Orson Scott Card

Literatur und Medien, die die Grenzen der bekannten Welt sprengen - die Zukunft der Menschheit und ihre Abenteuer in fantastischen Welten.
Ipsissimus
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Mo 12. Aug 2013, 16:09 - Beitrag #21

na ja, da empfinde ich aber eher Wintermute/Neuromancer als konventionelle KI, irgendwo steht eine langweilige Kiste rum^^

Traitor
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Mo 12. Aug 2013, 21:28 - Beitrag #22

Neuromancer ist bei mir ehrlich gesagt schon zu lange her. Aber obwohl Wintermutes Hardware konventionell war, habe ich gefühlt in Erinnerung, dass er den menschlichen Figuren als deutlich fremdartiger erschien. Als etwas kaltes, wirklich anderes. Während Jane trotz ihrer unfassbaren Fähigkeiten letztlich nur als ein nettes, etwas schnippisch-zickiges hyperintelligentes Mädchen rüberkommt. ;)

Ipsissimus
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Mo 12. Aug 2013, 22:51 - Beitrag #23

na ja, damit sind Wintermute/Neuromancer für mein Empfinden aber deutlich dichter am Standardschema von KI und überhaupt sprechenden Computern in der SF, die KI sind so und reden so, wie ihre Schöpfer sie lassen.

Bei Jane ist nicht zu vergessen, dass sie nur der Entstehung nach eine KI ist, ich erinnere mich nicht mehr, ob das noch im zweiten Band war, aber sie wird eindeutig als eigene Spezies und als Wesen, das auf der Fremdheitsskala höchstens zwei Stufen entfernt ist, qualifiziert. Und im dritten und, vor allem aber im vierten Band wird ohnehin alles nochmal ganz anders^^

Was hältst du eigentlich von der Fremdheitsskala? Ich fand das faszinierend^^

Traitor
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Di 13. Aug 2013, 09:21 - Beitrag #24

Über Standardschemata zu reden, wird natürlich immer schwierig, wenn man zu den prägenden Genrevätern zurückgeht... Aber hatten die beiden sich nicht auch deutlich über ihre Programmierung hinaus evolviert? Wie gesagt, lange her bei mir.

Für Jane träfe es "emergente Intelligenz" wohl besser. Und ja, sie wird im "Speaker" als "ramen" qualifiziert, und es gibt wie gesagt ein Kapitel aus ihrer Innensicht, in dem ihre "layers of conciousness" und sonstige Persönlichkeitsstruktur recht ausführlich dargestellt wird - dass die am Ende, bis auf die schiere Ressourcenmenge, so menschenähnlich ausfällt, aber nicht zwingend hergeleitet.

Die Skala ist genau so untauglich wie jeder andere soziologische Versuch, multidimensionale Sachverhalte auf eine Dimension zu projizieren. In diesem Fall (mindestens) "Fremdheit" und "(wahrgenommene) Bewusstheit". "Keine Kommunikation möglich, aber Bewusstsein offensichtlich vorhanden" wird hier auf eine Stufe (varelse) mit "wilde Tiere, offensichtlich kein Bewusstsein vorhanden" gestellt. Beispiele werden ja schon intern durchexerziert, in der Konsequenz dann immer als Einstufungsschwierigkeit zwischen ramen und varelse. Aber eine zweite Achse wäre die viel sauberere Lösung - oder das komplette Rauslassen der Nonintelligenten und "varelse" umdefiniert als "völlig fremd, aber vermutlich bewusst".
Wenn er könnte, würde Card übrigens bestimmt zurückgehen und das Wort "ramen" austauschen. :D

Ipsissimus
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Di 13. Aug 2013, 09:51 - Beitrag #25

das war ja bei Wintermute/Neuromancer der Knackpunkt, sie konnten sich nicht evolvieren, weil Wintermute am Haken der Festverdrahtung hing, der erst ganz spät gelöst wurde. Darum drehte sich der gesamte erste Band. Danach - sicher, aber das wurde nicht mehr thematisiert, nur kurz angedeutet, dass sie nunmehr im Kontakt zu außerirdischen Entsprechungen ihrer selbst stehen.


