Moderne Klassik

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Lykurg
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Mi 17. Mai 2006, 23:44 - Beitrag #1

Moderne Klassik

Falls der Thread zu smalltalklastig wird, kann man ihn ja immer noch verschieben. :)

(übernommen aus "Letzter gehörter Musik-Track :)")
Zitat von eginobili20:@Lykurg: Spielst du zufällig irgendein Instrument oder so? Oder warum bist du so ein Klassik freak?

Chopin Scherzo Nr.2 mit Yundi Li
Shostakovitch Symphony Nr.10 mit Simon Rattle.
Zitat von Amy:Man kann auch Klassik lieben, ohne ein Instrument zu beherrschen.
Zitat von Da-Fe:@ eginobili20: Ich denke doch, dass es sogar Menschen gibt denen Klassik einfach nur gefällt :P
Zitat von Lykurg:Arnold Schönberg: Pierrot Lunaire - "Finstre schwarze Riesenfalter töteten der Sonne Glanz"
(Anna Silja / Robert Craft)

@eginobili20: Mit DSCH hast du bei mir genau den Nerv getroffen - wobei ich von der 10. leider gerade nur die alte Kondraschin-Fassung da habe, die mir etwas unausgewogen erscheint. Muß mal gucken, ob ich Rattle kriege.^^
Zitat von Da-Fe: "Finstre schwarze Riesenfalter töteten der Sonne Glanz"

...klingt interessant, muss mal gucken ob ich eine Aufnahme im Laden finde ]
Zitat von Lykurg:@Da-Fe: Dacht' ich mir doch, daß der Text auch genreübergreifend gefallen würde... :D Hier gibt es den vollständigen Text und sogar eine Kompletteinspielung zum Download (es handelte sich um Nr. 8, "Nacht"). Allerdings finde ich meine im Laden gefundene Aufnahme aus einer Reihe von Gründen wesentlich besser.^^
Zitat von eginobili20:Klar kann man Klassik auch so mögen, aber wenn man nicht näher mit der Musik zu tun hat (was sich eben durch Instrumente spielen am besten anbietet) wird man wohl kaum den Schwerpunkt beim Hören auf diese Richtung legen.
Du kannst dir den Shosta runterziehen wenn du willst. Musst mir aber dann gescheit geben ... ]
Zitat von Da-Fe:Eh... Danke Danke an euch 2 Klassiker :)
...und ich denke es kommt auf das Instrument an :P (Jemand der [E-]Gitarre spielt könnte sich vielseitig orientieren -> Metal, Rock, Klassisches oder Volksmusik ^^) Wobei klassische Musik ja wirklich etwas mehr mit Anspruch und Vollendung zu tun haben scheint als die Musik des gemeinen Volkes ^^ *keine Ahnung davon hat*
Zitat von Da-Fe:Pierrot Lunaire - Nr. 7 :P
...irgendwie alles so dunkel ^^ und klingt sehr nach NDR Info Musik, die nach 22 Uhr läuft, wenn nicht gerade ein Hörspiel. (toller Sender übrigens.)

(Und aus "Steckbriefe"):
[quote="Lykurg"]Die klassische Musik im wesentlichen des 20. und späten 19. Jh] [quote="eginobili20"]Hey Likurg.
Mit Thomas Mann ist das so ne Sache, da steht ein relativ großes Ereignis zwischen ihm und mir, an welches ich gar nicht denken will. Relativ eigenartig. Vielleicht finde ich aber doch Zugang zu ihm später.
Ich habe im Orchester einmal Beethoven begleitet und danach auch selber gespielt weil mich die Interpretation im Gegensatz zu früheren auf CD richtig überzeugend fand. Konzertmeister vom RSO war der Solist.
Chopin mit LiYundi ist genial. Eigentlich alles was der Junge spielt. War erst letzte Woche auf seinem Konzert in Stuttgart. Da fliegst du wirklich weg. N bisschen wie in "Schlafes Bruder" ] @Weitergabe: Ja, da sollte sich eine Gelegenheit ergeben. - Ich mag Schönbergs Vokalmusik, ganz allgemein, insbesondere aber die Chorstücke - auch wenn sie reichlich schwer sind. "A Survivor from Warsaw" ist Die Streichquartette kenne ich nicht, da besteht offensichtlich Nachholbedarf. "Verklärte Nacht" ist zauberhaft, aber das zählt in diesem Zusammenhang nicht wirklich.^^

***

Vorhin haben wir in meinem Fremdzitate-Seminar die Bratschensonate von Bernd Alois Zimmermann gehört - faszinierend, was er mit dem armen Instrument macht^^ - mE aber insofern unbefriedigend, als das zugrundeliegende Zitat ("Gelobet seist du, Jesu Christ") als ein absoluter Fremdkörper herausstach und auch in der (zu Anfang erfolgten) Verarbeitung nur sehr unvollkommen mit Zimmermanns Klangvorstellungen verschmilzt.

