Abtreibung Ja oder Nein?

Das Forum für allgemeine Diskussionen! Alle Themen, die nicht in andere Bereiche passen, können hier diskutiert werden.
Maurice
Analytiker
Lebende Legende

 
Beiträge: 5166
Registriert: 14.01.2003
Do 2. Jun 2005, 21:52 - Beitrag #21

Ich verstehe immer noch nicht, warum du sie verurteilst. Was interessiert es dich, was mit ihr oder ihren Angehörigen ist? Wenn du direkt daran beteiligt wärst, dann könnte ich es nachvollziehen, wenn du sie verurteilst. Aber so...

Ich finde ihr Verhalten unvernünftig und sie hätte in ihrem und im Interesse der Beteiligten anders handeln sollen. Ich kritisiere ihr Verhalten, aber das ist für mich nicht mit einer Verurteilung gleichzusetzen.

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Mo 6. Jun 2005, 18:25 - Beitrag #22

Ich bin (in Maßen) emotional betroffen, wenn ein solcher Fall geschildert wird, und verurteile deshalb (in Maßen) die Handlungsweise dieser Frau, wenn die Frage nach der eigenen Bewertung gestellt wird. Das heißt nicht, dass ich sie gerne gesteinigt sehen würde, aber das verurteilen schließt für mich zusätzlich zum kritisieren auch das emotionale Nicht-einverstanden-sein mit ein.

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Di 11. Dez 2012, 11:37 - Beitrag #23

Übernommen von hier...
Zitat von Lykurg: Es gibt Gründe, aus denen ich eine Abtreibung in frühem Stadium rechtfertigen kann, etwa Vergewaltigung, oder aber schwerwiegende Behinderung des Kindes, wenn erheblicher Anlaß zur Annahme besteht, daß die Umstände, unter denen das Kind aufwächst, diesem nicht gerecht werden.
Zitat von Traitor:Damit würde ich dich im Abtreibungsliberalitätsspektrum recht weit auf der restriktiven Seite vermuten, weiter als den von mir angenommenen deutschen Standardkonsens - ein "ich bin erst 20 und habe noch keinen guten Job und keine Lust auf Verantwortung" bei gesundem (noch recht jungen) Fötus scheint ja mehrheitlich als hinreichender Grund anerkannt zu sein, von dir aber wohl sehr definitiv nicht? Aber das gäbe dann schon fast einen generellen Abtreibungs-Thread ab, der vielleicht auch als Grundlage für den Postnatal-Thread relevant wäre.
Da Maglor freundlicherweise im Parallelthread auf die Diskrepanz zwischen Rechtsempfinden und Rechtslage hingewiesen hat, kann meine Antwort etwas kürzer ausfallen. Der von dir genannte "Standardkonsens" entspräche damit ersterem, nicht aber letzterer, ich finde dagegen die Rechtslage in etwa angemessen und störe mich an der Praxis, was auf mein Verhalten rückwirkt.

Meiner Meinung nach gibt es klare Rechtfertigungen
- für Vergewaltigungsopfer (um das Opfer nicht noch weiter und lebenslang damit zu belasten, wobei natürlich auch die Abtreibung eine Belastung ist; um dem Vergewaltiger keine Vaterschaft zu schenken; um nicht ein Kind auf die Welt zu bringen, das von seiner Mutter verabscheut wird)
- bei erkennbar schwerstbehinderten Kindern (wenn es eine erkennbar sehr kurze Lebensdauer und ein Leben in permanentem Leid zu erwarten hat)

Natürlich erkenne ich es aber an, wenn eine Mutter sich unter diesen Umständen trotzdem für ihr Kind entscheidet. -
Dazu kommt eine Übergangszone, in der die Einschätzung situationsabhängig ist. Die Gründe hängen mit der von Maglor erwähnten "Unzumutbarkeit" zusammen, also im Wesentlichen schwere (psychische/physische) Erkrankungen der Mutter oder Minderjährigkeit bei Versorgungsunfähigkeit. Bei Mädchen unter 16 würde ich fehlende Reife als Grund anerkennen, bei älteren hängt es schon sehr vom Einzelfall ab.

Die ganzen Lifestyle-Fragen - nun, niemand muß mit jemandem ungeschützten Verkehr haben, mit dem er/sie nicht auch ein Kind in Kauf nehmen würde. Insbesondere wer das in offener Beziehung bzw. Single-Lebensweise tut, riskiert dann eben auch, alleinerziehendes Elter zu sein; das sichert für mich kein Recht auf Abtreibung.
Das Versagen verwendeter Verhütungsmittel wäre für mich dagegen ein gutes Argument, wenn auch weitere gewichtige Gründe gegen ein Kind sprechen.