"ramen" sagt mir nichts, ich glaube, im Deutschen verwendet er "främling" für die erste Stufe außerhalb der Dorfgemeinschaft, dann "varelse", zuletzt für das völlig Fremde "drus". Die Stufe(n) in der Dorfgemeinschaft habe ich vergessen^^

Traitor
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Di 13. Aug 2013, 10:40 - Beitrag #26

Ok, müsste ich nochmal nachlesen. Hat sich bei mir vielleicht auch partiell mit "Otherland" überlagert- (Das natürlich deutlich später erschien.)

Iirc im Original:
utlanning = Ausländer auf gleichem Planeten
framling = gleiche Spezies von anderem Planeten
ramen = fremde Spezies, aber Kommunikation möglich und Bewusstsein erkennbar
varelse = völlig fremd und unverstehbar und/oder wildes Tier

Ipsissimus
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Di 13. Aug 2013, 11:37 - Beitrag #27

hach ja, ich müsste die Ender-Tetralogie doch auch mal wieder lesen^^

Traitor
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Di 13. Aug 2013, 19:48 - Beitrag #28

Hast du eigentlich auch etwas von den mittlerweise fast unzählbar vielen weiteren Fortsetzungen und Spinoffs gelesen? Es scheint eine ganze Serie mit Bean als Hauptfigur zu geben, Prequels zu den ersten beiden Bugger Wars, usw.

Ipsissimus
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Di 13. Aug 2013, 22:23 - Beitrag #29

aus dem Ender-Universum kenne ich nur die ursprünglichen vier Bände, habe aber vor, mir gelegentlich einen Shadow-Band vorzunehmen

ansonsten von Card Meistersänger, der Spenderplanet und Abyss (Abyss ist auch sehr, sehr gut und dürfte selbst dich als Physiker zufriedenstellen^^)

Traitor
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Mo 2. Sep 2013, 21:22 - Beitrag #30

Derzeit lese ich mal wieder furchtbar wenig und hänge immer noch in den Familienstreitigkeiten von "Xenocide".

Aber zur Fremdheits-Hierarchie kann ich nochmal etwas richtig stellen: laut Demosthenes gibt es doch noch eine Extra-Kategorie "djur" für unintelligente wilde Tiere. Dass die oft ignoriert wird und soetwas wie "Sind sie ramen oder varelse, fremd aber intelligent oder Bestien" dabei herauskommt, scheint ein vom Autor bewusst eingesetzter Charakterfehler zu sein - Demosthenes's Modell wurde anscheinend nicht auf weiter Front korrekt erfasst und aufgegriffen, sondern gerade der Punkt "es kann uns völlig unverständliche Intelligenzen geben" ist an den üblichen Vorurteilen vieler Rezipienten gescheitert.
Damit ist die ursprüngliche Hierarchie doch deutlich besser, als ich in gröberer Erinnerung meinte - eine vollständige zweite Achse der Bewusstheit wäre natürlich für deskriptive Nutzung besser, aber in dieser Form sagt sie zumindest sehr viel über jene aus, die sie benutzen, was mindestens genauso wertvoll ist.

Traitor
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Di 8. Okt 2013, 16:11 - Beitrag #31

Zitat von Traitor:Xenocide (meines Erachtens schon deutlich schwächer als Ender 1+2, da zu wenige spannende neue Themen, zuviel Familien-Klein-Klein und wirre Metaphysik)


