BILD: 60 Jahre Angst, Hass und Titten

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Maglor
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Do 19. Apr 2012, 22:37 - Beitrag #1

BILD: 60 Jahre Angst, Hass und Titten

Deutschlands bekannteste Tageszeitung wird 60 Jahre.
Die viel zitierte Springer-Spresse springt noch immer.
Der jüngste Streich der BILD war die Abschaffung von Christian Wulff und der Seite-1-Nudistin.
Trotz dieser oberflächlichen Veränderungen geht die Nabelschau weiter, doch ist diese Blättchen wirklich der Nabel der deutschen Öffentlichkeit?
:crazy:

Lykurg
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Fr 20. Apr 2012, 18:46 - Beitrag #2

Wie BILDblog sehr schön dokumentiert, ist die Bild-Auflage seit über zehn Jahren massiv rückläufig. Bei linearer Fortschreibung wäre schon nächstes Jahr die 1998er Auflage der BamS unterschritten, und irgendwann gegen 2030 endlich Ruhe.

Zum 60. Jahrestag soll eine Ausgabe an alle Haushalte verteilt werden; man kann sich aber per Webformular davon abmelden (alternativ hier - ein Aufkleber am Briefkasten hilft offenbar nicht).

Traitor
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Fr 20. Apr 2012, 21:30 - Beitrag #3

@Lykurg: Hast du auch Zahlen zur Hand, wie es im Verhältnis bei "Qualitätszeitungen" aussieht?

Zur Jubiläumsausgabe hatte ich schon überlegt, ob zentrale Verbrennungen nicht angemessener wären als eine reine Abbestellung. Mal sehen, wie viele Exemplare uns der W2 beschert.

Zitat von Maglor:Der jüngste Streich der BILD war die Abschaffung von Christian Wulff und der Seite-1-Nudistin.
Na wunderbar, da können sie doch als nächstes Vakanz und Anschlussbeschäftigungssuchenden kombinieren, wenn das nicht mal eine Perspektive ist!

janw
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Sa 21. Apr 2012, 01:42 - Beitrag #4

Traitor, alternativ bietet sich das Machwerk auch noch zum Einwickeln von Fischmarkterwerbungen an ;)
Es gibt komischerweise kein besseres Papier zum Pflanzen pressen als dieses zeitungsartige Zeugs...

Ich hadere noch mit mir, was irgendwann mal als Zeitdokument dienen kann, lasse ich mir ungern entgehen, und Gegner sollte man eh nie ignorieren...

Maglor
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Sa 21. Apr 2012, 12:57 - Beitrag #5

Es gibt seit Ende der 90er Jahre eine bemerkenswerte Entwicklung.
Etablierten Politiker akzeptieren die BILD zunehmend als Leitmedium und ziehen sie als solche heran.
Die Tabuisierung der Springerpresse durch die politische Linke und sogenannten Intellektuelle - wie sie in den 1960er Jahren entstand - erscheint geradezu vergessen. Es gibt kein Tabu BILD mehr.
Friede Springer tauchte z. B. bei der Bundesversammlung 2012 einfach so als Abgeordnete auf - ganz ohne Farbbeutel. Es gibt keine Scham mehr.

Dies ist jedoch vor allem eine Veränderung der Politik und Medienlandschaft, die die BILD heute eben anders wahrnehmen.
An den Inhalten und Kampagnen hat sich jedoch wenig geändert. Man beachte aktuell etwa die Kampagne gegen die Pleite-Griechen. Sie richtet sich wohl bemerkt gegen die Griechen an sich - nicht gegen Regierungen, Banken und Ratings - und bleibt daher auf dem Niveau gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.

Lykurg
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Sa 21. Apr 2012, 19:54 - Beitrag #6

Traitor, eine schöne Idee! Allerdings hat die Abmeldung den Vorteil, daß sie den Protest in Zahlen ausdrücken können und daß es, je mehr Leute sich abmelden, desto aufwendiger für sie wird, das zu sortieren. Aber stimmt schon, dein Ansatz muß auch stattfinden. Möge sie gut brennnnen.

janw, ich dachte, du wolltest den Fisch nachher auch noch essen! ;)
Als Zeitzeugnis ist die Ausgabe zwar evtl. geeignet, allerdings wird es sicher genug Leute geben, die sie aufbewahren, zu denen sie besser paßt.