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Di 11. Dez 2012, 12:17 - Beitrag #24

nun, niemand muß mit jemandem ungeschützten Verkehr haben, mit dem er/sie nicht auch ein Kind in Kauf nehmen würde. Insbesondere wer das in offener Beziehung bzw. Single-Lebensweise tut, riskiert dann eben auch, alleinerziehendes Elter zu sein; das sichert für mich kein Recht auf Abtreibung.
Das Versagen verwendeter Verhütungsmittel wäre für mich dagegen ein gutes Argument, wenn auch weitere gewichtige Gründe gegen ein Kind sprechen.

Inhaltlich sehe ich das ähnlich, aber natürlich wird jemand, der ungewollt (sei es auch mutwillig in Kauf nehmend) schwanger geworden ist bzw. Vater wird, immer behaupten, man habe verhütet, es ist also für die Rechtspraxis kaum durchführbar, hier eine Unterscheidung zu treffen.

Meine Meinung zu der Frage habe ich im anderen Thread schon geäußert: Prinzipiell hat niemand das Recht, grundlos einen Fötus zu schädigen oder zu töten; da aber der Fötus in einem Menschen wächst, steht das Recht dieses Menschen auf Selbstbestimmung gegen das Recht des Fötus, zu leben, das bei der befruchteten Eizelle imo noch nicht gegeben ist (daher ist die Pille danach meines Wissens völlig legal) und mit fortschreitender Schwangerschaft anwächst, parallel zur Entwicklung von Reiz/Schmerzempfindung und höher entwickelten Formen von Wahrnehmung, Gehörsinn, Gedächtnis etc.. Dummerweise ist es eben so gemacht, dass der Fötus in einem menschlichen Körper wächst. Selbstverständlich ist es verboten, Kleinkindern Alkohol, Zigaretten etc. anzubieten, aber kann man es der werdenden Mutter verbieten?

Ich denke (und das nicht aus feministischen Gründen, wie gestern offline spekuliert wurde, sondern dasselbe Prinzip gilt, wenn Männer schwanger oder von Aliens besiedelt würden), dass ein mündiger Mensch völlige Selbstbestimmung über den eigenen Körper haben muss. Daraus würde folgen, dass Frauen bis zum etwa sechsten Monat abtreiben dürften, in dem der Fötus allein lebensfähig wäre und dann eben im Krankenhaus frühgeboren und versorgt würde. Andererseits sind die Methoden, mit denen Abtreibung vollzogen wird, immer noch relativ schrecklich und alles andere als schmerzfrei, denke ich, für den Fötus; somit steht nicht nur sein noch nicht voll entwickeltes Recht auf Leben, sondern auch sein Recht auf Schmerzfreiheit auf dem Spiel. Daher bin ich mit der rechtlichen Regelung in Deutschland eigentlich sehr einverstanden, denn man bemerkt ja in aller Regel nach zwei Monaten allerspätestens, dass man schwanger ist, und hat dann noch einen Monat, um zu entscheiden, was man tun will; das muss eigentlich reichen. Mehr Zeit wäre natürlich besser, aber die Natur hat es eben so eingerichtet. Ganz wohl dabei ist mir nicht; ich siedele das Kindeswohl sehr hoch an, und in der 12. Woche ist es schon relativ weit entwickelt, keineswegs mehr ein Zellklumpen, sondern ein immerhin fünf Zentimeter großes Wesen mit Schluckauf und ähnlichem. Ab der 13. Schwangerschaftswoche beginnt es, zu hören und auf gehörtes zu reagieren; daher ist der Einschnitt wohl sinnvoll, könnte aber auch etwas früher erfolgen. Spätere Einschnitte könnte man mit der Argumentation, dass man, wenn man absoluten Horror vor einer Schwangerschaft und Kindern hätte, man früher etwas hätte unternehmen sollen, erwidern. Das gilt natürlich nicht bei Vergewaltigung oder heimlicher Alienbesiedelung, aber normalerweise ist man ja an dem Akt, der eine Schwangerschaft herbeiführt, aktiv und willentlich beteiligt, also übernimmt man, wie Lykurg schon dargelegt hat, auch Verantwortung. Ich finde unsere Rechtslage mit ausgesetzter Strafe eigentlich recht sympathisch, da ich hoffe, dass sie in Fällen, wo es noch zumutbar ist, von einer Abtreibung abschreckt. Ich denke, man kann durchaus davon ausgehen, dass die Schwangerschaft und (in den meisten Köpfen notwendig damit verbundene) Elternschaft für einige Frauen eine unzumutbare Belastung darstellt; dem muss man aber mit intensiver Beratung, Babyklappen, Adoptionsanträgen etc. entgegenwirken und nicht mit Gefängnisstrafen. Allerdings würde ich mir etwas wünschen, das im Falle wiederholter Abtreibung (ein Jurist berichtete mir gestern von dem Fall einer 6. Abtreibung) einschreiten würde; die Mutter müsste sich dann entscheiden, das Baby auszutragen oder aber, wenn einfach keine Kinder mehr gewünscht sind, sich zumindest eine Spirale einsetzen zu lassen (ich wollte erst "sterilisieren zu lassen" schreiben, aber wenn die Mutter noch jung ist, wäre das ein zu starker Eingriff). Derartig fahrlässig mit jungem Leben umzugehen, finde ich tadelnswert. Das Thema sollte im Übrigen in der Schule stärker behandelt werden, inklusive Exkurs über Geschlechtskrankheiten, gesellschaftliche Entwicklung etc. Da herrscht auch nach einer Biounterrichtssequenz in der sechsten Klasse noch extrem viel Aufklärungsbedarf.

