Immobilienspekulation und Denkmalschutz

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janw
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So 20. Okt 2013, 20:04 - Beitrag #1

Immobilienspekulation und Denkmalschutz

Ich bin heute auf einen Fall aus Hamburg gestoßen, in dem offenbar ein bedeutendes Bauwerk aus der Nazi-Zeit zu Luxus-Wohnungen umfunktioniert wird, unter Umgehung oder Überrollung der Denkmalschutzbehörde.

http://www.sueddeutsche.de/kultur/wohnen-in-hamburg-vom-betongold-der-nazis-1.1798442


Wie seht Ihr das, unvermeidliche Entwicklung, Erhaltung dieser Bauten im Stadtraum illusorisch, oder zu bekämpfender Raubzug der Immobilien-Haie?

Ipsissimus
Dämmerung
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So 20. Okt 2013, 22:40 - Beitrag #2

hmm, verstehe ich das richtig, das ist ein alter Nazi-Bau? Und der steht unter Denkmalschutz? Wäre da nicht abreißen das Mittel der Wahl gewesen, so vor 65 Jahren? Oder missverstehe ich da gerade was?

Lykurg
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Mo 21. Okt 2013, 00:08 - Beitrag #3

Das Gebäude kenne ich, anscheinend sogar etwas besser als die Süddeutsche. ;) Der Projektname 'Sophienterrassen' ist kein 'säuseliges' Kunstwort, sondern einfach der Straßenname und auch bisher eine gängige Bezeichnung für das Gebäude gewesen. Ich verstehe schon, daß man es unter Denkmalschutz gestellt hatte, und hätte mir einen geschichtsbewußteren Umgang damit gewünscht; es handelt sich sowohl um ein eindrucksvolles Stück Architekturgeschichte, durchaus vergleichbar mit einigen Nürnberger oder Berliner Bauten (wenn auch nicht ganz so groß) als auch um einen Ort, der an die Verantwortung erinnert. Abreißen bedeutet Verdrängen, das ist keine gute Lösung.

Das Gebäude enthielt in der Nachkriegszeit britische Besatzungstruppen (in Harvestehude sollte in der unmittelbaren Nachkriegszeit das 'Regierungsviertel' der britischen Zone entstehen, weil der Stadtteil leicht abzuriegeln war und wesentliche Kommunikationseinrichtungen beinhaltete); bis 2012 war es Bundeswehrstandort, enthielt u.a. zu meiner Zeit das Kreiswehrersatzamt. Mir fielen bei meinem unfreiwilligen ersten Besuch sofort die Adler ins Auge. Hier noch ein Bild des Mittelrisalits. Die Innengestaltung kam mir allerdings ziemlich funktional und eher im Stil der Nachkriegszeit vor; den Festsaal habe ich natürlich nicht gesehen.

Da die Bundeswehr das Gebäude offensichtlich nicht mehr braucht, ist angesichts der Lage die Luxussanierung absolut naheliegend. Wünschenswert wäre allerdings, daß nicht (nur) der Investor, sondern auch die Stadt davon profitiert und daß die Mittel sinnvoll eingesetzt werden. Verstöße gegen den Denkmalschutz sind nicht zu dulden, etwa was die Adler angeht - wer sich darin eine Wohnung zulegt, soll gefälligst auch mit der Vergangenheit des Ortes leben.