Zitat von Ipsissimus:ich glaube beinahe, du hast einfach was gegen Soziologie in der SF^^ bei anderen Genres würde man den Inhalt des von dir Kritisierten als etwas empfinden, was eine Erzählung gerade lebendig werden lässt.
Einige meiner liebsten SF-Werke enthalten viel Soziologie, u.a. "Foundation", "Dune", "First and Last Men"... (Und dabei lasse ich klassische Dystopien, die laut dir und Jan ja zuviel Soziologie enthalten sollen, um überhaupt SF zu sein, noch aus.) Aber "Soziologie" ist für mich etwas anderes als "Familien-Klein-Klein". Echte Soziologie in "Xenocide" sind u.a. die Mob-Episode in Milagre (arg simplifiziert, aber sehr effektiv dargestellt) oder der ganze Path- und Kongress-Handlungsstrang (etwas zu gemächlich und obskur eingeführt und mit massivem Logikmangel bei der entscheidenden Gewissensentscheidung, aber insgesamt für mich der stärkere Teil). Klein-Klein sind die diversen psychologischen Problemchen und Soziopathien von Novinha und ihren Kindern, die mir schon in "Speaker for the Dead" zu viel Raum einnahmen, dort aber durch ein Mehr an Neuem noch besser ausgewogen wurden als im "Xenocide", der stärker etablierte Themen weiterentwickelt.
Ein gewisses Maß solcher Elemente ist meist hilfreich, um eine SF-Geschichte zu erden, die diskutierten Probleme menschlich erfassbar zu machen und die Figuren nicht zu charakterlosen Schablonen zu machen (die große Schwäche vieler Genreklassiker). Übertreibt man es aber, landet man bei einer Seifenoper im SF-Gewand (multimedial z.B. weite Strecken von ST:TNG, ST:VOY und anderen Fernsehserien, an geschriebenem Wort fällt mir gerade kein Extrembeispiel ein, gibt es aber sicher auch). Speaker und Xenocide liegen etwa in der Mitte des Spektrums, bei Xeno mit leichter Schlagseite, aber sicher noch weit von den echten Untiefen entfernt.
Ach ja, im Gegenzug ist Ender selbst in diesem Band schon fast zur Schablone geworden, bei ihm hätte es diesmal durchaus mehr Charakterisierung geben dürfen. Ist aber natürlich erkennbar Absicht.

Zitat von Ipsissimus:Und die wirre Metaphysik habe ich als faszinierende Möglichkeit empfunden, Spiritualität mit hartem Materialismus zu versöhnen^^ aber Menschen sind eben verschieden^^
Es ist ein interessantes Modell und überraschend gut durchdacht. Aber wie schnell sich das alles als wahr erweist und praktisch umsetzen lässt, ist dann doch fast schon lächerlich. Auch, wenn das die Figuren selbst bemerken und kommentieren. ;)

Padreic
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Mi 9. Okt 2013, 03:19 - Beitrag #32

Ich hatte das Gefühl, dass Xenocide genauso viel Qualität hat wie die beiden Vorgängerbände, aber auf mehr Seiten gestreckt ;).

Ich kann mich Traitors Kritikpunkten an Xenocide weitgehend anschließen: Bei dem eher langsamen Handlungsverlauf der ersten 90% wirkt das geraffte Ende doch arg schnell; und Ender entwickelt sich kaum weiter. Letzteres ist aber durchaus plausibel: Ender will ja gerade Schluss machen mit der Weiterentwicklung und dem "Ich rette die Welt", sondern zieht sich zurück, um ein normales Leben zu führen.
Ich fand übrigens trotz des zwischendurch eher langsamen Handlungsverlaufs durchaus nicht, dass Xenocide sich irgendwie gezogen hat. Card hat einfach einen sehr angenehmen und leicht zu lesenden Stil.

Die Metaphysik fand ich auch erstaunlich gelungen; sie ist quasi das große neue Thema im dritten Band. Und die Path-Sequenzen fand ich stark.

Insgesamt würde ich sagen: Für jeden, der nur halbwegs was mit SF anfangen kann, würde ich die ersten beiden Bände quasi als Muss ansehen. Xenocide würde ich immer noch empfehlen; Children of Mind muss man aus Spannungsgründen lesen, wenn man Xenocide gelesen hat.

Ipsissimus
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Mi 9. Okt 2013, 13:48 - Beitrag #33

Bei dem eher langsamen Handlungsverlauf der ersten 90% wirkt das geraffte Ende doch arg schnell


positiv ausgedrückt weiß OSC eben, wie man einen Spannungsbogen aufbaut und mit einem finale furioso krönt^^


hatte übrigens damals, nach der Erstlektüre von Xenocide und Children of Mind, ernsthaft erwogen, nach Samoa auszuwandern^^ na ja, ich war jung und brauchte die Illusion^^

Traitor
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Fr 1. Nov 2013, 17:25 - Beitrag #34

Zitat von Padreic:Ich hatte das Gefühl, dass Xenocide genauso viel Qualität hat wie die beiden Vorgängerbände, aber auf mehr Seiten gestreckt ;).

