Mord der Ehre wegen

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Golesipe
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Di 18. Apr 2006, 10:58 - Beitrag #21

Zitat von Ipsissimus:nach meinem Dafürhalten ist das Konzept einer multikulturellen Gesellschaft gescheitert.

Dieses Scheitern liegt nicht daran, daß das Konzept als solches fragwürdig wäre, es liegt daran, daß die Menschen, mit denen das Konzept verwirklicht werden soll, fragwürdig sind - auf allen Seiten.

Erstens besteht auf allen Seiten das Bestreben oder vielmehr: der Instinkt, die eigene kulturelle Identität zu wahren, auch dort, wo Werte der anderen Parteien verletzt werden.

Zweitens besteht zwischen den verschiedenen Gruppen noch nicht einmal ein übergreifender Minimalkonsens hinsichtlich der unbedingt einzuhaltenden Übereinkünfte. Der Konsens besteht zwar zwischen elitären Untergruppen der beteiligten Grupen, aber nicht zwischen der Gesamtheit der beteiligten Menschen.

Drittens fühlt sich jede Seite mehr oder weniger im Recht, oder zumindestens empfundenen Notwendigkeiten verpflichtet, die nicht "einfach so" per Dekret aufgehoben werden können.


Es mag so scheinen, als sei der "Kampf um die Vorherrschaft einer Interpretation" längst entschieden. Situationen wie die hier thematisierte zeige, daß dies bei Weitem noch nicht der Fall ist.

Von daher sehe ich nur 3 reale Möglichkeiten, die mit realen, nicht idealen Menschen und Gesellschaften machbar sind:

1 Verweigerung der Multikultur
2 Ghettobildung
3 Prüfung und dauerhafte, zumindest langjährige Überwachung der Integrationswilligkeit

wobei Punkt 3 nur eine Version von Punkt 1 ist. Es scheint mir Tendenz in unserer Gesellschaft zu sein, mit Punkt 3 den Punkt 1 zu verschleiern.


Prognose: im Sinne einer endgültigen Lösung aussichtsloses Bemühen, im Sinne einer praktischen Handhabung läuft es auf Verweigerung der Multikultur, aber mit "folkloristischer Auflockerung" (Ghettobildung), hinaus


Was haben wir Deutsche denn falsch gemacht frage ich dich.

Golesipe
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Di 18. Apr 2006, 11:03 - Beitrag #22

Zitat von janw:@Da-Fe: Die "frühere BRD" ist jene Bundesrepublik, wie sie bis 1989 existierte.
Was die Anpassungsfreudigkeit betrifft...als man die Gastarbeiter angeworben (ja, gezielt angeworben) hat, da hat man gewissermaßen Arbeitskräfte angeworben, nicht Menschen. Von vorneherein war die Prämisse, daß sie möglichst nach getaner Arbeit wieder verschwinden sollten, Integration war kein Ziel, weil ein längeres Bleiben gar nicht erwünscht war.
Die ersten Türken haben das prinzipiell auch so gesehen - auf nach Deutschland, Geld verdienen, vom Minimum leben und den Rest nach Hause schicken. Und dann nach 10 Jahren oder so zurück und vom Geld ein Häuschen bauen.
Letztlich ist es anders gekommen, viele sind doch hier seßhaft geworden und haben ihre Familie nachgeholt, zumindest teilweise, damit aber Menschen, die in ihrer Kultur verwurzelt waren und diese auch nicht einfach so aufgeben konnten - ab 40 lernt es sich nicht mehr so leicht um.

Überhaupt ist es ein immer wiederkehrendes Phänomen, daß Gruppen in einer Diaspora-Situation dazu neigen, sich besonders an eigene Traditionen zu klammern - sieh die Deutschen in Südafrika oder Südamerika oder usa an!
Der Schmelztiegel ist eine amerikanische Erfindung, und selbst dort wohl eher eine Fiktion á la Hollywood - meinem Empfinden nach.
Die Türken haben sich eben so wenig oder stark integriert, wie es für eine fremde Volksgruppe zu erwarten gewesen wäre, das Problem ist nur, daß sie nicht "o sole mio" singen, sondern einige von ihnen dem weiblichen Teil der Gesellschaft ein Verhalten abverlangen, wie es die katholische Kirche hierzulande um 1500 praktizierte.