Das gegenüberliegende 'neue' Gebäude des Kreiswehrersatzamtes (ein sehr schlichter gefliester 50er-Jahre-Betonbau) wird anscheinend auch aufgegeben. Wie ich eben per Google einem Bild-Artikel entnahm (Link auf eigene Gefahr, immerhin: gutes Luftbild, zeigt, um was für eine Immobilie es dabei geht... - nur daß das im 'Bild'-Artikel eigentlich gemeinte Gebäude wohl das am rechten Bildrand sein müßte, das der Süddeutschen natürlich das große in der Mitte einschließlich der weißen Neubauten auf dem Grundstück dahinter), gab es unlängst Pläne, dort ein Asylbewerberheim einzurichten. Ob da irgendwas dran ist, weiß ich nicht; da Kai Diekmann nicht allzuweit entfernt wohnt(e?), könnte es sich um eine prophylaktische Kampagne im Eigeninteresse handeln. Die Durchmischung der Wohngegend wäre jedenfalls massiv.

janw
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Mo 21. Okt 2013, 00:16 - Beitrag #4

Es gibt ja auch noch einige Nazibauten mehr unter Denkmalschutz, wie ja noch einige mehr, z.B. diese Ferienanlage auf Rügen.

Der Gedanke hinter dem Denkmalschutz für diese architektonischen Zumutungen ist wohl der, daß die Erinnerung, das Nicht-Vergessen Orte braucht, die daran erinnern/gemahnen, und dabei nicht nur die Lager, sondern auch die Orte in den Städten, in der Nachbarschaft von jedem und jeder, an denen das Verbrechen geplant und organisiert wurde.
Ein Gedanke, den ich wohl nachvollziehen kann, so stark natürlich die Gefahr ist, daß diese Orte als Wallfahrtsstätten mißbraucht werden könnten.

009
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Mo 21. Okt 2013, 00:56 - Beitrag #5

Ich frage mich, wieso Büros den Anwohnern nicht zu vermitteln gewesen wären.
Aber wenn ich jetzt mal annehme, dass diese Nuzung eben nicht realisierbar war, scheint Wohnungs(um)bau die einzige Alternative gewesen zu sein. Denn das beste Denkmal taugt nix mehr, wenn es keiner nutzen/unterhalten will.
Wobei hier die Frage wäre, ob sich zB die Stadt hätte heftiger engagieren und zB über ein Museum HH im NS nachdenken hätte können.

Lykurg
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Mo 21. Okt 2013, 10:13 - Beitrag #6

Das wäre immerhin etwas, das es so meines Erachtens noch nicht gibt, weder hier noch andernorts. Natürlich decken stadtgeschichtliche Museen den Bereich mit ab, das sind dann aber höchstens ein paar Räume, und Hamburgs ziemlich ambivalente Rolle im Dritten Reich ließe sich sicherlich breiter darstellen - traditionell rot; niedergeschlagene Arbeiterunruhen am 'Altonaer Blutsonntag', kritische Untertöne im Film 'Große Freiheit Nr. 7' etc. - andererseits einige verwirklichte und z.T. erhaltene Bauten im Stadtgebiet (nicht nur an der Sophienterrasse, auch ein paar Kasernen), einige Geschäftsgebäude (ich las gerade über ein Bürohaus von 1938, das ich schon immer für braun gehalten hatte, daß sein Turm bereits als Flak-Turm geplant war :wzg: ) und lauter Bunker; mehrere Außenlager des KZ Neuengamme inmitten der Stadt, ein paar NS-Großveranstaltungen (wobei Hitler angeblich einmal schäumte über einen recht lauen Empfang); die reichhaltige, weitgehend vernichtete jüdische Geschichte der Stadt, die Swing-Jugend, die gewaltigen Kriegszerstörungen etc. - Pläne für eine gigantische Hochbrücke (die die Elbe an einer möglichst breiten Stelle überqueren sollte, um mit der Golden Gate Bridge zu konkurrieren), ein 250m hohes Parteigebäude, ein neuer, runder Hauptbahnhof und eine Komplettverlagerung der Uni wurden nicht verwirklicht.

Trotzdem denke ich, daß das Gebäude an der Sophienterrasse zu groß für ein solches Museum wäre, ist halt ein ziemlich großer Bürokomplex, selbst mit Archivräumen etc. wäre das nur eine Teilverwendung. Als Wohngebäude - ich hab mir grad nochmal das von mir verlinkte Foto angesehen - würden mich auch ohne die Adler aber immer noch die gekreuzten Schwerter über den Fenstern stören...

