Gedanken über Weiße Elefanten

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janw
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Sa 22. Jun 2013, 14:04 - Beitrag #1

Gedanken über Weiße Elefanten

In meiner Zeitung stellt an jedem Wochenende jemand eine spitzfindige Frage aus dem Bereich der Mathematik.
An diesem Wochenende fragt er, ob man den Satz "Es ist unmöglich, nicht an weiße Elefanten zu denken" mit Ja oder Nein beantworten würde.

Was denkt Ihr?

Meine Überlegung würde ich gerne spoilern, hab nur leider vergessen, wie das geht.

Ipsissimus
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Sa 22. Jun 2013, 15:40 - Beitrag #2

bei einfacher grammatischer Logik ergibt sich aus einer doppelten Verneinung eine Bejahung: "unmöglich, nicht" -> es ist möglich

So verstanden macht der Satz auch Sinn, wenn auch einen trivialen: klar ist es möglich, an weiße Elefanten, rosarote Einhörner, fliegende Spaghettimonster oder Gott zu denken.

Die Sätze

"Es ist möglich, an weiße Elefanten zu denken" und
"Es ist unmöglich, nicht an weiße Elefanten zu denken"

behaupten allerdings trotzdem nicht dasselbe, da die Behauptung der Möglichkeit zwei Möglichkeiten impliziert: manchmal denken wir an weiße Elefanten, manchmal denken wir nicht an weiße Elefanten.

Der doppelt verneinte Satz behauptet dagegen eine Unmöglichkeit, und damit fällt eine der beiden Möglichkeiten weg. "Es ist unmöglich, nicht an weiße Elefanten zu denken" bedeutet: "Man muss immer an weiße Elefanten denken."

Maglor
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Sa 22. Jun 2013, 16:02 - Beitrag #3

Eigentlich ist das keine mathematische, sondern eine semiotische Fragestellung. :crazy:
Entscheidend für die Deutung des Satzes ist die Aktionsart. Das Wörtchen "ist" ist in diesem Fall ambig. Der Satz kann sowohl durativ oder punktuell eine Aussage treffen. Also wie Ipsi schon schrieb, entweder man muss immer an weiße Elefanten oder aber man muss in diesem Moment an weiße Elefanten denken.

Immer wenn mir die Frage gestellt wird, denke ich an weiße Elefanten.
Ansonsten denke ich nur selten an weiße Elefanten, obwohl ich schon öfters an sie gedacht habe.

Nun zu Beantwortung der Fragen:
Ist es punktuell unmöglich, nicht an weiße Elefanten zu denken? Ja.
Ist es dauerhaft unmöglich, nicht an weiße Elefanten zu denken? Nein.
Ist es unmöglich, nicht an weiße Elefanten zu denken? Das kommt darauf an, wie es gemeint ist. ;)

Traitor
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Sa 22. Jun 2013, 21:42 - Beitrag #4

Ohne weitere Spezifikation ist es in logischer Sprache automatisch eine Allausage, also in Maglors Begrifflichkeiten "durativ", und die Aussage somit offenkundig falsch.

In nichtlogischer Sprache bestünde eine Restmöglichkeit, dass der Sprecher keine Ahnung hat, was er sagt, und in Maglors Sinne "Punktualität" intendierte. Aber die Interpretation als Allaussage ist auch dann so naheliegend, dass von ihr ausgegangen werden muss.

Ipsissimus
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Sa 22. Jun 2013, 23:27 - Beitrag #5

ich verstehe deine Argumentation nicht, Traitor. Wieso folgt aus einer Allaussage, dass die Aussage falsch ist?

e-noon
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So 23. Jun 2013, 10:37 - Beitrag #6

Weil die Allaussage behauptet, dass man IMMER an weiße Elefanten denken muss, was jeder für sich widerlegen kann, der schon mal NICHT an weiße Elefanten gedacht hat (ich zum Beispiel, die ganze letzte Woche über).

Der Satz enthält keine logische Schwierigkeit, sondern nur eine witzige psychologische Pointe. Selbst diese lässt sich (wenn man das ganze denn ernst nehmen will) widerlegen; so habe ich beispielsweise nicht an weiße Elefanten gedacht, als ich den Satz gelesen habe, sondern aufgrund jüngster Konditionierungsereignisse eher an Allquantoren und Existenzaussagen.