PS: Geil. Offenbar darf man ab der 8. SSW 3000 Kalorien mehr am Tag essen! :D

goruhl
Newbie
Newbie

 
Beiträge: 3
Registriert: 21.11.2012
Di 18. Dez 2012, 13:05 - Beitrag #25

Zitat von Lykurg:- bei erkennbar schwerstbehinderten Kindern (wenn es eine erkennbar sehr kurze Lebensdauer und ein Leben in permanentem Leid zu erwarten hat)



Ich finde Deine Einschränkung gut (schwerSTbehindert). Darunter sollte man es nicht in Erwägung ziehen. Ich kenne ein Paar, wo das Kind schwerbehindert auf die Welt kommen sollte. Mehrfache Einzelgespräche sollten zu einer klaren Abtreibung bewegen.
Der Junge ist nun 6 und kommt im kommenden Sommer in die Schule. Da ist nix !!!

Nicht auszudenken, wenn ....

goruhl
Newbie
Newbie

 
Beiträge: 3
Registriert: 21.11.2012
Di 18. Dez 2012, 13:27 - Beitrag #26

Zitat von e-noon:Ich denke, man kann durchaus davon ausgehen, dass die Schwangerschaft und (in den meisten Köpfen notwendig damit verbundene) Elternschaft für einige Frauen eine unzumutbare Belastung darstellt]

Ich wurde zufällig mit dieser ganzen Angelegenheit konfrontiert.
Zwar sagt man immer noch, Deutschland wäre ein kinderfeindliches Land, jedoch gibt es auch eine Menge Unterstützung - Die jungen Mädchen sind nicht alleine. Vielleicht bzw. sicherlich ist auch hier eine Steigerung möglich, jedoch muss man nicht unbedingt in einen tiefen Abgrund stürzen - wenigstens gesellschaftlich.
Kind: 17 Jahre - Vater bekannt (Freund).
Ok, das Jugendamt übernimmt hier die Vormundschaft, aber.... ProFamilia - Sehr gute Beratung und umfangreiche Unterstützung. Jobcenter - schon richtig gelesen. Man will nicht, das Finanzielle Gründe eine Entscheidung beeinflussen. Jugendamt - Sehr gute Erfahrungen gemacht. Erweitere Hebammenleistungen - Ansprechpartner(in) in allen Angelegenheiten und tägliche Unterstützung - wenn man das möchte.
Also. IMHO ist hier schon Unterstützung von staatlicher Seite her gegeben. Auf jeden Fall, um die ersten Hürden zu meistern - Hürden - man kann sicherlich keine großen Sprünge machen - aber....

Wenn jetzt noch ein bisschen Unterstützung aus dem Umfeld.....


Gorden.

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Mi 20. Feb 2013, 15:13 - Beitrag #27

Aktualisierend stieß ich gerade hier auf eine Gegenposition mit dem Wunsch nach völliger Legalisierung der Abtreibung bis zuletzt. Argument dafür ist, daß die entsprechende Regelung in Kanada keine negativen Folgen gehabt habe, die Situation von Frauen aber stärke. - Bewußtsein und Schmerzempfinden des Fötus gäbe es also erst ab der 22. Woche, faszinierend. Trotzdem finde ich eine so weitgehende Freistellung ethisch unannehmbar. Stattdessen muß ggf. noch weitergehend und evtl. frühzeitiger Aufklärung betrieben werden. Sehr sinnvoll wäre auch die zuzahlungsfreie Verschreibung der Anti-Baby-Pille (und stärkere Forschung an einer Pille für den Mann).

Vorherige

Zurück zu Diskussion

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 9 Gäste