Organspende weiter zustimmungspflichtig?

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Habt ihr einen Spenderausweis? Zustimmungs- oder Widerrufsrecht?

ich habe einen Spenderausweis
1
3%
ich habe keinen Spenderausweis
12
39%
Zustimmung sollte erforderlich bleiben
9
29%
Transplantation möglich, außer bei Widerruf
7
23%
sonstige Lösung (bitte ausführen)
1
3%
Organspendepflicht ohne Widerrufsrecht
1
3%
Organspende völlig verbieten
0
Keine Stimmen
 
Abstimmungen insgesamt : 31

Traitor
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Mi 22. Feb 2006, 14:58 - Beitrag #21

Wenn jemand seine Stimme transplantiert haben möchte, bitte melden.

Die entscheidende Frage ist für mich der Status eines Toten - wie ist er juristisch, und wie sollte er moralisch sein? Bei ersterem Teilaspekt wäre interessant, ob eine Leiche Besitz der Familie oder des Staates ist - ihrer selbst kann sie ja wohl kaum sein.
Aber eine Juristerei-Betrachtung eines solchen Themas ist eigentlich unwürdig. Angenehmer und auch relevanter - da sich die Rechtslage ja ändern lässt - ist die moralische Perspektive.
Materialistisch-atheistisch betrachtet, hat ein Toter keine Interessen mehr, und es gilt also nur noch das Interesse der Hinterbliebenen an einer Unversehrtheit der Leiche gegen das Interesse eines Spendebedürftigen am Weiterleben aufzuwiegen. Fälle, in denen sinn- und hoffnungslos transplantiert wird, seien ausgenommen, die sollte es nicht geben, egal, wie das Spende-/Entnahmerecht aussieht. Dann ist für mich ziemlich klar, welches Interesse das höhere ist, und die Entscheidung gegen das Leben halte ich für die wahrhaft menschenverachtende.
Aus religiöser Sicht gibt es zwar ein Leben nach dem Tod, sodass der Tote noch Interessen hat, aber sollte in dieser Perspektive nicht erst Recht das Leben das höchste Gut sein? (Dass der Tod nicht als der so früh wie möglich zu erreichende Übergang zum besseren Jenseits angesehen wird, vorausgesetzt ;) )

PS: Dementsprechend zur "Beweislastumkehr": Ginge es um Lebendentnahme, sähe ich das genauso. Aber da man eben tot ist, gilt das Argument mit dem Diebstahl-Beispiel nicht mehr.

Ipsissimus
Dämmerung
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Mi 22. Feb 2006, 15:20 - Beitrag #22

dann aber richtig, Traitor^^

erstmal müssen die Hinterbliebenen nicht mehr für Särge, Entsorgung und Begräbnisstätten udgl. der Toten aufkommen - wenn kaufmännisches Interesse an der toten Materie höher wiegt als Beziehungsbande, dann sollen die Kaufleute sich auch darum kümmern und dafür bezahlen^^

dann benötigen wir natürlich pädagogische Vorbereitung. Ich stelle mir dafür Filme vor, die detailliert die Entnahme von Organen aus den Leichen darstellen, gefolgt von Sequenzen, die gute Leichenrestaurateure bei den Details ihrer Arbeit zeigen und am Schluss das glückliche Lächeln einer jungen Frau von dreißig Jahren, nachdem sie 10 Jahre Immunsuppressoren geschluckt hat und wie 60 aussieht.

Damit alle Leute auch ein Gefühl für die gute Tat bekommen, die ihnen da auferlegt wird

Aydee
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Mi 22. Feb 2006, 15:48 - Beitrag #23

Wie wäre es, Traitor, wenn du anstelle der Ressource "verwertbare Leiche" mal den Menschen dahinter als entscheidend betrachten würdest?

Das ist ja erschreckend....