*****

Gerade bei Berg geht es aber mE nicht (mehr) unbedingt darum, die Reihe und ihre Erscheinungsformen beim Hören zu erkennen. Jedenfalls bezogen auf den Wozzeck hat er sich sehr deutlich dahingehend geäußert, daß die Hörer nicht auf die musikalischen Strukturen darin achten sollten, sondern es eher als klangliches Erlebnis wahrgenommen werden sollte. Jedenfalls beim entspannten Hören eines solchen Stücks suche ich nicht danach, das ist mE recht gut vergleichbar mit dem ersten Lesen eines Romans: Bevor es an die Analyse geht, erst einmal sich ihm hingeben und genießen.

**

Kürzungen bei Schönberg sind bei dieser Art des Hörens zulässig, in der Analyse würde man es im Zweifel bemerken - insbesondere Barockmusik ist da viel schnittfreudiger. Bei manchen Händelarien kann man auch ein Drittel streichen, ohne daß etwas verlorengeht. :P

janw
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Mi 17. Mai 2006, 23:52 - Beitrag #2

Bezüglich des Streichens: Der Wiederholungsanteil in Opern ist auch nicht gerade gering^^

Aber, mal grundsätzlich: Wohin soll der thread führen, was ist sein tieferer Sinn, hat er einen solchen?

Lykurg
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Do 18. Mai 2006, 00:31 - Beitrag #3

janw, es ging mir zunächst um eine Entlastung von wmig, Steckbrief und lgmt, zugleich Effizienzsteigerung durch Zusammenführung der Gedankengänge. Etwa dein Steckbrief-Kommentar ist hier herzlich willkommen.^^ Ich gehe davon aus, daß sich - wie bereits im letzten "klassischen" Thread diverse Themen hier zusammenfinden, die zu ernsthaft sind, um sie einfach als Smalltalk abzutun, und zu eng miteinander verbunden, um sie in mehreren Threads abzuhandeln. Die Richtung würde sich damit selbst ergeben - eine zugegebenermaßen etwas anarchische Form, die dem (Nicht-)Thema aber durchaus angemessen erscheint. :P

Und zu den Opern: Tatsächlich dachte ich bei den von mir erwähnten Händel-Arien eher an einige seiner Oratorien (weil ich die besser kenne), es gilt allerdings, wie du bemerkst, genauso für die Opern. Für derartiges Handeln gibt es bei George Frederic ja auch genügend Präzedenzfälle aus seiner eigenen Praxis.

janw
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Do 18. Mai 2006, 01:40 - Beitrag #4

Gut, dann sei dies der thread ohne Eigenschaften...bzw. ohne eigentliches Thema. Variationen eines sich selbst ergebenden Themas, ein idT anarchischer Ansatz, Du überraschst mich immer wieder! :)

eginobili20
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Do 18. Mai 2006, 11:46 - Beitrag #5

Natürlich kann ein Musikstück auch ohne Analyseansätze erst einmal genießen, aber das genießen geht doch nicht ohne eine halbwegs deutliche Struktur, die einen ergreifen kann. Für meine Gewohnheit zumindest brauche ich eine Struktur, wenn es nur 5 Minuten lang Klangbrei ist kann ich damit noch nichts anfangen und noch weniger genießen. Im Roman ist das genauso, ohne jeglichen Zusammenhang wäre es nur verwirrend und anstrengend als ein "schönes Erlebnis".

Die Idee dieses Threads finde ich übrigens wunderbar. Das gleiche Bedürfnis hatte ich auch.

Ipsissimus
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Do 18. Mai 2006, 12:18 - Beitrag #6

ein Komponist, mit dem ich eine Zeitlang zu tun hatte, äußerte mir gegenüber mal, daß er nicht wisse, was ein Hörer seiner Stücke hören würden, weil er sich in aller Bescheidenheit eine professionelle Hörkompetenz angeeignet habe, über die "Genuß"-Hörer idR nicht verfügen, weil es ihnen nicht wichtig ist.

Aus meinem eigenen Werdegang würde ich das bestätigen wollen. Neuere Musik war mir lange Zeit völlig verschlossen, weil ich mit Hörkonzeptionen auf sie zuging, die an alter Musik bis hin zur Früh-Romantik entwickelt und geschult worden waren. Diese sind imo völlig ungeeignet und unangemessen für das Hören neuer Musik.

Dabei müssen wieder Unterschiede gemacht werden. Die neue Wiener Schule läßt sich prinzipiell mit den alten Gewohnheiten erfassen, auch wenn es ein bißchen wie eine Vergewaltigung wirkt. Die Musik der großen Komponisten nach dem 2ten Weltkrieg (des Projektes "Moderne") dagegen entzieht sich dem vollständig.

Wenn ich an meine erste Begegnung mit Stockhausens "Carrée" oder mit "Funktion grau" von König, an die beiden "Analogiques" von Xenakis und viele andere Stücke denke ... ein Grauen. Aber im Laufe der Zeit veränderte sich meine Wahrnehmung, und das ist nicht nur eine Folge der analytischen und ästhetischen Beschäftigung mit den Stücken, sondern Folge einer inneren Einstellungsänderung.