Maglor, stimmt. Ein wesentlicher Schritt auf diesem Weg dürfte Schröder mit seiner Aussage, er brauche zum Regieren nur "Bild, BamS und Glotze" gewesen sein. Die Werbekampagne der letzten Jahre versucht, Kritikfähigkeit des Mediums zu zeigen, währenddessen gehen natürlich die üblen Schlammschlachten immer weiter.

janw
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Sa 21. Apr 2012, 21:47 - Beitrag #7

Lykurg, ein bisschen säubern, säuern und salzen, dann ist auch die letzte Tinte weg ;)
Es ist wirklich ein Kulturverlust, daß fish & chips in England nicht mehr in der "Sun" eingewickelt werden dürfen.

Ich denke, diese Zeitung erfüllt letztlich eine Aufgabe innerhalb des neoliberalen Gesellschaftssystems, dessen Kern darin besteht, Menschen zu Wettbewerbssubjekten zu machen, als Wettbewerber unterschwellig gegeneinander aufzubringen und dadurch in latente Angst zu versetzen.
Die Kampagnen signalisieren, wie jedem morgen geschehen könnte, jeder ist nur ein Rating vom Absturz entfernt.
Zugleich war Angst schon immer ein Mittel der Machtausübung.
Daß diese Zeitung auch mal den Mächtigen selbst zur Gefahr werden kann, könnte man als Macht der Medien abhandeln, wobei Springer hier in meinen Augen eine merkwürdige Sonderrolle spielt: Die Krise des Zeitungsgeschäfts wird für alle großen Verlagshäuser offen diskutiert, nur über Springer hört man wenig. Nur etwas überhört/lesen, oder eine Sache für Narren?

Lykurg
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So 22. Apr 2012, 00:27 - Beitrag #8

@Traitor: Ich habe eben hier ein bißchen in den Verkaufszahlen geschmökert und mir die Werte für FAZ, taz, Süddeutsche, Zeit und Welt ausgeben lassen. Bei diesen Zeitungen war erstaunlich viel Konstanz festzustellen, dafür, daß die Gesamtzahl so massiv rückläufig zu sein scheint (vgl. Diagramm auf der Titelseite bzw. hier). Naturgemäß fällt aufgrund ihrer Größe Bild hier viel stärker ins Gewicht.

janw, wenn das so einfach wäre, das Gift aus dem Blatt zu extrahieren...

Traitor
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Sa 23. Jun 2012, 19:04 - Beitrag #9

Heute wurden die Spamexemplare dann ausgeteilt - und für die Ablehner ein großer roter Umschlag mit Ersatzspam. In unserem Doppelnamenbriefkasten landeten dann auch tatsächlich zuverlässig sowohl eine Unzeitung als auch ein Ersatz. :crazy:
Jetzt überlege ich noch, ob ich ein Feuer mache, oder einen neuen Fußabtreter gebrauchen kann...

blobbfish
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Sa 23. Jun 2012, 20:23 - Beitrag #10

Die Exemplare haben es auch tatsächlich in mein Dorf geschafft. Besteht zu 100% aus Propaganda, selbst die Werbung. Insofern bin ich schon enttäuscht, man kann weder lachen noch weinen.

Lykurg
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So 24. Jun 2012, 00:09 - Beitrag #11

Ich hatte heute drei Aufkleber an meinem Briefkasten - einen großen "Bitte keine Werbung", darunter kleiner "und keine Gratiszeitungen", den ich letzte Woche dazugeklebt hatte, als ich feststellte, daß die wirklich nervigen Werbeprospekte trotzdem weiter kamen; und sicherheitshalber nur heute morgen noch einen PostIt "Keine BILD!". Das hat funktioniert; entsprechend kam auch kein roter Umschlag.