Hej. Wie wäre es wenn wir stattdessen ein allgemeines Tötungsgesetzt für Materiallager mit Erreichen des 40.Entwicklungsjahres einführen, mit der Auflage im Laufe dieser 40 Jahre Verschleißerscheinungen jeder Art im hohen Maße zu vermeiden, da ansonsten eine vorzeitige Zwangsentlebung angeordnet wird.
Wir hätten Rohstoffe und Materialien in hoher Qualität und großer Menge im Überfluss.



Gedanke:
Du bist ein Organspendenverweigerer, ausdrücklich, sogar mit angekreuztem Kästchen im Ausweis. Dein Glaube verbietet es dir (od was auch immer der Grund). Hast einen Unfall, bei dem das Zettelchen leider zerschreddert, verbrannt ist, Verwandte, Bekannte konnten bisher nicht ausfindig gemacht werden.
Du findest dich bei vollem Bewusstsein in der Notaufnahme wieder, aber der Rest von dir ist nicht mehr zu retten, wie du vom medizinischen Personal in der Notaufnahme hören darfst. (Reden ist dir nicht mehr möglich).
Und sie stellen fest: Hej, da sind noch ein paar Organe an dem iO, Patienten auf der Warteliste dafür haben wir auch hier - prächtig, der stirbt eh gleich, bereitet schon Mal alles in OP 5 vor, ist gleich soweit.
Und du darfst alles mithören, ohne dass du die Möglichkeit hast deine Meinung zu äußern.

KLingt doch absolut verständlich, nicht wahr?
Dein Status wird sich ja bald von Mensch zu Toter ändern und damit versinkt dein Wunsch, deine Meinung in absolute Bedeutungslosigkeit. Wen kümmert schon was dieser Tote als Lebender gewollt hatte?

Ist das wirklich die Welt in der du leben möchtest.....??


Du liebe Güte, das bringt mich regelrecht auf die Palme...... :(

Traitor
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Mi 22. Feb 2006, 16:17 - Beitrag #24

Das menschliche Leben ist für mich das allerhöchste Gut. Einen lebenden Menschen als "Materiallager" zu betrachten und zu töten, ist völlig undenkbar. Ebenso, ein noch lebendes und bewusstes Unfallopfer sterben zu lassen, um an seine Organe zu kommen. Hier müssten die Gesetze ganz, ganz genau besagen, dass dies nicht passieren darf und einen fehlhandelnden Arzt sofort härteste Strafen treffen - zumal sein Eid dies ja eigentlich bereits leisten sollte.

Aber: da ich nicht religiös bin, ist der Tod für mich eine entscheidende Zäsur. Eine Leiche hat eben keinen "Menschen dahinter" mehr, sondern nur einen Menschen, der sie mal war, und mit diesem hat sie nur noch wenig zu tun. Die Vorstellung, dass mein Körper später mal "ausgenommen" wird, ist mir auch nicht angenehm, aber noch weit weniger unangenehm als die, dass ein Mensch stirbt, während die ihn retten könnenden Organe in meiner Leiche bleiben und verwesen.

Ipsissimus
Dämmerung
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Mi 22. Feb 2006, 16:33 - Beitrag #25

in der Welt, die dir vorschwebt, Traitor, bleibt mir nur eines übrig: dafür Sorge zu tragen, daß mein Körper nach meinem Tode in einem Zustand ist, der ihn unverwertbar macht

Feuerkopf
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Mi 22. Feb 2006, 16:39 - Beitrag #26

Ich sehe das ganze nicht so kompliziert. Mit einer Widerspruchslösung wäre ich einverstanden: Wer nicht als Organspender fungieren möchte, lässt sich ein "W" in den Ausweis stempeln. Das ist alles.

Meine Freundin (Diabetikerin) hat seit etlichen Jahren eine neue Niere und kann Vollzeit in ihrem Job arbeiten. Das war zu Zeiten der zweitäglichen Dialyse kaum mehr möglich.
Meine Schwiegermutter hat die zweite neue Herzklappe. Dafür werden übrigens Klappen von Schweinen verwendet. Sie hat auch die zweite OP gut überstanden. Sie muss lediglich gering dosierte Blutverflüssiger nehmen. Sie lebt allein, ist geistig völlig fit und wird 85.