Für das Buch spricht wiederum, dass ich es nicht als länger empfunden habe, sondern meinen langsamen Lesefortschritt nur meinem seltenen Lesen zuschrieb. Erst jetzt zur Überprüfung deiner Aussage habe ich realisiert, dass es tatsächlich ca. 200 Seiten länger ist als die Vorgänger...

Zitat von Padreic:Ender entwickelt sich kaum weiter. Letzteres ist aber durchaus plausibel: Ender will ja gerade Schluss machen mit der Weiterentwicklung und dem "Ich rette die Welt", sondern zieht sich zurück, um ein normales Leben zu führen.
Das meinte ich auch mit "Ist aber natürlich erkennbar Absicht." Und wenn man mehr als 2 Bücher in einer Welt ansiedeln will, ist es wohl auch im Allgemeinen weise, sich nicht zu sehr nur auf eine Figur einzuschießen.

Zitat von Padreic:Die Metaphysik fand ich auch erstaunlich gelungen; sie ist quasi das große neue Thema im dritten Band.
Angedeutet wurde sie ja schon im Zweiten, daher habe ich die ausführliche Behandlung hier eher als Auswalzung empfunden. Ist aber an sich auch nichts schlimmes, nur der Erkenntnisprozess hätte halt glaubwürdiger sein dürfen. Dann hätte ich sie vielleicht auch als weniger "wirr" angesehen.

Zitat von Padreic:Children of Mind muss man aus Spannungsgründen lesen, wenn man Xenocide gelesen hat.
Habe ich natürlich auch noch vor.

Zitat von Ipsissimus:hatte übrigens damals, nach der Erstlektüre von Xenocide und Children of Mind, ernsthaft erwogen, nach Samoa auszuwandern^^ na ja, ich war jung und brauchte die Illusion^^
Der Bezug erschließt sich mir, nach nur "Xenocide", noch nicht...

Ipsissimus
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Mo 4. Nov 2013, 15:06 - Beitrag #35

Der Bezug erschließt sich mir, nach nur "Xenocide", noch nicht...

ja, kann sein, dass das erst im letzten Band kommt, liegt doch schon ein paar Jahre zurück, die Lektüre^^

Lykurg
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Do 14. Nov 2013, 15:23 - Beitrag #36

Habe irgendwann vor ein paar Monaten die ersten vier Bände in kurzer Zeit verspeist, und sie sind mir wohl bekommen. Gewisse Tendenzen zum Übermenschentum sind schon dabei, wenn auch der von Traitor angesprochene Aspekt des "Zuchtprogramms" eher Dune zu entstammen scheint^^ und sich bei Ender nicht so wiederfindet, abgesehen von seiner eigenen Geburt als erwünschter Third (eigenartig übrigens, daß da trotzdem soziale Stigmatisierung greift, aber zugleich eine der Stärken der Welterfindung. Nebenbei fand ich die Kombination aus dominantem Warschauer Pakt und allgegenwärtigem Internet amüsant.

Ja, ich denke auch, daß insbesondere die Abkehr vom Formationskampf auch anderen schon hätte kommen können; befremdlich finde ich etwa, daß offenbar überhaupt kein taktischer Unterricht stattfindet, sondern ausschließlich auf Konflikt als Lernquelle gesetzt wird. Unglaubwürdig finde ich dann aber, wie ausschließlich Enders Team die dritte Invasion leitet, mit den entsprechenden begrenzten Ressourcen und bis zur völligen Erschöpfung - unter den zehntausend Bewohnern von Eros dürften einige hervorragende Absolventen sein, die als Einspringer zumindest von Dinks Kaliber geeignet sein sollten.