Ipsissimus
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So 23. Jun 2013, 10:59 - Beitrag #7

ach so, das bezog sich nur auf diese Aussage^^ ich hatte Traitor missverstanden, es klang für mich so, als wolle er behaupten, schon aus dem schieren Umstand, dass eine Aussage eine Allaussage ist, folge, dass die Aussage falsch sei

Maglor
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So 23. Jun 2013, 11:25 - Beitrag #8

Das Wort "unmöglich" deutet zumindest stark auf eine "Allaussage" hin.
Zitat von e-noon:so habe ich beispielsweise nicht an weiße Elefanten gedacht, als ich den Satz gelesen habe, sondern aufgrund jüngster Konditionierungsereignisse eher an Allquantoren und Existenzaussagen.

Wie has du das denn angestellt? Wenn man das Wort "weiße Elefanten" liest, denk man doch ganz automatisch an weiße Elefanten.

e-noon
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So 23. Jun 2013, 12:50 - Beitrag #9

Ich war einfach zu müde, um an weiße Elefanten zu denken :D Ich habe das Wort gesehen, mir aber ausnahmsweise nichts dazu vorgestellt.

Traitor
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So 23. Jun 2013, 13:21 - Beitrag #10

Gut aufgepasst, Ipsi, genaugenommen bin ich mit dem Satz nämlich genau in die Falle getappt, die ich damit selbst beschreiben wollte. :wand:

@Maglor: Nein, das ist ein Schritt von Wortebene zu Sachebene, der sehr naheliegend, aber keineswegs automatisch ist. Man kann beim Lesen des Worttupels auch erstmal abstrakt an dessen orthographische oder lexikalische Eigenschaften denken, ohne dass die Assoziation zum gemeinten Objekt entsteht. Schwierig, aber kann passieren. Womit auch die punktuelle Version der Eingangsaussage nicht stark gilt.

janw
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Mo 24. Jun 2013, 12:31 - Beitrag #11

Maglor, mal sehen, was der Kerl sagt, wenn ich ihm mit Unzulässigkeit der Frage wegen Fachgebietsüberschreitung komme ;)

Zitat von Ipsissimus:bei einfacher grammatischer Logik ergibt sich aus einer doppelten Verneinung eine Bejahung: "unmöglich, nicht" -> es ist möglich

So verstanden macht der Satz auch Sinn, wenn auch einen trivialen: klar ist es möglich, an weiße Elefanten, rosarote Einhörner, fliegende Spaghettimonster oder Gott zu denken.

Die Sätze

"Es ist möglich, an weiße Elefanten zu denken" und
"Es ist unmöglich, nicht an weiße Elefanten zu denken"

behaupten allerdings trotzdem nicht dasselbe, da die Behauptung der Möglichkeit zwei Möglichkeiten impliziert: manchmal denken wir an weiße Elefanten, manchmal denken wir nicht an weiße Elefanten.

Der doppelt verneinte Satz behauptet dagegen eine Unmöglichkeit, und damit fällt eine der beiden Möglichkeiten weg. "Es ist unmöglich, nicht an weiße Elefanten zu denken" bedeutet: "Man muss immer an weiße Elefanten denken."

Das "immer" drängt sich mir nicht so auf, ein dann-und-wann-Modus würde für mich die Erfordernis, an weiße Elefanten zu denken, auch erfüllen.
Sonst könnte man ja nicht mehr an Pferde, Löwen und Panther denken.

Traitor
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Mo 24. Jun 2013, 12:43 - Beitrag #12

Die korrekt formulierte doppelte Verneinung zu deiner Interpretation wäre aber "Es ist unmöglich, niemals an weiße Elefanten zu denken."

Ipsissimus
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Mo 24. Jun 2013, 13:48 - Beitrag #13

das "immer" ist implizit enthalten, Jan, denn wenn es auch nur einen Moment geben würde, in dem wir nicht an weiße Elefanten denken, wäre die Unmöglichkeit, nicht an weiße Elefanten zu denken, widerlegt. Oder kürzer, siehe Traitor^^

Maglor
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Mo 24. Jun 2013, 19:47 - Beitrag #14

Eventuell ist das auch eine dümmliche Anspielung aus Heisenbergs Unschärferelation. Man kann nicht überprüfen, ob es unmöglich ist nicht an weiße Elefanten zu denken, ohne an weiße Elefanten zu denken.

janw
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Mo 24. Jun 2013, 20:18 - Beitrag #15

Traitor, Ipsi, Ihr habt mich überzeugt.

Letztlich gibt es noch ein ganz praxisnahes Argument: Man kann nur an etwas denken, das man kennt. Wer keine Elefanten kennt...

