Massengentests
Verfasst: Mo 17. Feb 2014, 15:10
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Ich she übrigens nicht recht, warum die intensivere Ermittlung bei Verweigerern - bzw. eine reduzierte Untersuchung der Entlasteten - nicht zuöässig sein sollte.
Zitat von Ihro Gnaden Don Lykurgo:Ethische Grauzone, zugegebenermaßen - aber derjenige, der seine Probe abgibt, tut es in dem Wunsch, daß der Täter gefunden wird, unabhängig davon, wer es ist.
Zitat von Ihro Gnaden Don Lykurgo:Angenommen es verweigert sich nur ein Einzelner - darf der dann auch nur im Rahmen von gleichbehandelnden Serienüberlegungen miterwogen werden, ohne gezielte Ermittlung, Zeugenbefragung etc.? Finde ich ebenfalls schwierig.
Darauf aufbauend stellt sich auch die Frage, ob sich nicht Situationen ergeben, in denen statt Schuld (seitens der Polizei) nachzuweisen, es erforderlich ist, seine Unschuld nachzuweisen.
Zitat von dejure.org:§ 81h StPO
(1) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass ein Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung begangen worden ist, dürfen Personen, die bestimmte, auf den Täter vermutlich zutreffende Prüfungsmerkmale erfüllen, mit ihrer schriftlichen Einwilligung
1. Körperzellen entnommen,
2. diese zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters und des Geschlechts molekulargenetisch untersucht und
3. die festgestellten DNA-Identifizierungsmuster mit den DNA-Identifizierungsmustern von Spurenmaterial automatisiert abgeglichen werden,
soweit dies zur Feststellung erforderlich ist, ob das Spurenmaterial von diesen Personen stammt, und die Maßnahme insbesondere im Hinblick auf die Anzahl der von ihr betroffenen Personen nicht außer Verhältnis zur Schwere der Tat steht.
(2) Eine Maßnahme nach Absatz 1 bedarf der gerichtlichen Anordnung. Diese ergeht schriftlich. Sie muss die betroffenen Personen anhand bestimmter Prüfungsmerkmale bezeichnen und ist zu begründen. Einer vorherigen Anhörung der betroffenen Personen bedarf es nicht. Die Entscheidung, mit der die Maßnahme angeordnet wird, ist nicht anfechtbar.
(3) Für die Durchführung der Maßnahme gelten § 81f Abs. 2 und § 81g Abs. 2 entsprechend. Soweit die Aufzeichnungen über die durch die Maßnahme festgestellten DNA-Identifizierungsmuster zur Aufklärung des Verbrechens nicht mehr erforderlich sind, sind sie unverzüglich zu löschen. Die Löschung ist zu dokumentieren.
(4) Die betroffenen Personen sind schriftlich darüber zu belehren, dass die Maßnahme nur mit ihrer Einwilligung durchgeführt werden darf. Hierbei sind sie auch darauf hinzuweisen, dass
1. die entnommenen Körperzellen ausschließlich für die Untersuchung nach Absatz 1 verwendet und unverzüglich vernichtet werden, sobald sie hierfür nicht mehr erforderlich sind, und
2. die festgestellten DNA-Identifizierungsmuster nicht zur Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren beim Bundeskriminalamt gespeichert werden.
Da fragt mensch sich natürlich, woher die Polizei weiß, welche Prüfungsmerkmale vermutlich erfüllt sind, wenn gar kein Täter bekannt ist.Personen, die bestimmte, auf den Täter vermutlich zutreffende Prüfungsmerkmale erfüllen
Viele Fälle sind so furchtbar, daß man den Opfern eine schnelle Aufklärung wünschen kann, und wenn der Test dazu beitragen kann, warum nicht?
Zitat von Ipsissmus:Da fragt mensch sich natürlich, woher die Polizei weiß, welche Prüfungsmerkmale vermutlich erfüllt sind, wenn gar kein Täter bekannt ist.
Na ja, ich gehe mal davon aus, dass die meisten Menschen wissen, ob sie eine Entführung mit Mord begangen haben oder nicht. Und wenn ich weiß, dass ich das nicht getan habe, brauche ich das auch nicht wirklich zu beweisen, solange ich nicht konkret unter falschen Verdacht gerate. Und sobald das geschieht, wird meine DNA ohnehin getestet. Auf jeden Fall aber schon ganz schön fürsorglich von den Ermittlern, allen Leuten die Möglichkeit zu geben, sich aus dem Ermittlungsfeld auszuklinken, wo sie doch gar nicht verdächtigt werden.
Der erhoffte Erkenntnisgewinn für die Ermittler ist auch nicht so gewaltig, wie es sich anhört. Was machen sie, wenn sie alle 3000 Leute überprüft haben und keiner der Mörder ist? Dumm gucken.
Prüfungsmerkmale sind Täterspuren. Vergewaltigte Frau erinnert sich, daß der Täter im roten Corolla angerauscht kam, mit BQ im Kennzeichen. Dann wird man alle möglichen Fahrer eines roten Corolla mit BQ ins Visier nehmen und zum Test bitten.
Je schneller das Feld eingeengt werden kann, umso eher kann man den Täter eingrenzen
Nun, dann wissen sie, daß die verfolgte Spur falsch war. Vielleicht gibt es eine andere.
Zitat von Ipsissmus:Das ist aber eine etwas andere Situation, nämlich die eines gezielten, konkreten Verdachts mit überlebendem Opfer, also auch vorhandener Zeugin. Normale Ermittler-Tätigkeit. Wieviele rote Corollas wird es in BQ schon geben? Keine Notwendigkeit zu Massengentests, sondern Überprüfung konkreter Verdachtsmomente. Einfache Gegenüberstellung.
Das ist nämlich die Gefahr bei Massentests. Man gießt einfach das große Regenfass über alle aus und nimmt in Kauf, dass die zarten Pflänzchen der Bürgerrechte mit ersäuft werden, statt geeignetere kleinere Kannen zu verwenden.
Sofern der Täter im ursprünglichen Feld enthalten ist. Und: Das ist die Ermittler-Perspektive. Das beantwortet die Frage nicht, warum ich als Einzelner, der ich weiß, dass ich mit dem Fall nichts zu tun habe, diese Perspektive einnehmen und dabei meine Bürgerrechte in den Wind schießen soll, die ohnehin überall angeknabbert werden, mit unendlich vielen angeblich guten Gründen.
Gleiches Problem. Ich weiß ja, dass die verfolgte Spur in Bezug auf mich falsch ist. Sie brauchen also nur meiner Aussage zu glauben. Auch keine größere Zumutung, als mich einem Massengentest zu unterziehen.
Andererseits frage ich mich schon ein bißchen, warum eine eherne Grenze bestehen soll zwischen meinem Äußeren, das etwa in Form von Fotos gespeichert und zu Fahndungszwecken eingesetzt werden kann, meinem Fingerabdruck, für den letztlich dasselbe gilt, und den genetischen Informationen
Was spricht dann dagegen, die genetischen Spuren zu nutzen?