Für mich ist die Vorstellung schön, dass mein möglicherweise plötzlicher Tod doch noch Gutes bewirken kann: Meine Haut kann Brandopfern helfen, meine Hornhaut jemandem neues Augenlicht geben, die Gehörknöchelchen Gehör. Die inneren Organe sind möglicherweise auch noch verwendbar.

Da ich weiß, dass zwei von einander unabhängige Ärzte meinen Tod feststellen müssen, mache ich mir auch keine Sorgen.

Wenn jemand nicht Organspender oder -empfänger sein möchte, ist das auch okay für mich.

Lykurg
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Mi 22. Feb 2006, 17:13 - Beitrag #27

Zitat von Aydee:Du findest dich bei vollem Bewusstsein in der Notaufnahme wieder, aber der Rest von dir ist nicht mehr zu retten, wie du vom medizinischen Personal in der Notaufnahme hören darfst. (Reden ist dir nicht mehr möglich).
Die grundsätzliche Voraussetzung einer Organspende, wie sie in diesem Thread gemeint ist, ist und bleibt der Hirntod. Das ist eine Grenzlinie, die nicht übertreten werden darf. Organspenden zu Lebzeiten sind etwas völlig anderes, weil dabei die Selbstbestimmung ohnehin ein Muß ist.

Übrigens kann ich in diesem Zusammenhang das (populärphilosophische) Theaterstück "Hotel zu den zwei Welten" von Eric-Emmanuel Schmitt sehr empfehlen, das sich genau mit dieser Frage befaßt - Komapatienten in der Schwebe zwischen Leben und Tod, letztlich auch ihr Wille bezüglich ihres Körpers. Ich fand das Stück sehr bewegend.


Selbstverständlich erkenne ich es an, wenn andere anders darüber denken, und der Spenderausweis trägt dem durch die Option "Nein" auch Rechnung. Nur meine ich, daß den Menschen, die keine religiösen oder sonstigen ethischen Bedenken haben, sondern sich einfach nur mit der Frage nicht ausgiebig genug befaßt haben, durch den zusätzlichen Anstoß der veränderten Normalität entgegengekommen werden könnte. Allerdings sollte - (und den finanziellen Aspekt hatte ich nur als denkbare Erweiterung genannt, nicht als mein Wunschdenken) - davon abgesehen werden, die Menschen in irgendeiner Weise zu bedrängen oder nach getroffener Entscheidung weiter zu befragen (obwohl das nach vielleicht zehn Jahren mit neuen Erfahrungen auch andere Ergebnisse bringen könnte).
Zitat von Ipsissimus:wenn kaufmännisches Interesse an der toten Materie höher wiegt als Beziehungsbande, dann sollen die Kaufleute sich auch darum kümmern und dafür bezahlen^^
Wie verträgt sich das mit der Absicht, Organhandel zu verhindern? Würde man damit nicht Menschen aus ärmeren Verhältnissen gewissermaßen zwingen oder jedenfalls in erheblichem Maße dazu drängen, für diese Variante eines "Armenbegräbnisses" zu sorgen?
Zitat von Traitor:da ich nicht religiös bin, ist der Tod für mich eine entscheidende Zäsur.
Auch mir als religiös empfindenden Menschen erscheint es als der weit höhere Wert, mit Teilen meines nicht mehr benötigten Körpers meinem Nächsten zu helfen, als ihn unversehrt - den Würmern zu überlassen. Gerade wenn Organhandel verboten ist und bleibt, sind das die Teile meiner irdischen Existenz, die ich an Bedürftige geben kann, ohne jemandem damit etwas zu nehmen.

