The Spirit

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Traitor
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Mi 18. Feb 2009, 22:56 - Beitrag #1

The Spirit

Und wieder eine Comicverfilmung, allerdings eine ab vom Mainstream. Frank Miller, Lieferant der Vorlage zum Genremeilenstein "Sin City", verfilmte einen Klassiker von einst, Will Eisners 40er-Jahre-Werk. Die stereotype Guter-Held-gegen-Erzbösewicht-Story wird in stilvoller Retro-Optik und einem Arsenal grotesken Humors serviert.

Geht man so an den Film korrekt heran, begreift ihn also in erster Linie als Groteske und in zweiter als Hommage, und nicht als handlungsgetriebenes Werk, funktioniert er auch tatsächlich ganz vorzüglich.
Der nicht nur optisch schablonenhafte Spirit selbst, die völlig überstilisierten Frauenfiguren, aber insbesondere der von Samuel L. Jackson herrlich verkörperte Erzbösewicht Octopus, diese absurden Konstrukte machen einfach Spaß. Was viele an diesem Film als "unfreiwillig komisch" bezeichnen, die platten Dialoge und klischeehaften Handlungen, war ganz offensichtlich in jeder Szene absichtlich so albern. Insbesondere eine oft kritisierte Szene, in der Octopus als Nazi auftritt, ist für mich in ihrer endlos übersteigerten Groteske eine der grandiosesten der letzten Jahre.
Und auch der optische und erzählerische Stil als Comic-Hommage funktionieren tadellos. Der fast episodenhafte Handlungsaufbau, der zwischen den Höhepunkten zwar kaum Längen, aber doch deutliche Brüche zeigt, ist zwar in gewissem Maße die größte Schwäche des Films, hat aber im Bezug auf alte Comics durchaus seine Berechtigung. Und für's Auge wird immer wieder grandioses geboten.
Fazit also: bloß nicht erntnehmen, dann ist "The Spirit" ein großartiger Film.

blobbfish
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Di 12. Okt 2010, 00:05 - Beitrag #2

Ich stimme dir bei der Einordnung des Filmes auf jeden Fall. Was die fehlenden Handlungsbrücken angeht, so sehe ich die nichtmal als Schwäche, vielmehr als Stärke weil er sich nicht mit unnötigen Details aufhalten und Fragen auseinandersetzen muss. Es ist eine typische Art von: Wir gehen da jetzt hin und das reicht.
Das ganze scheint dann vielleicht merkwürdig anzumuten wenn man nicht akzeptiert, dass schon Dinge sind, ohne dass sie eingeführt werden (etwa die Pokerrunde, der Antiquitätenhändler).

Mittlerweile ist mir bei einer mittlerweilen mehrfachen Sichtung ein spaßiges Detail ins Ohr gesprungen: Der Bolero hat seinen Weg ins das Werk gefunden, wenn auch nicht ganz getreu: Klick.

Lykurg
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Di 12. Okt 2010, 08:38 - Beitrag #3

Ja, das ist etwas boleroartiges, wenn auch nicht mit der typischen triolierten Sechzehntelfigur, hier sind sie gerade (entsprechend immer eine zu wenig) - und natürlich ist es nicht 'der'. In "Die weiße Hölle am Piz Palü" ist mir letzte Woche auch einer aufgefallen, dort großartig eingesetzt als Spannungselement. Dieser hier ist zudem allerliebst schräg, ein ungewöhnliches, untänzerisches Exemplar.

Traitor
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Di 12. Okt 2010, 10:02 - Beitrag #4

Zitat von Lykurg:Dieser hier ist zudem allerliebst schräg, ein ungewöhnliches, untänzerisches Exemplar.
Wenn die Zuordnung auf Youtube stimmt (selbst kriege ich das nicht mehr hin), wurde er dennoch in einer Tanzszene eingesetzt, wenn auch keiner klassischen.

blobbfish, ich kann mir gut vorstellen, dass die Handlungssprünge bei Mehrfachsichtung deutlich besser und noch gewollter wirken. Muss ich mal ausprobieren.

blobbfish
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Di 12. Okt 2010, 12:07 - Beitrag #5

Ja er wurde zu einer Tanzeinlage eingesetzt, zu bewundern in diesem Video. Ich halte aber diese, nun, veränderte Variante für sehr passend, besonders im Rahmen des Aufbaus.

Besonders witzig finde ich dann das Telefongespräch: Guten Tag.

Lykurg
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Di 12. Okt 2010, 21:30 - Beitrag #6

Mehr als eine Variante. Es ist klar ein für diese Szene komponiertes Stück Filmmusik (starker Bezug der Musik auf die Aktionen). Zu Ravels Bolero höre ich abgesehen von der Instrumentierung keinen Bezug; der ist auch sicherlich einer der verhältnismäßig selten getanzten Boleros angesichts seiner opulenten Besetzung; auch wenn ursprünglich als Ballettmusik geschrieben, wird er heute meist konzertant aufgeführt. Zur traditionelle Besetzung eines Bolero gehören dagegen einfach nur Gitarre bzw. Zither und Kastagnetten.

