Sozialer Halt

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abv
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So 22. Feb 2015, 23:48 - Beitrag #1

Sozialer Halt

Hi, um einmal endlich ein neues Thema zu beginnen, dachte ich nun daran, einfach über ein paar persönliche Schwierigkeiten zu schreiben, auf das es vielleicht Rat gibt.

Oft, so auch in meinem Studium, fällt es mir sehr schwer feste Freundschaften aufzubauen bzw. aufrecht zu halten, was hauptsächlich an meiner Hochsensibilität und meinem Perfektionismus liegt. Oft, wenn ich länger mit jemanden zusammen bin, finden sich irgendwelche charakterliche oder persönliche Merkmale die ich einfach als unangenehm empfinde, vor allem, da diese leicht auf mich abfärben, sodass ich mich dann wieder sehr schnell von diesen Menschen distanziere. Ähnliches geschieht auch bei Beziehungen mit Frauen. Ich habe es oft versucht, viele kamen auch zu mir, doch dann quält mich letzten Endes doch eine Einsamkeit. Ein Studium allein als sozialen Halt auszunutzen ist keine Dauerlösung. Alleine zuhause sitzen, sich (mit Schokolade) vollstopfen und Filme sehen auch nicht. Es ist mir eigentlich etwas unangenehm, da ich intellektuell eigentlich recht begabt bin, doch durch diese "Schwäche" oft nicht weiter komme. Oft traue ich mich nicht einmal jemanden zu fragen, auch wenn ich weiß das ja nichts passieren kann. Manchmal bin ich wirklich verzweifelt.

Lykurg
[ohne Titel]
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Mo 23. Feb 2015, 10:51 - Beitrag #2

Hi abv, von deinen Schwierigkeiten erkenne ich so manches wieder (abgesehen vom Luxusproblem "viele kamen auch zu mir" ;) ). Manchmal denke ich, daß Intellekt und Sozialverhalten eher einander ausschließende Kategorien sind - zumindest in meinem überschaubaren Freundeskreis sind es oft die Begabtesten, mit denen der Umgang am kompliziertesten ist bzw. die auch ihrerseits (zum Teil sogar sehr) einsam sind.

Du bezeichnest dich selbst als hochsensibel - kennst du das Buch "Zart besaitet" von Georg Parlow? Ich fand es selbst sehr hilfreich als Verständnishilfe, als ich in einer Beziehung Schwierigkeiten damit bekam; es ist meines Erachtens für beide Partner unumgänglich, darum zu wissen, und damit zurechtzukommen zu lernen. Die richtige Mischung aus Nähe und Distanz zu finden, ist in jedem Fall eine Herausforderung. Nur zu gern würde ich dir den Rat geben, dich auf dein Bauchgefühl zu verlassen, weiß aber auch, wie sehr Fehlschläge einen Menschen verletzen und jedes weitere Vorgehen erschweren können. Es tut mir jedenfalls leid, daß du darunter so leidest - du bist nicht allein!

Ipsissimus
Dämmerung
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Mo 23. Feb 2015, 14:27 - Beitrag #3

Tja, wasch mich, aber mach mich nicht nass.

Es braucht halt einige Zeit, um so richtig zu begreifen, dass es einen Menschen immer nur als Gesamtpaket gibt. Das ist einerseits unvermeidbar, die Akzeptanz dieser Unvermeidbarkeit ist andererseits aber auch eine Frage des Respekts vor dem Anderssein eines Menschen. Ich nehme an, abv, dass du noch recht jung (alles unter 35) bist, und leider ist es in diesem Alterssegment wohl so, dass mit "Partnerschaft" eher Geschäftsbeziehungen im pairship-Stil gemeint sind, statt essentieller Liebe.

Da du bei Verabsolutierung deiner Hochsensibilität allerdings Single bleiben wirst, ist das aber nicht wirklich schlimm, du musst nur immer rechtzeitig switchen. Sollte dir irgendwann mal aufgehen, was dies über dich aussagt, hast du immer noch die Möglichkeit, dich auf einen Menschen wirklich einzulassen.

Erfahrungsgemäß wächst zwischen 30 und 40 die Ahnung heran, dass nicht die anderen das Problem sind.

abv
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Mo 23. Feb 2015, 19:01 - Beitrag #4

Danke für dein Mitgefühl Lykurg.
Das Buch kenne ich, doch las ich es noch nicht. Es gibt auch einige Seiten (zartbesaitet.net, hochsensibilitaet.org) die viele Infos geben. In den dortigen Tests hatte ich fast immer die Höchstpunktzahl. Ja, die richtige Menge aus Nähe und Distanz ist sehr schwierig zu finden. Es gibt oder eher gab Zeiten, da ich von den Leuten regelrecht gejagt war und mich oft nicht abzugrenzen wusste.