Übrigens empfinden es die meisten dieser modernen Komponisten als albern, in ihren Werken Reihen und deren Permutationen heraushören zu wollen^^

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Do 18. Mai 2006, 12:30 - Beitrag #7

Da stimm ich völlig zu. Das Genießen von Musik hängt doch zu sehr mit Gewohnheit zusammen. Selbst mit Bartok hatte ich vor einiger Zeit noch zu kämpfen, bevor ich mich selber rangewagt hatte mit einer Interpretation. Für mich ist das eigene Einstudieren sowieso essentiell für den Zugang zu einem Werk. Es macht das Sache sofort ganz anders.
Was haltet ihr denn von dem ewig langen Stück von John Cage? Da ist ja nichts mehr da. Ich mein, das kann man nicht mehr als Musik bezeichnen, oder?

janw
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Do 18. Mai 2006, 13:13 - Beitrag #8

Wieso soll das keine Musik sein?

Was das Einstudieren betrifft...ein sehr guter Weg sicher, doch damit ist dann nur ein kleiner Teil der Musik für den Einzelnen wirklich zugänglich, wer kann schon ein Orchester spielen? ;)
Mir geht es immer wieder so mit Concierto de Aranjuez, jedes Mal auf dem Klavier eine Neuentdeckung :)

Ipsissimus
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Do 18. Mai 2006, 13:22 - Beitrag #9

meinst du "24 Stunden" oder "ORGAN²/ASLSP"?

Bei Cage muss man imo zwei Dinge immer im Hinterkopf haben, erstens daß er ein Schelm ist und zweitens, daß es für seine langen Werke eine goldene Rezipientenregel gibt, die da lautet: "Gehe nie in ein Cage-Konzert ohne zwei Flaschen Rotwein mit dir zu führen", eine Regel übrigens, die auch das Verständnis anderer, als schwierig geltender Werke neuerer Provenienz erheblich erleichtert (bei der Erstaufführung von "Neuroperas" erwies sich diese Regel als goldrichtig, denn ab der zweiten Flasche, also etwa nach 2 Stunden, beginnt die Zeit wie im Fluge zu verlaufen und die restlichen 4 Stunden sind so was von schnell vorbei^^)

trotz der spaßigen Formulierung ist beides durchaus ernst gemeint. Bei Cage ist immer damit zu rechnen, daß er Sachen einfach nur deswegen macht, um die bierernste deutsche Musikszene mal richtig aufzumischen. Speziell bei "ORGAN²/ASLSP" könnte man sich halb totlachen über den alten Schelm, mit den ganzen völlig überflüssigen Berechnungen, die Bedeutung vorspiegeln, wo in Wirklichkeit ein Lachen gereicht hätte, wenn sich manche Rezipienten nicht so furchtbar wichtig nehmen würden

Lykurg
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Do 18. Mai 2006, 17:42 - Beitrag #10

... was Kagel (mit dem ich mich gerade intensiver beschäftigen darf) nochmal quadriert^^ - allerdings auch gewürzt mit einer kräftigen Dosis Spott über Publikum und Kritik.

Ipsissimus, den Nachsatz über das Hören von Reihen und Permutationen empfand ich genauso, auf der Ebene kann letztlich alles mögliche drinstecken.
Deine zuvor gemachten Feststellungen zur Anwendbarkeit traditioneller Hörweisen auf moderne Musik passen mE nicht dazu; sind jedenfalls zu generell - etwa bei Britten, egal wie modern er sich gelegentlich geben mag, kommt man mit Riemann (oder sogar Koch ;)) mE etwas weiter als bei Webern...^^

janw, der Techniker kann, und macher junge Dirigent meint noch, er könnte... :P

eginobili20, mit der Einordnung von Organ2/ASLSP (falls du das meintest) habe ich weit weniger Schwierigkeiten als mit 4'33". Schließlich kann man sich dabei immerhin noch ein Bild von Cages Klangvorstellung machen.^^

eginobili20
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Do 18. Mai 2006, 19:42 - Beitrag #11

Hi
ja ich meinte Organ2/ASLSP.

@janw: Ich hab ja die Möglichkeit in Orchester und solo zu spielen ;) Auch schon als einzelnes Mitglied im Orchester ist es eine eindrucksvolle Erfahrung, besonders wenn man dann noch Soloparts spielen kann ;) bei Bartok Divertimento for STrings z.B. oder demnächst Schnittke Moz-Art. Empfehlenswert übrigens, Letzteres.

Ipsissimus
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Fr 19. Mai 2006, 09:55 - Beitrag #12

Lykurg, ich bezog mich ja ausdrücklich für die Zeit nach dem 2. WK auf die Komponisten des Projekts Moderne, zu dem Britten definitiv nicht gehört. Ich stimme dir völlig zu, daß bei den Richtungen mit wenig stark avantgardistisch ausgeprägter Tonsprache und Ästhetik traditionelle Hörweisen angemessener sein mögen, so wie später wieder bei der Musik der Postmoderne (so problematisch der Begriff auch sein mag)


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