässler ist nicht der einzige Fall. Ich könnte soviele namentlich nennen, die alleine in meine Jahrgangsstufe gehen und Neonazis sind.
Die auf die Frage "Fandest du denn gut, was Hitler gemacht hat?!" mit einem "Nein... ich hätte es besser gemacht" antworten. Wie gesagt: mit denen bin ich schon ein paar Mal aneinandergeraten, weil ich das einfach nicht einsehen kann. Dummes naives Verhalten..

So. Ich hoffe, ich habe nicht nur Mist geantwortet, denn ich bin es nicht gewohnt, so lange Antworten zu schreiben ;)

Ich bedanke mich jedenfalls bei allen, die sich die Zeit genommen haben, zu lesen oder gar zu antworten. Danke :)

Anaeyon
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Fr 3. Feb 2006, 23:07 - Beitrag #13

Feuer mit Feuer löschen...nuja, diese kleinen Jungs haben so viel Mut wie n Meter Feldweg. Sie überschätzen sich maßlos in ihrer eigenen Planlosigkeit. Zeigst du denen mal wo es lang geht - und zwar ruhig mit einer Demonstration deren Schwäche - ziehen die ganz schnell den Schwanz ein. Klar, ich weis nicht wie es bei denen ist und es gibt sicher nettere und trotzdem effiziente Methoden, die Kinder mal zum Denken zu bewegen.

Ich würde die Bordsteinmethode bis kurz vorm Zutreten durchführen, würde sich die geeignete Situation dazu bieten. Allerdings eher aus Wut, weniger aus "Hilfsbereitschaft". Nein, es würde evtl. nach hinten losgehen (die kleinen Rennen zum Rex und petzen etc.)..

Ob du mit Filmen oder Büchern was erreichen kannst ist fraglich. Wie willst du sie dazu bekommen, einen Film anzuschauen? Da müsste schon ein Lehrer gezielt denen Nachsitzen aufdrücken und dann kommentarlos den Film abspielen.

Amy
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Fr 3. Feb 2006, 23:18 - Beitrag #14

Es ist sowieso fraglich, wann die Lehrerin das geplante Treffen machen will.
Vormittags könnte man dennoch kurz in einen Film hineinsehen, nachmittags erst recht. Obwohl der Protest sicherlich groß ist - da wäre niemand anders, wenn man seine Freizeit für "olle Videos" opfern muss.

Zum Bücher lesen werde ich sie wohl nicht bekommen. Kleine Jungs wollen sehen. Wollen hören. Aber nicht lesen. Für die ist das eine sinnlose Zusammenfassung von Buchstaben. Ja, natürlich - ich kenne diese Gruppe noch nicht. Aber es reicht mir ein Blick durch die Klassen, ein Hören beim Vorlesen.
Wären sie in der zehnten Klasse, könnte es gut möglich sein, dass sie Bücher lesen würden. Aber nicht in der fünften Klasse..
Leider!

janw
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Fr 3. Feb 2006, 23:37 - Beitrag #15

Amy, Dir helfe ich immer gern, und gegen Nazis sowieso :)
Die Filme könnten allerdings eine Idee sein, wenn ich auch überlege...die Jungs könnten die Gewalt dort tatsächlich cool finden und die Sache nach hinten losgehen. Oder sie schalten irgendwann ab und widmen sich ihrem gameboy. Naja, aber einen Versuch ist es auf jeden Fall wert.

Sie mit ihren Opfern zu konfrontieren, oder die Opfer dazu zu bekommen, die Jungs zu ignorieren - auch nicht schlecht. So lange die Gewalt nur aus Parolen besteht, mag das gehen.

Was ich als Problem sehe ist, daß Ihr Euch nicht auf Einmal-Maßnahmen beschränken dürft, sondern die Jungs brauchen etwas kontinuierliches. So wie ihre Vorpubertät ja auch ein Kontinuum ist, ist es vielleicht nicht schlecht, ihnen einen Raum zu geben, in dem sie sich kontinuierlich Erfolgserlebnisse und positive Selbstbestärkung in ihren guten Seiten erarbeiten können. Das könnte irgendeine AG sein, ob Schülerzeitung, Werken, Literatur, Musik, was immer geht und für sie individuell passt.
Vielleicht auch irgendetwas rollenspielartiges.

Lykurg
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Fr 3. Feb 2006, 23:56 - Beitrag #16

Bücher halte ich auch nicht für die Lösung. Noch weniger allerdings Gewalt - damit kann man nur unterdrücken, vielleicht zerstören, aber nicht kurieren.