Ipsissimus
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Mo 21. Okt 2013, 11:22 - Beitrag #7

ich kann mir schon vorstellen, dass Nazi-Bauten als museale Bauten mit entsprechender Kommentierung einen Erinnerungszweck erfüllen können. Aber als einfache Funktionsbauten? Früher wurde dort entschieden, wer in die Gaskammer musste, heute dürfen darin ein paar Roma bis zur Abschiebung vegetieren, um es mal überspitzt zu sagen? Auch bei Benutzung als "normalen" Wohnblock (mit und ohne "Luxus") sehe ich keinen Erinnerungszweck mehr gegeben, und offen gesagt, ich würde mich bedanken, in so einem Ding wohnen zu "dürfen".

Lykurg
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Mo 21. Okt 2013, 12:17 - Beitrag #8

Da du die Gaskammern erwähnst: die Firma Tesch & Stabenow, die Zyklon B für Auschwitz, Majdanek u.a. lieferte, hatte ihren Sitz am Meßberg; das Bürogebäude steht noch und wird weiterhin als solches benutzt. Da gibt es immerhin (seit 1992 :rolleyes: ) eine Plakette, Kommentierung ist also gegeben.

'Vegetieren bis zur Abschiebung' ist die eine Sichtweise, die andere wäre: einstige Bauten der Unterdrückung sind zu Zufluchtsorten geworden, ein erstes Dach über dem Kopf, bis über die Frage der Aufnahme derer entschieden ist, die den Erbauern als lebensunwert gegolten hätten. Aber ja, Jakob Arjouni hätte darin vielleicht eine besonders perfide Form von gewissensberuhigenden Hirnverrenkungen gesehen, analog zu "Familie Rudolf tut wohl". Ich sehe das auch nicht als eine besonders 'elegante' Lösung, ich weiß nicht, wie 'willkommen' ich mich als Asylant in einem so problematischen Bau fühlen würde? Eher doch einen Teil museal nutzen, und wer daneben wohnen will, meinetwegen.

Ipsissimus
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Mo 21. Okt 2013, 13:17 - Beitrag #9

ich halte diese Bauten für zu vergiftet, um diesen Wandel wirklich transportieren zu können, aber diese Entscheidung hängt ja nicht von mir ab^^

blobbfish
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Mo 21. Okt 2013, 13:19 - Beitrag #10

Die Fassade bleibt doch und wenn die Adler oder Schwerter verschwinden, ist ja noch immer was da. Die kann man ja auch irgendwo anders unterbringen. Mit der Umwidmung habe ich weniger Probleme, Naziarchitektur findet sich ja reihenweise, oftmals sieht man es einfach nicht. Und ob eine Anlage oder ein Gebäude von Nazis gebaut oder nur entworfen wurde, macht doch auch erstmal keinen so großen Unterschied, entscheidend, was im Gebäude passierte; die spätere Nutzung als Kreiswehrersatzamt scheint ja auch keinen zu stören und bindet das Gebäude auch in eine normale Nutzung ein, d.h. der Wert als Mahnmal war ja auch schon nicht gegeben.

Ob der Denkmalschutz gerechtfertigt ist, kann ich schwerlich beurteilen. Der Umgang in Hamburg damit ist aber doch noch sehr respektvoll. In Kassel hat man das Henschelhaus einfach aus der Denkmalliste gestrichen, als ein Investor dort gerne ein neues Gebäude bauen wollte. Das hat man in Hamburg wohl versäumt. :crazy:.

Maglor
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Mo 21. Okt 2013, 21:17 - Beitrag #11

Das Irrationale beim Denkmalschutze ist, dass es gar nicht auf die Fassade ankommt, sondern auf das Innenleben. Meine Präferenzen liegen da genau umgekehrt.

