Perry Rhodan

Literatur und Medien, die die Grenzen der bekannten Welt sprengen - die Zukunft der Menschheit und ihre Abenteuer in fantastischen Welten.
Ipsissimus
Dämmerung
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Fr 4. Jul 2014, 13:57 - Beitrag #1

Perry Rhodan

In meiner frühen Jugendzeit war ich ein begeisterter Perry Rhodan-Leser, von Band 1 bis Band 750 hatte ich jedes Einzelheft gelesen und in Besitz (wobei diese Phase meines "literarischen" Interesses deutlich kürzer als die zur Besitznahme anscheinend notwendigen etwa 15 Jahre verlief, den parallelen Verkäufen der ersten, zweiten und dritten Auflage sei Dank). Damals war ich, ganz klar, hingerissen und begeistert, all diese Möglichkeiten und Utopien und natürlich die Ersatz-Omnipotenz^^

Irgendwann wurde mir das Ganze zuviel, die Stellvertreter-Omnipotenz verlor ein bisschen ihre Sogwirkung, und schließlich stellte ich das Kaufen und die Lektüre sang und klanglos einfach so ein, ganz ohne das Gefühl zu haben, etwas zu vermissen.

Anscheinend hat sich ein gewisses Faszinosum tief in mir trotzdem erhalten, denn als ich vor ein paar Monaten rein zufällig entdeckte, dass Amazon die Gesamtausgabe in Paketen zu 50 Bänden in elektronischer Form für den Kindle anbietet, war der erste Gedanke "geil", und ehe ich wieder zu mir kam hatte ich auch schon das Paket mit den ersten 50 Heften gekauft^^

boah, war das geil, dieses temporäre Eintauchen in eine infantile Vergangenheit^^

Allerdings, es erschöpfte sich sehr schnell. Und das lag an Dingen, die ich damals vollkommen überlesen hatte, bzw. die mir damals nichts ausmachten. Die Konzentration auf Militärgeschichte. Überhaupt, militärische Lebensweise als wünschenswerte Blaupause für gesellschaftliche Entwicklung, um eine "Degeneration" der Gesellscahft zu vermeiden. Ein Frauenbild, für das die Autoren einfach und ersatzlos verprügelt gehören. Dieser Menschheits-Chauvinismus, dieses Sendungsbedürfnis, am menschlichen Wesen wird die Galaxis genesen. Diese Führerzentriertheit, mitsamt einem unsäglichen Elitendenken. Dieser besinnungslose Neoliberalismus. Diese Trickdiebmentalität - die intelligentesten Rassen der Galaxis lassen sich mit ein paar Tricksereien übertölpeln. Dieses verfrühte Bejubeln der arkonidischen Technik als "mächtigste Technik des Universums", ein Mandra, das sich jedesmal in analoger Weise wiederholt, sobald eine Spezies mit überlegener Technik auftaucht, die ihr dann wieder per Tricksereien abgeluchst wird.

Da spielt die wirklich dramatisch schlechte literarische Qualität noch nicht mal eine große Rolle, die logischen Inkonsistenzen, die emotional-suggestive Sprache, und immer wieder die Rückerinnerung, wie toll Rhodan doch ist.

Liest noch jemand die Reihe? Und wie wirkt das heute auf euch? Sind die neueren Hefte lesenswerter?

Lykurg
[ohne Titel]
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Fr 4. Jul 2014, 15:30 - Beitrag #2

Habe ebenfalls als Jugendlicher eine Winzigkeit davon gelesen, zwei Kurzromane, meine ich - ohne damals auch nur eine Ahnung von der Größe und Konzeption der Serie zu haben. Fand es schon irgendwo spannend, auch weil ich sonst nicht viel Science-Fiction kannte; die Waffenvernarrtheit und das Frauenbild sind mir aber auch damals schon als eher befremdlich aufgefallen. Wikipedia meint, da hätte sich im Laufe der Jahrzehnte was gewandelt, scheint aber nicht allzuviel gewesen zu sein, oder schon durch die Plotangaben und vermutlich enthaltenen Rollenskizzierungen soweit festgelegt, daß da nicht viel zu machen war.

Maßstabsprobleme, bzw. fortwährende Steigerungen von Allüberlegenheit, scheinen in der Natur der Sache zu liegen, wenn die Grenzen der erzählten Welt aufgehoben sind bzw. nur in der Zeit liegen. Überlegenheit des Menschen dagegen nervt mich auch an anderen Vertretern des Genres und der Zeit; da scheint sich aber in der Reihe zumindest ein bißchen was geändert zu haben.

Traitor
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Sa 5. Jul 2014, 13:35 - Beitrag #3

Tja, mit Marc Effendi ist uns ja unser Experte zu dem Thema abhanden gekommen, siehe hier, hier, hier, und vor allem hier - 326 Beiträge, das waren noch Matrixzeiten... ;)

Ich selbst habe von PR nie etwas gelesen. Ein aktiv präsentes Medienphänomen war er in meiner Jugendzeit schon nicht mehr, und dutzende Sammelbände auf dem obersten Wandregalbrett der Buchhandlung auch keine sonderlich attrakiv präsentierte Verlockung. Als später dann via Internet zumindest sein Ruf bei mir ankam, schreckte mich die Menge immer noch ab. Irgendwann sollte ich aber vermutlich einfach nur aus SF-Geschichts-Interesse mal ein paar Stichproben lesen. Schlimmer als "Lensmen" kann es eigentlich ja nicht werden, die von Ipsi aufgezählten Sünden sind haargenau dieselben.

Wie lässt sich eigentlich aus Quasi-Omnipotenz eine Endlosreihe stricken? Kann da nicht sehr schnell nichts mehr passieren? Oder ist die Menschheit eben immer nur so lange omnipotent, bis sie auf noch omnipotentere Aliens trifft, an denen sie dann durch die erwähnten Tricksereien zu noch omnipotenterer Omnipotenz reift? Völlig egal, was diese blöde omni-Vorsilbe ursprünglich mal hieß... ;)

Ipsissimus
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So 6. Jul 2014, 12:57 - Beitrag #4

Wie lässt sich eigentlich aus Quasi-Omnipotenz eine Endlosreihe stricken?


die Omnipotenz ist natürlich immer streng relativ zum bekannten Gefahrenpotential gestrickt; daher auch der häufige Hinweis, dass natürlich auch neue größere Gefahren auftauchen können, so dass man niemals innehalten kann in der Entwicklung immer höherer Omnipotenz^^

Rhodan hat schon gelegentlich Züge von dieser ernsten, gefassten Nachdenklichkeit, die früher Kolonialbeamte zum Nachweis ihrer philosophisch-humanistischen Grundierung gerne zeigten, nachdem sie zum Besten aller einen Eingeborenenstamm ausrotten mussten.

Feuerkopf
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So 6. Jul 2014, 15:41 - Beitrag #5

Habe als Jugendliche mal einen Roman gelesen, hat mich aber aus den von Ipsi genannten Gründen eher abgeschreckt. Zu männerzentriert, zu militärisch, zu zu zu. Für eine junge Frau der 1970er komplette No-Reads, sozusagen.


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