Ich weiß ja Ipsissimus, die Ursachen und Gründe eigentlich, doch lässt sich daran momentan nichts ändern, als das ich weiter Kämpfe und vielleicht doch die passenden Menschen finde. Mir sind dazu viele Dinge klar, die ich hier nicht offen schreiben kann oder darf. Die gesellschaftlichen Strukturen...

Maglor
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Mo 23. Feb 2015, 23:01 - Beitrag #5

Laut den Online-Tests deutet "einiges" daraufhin, dass auch ich hochsensibel sein könnte. Es ist ja imgrunde auch nicht so wichtig, da ich nur wenige Störungen auslasse.
Allein bin ich auch oft gewesen, mit steigender Tendenz.
Früher hatte ich den merkwürdigen Drang, wenn ich in neu einer Gruppe war (z. B. Studium, Freizeit, Schule etc.) zwischen unterschiedlichen Personen und Kleingruppen zu pendeln, was eigentlich immer dazu führte, dass ich am Ende, wenn praktisch die Rollen verteilt waren, zu keiner Kleingruppe, Clique etc. dazuzugehören und keine engeren Verbindungen zu schließen. Von einem Netz will ich jetzt gar nicht reden.
Ich muss da jetzt auch wieder an den Hesse'schen Steppenwolf denken. Das Problem ist, dass man nur zur Hälfte Wolf ist.

e-noon
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Mo 23. Feb 2015, 23:12 - Beitrag #6

Wie im Bücherthread zu lesen, habe ich gerade ein Buch über Bindungsängste durchgearbeitet. Dieses kann ich bei jeder Art Beziehungsstörung empfehlen. Ich stimme Ipsissimus zu - ein Großteil der Beziehungsprobleme liegt in einem selbst. Man kann die Beziehung wechseln und sollte das auch, wenn sie einen nicht glücklich macht - wenn einen aber keine Beziehung und auch keine Freundschaft dauerhaft zufriedenstellt, könnte die Unzufriedenheit im eigenen Inneren liegen statt im Außen.

Hochsensibel sein ist sicher eine Herausforderung. Man kann sich gut in den anderen einfühlen, merkt dadurch aber vielleicht weniger oder gar nicht, wo die eigenen Bedürfnisse, Wünsche und Grenzen liegen. Es lohnt sich, daran zu arbeiten :)

abv
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Do 5. Mär 2015, 01:45 - Beitrag #7

Es sind keine Störungen, Maglor, eher Merkmale. Aber deine weitere Beschreibung ähnelt meiner Vergangenheit auch sehr.
Mit Hesse kann man gefährlich abdriften. Steppenwolf war eher enttäuschend, da ich zuvor schon tiefer gehende Texte verfasste.

Danke für den Tipp e-noon. Klar liegt es immer an einem Selbst.

Insgesamt fasse ich mein Problem zusammen mit Durchbrechung sozialer Strukturen. Nun, ich weiß, das ich ab einen gewissen Punkt nicht mehr erzählen kann, wenn jemand weiß wovon ich schreibe und ich mit ihm/ihr darüber diskutieren kann, wäre es schön, eine pn zu bekommen.

Verzeiht wenn ich manchmal etwas arrogant klingen mag, dies geht wohl mit Hochbegabung einher.

e-noon
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Do 5. Mär 2015, 16:14 - Beitrag #8

Verzeiht wenn ich manchmal etwas arrogant klingen mag, dies geht wohl mit Hochbegabung einher.
Es geht vor allem mit gering ausgeprägter Sozialkompetenz einher :) Aber Korrelation bedeutet ja noch keine Kausalität.

Maglor
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Mo 9. Mär 2015, 21:05 - Beitrag #9

Zitat von abv:Steppenwolf war eher enttäuschend, da ich zuvor schon tiefer gehende Texte verfasste.

Ich habe selten arroganteres gelesen. ;)

Zitat von abv:Es sind keine Störungen, Maglor, eher Merkmale. Aber deine weitere Beschreibung ähnelt meiner Vergangenheit auch sehr.

Inwiefern redest du von Vergangenheit? Lernt du einfach keine neuen Leute mehr kennen oder hast du dein Verhalten geändert?

abv
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Fr 20. Mär 2015, 05:00 - Beitrag #10

Sorry, subjektives Empfinden.
Ich suche dir den Kram irgendwann mal heraus. Manches verbrannte ich in Wutanfällen, manches liegt noch in bei den Eltern und in Schweden.

Ich änderte mit der Zeit mein Verhalten. So gehe ich neuerdings auch öfter auf Menschen zu.