Ich kenne da vor allem Beispiele von Fachwerkhäusern. Es wiederspricht dem Denkmalschutzbestimmungen nicht, dass Fachwerk zu verschindeln oder zu verputzen oder sonstwie die Fassade zu verdecken, so lange nur die Bausubstanz erhalten bleibt.
Das Entkernen der Häuser hingegen gilt als unverzeilicher Frevel, dabei ist da ja bei Deckenhöhen von 1,90 m durchaus angebracht, wenn man das ganze zu den modernen Wohnräumen umfunktionieren will.
Eine Umnutzung ist immer besser als der Leerstand.

Genau das ist auch der Punkt beim alten Generalkommando. Ein Generalkommando wird eben nicht mehr gebraucht.

Wenn man das Gebäude als architektonisches Denkmal des 3. Reiches erhalten wollen, hätte man wenigstens die Adler dran lassen sollen, besser noch die Hakenkreuze rekonstruieren müssen.

Lykurg
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Mo 21. Okt 2013, 23:41 - Beitrag #12

Ich vermute, es hatte baulich gar keine Hakenkreuze dran (anders als diverse andere Bauten hier), wahrscheinlich wehten allerdings Flaggen davor. Die könnte man natürlich wieder aufhängen, im Sinne einer historisch korrekten Ensemblewirkung. Und dann eine städtische Institution rein, vielleicht die Behörde für Arbeit und Soziales? :para:

Aber ja, ich finde auch Fassadenerhalt (bzw., oh Frevel, -rekonstruktion) im Sinne des Denkmalschutzes mindestens so erstrebenswert wie die Ursprünglichkeit der Innenwände. Und wenn ein Gebäude absolut nicht mehr nutzbar ist, muß man sich halt auch um schonende Veränderungen Gedanken machen können. Was allerdings sensibel ist, darüber gibt es mindestens zwei Ansichten.
Das Verhalten in Bezug aufs Henschelhaus klingt auch mäßig sinnvoll; hoffentlich rekonstruieren sie dann aber die alte Dachform, die auf dem Foto ist grauslich; dann käme noch was gutes dabei raus.

janw
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Di 22. Okt 2013, 00:52 - Beitrag #13

Die Focussierung auf die Bausubstanz ist allerdings sinnvoll, denn darin steckt letztlich die Geschichte des Gebäudes.
Die Deckenhöhen sind letztlich nicht das Problem, da man die Decken ja reversibel abhängen kann.

Maglor
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Di 22. Okt 2013, 20:18 - Beitrag #14

Das ist aber eine Geschichte, die am Ende niemand liest. Ein öffentlicher Nutzen ist da meiner Ansicht nach nicht gegeben.
Den Erhalt eines Ensembles halte ich durchaus für erstrebenswert. Die Inneneinrichtung von Privatwohnungen kann nicht Teil des Ensembles sein, weil sie ja nicht öffentlich einsehbar ist.

Bei Renovierungen im Sinne des Denkmalschutzes wird die Ensemblewirkung regelmäßig gebrochen. Originale und Rekonstruktionen soll ganz genau unterscheidbar sein, mitunter wird dann auch die Rekonstruktion gleich verzichtet und an Bruchstücke von Stuck und Schnörkel schließen sich kahle Wände oder gleich moderne Glas- und Stahlkonstruktionen übergangslos an.