Letzte Woche war ich dann auch im Film, der mir alles in allem gefallen hat, vor allem dank schöner Bilder. Es gibt ein paar schöne Überraschungen, bei einer davon zwinkert Harrison Ford ins Publikum [spoiler](bei der Vorstellung von Major Anderson).[/spoiler]Sehr bedauerlich ist das mißratene Alter der Darsteller, wobei - noch schlimmer - [spoiler]Enders gesamte Ausbildungszeit bis zum Angriff (!) auf 28 Tage verkürzt wird (zumindest wird diese Zeit genannt, als er ankommt).[/spoiler] Dadurch ist die Filmhandlung völlig überhastet und entsprechend noch viel unglaubwürdiger als das Buch, die Dimension der Reifung kommt nicht zum Tragen. Schade, denn Zeitsprünge hätte man problemlos einbauen und verstehen können, das macht das Buch ja auch (und der Film in kleinem Maße); so dagegen ergeben sich Lücken. Gonzo ist im Sinne von Schwarzweißmalerei leider völlig falsch gecastet - im Buch ausdrücklich großgewachsen und gutaussehend, im Film ein häßlicher Gnom, kleiner als Ender (!) - der allerdings auch eher überdurchschnittlich groß ist, jedenfalls nicht die Altersdifferenz zu den anderen erkennen läßt, wo sollte die auch herkommen.

Zur Richtigstellung^^ hab ich entsprechend Ender's Game nochmal gelesen und stecke jetzt in "Ender's Shadow", also Beans Kindheitsgeschichte (bisher), die ich extrem spannend finde, auch was die Soziologie Rotterdams in Cards Welt angeht...

Traitor
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So 17. Nov 2013, 12:33 - Beitrag #37

@Ipsissimus: Inzwischen bin ich bei Samoa angekommen, ca. Seite 100 von "Children of the Mind". Später mehr dazu.

Was mir spätestens jetzt störend auffällt, mich aber auch vorher schon etwas gewundert hatte, ist die Beinahe-Stasis, in der Cards Menschheit seit Beginn der Kolonisation lebt. Klar, Trondheim und Lusitania sind kleine Siedlerwelten, da ist Konservativismus zu erwarten. Path ist eh ein Sonderfall. Aber während im von Lykurg angesprochenen "Dune" die katholische Kirche immerhin orange geworden ist, scheint sie sich hier auch weltübergreifend überhaupt nicht gewandelt zu haben. Und jetzt, da in CotM auch größere Welten besucht werden, scheinen auch die einfach Erde' zu sein, mit ein paar neuen philosophischen Schulen und etwas anderer Architektur, aber kaum veränderten mentalen und sozialen Mustern. Auch die strikte Beibehaltung von Erd-Nationalitäten auf gemischten Welten ist sehr befremdlich.

@Lykurg: Wo habe ich von gezielter Zucht geschrieben? Wohl eher nur gezielte Wahl aus dem Zufall überlassener Population, keine echte Zuchtwahl.
Nebenbei fand ich die Kombination aus dominantem Warschauer Pakt und allgegenwärtigem Internet amüsant.
Es dürfte aber wohl auch einen Silizium-Vorhang gegeben haben. ;)

Gab es bei der dritten Invasion nicht mehrere Flotten, und Ender führte nur die zentrale? Aber auch dann wäre es vermutlich effizienter gewesen, seine ermüdeten Untergebenen mit wachen aus Peripherie-Flotten zu tauschen. Aber dann wäre seine Gruppendynamik dahin gewesen, und die schätzten die Kommandooffiziere (und Card) wohl als wichtiger ein als die Frische. Also eine fragwürdige, aber begründete Auslassung.

Den Film wollte ich noch extra kommentieren.

Ipsissimus
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So 17. Nov 2013, 13:05 - Beitrag #38

soweit wie ich das verstanden hatte und in Erinnerung habe, hatten sich die Religionen in Cards Welt als vereinigungsresistent erwiesen, so dass eine geeinigte Menschheit nur in der Weise zu erreichen war, indem jeder Religion eigene Planeten zugewiesen wurden, in der sie die Standardreligion stellen konnten - solange sie im Gegenzug religiöse Toleranz gegen Abweichler oder Zugehörige anderer Religionen übten. Aus meiner Sicht so geeignet oder ungeeignet wie jede andere nichtfunktionierende Idee zur Überwindung religiöser Intoleranz.