Aydee
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Mi 22. Feb 2006, 17:34 - Beitrag #28

uhhh... jetzt "muss" ich doch noch mal kurz hier rein:


Ich hatte nicht gemeint dass diesem fiktiven Unfallopfer die medizinische Versorgung verweigert, er/sie zum Sterben in die Ecke gestellt wird (wobei ich dies als letztendliche Konsequenz des selbstverständlich angenommenen Ja!'s bei nicht vorhandenem Nein! dann sehr wohl für möglich halte...), sondern dass sich nicht darum geschehrt wird, dass dieses Unfallopfer keinen Nachweis seines Nein!s vorweisen kann (weil es zerstört wurde und er/sie sich nicht mehr artikulieren kann zB), und dann - weil dieses Nein eben fehlt - schlicht ein Einverständnis vorrausgesetzt wird, dass aber nicht vorliegt. Nur kann dieses Unfallopfer dies nicht mehr vermitteln

Es geht mir um die die Meinung des Opfers ignorierende Selbstverständlichkeit ein Ja! anzunehmen weil kein ausdrückliches Nein! auffindbar ist.


janw
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Mi 22. Feb 2006, 17:37 - Beitrag #29

Naja, man kann es natürlich so sehen, daß der Körper beim normalen Verbleib "vergeudet" wird im Vergleich zur Organspende, wo er zumindest unpekuniär "in Wert gesetzt" wird. Letztlich ist es IMHO aber jedem zu überlassen, ob er mit seinen Organen jemandem anderen unbekannten helfen möchte, seinen Körper Medizinstudenten zur Verfügung stellt - auch das ist eine gern gesehene Geste - oder dem normalen Weg alles Vergänglichen anheim geben will.
Diese Entscheidung muss in meinen Augen jeder für sich entscheiden, sollte dies aber auch bewußt tun, und jede Entscheidung ist eben als bewußte Entscheidung zu akzeptieren.
Was die Verfügung über den eigenen Körper betrifft, wenn wir die nur auf den lebenden Körper begrenzen, dann sind auch Entscheidungen irrelevant, wo man beerdigt werden möchte usw. - weil, sie betreffen ja nur einen wertlosen Materiehaufen.

Letztlich ist es aber ein Streit um des Kaisers Bart in meinen Augen, so lange sich geschätzt mindestens 50% der entscheidungsfähigen Bevölkerung keine wirklichen Gedanken darüber macht haben.

Ipsissimus
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Mi 22. Feb 2006, 17:41 - Beitrag #30

ich hatte das Sarkasmus-Tag vergessen, Lykurg. Der von dir zitierte Passus gibt nicht meine Meinung zu der Thematik wieder, sondern war als sarkastische Replik auf Traitors Darlegungen gedacht.

Windsbraut
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Mi 22. Feb 2006, 17:44 - Beitrag #31

Zitat von Aydee:Wie wäre es wenn wir stattdessen ein allgemeines Tötungsgesetzt für Materiallager mit Erreichen des 40.Entwicklungsjahres einführen...

[X] dagegen :boah:
Zitat von Lykurg:Auch mir als religiös empfindenden Menschen erscheint es als der weit höhere Wert, mit Teilen meines nicht mehr benötigten Körpers meinem Nächsten zu helfen, als ihn unversehrt - den Würmern zu überlassen.

Das sehe ich genauso, weshalb ich für "Transplantation möglich, außer bei Widerruf" gestimmt habe. Dennoch habe ich keinen Organspendeausweis, weil ich den Gedanken (völlig irrational) verstörend finde, dass man mich "ausschlachtet". Es wäre für mich ein größerer Schritt, mir einen Organspende-Ausweis zuzulegen als einer grundsätzlich möglichen Transplantation zu widersprechen. Vielleicht ist das schwer nachvollziehbar, ich möchte auch lediglich den Widerstreit in mir ausdrücken: Verstandesmäßig bin ich für Organspende, gefühlsmäßig gruselt es mich etwas...

Lykurg
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Mi 22. Feb 2006, 18:29 - Beitrag #32

Nein, das kann ich sehr gut nachvollziehen, Windsbraut, mir geht es ähnlich; und die Vorstellung vom ständig bei sich geführten Organspender-Ausweis erinnert mich an mittelalterlich omnipräsente Christophorus-Bildchen ("Gedenke jeden Tag deines Lebens der Tatsache, daß es dein letzter sein kann").

