Gehören eigentlich Klarträume in die Spalte der "verrückten Träume"? (Ich hab gar nicht gesehen, ob das Thema vielleicht einen eigenen Thread hat, nun ja.)
Aus psychologischen und kreativen Gründen wollte ich mich seit über einem Jahr an Klarträumen versuchen. Leider wollte es nicht klappen. Je verbissener ich wurde, umso weniger kam ich voran. Da halfen selbst Hypnose-MP3, zahlreiche Bücher oder Methoden nichts. Ich blieb in meinen Trübträumen und erlangte nie die klare Erkenntnis, dass das alles nur ein Traum ist.
Aufgrund von Stress ließ ich das Thema dann auf sich beruhen. Kürzlich hatte ich ein Bewerbungsgespräch für ein Praktikum in einer Online-Redaktion. Weil es mein erstes richtiges Bewerbungsgespräch war und ich auf den Job angewiesen war und umso mehr Angst hatte, das Gespräch zu vermasseln und ihn nicht zu bekommen, schlief ich in der Nacht zuvor nur zwei Stunden. Um sechs Uhr wurde ich von Handwerkern geweckt und schlief aber noch einmal erschöpft drei Stunden ein. In den drei Stunden hatte ich meinen ersten Klartraum
Er war sehr kurz, aber ... so berauschend.
Durch die Handwerker, die mich im Wachzustand verärgert haben, handelte ein endlos langer Trübtraum über Arbeiten in einem großen Hotelkomplex.
Aber irgendwann in diesem Traum war mir als könnte ich
sehen. Richtig sehen. Als wären die Farben intensiver, alles etwas fassbarer. Und ich hatte plötzlich den Gedanken im Kopf: Das ist nur ein Traum.
Ich bin zurückblickend ziemlich "gelassen" geblieben. Zumindest habe ich sofort einen Realitätscheck gemacht und meine Finger gezählt - es waren elf Stück. Da ich jetzt die Gewissheit hatte, dass das nur ein Traum war, musste ich vor Freude lachen. Ich habe noch nie so viel und so herzhaft gelacht. Es war ein wunderschönes Gefühl. Endlich Triumph, endlich ein Schritt weiter. Ich rieb die Hände aneinander, um den Traum zu stabilisieren und wollte noch ein paar Tests machen, ob ich wirklich träumte. Also stellte ich mich vor den Spiegel und veränderte meine Haare. Ich machte sie wieder blond, dann wieder rot. Kurz, lang. Wann immer ich mir etwas vorstellte, die Augen schloss und sah, dass es funktionierte, wurde ich umso euphorischer. Ich ging zurück in das Zimmer und zählte noch einmal meine Finger - jetzt waren es nur noch zehn. Für einen kurzen Moment war ich verunsichert. Dann sah ich einen Brief auf dem Bett liegen, las ihn, blickte weg und las ihn noch einmal. Nun stand etwas vollkommen anderes dort. Ein weiteres Zeichen, dass es ein Traum war. Puh. Ich überlegte mir weitere Dinge, die ich jetzt tun könnte - ich wollte erst fliegen, philosophierte aber dann ewig lang herum, warum ich es nicht tun sollte. Versuchte auch einen kleinen Flugversuch im Hotelzimmer, aber das funktionierte nicht. Irgendwann bei meinen Überlegungen, was ich als nächstes tun könnte, verlor ich dann den klaren Zustand.
Als ich wach wurde, war ich aber deswegen nicht wirklich frustriert. Im Gegenteil! Den ganzen Tag über kam es mir vor, als wäre ich elektrisch geladen. Nichts konnte mich umwerfen. Ich war glücklich. Und irgendwie bewies mir das, dass ich die Monate zuvor eindeutig zu verkrampft an die Sache rangegangen bin. Genau in dem Moment, in dem ich seit Wochen nicht daran gedacht habe, hat es funktioniert. Einfach so. Ohne irgendeine der zahlreichen Methoden.
Die Tage hatte ich schließlich - wieder ungewollt und ganz plötzlich - einen klaren Moment in einem Traum. Mehr oder weniger. Wie im ersten Klartraum befand ich mich auch hier mitten in einem Trübtraum, als sich meine Sicht plötzlich "änderte", ich alles viel realer und besser wahrnahm. In dem Traum hatte ich mich mit einer Gruppe von Freunden in einer Fußgängerzone befunden. Sofort dachte ich: Klartraum. Ich machte meinen üblichen Realitätscheck, doch ich zählte zehn Finger. Ich war mir SO sicher, dass ich träumte, ließ mich davon aber beeinflussen. Alles fühlte sich komisch an, ich war mir zu 100% sicher, dass es ein Traum war, aber ich versuchte den Gedanken zu verdrängen. Denn nach einem erneuten Abzählen hatte ich wieder nur 10 Finger. Natürlich gibt es zahlreiche andere Realitätscheck und ich hätte was-weiß-ich-alles ausprobieren können - aber ich tat es nicht. Denn obwohl ich
fühlte, dass das ein Traum ist, hatte ich die Angst: Was ist, wenn ich doch nicht träume und mich in der Öffentlichkeit total zum Affen mache?!
Trotz der Tatsache, dass ich mich ganz schlecht wegen dieser Skepsis fühlte, ließ ich es sein, ging meinen Freunden nach und war sofort wieder im Trübtraum.
Als ich wach wurde, war es dieses Mal etwas anders: Meine Güte, war ich sauer auf meine Finger!
Ich muss mich jetzt echt einmal mit einem anderen Realitätscheck beschäftigen, aber irgendwie ist der Finger-Check schon Routine geworden. Leider nicht ganz zuverlässig, weil er mich im ersten Klartraum ja auch schon beinahe meiner Klarheit beraubt hätte. Böses Unterbewusstsein. Nach wie vor so stark ...