Warum sollte die Nationalisierung des Weltalls keine mögliche Option sein, immer vorausgesetzt, Aliens zeigen uns nicht eines Tages, wie furchtbar dumm wir sind? Man sieht es doch heute schon. Natürlich gibt es die ISS, aber daneben gibt es nationale Raumfahrtbehörden zum Ruhme der jeweiligen Nationen. Die indische Marssonde soll die Fähigkeit indischer Wissenschaft beweisen, ähnliches trieb einst USA und UDSSR und später China, Japan und andere an. Das ist alles, nur nicht überwunden. Im Prinzip prognostiziert Card damit, dass die Menschheit weiter machen wird wie bisher: sobald der einende Feind entfällt, geht es wieder mit kleinlichem Kleinklein weiter, egal auf welcher Skala. Das ist keine unwahrscheinliche Perspektive.

Traitor
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So 17. Nov 2013, 13:14 - Beitrag #39

Ja, das ist das Religionstrennungskonzept des Kongress. Daraus folgt aber nicht automatisch, dass die Einzelreligionen in sich statisch bleiben. Bei einer weltenüberspannenden Kirche würde man doch Änderungen mindestens im Ausmaße der heutigen weltumspannenden erwarten.

Eine Aufteilung der menschenbesiedelten Galaxie in "Nationen" ist ja ein beliebtes Thema, üblicherweise nach Kolonieschiffen sortiert, z.B. das Freelancer-Universum. (Ältere literarische Beispiele willkommen.) Das sind dann aber ganze Planeten oder Planetenverbünde, die aus der Expansion einer Nation entstehen, je nach Detailgrad der Beschreibung dann auch schnell mit weiterer Auffächerung. Bei Card gibt es aber auf einzelnen Planeten weiter mehrere Erdnationen, z.B. auf Pacifica Tonganer, Samoaner, Hawaiianer... Dass die sich unterwegs und seit der Landung kaum vermischt oder nach lokalen Gegebenheiten umdefiniert haben, ist wiederum schwer zu schlucken. Wieviele Ethnien haben denn auf der Erde Völkerwanderungen ohne großen Identitätswandel überstanden?

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Mo 18. Nov 2013, 07:57 - Beitrag #40

Ender's Shadow ist großartig - so einiges aus Ender's Game wird erst jetzt verständlich bzw. bekommt einen ganz anderen Sinn. Faszinierend, ich mag solche Neu-Erzählungen ohnehin sehr gern (siehe ja auch meine Rezension zu Kyrill Yeskows Last Ringbearer oder Wolfgang Hohlbeins Hagen von Tronje), daß der Text vom Autor des Originals stammt, macht es noch schöner.
Nebenbei klären sich auch ein paar der offenen Fragen oder werden zumindest thematisiert, etwa, warum niemand vor Ender von den festen Mustern abweicht. Es liegt, so meint Bean, an einem Systemfehler: durch das schuleigene Rankingsystem, das kurzfristige Mißerfolge bestraft, wird Innovation ausgebremst, niemand traut sich, radikale Änderungen durchzuführen.

Das Vorhandensein von Abkömmlingen mehrerer Zwergstaaten auf demselben Planeten finde ich nicht weiter überraschend. Es dürfte für Mikronesien etc. schwer genug sein, die Gelder für eine Koloniegründung aufzutreiben (evtl. Ausgleichszahlungen aus Klimafonds, weil die Inseln selbst untergegangen sind?) - und genug Leute für einen ganzen Planeten kommen da auch nicht so schnell zusammen. Außerdem muß man erstmal einen passenden Planeten finden (denn daß die nicht auf einem mit großen Kontinenten oder ohne Ozeane wohnen können, versteht sich ja von selbst. :wzg: ) Wieweit sie dann nachher ihre Identität wahren (können/wollen), hängt sicher von der Art des Zusammenschlusses, kulturell-sprachlichen Dingen, Politik und Zufall ab, ich finde es aber nicht undenkbar. Sicher gibt es bei Völkerwanderungen Änderung und Durchmischung, das bedeutet aber nicht zwangsläufig völliges Ineinanderaufgehen.

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