Maglor
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Mo 23. Mär 2015, 22:35 - Beitrag #11

Ich finde Verhaltensänderungen sind ein interessantes Thema. Ich lese da heraus, dass es nicht nur beim guten Vorsatz geblieben ist.
Wie machst du das nur?

abv
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Sa 28. Mär 2015, 23:21 - Beitrag #12

Ja, Verhaltensänderungen sind sehr schwer zu erreichen, insbesondere im Erwachsenenalter. Ich erreichte es vermutlich durch stetes lernen, aus Büchern und anderen Medien und schließlich von Menschen. Es dauerte allerdings einige Zeit.
Man könnte sich auch bei einem Psychologen bzw. Psychotherapeuten Rat holen, da jedem gesetzlich Krankenversicherten jährlich kostenlos einige Sitzungen zur Verfügung stehen. Glücklicherweise hatte ich ein paar Psychologiestudenten zur Seite.

Maglor
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Di 7. Apr 2015, 22:04 - Beitrag #13

Zitat von abv:Glücklicherweise hatte ich ein paar Psychologiestudenten zur Seite.

Studierst du selber Pychologie oder hast du tatsächlich doch soziale Kontakte und hypchonderst nur den einsamen Wolf?
Es ist ja ein weit verbreitetes Vorurteil, dass die Studenten jenes Psychologiestudium nur anfingen um ihre eigenen Neurosen zu kurieren. :crazy:

abv
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Mi 15. Apr 2015, 02:25 - Beitrag #14

Tatsächlich hatte ich dies zunächst vor, doch reichte mein NC nicht ganz, zudem wäre es vermutlich wirklich nur aus selbst-therapeutischen Zwecken gewesen.

Ich denke nicht, diese Einsamkeit zu "hypochondern". Es ist so, das bei mir einfach eine enorme Diskrepanz zwischen den intellektuellen und den sozialen Fähigkeiten vorhanden ist, welche offenbar einfach in meiner Natur liegt. Durch viel Bildung und Lernen konnte ich einige Sympathie von Menschen erlangen, doch mittlerweile suchen mich diese nur noch bei intellektuellen Problemen oder zum Lernen auf und bei Anfragen zu Unternehmungen halten nur die wenigsten zu mir. Mittlerweile gebe ich offen diese Schwierigkeit zu und es scheint Verständnis dafür zu geben.

Maglor
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Mi 15. Apr 2015, 21:42 - Beitrag #15

Ich wollte ja eigentlich nicht weiter nachbohren, aber wenn du Kontakt zu Psychologie-Studenten hast ohne selbst Psychologie zu studieren, hast du offensichtlich auch Kontakt zu Leuten außerhalb deines Studiums.

Die Sache ist meistens die: Wenn man sich erstmal selbst ins Abseits gestellt hat, kommt niemand mehr vorbei um einen abzuholen. Ich schrieb das gerade über mich. :naja:

abv
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Do 16. Apr 2015, 02:46 - Beitrag #16

Das merkte ich nun auch Maglor, wobei ich wohl größtenteils zerpflückt wurde von einigen Studenten aus höheren Semestern oder anderen Studiengängen die zu mir kamen und sich einschmeichelten. Ich bin tatsächlich lange viel zu naiv gewesen, bin es ja oft immer noch. Generell wurde ich manchmal regelrecht gejagt und verlor so offenbar nun meinen eigenen Halt, was mir gerade eine furchtbare Angst bereitet. Wirklich, ich kann manchmal unglaublich intelligent sein, doch verliere ich meinen Halt, kann es ganz furchtbar mit mir werden. Dieses Theaterspiel der sozialen Strukturen ist unglaublich. Noch viel unglaublicher solch Menschen die mit einer sogenannten "sozialen Intelligenz" voran kommen und andere mit wirklicher intellektueller Intelligenz da nahezu destruieren können. Ich lebte ja nicht ohne Grund eher in Büchern und meinem Verstand, als in der Gesellschaft, da es mir einfach an dieser Abgrenzung und dem Schutz fehlt.

Ich finde es gut, das du nachbohrst, nur so können wir ja auf den Grund kommen, obschon ich mittlerweile dem Publikum außerhalb des Forums ungerne noch mehr preisgeben möchte, so vielleicht ein Admin dieses Thema in einen verschlossenen Bereich schieben sollte.

Maglor
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So 19. Apr 2015, 20:17 - Beitrag #17

Ich kann ja schlecht beurteilen, ob deine Deutung der Wirklichkeit richtig ist oder nicht, aber wenn du schreibst, dass du von kontaktfreudigen Mitmenschen gejagt wurdest und dich daraufhin zurückgezogen hast, so wird dies jeder Nichtneurotiker klar so deuten, dass du mit ihnen nichts zu haben willst, was offenbar auch tatsächlich der Fall ist.

abv
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Mo 20. Apr 2015, 21:08 - Beitrag #18

Wenn du möchtest, können wir in einem geschlossenen Bereich oder PN gerne näher darauf eingehen.


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