Ipsissimus, du hattest es nicht vergessen, sondern ich habe es übersehen und beim Zitieren weggelassen. Ich versinke im Boden. :blush: Entschuldige.

Eben, janw, das Treffen einer Entscheidung gilt es zu propagieren.

Aydee, der Unterschied zur Selbstverständlichkeit, ein Nein anzunehmen, weil kein Ja vorhanden ist, ist nicht allzuweit davon entfernt. Gut, wir haben eine gesetzlich verankerte Totenruhe; aber wir haben auch die Pflicht zur Hilfeleistung. Dazwischen ist eine Entscheidung erforderlich. Und daß ich es für die Gesellschaft für dienlich halte, die Frage umzukehren, bedeutet ja noch lange nicht, daß ich der Meinung bin, man sollte mit diesem Ausdruck des letzten Willens leichtfertig umgehen.

Elbereth
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Mi 22. Feb 2006, 20:00 - Beitrag #33

Ich habe auch keinen Organspenderausweis und werde mir in der nahen Zukunft auch keinen zulegen.

Mir ist es grundsätzlich egal was mit meinem Körper nach meinem Tod passiert. Also muss dann, wie Traitor es schon beschrieben hat, zwischen den Interessen der Hinterbliebenen und den der potentiellen Empfänger abgewogen werden. Und eben da ist für mich der Knackpunkt, denn ich weiss z.B. dass meine Eltern dagegen sind, und wenn ich schon sterbe will ich ihnen doch kein zusätzliches Leid zufügen. Die Menschen, die eventuell meine Organe bekommen könnten, kenne ich nicht, es kann sein dass objektiv gesehen ihnen damit mehr geholfen wird als meinen Verwandten mit der Unversehrheit meines Körpers, aber gefühlsmäßig ist mir das eben wichtiger.

Deswegen sehe ich es insgesamt eigentlich so, dass die nächsten Verwandten entscheiden sollen, was mit den Körpern ihrer Liebsten geschehen soll, denn sie sind diejenigen die darunter zu leiden haben, und nicht mehr der Tote...

Traitor
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Mi 22. Feb 2006, 20:11 - Beitrag #34

@Lykurg: Siehe meinen Beitrag vor dem zitierten, da habe ich diese Position auch Christen zugestanden. :)

@Aydee: Solche technischen Probleme kann man leicht umgehen. Neben dem Papier, das man mit sich herumträgt, kann die Spendebereitschaft ja auch in einer zentralen, von den Krankenhäusern abrufbaren Datenbank gespeichert sein. Halt, ich vergesse, dass medizinisches Personal ja nicht zur Benutzung moderner Datenverarbeitung in der Lage ist und das auch gar nicht sollen, da das ja ganz schlimm für den Datenschutz wäre... :rolleyes: Aber prinzipiell liegt da kein Problem vor.

@Ipsissimus:
in der Welt, die dir vorschwebt, Traitor, bleibt mir nur eines übrig: dafür Sorge zu tragen, daß mein Körper nach meinem Tode in einem Zustand ist, der ihn unverwertbar macht
Das wäre dir natürlich belassen. Ich fände es zwar leicht asozial, aber das ficht dich sicher nicht an. ;)

e-noon
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Mi 22. Feb 2006, 20:48 - Beitrag #35

es gilt also nur noch das Interesse der Hinterbliebenen an einer Unversehrtheit der Leiche gegen das Interesse eines Spendebedürftigen am Weiterleben aufzuwiegen
@Traitor: Ein Interesse gilt es noch zu berücksichtigen: Das des Menschen, der später tot sein wird und dessen Organe dann gegen seinen Willen entnommen wird. Ist er tot, bekommt er es (wahrscheinlich) nicht mehr mit, aber vorher weiß er es ja oder muss es befürchten, womit seine Lebensfreude durchaus verringert werden kann.