Lykurg
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Mo 28. Nov 2011, 00:33 - Beitrag #7

Inzwischen habe ich dank blobbfishs Spendabilität den ganzen Film mir zu Gemüte führen können und als sehr spaßig genossen. Ich kann mich Traitor in den positiven Aspekten vollkommen anschließen, es handelt sich um eine Groteske und eine Hommage - wobei ich, allerdings ohne den Comic zu kennen, meinerseits den Schwerpunkt eher auf der Hommage ansetzen würde, vermutend, daß bereits die Vorlage bewußt grotesk ist. Hinsichtlich etwa der Namen der Frauen ist die Vermutung naheliegend ("Plaster of Paris" Bild), und das wenige, was ich mir jetzt vom Comic im Netz angesehen habe, sah sehr danach aus. Und wie blobbfish es darstellte, funktioniert der Film mit einer Selbstverständlichkeit des Gegebenen, eben comichaft in Episoden, ist insofern extrem authentisch umgesetzt. Logik spielt keine Rolle, im Zweifel gilt die "Rule of Cool", und damit fährt der Film gut.

Ein überaus niedliches Detail sind die hirnlosen Helfer des Octopus, bzw. ihre Namen - irgendwo müßte mal jemand eine Liste führen. Insbesondere der Tod von Pathos ist schön arrangiert, wie überhaupt es sich enorm belanglos stirbt, aber bei einem Kätzchen... hört der Spaß auf! - Ich habe ein bißchen nach einem tiefergehenden Konzept des Films gesucht, einer Idee, die es zusammenhält. Ein Rezensent sieht z.B. in den handelnden Figuren Personifikationen der Todsünden (angesichts des Lagers, aus dem er kommt, auch wenig überraschend^^). Ansonsten scheinen die Urteile generell stark den eigenen Erwartungen zu folgen; vorgewarnt durch diesen Thread fand ich jedenfalls gerade im unterkühlten Spiel des Spirits und dem extrem extrovertierten seiner Gegner einen auch auf der Ebene der Charakterentwicklung gut funktionierenden Modus.

Die Naziszenen waren ja ein absolutes Muß für den Film, sowohl, was die Zeit angeht, als auch wegen der auch in anderen Szenen dauernd verwendeten Schwarz-(Weiß-(Rot))-Ästhetik. Sand Saref mit ihren Sepiatönen bildet dazu einen angenehmen Gegensatz, ist ja auch noch die vielleicht am freiesten agierende Figur. Da scheint es müßig, über Dinge wie die Dialoge zu spotten, die eben ihre Steifheit beabsichtigen und Parodie ihrer selbst sind; die bedeutungsschweren Monologe des Spirit etc. - allenfalls die Länge ist für mein Empfinden ein bißchen aus den Fugen geraten, aber ich könnte nicht sicher sagen, wo.

blobbfish
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Mo 28. Nov 2011, 09:01 - Beitrag #8

Du hast den Film auf Englisch angeschaut? Das habe ich bisher noch nicht getan. Hilf mir noch mal auf die Sprünge, Pathos stirbt wie, bzw. wo?
Spontan fällt mir noch Logos ein. An eine Liste habe ich aber auch schon gedacht, siehe da, auf Wikipedia finden wir eine.
Louis Lombardi as Phobos, Logos, Pathos, Ethos, Bulbos, Huevos and Rancheros, Mangos, Adios and Amigos, etc.: The Octopus's thuggish and moronic, yet highly resilient cloned henchmen.[4]


Die Naziszenen sind, denke ich, kein muss, die Farben legen es vielleicht Nahe, aber das Rot der Krawatte ist für mich eine Kontrastkonstruktion, wie eben auch in Sin City das Gelb.

Und stimmt, Sand Serif passt nicht wirklich in die Welt von Central City, aber das muss sie auch nicht, aus ihrer Historie ist klar, dass sie ein Gast ist, sie hat keinen festen Platz.

Lykurg
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Mo 28. Nov 2011, 10:07 - Beitrag #9

Zuerst sind es Ethos, Pathos und Logos, also die aristotelische Trias rhetorischen Überzeugens (bzw. theatralischer Wirkung). Ethos basiert auf Persönlichkeit und Autorität des Sprechers, Pathos auf seinem emotionalen Mitreißen, Logos auf seiner Argumentation. - Pathos wird von Silken Floss überfahren (und sagt daraufhin begeistert: "I've found the truck!" - "Silken Floss is the most beautiful woman ever"), läuft aber hinterher noch mit Reifenspuren im Gesicht durch die Gegend. Der Octopus erschießt ihn in einem Wutanfall; nachher hat er sich dementsprechend beruhigt. Er wird daraufhin erstmal durch Phobos, also Furcht(/Einschüchterung^^), ersetzt... Ansonsten wären da z.B. noch Dialos, SOS und Dildos, die im Labor auftauchen, und Thermos landet auf der Stromleitung. Adios und Amigos sind die letzten, die auftreten. -

Naja, Sand Saref stammt ja eigentlich von da, meidet die Stadt aber, seit sie sie verlassen hat. Inwieweit sie ihren Platz woanders gefunden hat, ist immerhin fraglich angesichts der sich wieder einstellenden Hingezogenheit zum Spirit (die allerdings ja auch nur das Verhalten der meisten anderen Frauen spiegelt, auch wenn sie sich auf ihre gemeinsame Geschichte rückbeziehen können).


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