Ipsissimus
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Di 22. Okt 2013, 21:56 - Beitrag #15

Willkür allenthalben

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Di 22. Okt 2013, 22:58 - Beitrag #16

Die Dogmatik des deutschen Denkmalschutzes, der die detailgetreue Denkmalrekonstruktion delegitimiert, dünkt mir dämlich. Ich sehe keine Herabwürdigung unverändert erhaltener Kulturgüter darin, daß man andere wiederherstellt, auch wenn wenig bis nichts davon erhalten war. Und Dokumentation des Vorzustands in Zeichnungen und Fotos sollte genügen, die bewußte Verwendung von andersfarbigen Materialien, Sichtfugen oder gleich das Offenlassen von 'Wunden' wie im Neuen Museum Berlin finde ich überartifiziell und problematisch. Das immerhin ist vom Projekt Sophienterrassen nicht zu befürchten.^^

Traitor
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So 17. Nov 2013, 15:46 - Beitrag #17

Subthema 1, dem Threadtitel gemäß "Immobilienspekulation und Denkmalschutz": erinnert mich sehr an den Fall Metropol in Bonn. Insbesonderes dieses Zitat:
Zitat von Alexander Krauß:Falls es mit Drohung und Einschüchterung des Amtes nicht gleich im ersten Anlauf klappt, dann gibt es noch die entsprechenden Anwaltskanzleien ( . . . ) und auch noch den politischen Druck, um seine im Sinne des Denkmalerhalts teilweise abstrusen Vorstellungen durchzusetzen
In Bonn stand zwar die Politik auf Seiten des Denkmalschutzes, dafür haben sich die Gerichte letztlich auf die Seite der eigentlich offensichtlich illegal vorgehenden Spekulanten gestellt. Neueste Entwicklung ist, dass jetzt die Stadt für die "Dreistigkeit", im Zweifel für den Denkmalschutz und gegen eine voreilige Zerstörung vor endgültiger Klärung, entschieden zu haben, auch noch mehrere Millionen "Schadensersatz" an die Spekulanten zahlen soll.

Subthema 1a, Rekonstruktion vs. Kontrastierung, Fassadenwirkung vs. innere Originalsubstanz: Die Fassade ist letztlich das, was für die Akzeptanz in der Bevölkerung entscheidend ist; nur bei öffentlichen Gebäuden auch die Wirkung des Innenraums. Ohne eine gewisse Restmenge Originalsubstanz und -innenaufteilung ist aber die Eintragung als Denkmal ein Hohn. Vermutlich sollte man zwei getrennte Denkmalkategorien einführen - zum einen "geschütztes städtebauliches Objekt", d.h. "an dieser Stelle hat ein Palast/Fachwerkhaus / eine Kirche mit diesem Aussehen zu stehen", sie darf aber auch regelmäßig abgerissen und komplett neu erbaut werden; zum anderen "geschützte Bausubstanz", bei der egal ist, wie sie aussieht und wo sie ist, im Zweifel kann man sie auch in ein Museum auslagern. Wo die Kombination beider Aspekte wichtig ist und beides noch in akzeptablem Zustand, kann man beide Prädikate verleihen, und bei Umbauten muss entsprechend doppelt vorsichtig vorgegangen werden.

Subthema 2, Umgang mit NS-Bauten: Ersteinmal würde ich zwischen solchen mit besonderer Unrechtsvergangenheit und solchen, die nur "zufällig" in der NS-Zeit entstanden, unterscheiden. Letztere, auch wenn vom Stil her eindeutig zuordnenbar, sind oft immer noch besser als Nachkriegsbauten und sollten nicht nach anderen Kriterien behandelt werden als vor-1933er Bauten. Bei ersteren halte ich eine Verdenkmalung nur mit am Objekt erfolgender Bewusstmachung für akzeptabel; einer unbewussten Nichtdenkmalweiterverwendung dabei aber deutlich vorzuziehen, und einem Abriss zumindest zeitunnah eher auch. Unbedingt alle zu Museen/Gedenkstätten zu machen, ist sicher nicht praktikabel. Plaketten wiederum sind zu wenig. Größere Infotafeln, die Passanten ausführlich aufklären?
Im vorliegenden Fall finde ich die Zwischennutzung als Musterungsstelle (so ziemlich die faschistischste Institution, die es im modernen Deutschland gibt/gab) übrigens sehr viel bedenklicher als eine Umnutzung in Wohnraum...


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