In der aktuellen Print-Ausgabe des Stern ist ein Interview mit Pola Kinski, der ältesten Tochter von Klaus Kinski veröffentlicht, in dem sie schildert, dass ihr Vater sie als Kind und Jugendliche über mindestens ein Jahrzehnt hinweg sexuell missbraucht und anderen Grausamkeiten ausgesetzt habe. Demnächst wird Pola Kinski ein Buch über das Thema veröffentlichen.
Die Reaktionen in den verschiedenen Online-Portalen lassen sich grob in zwei Gruppen einteilen, Verdrängung und Häme.
Die Verdrängung kommt in mehreren Formen, schlichte Verweigerung (Pola als Lügnerin oder mit falschem Gedächtnis), Beschwichtigung (Kinski sei kein Krimineller, weil er nicht von einem Strafgericht als solcher verurteilt sei) und Psychologisierung (für Kinski zwischen Genie und Wahnsinn gelten moralische Grenzen nicht in gleicher Weise für Normalsterbliche). Auf der anderen Seite stehen diejenigen, die es schon immer wussten und eine mehr oder weniger hämische Freude über den Göttersturz empfinden.
Daran ist eigentlich nichts sonderlich erstaunlich, diese Reaktionen lassen sich in ähnlicher Weise in praktisch jedem Skandal von Prominenten nachweisen. Mich macht meine eigene Reaktion nachdenklich.
Als ich es las, war mir sofort klar, dass ich es glaube. Polas Vorwürfe schließen für mich eine Lücke zwischen dem Schauspieler und dem Menschen, die ich mir bisher nicht erklären konnte. Dann jedoch merkte ich, dass irgendeine Instanz in mir nicht damit einverstanden ist. Mein Unterbewusstsein wehrt sich dagegen, Kinski als Dreckschwein einzustufen. Ich ertappe mich dabei, wie ich versuche, Relativierungen zu finden, und das ist für mich überaus verwunderlich. Meine Reaktion ist völlig anders als etwa gegenüber Polanski. Messe ich mit zweierlei Maß? Offensichtlich, aber warum? Ich bekomme es nicht zu fassen.
http://www.stern.de/panorama/klaus-kinski-missbrauchte-tochter-eine-maske-faellt-1951800.html
http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/menschen/kinski-tochter-er-war-ein-kinderschaender-12019513.html