Bitte entschuldigen Sie, Herr Edathy

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Maglor
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Mo 2. Mär 2015, 21:18 - Beitrag #21

Für eine Verurteilung hat es am Ende offenbar doch nicht für eine Verurteilung ausgereicht, aber Pardon wird nicht gegeben.
Unzulässige Hausdurchsuchungen, verratene Staatsgeheimnisse, Denunzierungen, Schlammschlachten usw., das alles offenbar nur wegen Delikten, die strafrechtlich nicht der Rede wert sind.
Für die gesellschaftliche Ächtung und das Ende der Karriere hat der letzte noch mögliche Tabubruch allemal gereicht.

Ipsissimus
Dämmerung
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Di 3. Mär 2015, 14:20 - Beitrag #22

Der Pressespiegel enthält solche und solche Stimmen. Manche beschwören das Unrechtsempfinden und stellen den Vergleich zwischen Edathy und Staatsanwaltschaft in völliger Missachtung und Unkenntnis der Sachlage als abstrus dar, wobei die Abstrusität dadurch gegeben sei, dass das Eingeständnis der Korrektheit der Vorwürfe zur Einstellung des Verfahrens führe. Edathy hat sich aber nicht schuldig bekannt, er hat nur eine formale Notwendigkeit vollzogen, damit das Verfahren eingestellt werden kann. Einige Medien haben das glücklicherweise verstanden und den Unterschied heraus gearbeitet. Ob Edathy gut beraten war, auf eine endgültige Klärung zu verzichten, mag disputabel sein. Aber da er in Deutschland so oder so bereits hingerichtet wurde, kann er auf die deutsche öffentliche Meinung auch scheißen, und zu recht.

Wir erleben hier gerade die faktische Vorverlagerung des Bereichs schuldhaften Verhaltens von der Tat in die Psyche eines Menschen. Die Gesinnungstäterschaft kommt wieder. Wohl bekomm's.

Maglor
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Di 3. Mär 2015, 21:03 - Beitrag #23

Für Edathy hat die Einstellung zumidnest den Vorteil, dass noch Reste seiner Privatsphäre geheim bleiben. Früher oder später hätte man Edathy zur eigenen Sexualität etc. befragt. Bei der Beweisaufnahme hätte man natürlich noch weiter in Edathys Datenmenge herumgestochert. Beides wäre sicher schmerzhaft, zumal in der Öffentlichkeit die strafrechtliche Bewertung der vorhandenden Bilder gar keine Rolle spielt, sondern viel mehr die Frage, ob er ein Perverser ist oder nicht. Ein Freispruch nach langwieriger Beweisaufnahme, bei der Details der Öffentlichkeit bekannt gemacht würde, hätte seinen Ruf als Perversling, Pädophiler, Narzisst etc. nur weiter verschärft.

In den letzten Jahren hat sich die Rechtslage bzgl. Kinder- und Jugendpornografie erheblich verschärft, wobei die Frage der Gesinnungstäterschaft eine immer größere Rolle spielt - hier insbesondere beim jüngsten Gesetzentwurf.
Auffällig ist natürlich, dass es nur noch sehr wenige Paraphilien gibt die strafbar sind, nämlich Sexualität mit Kinder, Jugendlichen und Tieren, und sich dort die rechtliche und gesellschaftliche Sanktionierung immer weiter verschärft, während alle anderen Formen, die früher als unanständig, unerhört, verdammenswert usw. galten, inzwischen zumindest als Teil der Popkultur akzeptiert werden.

Maglor
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Mo 30. Mai 2016, 21:24 - Beitrag #24

Zitat von Ipsissimus:Aber da er in Deutschland so oder so bereits hingerichtet wurde, kann er auf die deutsche öffentliche Meinung auch scheißen, und zu recht.

Mittlerweile lebt Edathy an einem unbekannten Ort in Nordafrika. Aufgrund von Morddrohungen sieht er davon ab nach Deutschland zurückzukehren.

Vor den zweifelhaften Ermittlungen gegen seine Person war Sebastian Edathy Vorsitzender des Bundestagsuntersuchungsausschuss zur Terrorgruppe NSU und untersuchte insbesondere die dubiose Rolle deutscher Geheimdienste.

Eigentlich ist das eine gute Grundlage für eine Verschwörungstheorie. :wzg:
Gegen kritische Parlamentarier wird also trotz Immunität ermittelt, wohlbemerkt wegen Sittlichkeitsverbrechen, sie werden vorverurteilt, mit dem Tode bedroht und müssen schließlich das Land verlassen!
Was den Umgang mit Parlamentsabgeordneten betrifft, kann Erdogan noch einiges von den Deutschen lernen.


Auf der anderen Seite kann aber auch Erdogan von Edathy selbst lernen:
Jan Leyk ist hierzulande mit knapp 1,3 Millionen Likes einer der größten sogenannten „Meinungsmacher" auf Facebook.

...

Kurz zur Vorgeschichte—Jan Leyk beleidigte Edathy nach Bekanntwerden der Anschuldigungen im Mai 2015 unter anderem als „perversen Bastard" und wünschte sich, Edahty solle „an jedem Ort auf diesem Planeten bespuckt und mit Steinen beworfen" werden. Daraufhin erstattete Edathy Strafanzeige.

...

Die Justiz entschied im Sinne des Strafrechts eine Zahlung von 6.000 Euro.
http://www.vice.com/de/read/leyk-vs-edathy-vor-gericht-herrscht-das-recht-und-auf-facebook-die-moral-909

Lykurg
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Mo 30. Mai 2016, 23:54 - Beitrag #25

Mit dieser Grundlage war es in jedem Fall vernünftig, das Land zu verlassen - völlig egal ob er tatsächlich in Gefahr ist oder nicht. Er hat ein bißchen Deutungshoheit zurückgewonnen, ist aus der öffentlichen Aufmerksamkeit verschwunden, wer will, kann ihn jetzt als Geheimdienstopfer sehen.

Und der Straßenstrich ist da im Zweifel auch billiger. Nur falls das jemanden interessieren sollte.

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