Der Doppelversand bei Traitor kann zwei mögliche Gründe haben - entweder tatsächlich die Behandlung als WG mit verschiedenen Empfängern (was immerhin bei meinem Briefkasten aber nicht zu Problemen führte^^), oder aber mangelhaft instruierte Postboten, darüber wird bei bildblog jedenfalls auch berichtet. Insofern bin ich mit meiner Methode besser gefahren, der PostIt war auch weniger Aufwand als der Formularkrams plus Mails plus Rotumschlagentsorgung.

e-noon
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So 24. Jun 2012, 10:25 - Beitrag #12

Über die Bild muss man auch nicht unbedingt lachen oder weinen. Für viele reicht ja auch Bildchen gucken. Ich habe sie mit einer Reihe anderer unnützer Dinge gleich im freundlich für solche Zwecke bereitgestellten Papierkorb im Hausflur entsorgt.

Maglor
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Mo 25. Jun 2012, 21:18 - Beitrag #13

Ich frage mich nur, wie viele Leser die Pointe der Entenhausen-Schlagzeile Wir sind Ente wirklich verstanden haben. ;)
Ansonsten war da zu viel Lob der Torheit drin.

Lykurg
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Do 26. Jul 2012, 08:47 - Beitrag #14

Zitat von Traitor:@Lykurg: Hast du auch Zahlen zur Hand, wie es im Verhältnis bei "Qualitätszeitungen" aussieht?
Das hat bildblog anläßlich der neuen Quartalszahlen jetzt gründlich verglichen und dargestellt, siehe hier.

Verglichen mit den Qualitätszeitungen sieht es so aus:
Bild

@e-noon: So ein Papierkorb im Hausflur ist praktisch... - Ich bin sehr zufrieden mit meinem "Keine Werbung, keine Gratiszeitungen"-Aufkleber; ich hätte nicht gedacht, daß das in diesem Maße funktioniert.

janw
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Sa 28. Jul 2012, 11:11 - Beitrag #15

Die Graphik ist interessant, Leserwanderung bei Springer?
Warum geht die FR so baden?

Traitor
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Sa 28. Jul 2012, 11:18 - Beitrag #16

Interessant, ja. Ich hatte auch bei den anderen Zeitungen (oder, besser gesagt, bei den Zeitungen) einen deutlicheren Verlusttrend erwartet. Schaut man nur auf die Zeit ab 2008 oder so, als das große Jammern losging, war es aber durchaus berechtigt.

Die FR dürfte daran leiden, als vollkommen überflüssig wahrgenommen zu werden. Wenn schon die FAZ eine überregionale Zeitschrift aus Frankfurt ist, wozu braucht man dann noch eine? Zudem die FR schon immer dünner, biederer aufgemacht und mit mehr Provinzthemen auf der Vorderseite war. Eigentlich immer schon ein besseres Lokalblatt, das nur durch Glück in der Liga der Überregionalen mitspielen durfte und jetzt wieder da rausfällt. Ähnlich wie der Bonner Generalanzeiger nach dem Regierungsumzug.

Ach ja, ich frage mich, wie sehr die Gratisexemplare in Zügen und Flugzeugen die Auflagen der "Qualitätszeitungen" künstlich hochhalten.

009
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Mo 17. Dez 2012, 02:09 - Beitrag #17

Wie die Seite 6 von diesem PDF der die Auflagenkontrolle durchführenden IVW zeigt, gibt es feine Unterschiede zwischen Druckauflage als maximalem Wert und beispielsweise verkaufter Auflage (ohne Freistücke - wohl Belegexemplare). Ohne mich jetzt ganz durch deren Seite zu wühlen weiss ich nicht sicher, ob diese "Bordexemplare" nicht extra ausgewisen werden und so bei einem Vergleich reletiv trivial herausrechenbar wären.

Ich sehe noch einen anderen verzerrenden Effekt: immer mal wieder gibt (oder zumindest gab) es bei Test- oder gerade Wirtschaftszeitungen Werbegeschenke, die man auch bekommen konnte, wenn man sich selber meldet, die vom Warenwert her sehr nah am eigentlichen Abo-Preis waren. In einem mir erinnerlichen Fall war es dann noch so, dass bei regulär ca. 80.-/Jahresabo es das für 50.- gab, mit einem 50.- Amazon-Gutschein und einer bis heute gut funktionierenden Wetterstation von ergoogletem Wert von ca. 30.-. Scheinbar brauchte da wer ganz dringend dokumentierte Abos...


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