Maglor
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Mo 24. Jun 2013, 22:27 - Beitrag #16

Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass bei jemanden, der Deutsch kann, Elefant nicht zum Wortschatz gehört. Und wenn jemand die Bedeutung des Wortes nicht kennt, wird er ihm sehr schnell eine beliebige Bedeutung zu weisen. Es ist kein Problem plötzlich neue, unbekannte Wörter im Text auftauchen. Da ist es eben auch unmöglich nicht an einen weißen Hoatzin zu denken.

janw
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Di 25. Jun 2013, 00:19 - Beitrag #17

Aber denk mal an Inuit, nahuatl oder Papua, deren Sprecher müssen von Elefanten nicht unbedingt einen Schimmer haben.

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Di 25. Jun 2013, 09:13 - Beitrag #18

Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass bei jemanden, der Deutsch kann, Elefant nicht zum Wortschatz gehört. Und wenn jemand die Bedeutung des Wortes nicht kennt, wird er ihm sehr schnell eine beliebige Bedeutung zu weisen. Es ist kein Problem plötzlich neue, unbekannte Wörter im Text auftauchen. Da ist es eben auch unmöglich nicht an einen weißen Hoatzin zu denken.


Das kommt wohl darauf an, was man unter "denken" genau versteht. Ich verstehe darunter "vorstellen", in diesem Zusammenhang. Kennst du das nicht, dass man einen Satz liest, und ihn gleich darauf noch einmal lesen muss, weil man ihn nicht aufgenommen hat? Man hat dann auf einer unteren Stufe der Wahrnehmung noch die Augen richtig bewegt und wohl auch Buchstaben wahrgenommen, aber das Gehirn ist zu müde oder zu unkonzentriert, den Buchstaben Bedeutungen zuzuordnen. Nicht einmal bildliche Bedeutungen, sondern überhaupt Bedeutungen. Das kann einem auch mit weißen Elefanten passieren. Ich beispielsweise kannte denselben Witz mit "rosa Elefanten", sodass meine stärkere Assoziation in dem Moment rosane Elefanten waren und nicht weiße. ich habe auch jetzt noch Schwierigkeiten, mir weiße Elefanten vorzustellen, Elefanten kein Problem, aber weiß werden die in meiner Vorstellung nicht.

Ipsissimus
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Di 25. Jun 2013, 10:49 - Beitrag #19

Aber denk mal an Inuit, nahuatl oder Papua, deren Sprecher müssen von Elefanten nicht unbedingt einen Schimmer haben.


Kommt darauf an, in welcher Hinsicht du den eingangs thematisierten Satz diskutieren wisst, Jan. In sprachlogischer Hinsicht dürfte alles geklärt sein, aber deine hier zitierte Problematik versetzt den Satz in ein anderes Problemfeld, ein linguistisches, eventuell sprachpsychologisches Feld.

Aber auch da sehe ich noch nicht die Tiefe der Problematik, denn Begriffe, mit denen ich keine Bedeutung verbinde, tragen eben keine Bedeutung für mich. Bestenfalls könnte mich dann bei gesprochener Sprache noch Tonfall, Lautgestalt oder diffuser Ausdrucksgehalt des Sprechers beeindrucken, aber nicht der Sinngehalt des Begriffes oder Satzes.

Traitor
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Di 25. Jun 2013, 10:54 - Beitrag #20

@Jan: Da stimme ich eher Maglor zu - es reicht, eine vorgebildete oder auch nur spontane Assoziation zu dem Wort zu haben. Man muss nicht das reale Vorbild kennen oder auch nur eine halbwegs genaue Vorstellug haben, um "an etwas zu denken" im Sinne von "sich etwas daraunter vorzustellen". Eine andere Frage wäre, ob ein isolierter Inuit "an das denkt, was der Philosoph meinte, als er sagte, man könne nicht nicht an einen weißen Elephanten denken" oder eben nur daran, woran er selbst denkt, wenn er glaubt, an einen weißen Elephanten zu denken. Aber für die postulierte Aussage reicht eigentlich letzteres.

@e-noon: Ich glaube, traditionell ist es im Deutschen ein "weißer Elephant", im Englischen aber ein "pink elephant".
Ansonsten finde ich, dass die Frage, ob man die Zeichenfolge ersteinmal überhaupt in einen sinngefüllten Begriff verarbeiten kann, dem ganzen Themenbereich hier vorgelagert und nach ihrer Bejahung für ihn nicht mehr sonderlich relevant ist.

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