Statistisch geschieht hier merkwürdiges - meine Freundin bekam letzte Woche einen Brief, daß sie zur möglichen Schöffin bestallt wird - es gebe nicht genug Freiwillige, daher wird anhand der Meldedaten ausgelost und zwangsverpflichtet; 8.000 Leute aus unserem Bezirk (ca. 400.000 Einwohner). Man steht dann für fünf Jahre auf einer Auswahlliste, deren Mitglieder als Schöffe herangezogen werden können, jährlich zu bis zu 24 'Sitzungen' (ggf. jeweils mehrere Tage) gegen eine sehr geringe Aufwandsentschädigung und Fahrtkostenerstattung.
Sie hat aber absolut keine Zeit dazu - als freischaffender Künstler ist das auch eine ziemliche Katastrophe, weil dafür Auftritte abzusagen beruflich fatale Folgen hat. Ein fester Arbeitgeber dürfte einen deswegen nicht entlassen, dagegen ist aber naheliegend, daß man keine Konzertengagements mehr bekommt, wenn man eines spontan absagen mußte (und es gibt dann noch Regreßpflichten, von denen man auch nicht freigestellt wird).
Die Verdienstregelung ist ebenfalls äußerst gering, ein Bruchteil von dem, was sie für Auftritte bekommt. Offenbar geht die Behörde von ersetzbaren Fließbandarbeitern mit Niedriglohn aus und nicht von seltenen (Solo-)Auftritten mit hohem Verdienst, wo dann aber jeder Ausfall von einer Stunde im falschen Moment kritisch ist, darüber hinaus niemand 1:1 zu ersetzen ist...
Jedenfalls versucht sie jetzt Erklärungen von Bekannten im Berufsfeld einzuholen, die besagen, daß sie das aus wirtschaftlichen Gründen nicht machen kann. (Auf dem offiziellen Antwortbogen ist dieser Absagegrund gar nicht genannt, ausgenommen sind nur Ärzte, Apotheker und Krankenhauspersonal, außerdem Leute, die ihre Angehörigen pflegen oder ihre Familie ernähren müssen - man selbst zählt offenbar nicht.) - Sie fragte dafür sieben Leute. Dabei stellte sie fest, daß zwei Bekannte von ihr, beide ebenfalls Musiker, ebenfalls ausgelost wurden! Die Wahrscheinlichkeit davon dürfte horrend niedrig sein, und wir fragen uns, was für ein Auswahlverfahren tatsächlich dahintersteht.
Übrigens wäre das auch rechtlich ziemlich problematisch, angenommen, sie kämen im selben Verfahren zum Einsatz (angesichts der bisherigen Wahrscheinlichkeit wäre ich nur milde überrascht^^): Wenn die beiden Schöffen sich einig sind, überstimmen sie damit im Urteil rechtsverbindlich den Richter. Sollte also tatsächlich hier in der Auswahl gemauschelt werden, können dabei interessante Effekte herauskommen...