Was meint ihr, würde geschehen, wenn man "American History X" zeigte? Das wäre jedenfalls kein "olles Video".... Und gerade wenn Anhaltspunkte zu der Vermutung bestehen, daß sie (bzw. ein paar von ihnen, das reicht ja) ihre Geschwister nachahmen, könnte das vielleicht eine heilsame Schockwirkung haben, mehr als die Konfrontation mit der Geschichte selbst? "Die Welle" - ich weiß nicht. Ich selbst fand Film und Buch ziemlich beeindruckend, aber ich weiß nicht, ob es noch hilft, wenn man sich dahinein verrannt hat... Wir vermuten ja derzeit nicht, daß sie von Disziplin etc. begeistert sind, sondern einfach nur Mitläufer im Anti-sein...

Der Notwendigkeit dauernderer Maßnahmen stimme ich zu, jedenfalls es nicht auf eine Sitzung zu beschränken - das kann wohl kaum etwas bringen.

Ich frage mich gerade, ob es eher hilfreich oder schädlich wäre, die Typen zu isolieren. Einerseits sind sie allein im Zweifel gesprächsbereiter, empfindlicher, zugänglicher; und das wichtigste: sie können sich nicht darüber lustig machen, weil dazu "Einverständnis" gehört. Andererseits kann man dann nicht verhindern, daß sie im Nachhinein untereinander die Effekte rückgängigmachen; wir wollen die Gruppe zum Umdenken bringen und nicht nur die Individuen...

Vielleicht eines nach dem anderen. Ich glaube jedenfalls, daß Einzelbehandlung die Sache zu Anfang erleichtern müßte. Der Zeitaufwand vervielfacht sich natürlich dadurch. Aber ich glaube, es könnte schwer genug werden, durchzudringen.

Anaeyon
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Sa 4. Feb 2006, 00:13 - Beitrag #17

Wenndann sollte man sie besser integrieren, mmn. Nazis fehlt es ja bekanntlich am Erfolg mit den Mitmenschen ^^..

Blickt ein 10jähriger American History X? Bin mir nicht mehr so ganz sicher..

Lykurg
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Sa 4. Feb 2006, 00:27 - Beitrag #18

Nein, ich meine nicht allgemein in Klassengemeinschaft etc., das wäre wohl kontraproduktiv, sondern Einzelbehandlung bei der 'Entnazifizierung'.

Feuerkopf
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Sa 4. Feb 2006, 00:57 - Beitrag #19

Amy,
mein erster Gedanke war, dass ihr das nicht ohne Rückhalt bei den Lehrern regeln solltet. Es wäre vielleicht auch eine Idee, mal beim Jugendamt zu fragen, wie man mit solchen Bürschchen umgeht. Könnte mir vorstellen, dass es durchaus Strategien gibt.
Ich bin grundsätzlich für Null-Toleranz bei Nazisprüchen, weiß aber, wie schwierig das umzusetzen ist.

Maglor
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Mo 13. Feb 2006, 15:29 - Beitrag #20

Vielleicht ist es an der Zeit ein paar Anekdoten aus meiner eigenen Schulzeit zu pflegen.
Ich weiß nicht, ob es in der 5. oder 6. Klasse war, als wir auf einem Wandertag einmal dieses merkwürdige Lied "Wir ziehen in den Krieg" (auf die Melodie "Wir fahren übern See") sangen. Unsere Sangesfreuden wurden natürlich von der Lehrkraft beendet, als Hinrichtungen musikalisch nacherzählt wurden.
Ich glaube damals lernten, wir unsere schlechten Scherze nur noch heimluch zu betreiben.
Irgendwann begannen wir wieder Scherze zu treiben; eigentlich taten wir (der männliche Teil der Klasse) es immer. Im Grunde half da auch keine Aufkärung. Der gemeinsame Konsum von "Schindlers Liste" förderte nur weitere Witzbildungen. Natürlich kann man auch im KZ selbst makabere Scherze treiben. Irgendwann benutzen wir das Wort Jude schon fast wie ein Personalpronomen. Naja und irgendwann haben wir dann schon mal die Reichministerien untereinander aufgeteilt.
Wusstet ihr eigentlich, dass man mit der Plastik-Ummantelung einer Zigarettenschachtel vor dem Mund wunderbar den Sound der Sportpalastrede immitieren kann?
MfG Maglor


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