Zitat von Traitor:Traitor, warum sollten Youtube und Co. an die ISPs bezahlen? Das wäre ja eben nicht angenehm, würden dadurch kleinere Unternehmen keine Chance haben.
Mir schwebt nicht die Lösung vor, die die Telekom jetzt schon ankündigt - Anbieter sollen sich bei ihr als "Premium-Dienstleister" einkaufen können, die genauso aus der Summe rausbleiben wie die eigenen Angebote - denn das hätte genau den von dir beschriebenen Effekt. Aber man könnte die Volumenlimitierung umdrehen, quasi eine zentrale Traffic-Gebührenerhebung. Privatanbieter und kleine Unternehmen, die nur wenige Daten ausliefern, blieben verschont, ebenso wie die Kunden, aber Großanbieter müssten draufzahlen. Idealerweise ginge diese Gebühr dann nicht zur freien Verfügung an die Provider, sondern zweckgebunden direkt in den Netzausbau, gerne auch auf dem Land.
Zitat von Anaeyon:dass politisch relevante Nutzungen 2013 die gleichen sind wie 2025, 2050.
Sicher können Livestreams von Bundestagsdebatten oder Auslandsnachrichten, VR-Präsenz oder derartiges immer relevanter bleiben - dass für die informationslastigen Anwendungen weniger Bandbreite nötig ist als für die unterhaltungslastigen, dürfte aber eine Konstante bleiben, ganz einfach, weil echte Information besser komprimierbar ist als Ästhetik.
Zitat von Anaeyon:denn es wird schon seit Jahren schlechter und jeden weiteren Schritt, den die machen, bringt uns weiter von einem ursprünglichen Internet weg.
Nur, dass "das ursprüngliche Internet" kein Wert an sich ist. Andere Medien waren auch in ihrer Frühform nicht besser als in ihrer Hochform. (Obwohl manche inzwischen sicher schon sehr stark abgestiegene Spätformen erreicht haben.) Noch scheint etwa die Informationsverfügbarkeit durchaus noch steil anzusteigen, auch und gerade dank einiger Großkonzerne. Man muss aber ohne Frage wachsam sein, womit das erkauft wird.
Zitat von janw:Ich frage mich aber eben nur, ob diese Bandbreitenreduktion etwas Wesentliches mit dieser Netzneutralität zu tun hat, trifft nicht das nicht eben eigentlich ganz andere Anwendungen des Netzes, vorwiegend Unterhaltung?
Die Reduktion an sich ist neutral. Aber sie ist eben ein Türöffner zur selektiven Reduktion, die die Telekom mit der Nichtdrosselung eigener Unterhaltungsangebote ja sogar von Anfang an offen anstrebt. Und sobald die etabliert ist, ist es technisch wie politisch sehr viel einfacher, Angebote auch nach Inhalten zu filtern.
Zitat von janw:Und setzt hier das Netz nicht vielleicht einige etwas problematische Anreize, wenn es dazu führt, daß Geschäfte reihenweise schließen müssen? Man stöbert vielleicht noch im Laden, kauft aber dann im Netz.
Ein Großteil der Geschäfte hat es halt leider auch verdient, wenn beispielsweise der Service schlechter ist als im Netz - warum von inkompetenten Verkäufern falsche Ware aufschwatzen lassen, wenn man sich im Netz genau informieren und im Zweifel auch noch einfacher zurückgeben kann? Es werden sich nur die halten können, die Mehrwert bieten. Das mag teilweise traurig sein, nutzt letzlich aber dem Kunden eher. Zumindest solange, bis es im Netz keine totale Konzentration auf einige wenige Anbieter gibt - und, um die Themenkurve zu kriegen, auch die würde beispielsweise stark begünstigt, wenn die Provider auch noch auf die Idee kämen, bestimmte Händler zu bevorzugten Kooperationspartnern zu machen und andere auszubremsen oder gar zu -sperren.
Zitat von janw:Mich würde dabei auch mal interessieren, wie weit mich das betrifft - ich habe bei gmx DSL 1000 (1024) und zuletzt 1500 MByte darüber verbraucht.
Huch, seit wann vergibt gmx Anschlüsse? Haben die irgendwen aufgekauft? Dein Verbrauch ist dann sicher diesseits jeder diskutierten Grenze. Aber um mal auf für dich passende berufliche Anwendungen zu kommen: wenn du größere Geodatensätze runterladen würdest, regelmäßig Videokonferenzen machen müsstest, vielleicht Biotope per Kamera überwachen - dann kämest du schnell auf ein Vielfaches.
Zitat von janw:Ich hörte heute, daß Estland sein Internetangebot staatlich betreibt, mit dem Zeil, alle Bürger zu guten Konditionen ans Netz zu bringen. Wäre das eine Alternative - bei allem Mißtrauen, daß mensch dem Staat gegenüber haben mag?
Wie auch bei Strom, Gas und Verkehr halte ich grundlegende Infrastrukturangebote eigentlich für beim Staat in besseren Händen.
@Padreic: Freiwillig werden andere Anbieter wohl nicht nachziehen, zumindest nicht kurzfristig, da es ein perfektes Abgrenzungskriterium ist. Spannend würde es erst, wenn die Telekom damit durchkäme, entsprechende Kriterien für die Leitungsweiternutzung anzulegen. Aber vermutlich ist da die Netzagentur strenger als bei den Privatverträgen. (Wer ist dafür eigentlich genau zuständig? Ich werfe hier gerade weitgehend ahnungslos mit Namen um mich. Netzagentur oder Kartellamt? Oder sind die im Wesentlichen derselbe Laden?)
Die politische Reaktion überrascht mich bisher auch positiv, besonders von Rösler kamen recht klare Worte. Fragt sich nur, ob das nach ein paar Wochen Mediensturm alles in der Schublade verschwindet. Auf die Behörden hoffe ich da tatsächlich fürs Erste mehr als auf die Politik.
@Ipsissimus: Meine Erfahrungen zu realen Netzgeschwindigkeiten decken sich bisher ziemlich gut mit der Faustregel (und iirc auch irgendwo gesetzlich festgeschriebenen Standardvertragsinterpretation) "wenn ein Anbieter mehrere Tarifstufen anbietet, bekommt man auf der nächsthöheren Stufe mindestens die beworbene Maximalgeschwindigkeit der darunterliegenden Stufe", beispielsweise bei Angeboten von 6 und 16 Mbit mit dem 16-Mbit-Vertrag mindestens 6 Mbit. Das ist zwar weder fair noch schön, aber immerhin weit von "praktisch nichts" entfernt.