Etüde und Präludium - was unterscheidet sie?

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janw
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Fr 20. Okt 2006, 23:35 - Beitrag #1

Etüde und Präludium - was unterscheidet sie?

Ich bin seit einiger Zeit sehr angetan von Klaviermusik des 19. und 20. JH, wie sie z.B. Rachmaninow recht zahlreich geschrieben hat.
Nun versuche ich, hinter die Bezeichnungen der Stücke zu blicken und komme damit nicht weiter.
Konkret geht es darum, daß einiges als Etüden bezeichnet wird, anderes als Präludien, ohne daß mir klar ersichtlich ist, warum - hätte man es nicht auch einfach "Miniaturen" nennen können?
Etüden sind mir bekannt als Übungen, meist als Geläufigkeitsstudien, wie sie u.a. Czerny zahlreich geschrieben hat, und denen man das auch gut ansieht.
Präludien sind dagegen usprünglich ja Einführungen zu Chorälen oder Fugen, so z.B. bei Bach - bei Rachmaninow stehen sie jedoch für sich, ohne auf etwas anderes hinzuführen. Angesichts ihrer Melodiegestaltung könnten sie jedoch auch als anspruchsvolle Übungen durchgehen, zumindest für mein eher laienhaftes Ohr.
Was ist nun also der Grund, sie dennoch so zu nennen, wie sie benannt sind?

Lykurg
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Fr 20. Okt 2006, 23:51 - Beitrag #2

Etüden sind - bis auf wenige Ausnahmen - tatsächlich Übungsstücke. Es geht dabei um Fingerfertigkeit, und meistens merkt man, was genau trainiert werden soll, wenn man sie spielt. ;) Daraus hat sich dann auch der Typ der Konzertetüde entwickelt, in der ein Virtuose seine handwerkliche Fähigkeit (nicht sein Talent^^) unter Beweis stellen kann.

Das Präludium entspringt der gottesdienstlichen Musik (Orgelvorspiel), die Kombination mit einer Fuge ist nicht zwingend. Es stellt an sich selbst einen höheren musikalischen Anspruch (bei einer Etüde akzeptiert man endlose Figurenwiederholungen, bei einem Präludium nicht [außer, es handelt sich um WT1, Präludium in C-Dur^^]). Außerdem haben viele Präludien (wohl nicht genügend, um eine Regel daraus zu machen) einen deutlichen Steigerungsaufbau, um auf das Ereignis, den Gottesdienst, vorzubereiten.

Als eine Art große Schwester des Präludiums, allerdings mit ganz eigenen Regeln, könnte die (Konzert-)Ouvertüre bezeichnet werden.

janw
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Sa 21. Okt 2006, 01:04 - Beitrag #3

Dann könnte man also sagen, daß Miniaturen mit eher geringerem musikalischem Anspruch, dabei jedoch guter Übungseignung im 19.JH ff. Etüden genannt wurden, solche mit starkerer Durchkomposition und Dynamik Präludien - wo das eigentlich für letztere Kennzeichnende, das "danach", nicht mehr durchgängig geschrieben wurde?

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Sa 21. Okt 2006, 01:26 - Beitrag #4

Ja, weil das "danach" außermusikalischen Charakter haben kann. Der jeweilige musikalische Anspruch ist selbstverständlich komponistenabhängig: Bei einem Komiker wie Satie wäre glatt zu erwarten, daß er seine gehaltvollsten Stücke als Etüden bezeichnet; eine Etüde von Chopin ist im Zweifel höherstehend als ein Präludium von P.T.Q. Bach, usw.

Dementsprechend wäre die Etüde vorrangig auf didaktische und metaperformative Funktionen ausgerichtet, sie ist deutlich die Frucht einer anderen Musikepoche mit weit mehr Salon- und eher weniger Kirchenmusik.

janw
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Sa 21. Okt 2006, 18:23 - Beitrag #5

Ja, weil das "danach" außermusikalischen Charakter haben kann.

Ja, Musik schafft den Raum für...praktisch alles Menschenmögliche^^

Aber...ich weiß nicht, ob Du die hast...vergleich mal die Etüden Op. 39 von Rachmaninow mit den Präludien Op. 32 - kannst Du da deutliche Unterschiede im muikalischen Anspruch erkennen?

Lykurg
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Sa 21. Okt 2006, 18:57 - Beitrag #6

Leider weder noch - bei Gelegenheit gucke ich mal in der Institutsbibliothek nach. Und ich gehe nicht unbedingt davon aus, daß ich es erkennen kann. :)


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