Nichtsdestotrotz wäre ich für eine Organspende, solange kein ausdrückliches Nein vorliegt; jedoch keine zwangsweise, aufgrund der Hinterbliebenen und aufgrund der Lebensqualität des Noch-nicht-verstorbenen. Das hieße, Menschen, die sich keine großen Gedanken gemacht haben (und somit wohl nicht in die Rubrik Strenggläubiger fallen, denen das wohl am meisten gegen den Strich geht), würden ausgeschlachtet/würden über ihren Tod hinaus einem anderen Menschen Leben und Glück schenken können ;)

Möglich, dass einige zunächst dagegen sind; aber die Menschheit hat sich schon an ganz andere Sachen gewöhnt, und die nächste Generation wird es als selbstverständlich betrachten. Manche wären wohl im Nachteil, weil sie nicht wissen, dass man ausdrücklich Nein sagen muss - aber diese Menschen sind dann bei jedem ihrer Rechte, das sie nicht kennen, im Nachteil, also darf das kein Hinderungsgrund für Gesetze sein.

Wie schon gesagt wurde - der Tote bekommt nichts mehr mit, es werden (wie alea gezeigt hat), sinnvolle Leben damit gerettet, letztlich hilft es vielen Menschen mehr als es einigen schadet, und das sollte den Ausschlag geben.

@Ipsi: Warum denn nicht? Was spricht dagegen? Und bist du nur dagegen, weil es fremde, kapitalistische Menschen sind, die das wollen, oder würdest du generell niemandem Organe spenden (z.B. wenn ein Freund schwer krank wäre)?

nazgul
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Mi 22. Feb 2006, 21:24 - Beitrag #36

Wenn ich Regierung wäre, würe ich zunächst folgende Lösung anstreben:

1.
a) Religion und medizinische Behandlung sind von einander zu Trennen. Eltern die
Kinder sterben lassen "weil Gottes Wille" sollen der Vergangenheit angehören.

b) Volljährige können über eine Patientenverfügung einspruch gegen Behandlungsmaßnahmen einlegen.
Bei Minderjährigen hat der Arzt im Sinne des Lebens zu handeln.

2.
a)
Wann immer ein Menschenleben durch Organspende gerettet werden kann, ist
die Transplantation durchzuführen.
b)
Volljährige können über eine Patientenverfügung auf den Empfang eines Spenderorgans verzichten.

Da das an leuten mit Turban, zu Kreuze kriechenden und anderen Gläubigen scheitern wird, würde ich zu folgender Lösung übergehen.

1. Man muss sich aktiv als Spender anmelden, und wird bei dieser Anmeldung direkt Typisiert. Die Daten sind von Eurotransplant einsehbar.

2. Wer nicht als Spender eingetragen ist, kommt nicht als Empfänger in frage.

3. Wer sich nicht Geäussert hat, wird beim nächsten Arzt-Besuch darauf hingewiesen, das er sich dafür oder dagegen entscheiden soll, und als nicht entschiedener wenig Chancen auf ein Spender-Organ hat.

4. Volljährige können über eine Patientenverfügung den Organempfang ablehnen.

Es ist nämlich durchaus so, das diejenigen welche nicht Spenden wollen, durchaus gerne ein Organ in Empfang nehmen.

Aydee
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Do 23. Feb 2006, 10:29 - Beitrag #37

Ich sehe schon: euch scheint eine Welt, wo andere über euch und für euch entscheiden, angemessen.


Wer nicht ausdrücklich dagegen ist zu spenden (Def. dieses Wortes: "Spenden sind Ausgaben, die freiwillig und unentgeltlich geleistet werden.") für den gilt halt kurzerhand dass er/sie dafür ist. Klingt für mich jedenfalls so durch.

Dann solltet ihr aber in diesem Zusammenhang das Wort Spende aus eurem Wortschatz streichen, weil die Freiwilligkeit nicht mehr Vorraussetzung hierfür ist, und zB. zum Wort Organentnahme übergehen.

Ich finde es erschreckend dass es für euch ok, dass ich zB mich ausdrücklich dagegen aussprechen soll, nicht spenden zu wollen.

Wirklich erschreckend, die geistige Haltung die ich dahinter sehen.



Edit. nazgul, dein post ua. lass ich mal außen vor - den muss ich mir erst in Ruhe durchlesen, da ist einiges dem ich zustimmen möchte

Feuerkopf
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Do 23. Feb 2006, 11:01 - Beitrag #38

Aydee,
wieso ist meine geistige Haltung, die dahinter steckt, erschreckend?

Ich sehe, dass es etliche Menschen gibt, jeden Alters, denen geholfen werden kann, wenn ich damit einverstanden bin, dass mein hirntoter Körper "ausgeschlachtet" wird. Klingt schlimm, nicht wahr? Empfinde ich aber nicht so. Wenn ich tot bin, bin ich tot. Ich definiere mich nicht über die Unversehrtheit meines Leichnams. Wenn dem ein paar Kilo fehlen, weil sie jemandem helfen können, ein lebenswertes Leben zu führen, so ist dieser Gedanke für mich in Ordnung. Der Gedanke an einen plötzlichen vorzeitigen Tod ist traurig, aber nicht der an einen Dialysepatienten, dem diese Tortur zukünftig erspart bleibt.

Mir gefällt die Widerspruchsregelung am besten, weil sie unbürokratisch und einfach ist. Außerdem kann ich sie jederzeit revidieren. Insofern bleibt es bei der möglichen Spende, denn sie ist freiwillig und unentgeltlich.

Möglicherweise kann man sich noch eine andere einfache Methode des Widerspruchs vorstellen, doch die mit dem Eintrag im Personalausweis finde ich okay.
Für den Fall, dass der Patient ohne Papiere aufgefunden würde, gälte automatisch der Widerspruch. Einverstanden?

Ipsissimus
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Do 23. Feb 2006, 11:25 - Beitrag #39

Mir gefällt die Widerspruchsregelung am besten, weil sie unbürokratisch und einfach ist. Außerdem kann ich sie jederzeit revidieren. Insofern bleibt es bei der möglichen Spende, denn sie ist freiwillig und unentgeltlich.


diese Widerspruchsregelung tut nur so, als bliebe es bei der Spende. Nochmal: müssen wir uns explizit gegen alles aussprechen was wir nicht wollen? Und ist es zulässig, von der vereinnahmenden Annahme auszugehen, daß dann, wenn der Widerspruch nicht explizit erfolgte, wir einverstanden sind?

Ich habe nicht explizit zugestimmt, also fehlt meine Zustimmung, also gehe mensch nicht davon aus, daß sie vorläge. Was ist daran schwer zu verstehen?

Die umgekehrte Variante "weiß" schon, was als vernünftig für die Wirklichkeit zu gelten hat, und sie gedenkt nicht, sich anhand des Wollens der Menschen hinterfragen zu lassen, sondern setzt eine Auffassung, die bestenfalls umstritten ist, absolut.

Das Ausbleiben einer negativen Willensbekundung so auffzufassen, als läge die positive Bekundung vor, das ist ... absurd. Wem sowas jemals passiert ist, weil er irgendeinem Bauernfänger auf den Leim gegangen ist - die sehr gerne mit solchen Tricks arbeiten - der weiß auch, was wirklich davon zu halten ist: ein direkter Angriff gegen die Integrität eines Menschen. Jeder von euch würde sich dagegen wehren, wenn das in normalen Kontexten jemand mit euch versuchen würde - aber in der intimsten aller intimen Situationen soll das plötzlich der Standardfall werden.

Ohne mich.

e-noon
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Do 23. Feb 2006, 11:53 - Beitrag #40

Da es um Dinge geht, die nach dem eigenen Tod geschehen, liegt eben kein normaler Fall vor, Ipsi. Es schon ein Stück weit Anmaßung - aber mit derart positiven Auswirkungen, die eintreten könnten, dass ich zumindest bereit bin, sie hinzunehmen. Der Wurm, der eure Leiber zerfrisst, schert sich auch nicht um eure Einverständniserklärung - ist das Leben des Wurms euch mehr wert als das eines Menschen, der durch euch ein neues Leben anfangen könnte?

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