Was den Islam betrifft, wie jede Religion ist er so gefährlich, wie Menschen ihn deuten und anwenden.
Es ist wohl so, daß Beziehungen zwischen Moslems und "Ungläubigen" im Koran verboten sind - wie eindeutig oder wiedersprüchlich und nur auf Ungläubige im engeren Sinne* bezogen, weiß ich leider nicht.
Die Praxis der Ehrenmorde in diesem Zusammenhang ist mir iirc nur im Zusammenhang mit Türken untergekommen, scheint in anderen islamischen Gemeinschaften keine oder nur eine geringe Rolle zu spielen.
Es handelt sich deshalb in meinen Augen um eine anatolische Tradition, die (Spekulation) vielleicht schon zur Zeit der Hethiter praktiziert wurde, und später religiös verbrämt wurde. Und die vielleicht im Zuge des Diaspora-Effektes hierzulande stärker betont wird als in Anatolien selbst.

*"Ungläubige" ist ein schwieriger Begriff, denn er beschreibt im weiteren Sinne alle Andersgläubigen, im engeren Sinne diejenigen, die andersgläubig sind, aber nicht einer "Religion des Buches" (Judentum, Christentum) angehören. Letztlich müßte man IMHO wohl arabischge Begriffe anwenden, um hinreichend exakt zu formulieren.

Terrorismus ist Moslems natürlich verboten wie Mord generell. Es sei denn es besteht eben ein Zustand des Dschihad, der aber nie in Zeiten seiner Inanspruchnahme im 20. JH bestanden hat.
Das Problem ist, daß die de facto vorhandenen religiösen Autoritäten des Islams sich nicht deutlich zu Wort melden und gegen Verfälschung und Mißbrauch der Religion zu Felde ziehen. Vielleicht, weil geopolitisch die arabischen Kulturen systematisch in eine Defensivrolle gezwängt worden sind?


@janw man hätte m.E. nicht so viele Ausländer ins Land reikommen lassen müssen oder dann einen Riegel vorschieben müssen das sie nicht ihre Tanten, Onkel u.ä. ins Land holen können.

janw
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Di 18. Apr 2006, 11:13 - Beitrag #23

Lykurg, was die Verbreitung der Ehrenmorde betrifft: d´accord.
Interessant aber, daß sie dennoch eine regional begrenzte Verbreitung haben, woraus ich auf die religiöse Verbrämung einer a priori vorhandenen Tradition schließe.

Ebenso, was den Rest betrifft...die Diaspora hat die Menschen von der Entwicklung im Mutterland abgekoppelt.

Ipsi, wohl wahr.
Haben wir vielleicht aber "nur" mit einem zeitlich begrenzten Problem zu tun, das sich geben wird, wenn die erste Generation wegfällt und die jetzigen hier geborenen Kinder und Jugendlichen sozial prägend werden?

EDIT:
Zitat von Golesipe:@janw man hätte m.E. nicht so viele Ausländer ins Land reikommen lassen müssen oder dann einen Riegel vorschieben müssen das sie nicht ihre Tanten, Onkel u.ä. ins Land holen können.

Nunja, damals herrschte Arbeitskräfte-Mangel in der BRD, und man hat wohl nicht abgesehen, welche Folgen es haben würde, wenn man es so macht, wie man es gemacht hat.
Andererseits ist der Gedanke, Menschen nur als Arbeitskräfte anzusehen, die man bei Bedarf importiert oder wieder rauswirft, in meinen Augen ihrem Mensch-sein nicht angemessen (gut, nur eine logische Folge aus der entsprechenden Haltung im Kapitalismus allgemein), wer Menschen anwirbt, der muss diesen auch gestatten, heimisch zu werden in meinen Augen.
Daß man dieses mit anderen Maßnahmen hätte begleiten müssen - keine Frage. Das gilt auch für die Computer-Inder des Herrn Rüttger.

Problem dabei ist, wie Ipsi erwähnt hat, daß es den Grundkonsens hinsichtlich des Verhaltenskodex noch nicht einmal unter "uns" Deutschen gibt - genauso wenig wie alle Türken Ehrenmorde gut finden. Tausend und eine türkische Familie lässt ihre Tochter den Mann heiraten, den sie liebt, und wenn Opa in Anatolien grantelt - sei´s drum.

Golesipe
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Di 18. Apr 2006, 12:31 - Beitrag #24

Zitat von janw:Lykurg, was die Verbreitung der Ehrenmorde betrifft: d´accord.
Interessant aber, daß sie dennoch eine regional begrenzte Verbreitung haben, woraus ich auf die religiöse Verbrämung einer a priori vorhandenen Tradition schließe.

Ebenso, was den Rest betrifft...die Diaspora hat die Menschen von der Entwicklung im Mutterland abgekoppelt.

Ipsi, wohl wahr.
Haben wir vielleicht aber "nur" mit einem zeitlich begrenzten Problem zu tun, das sich geben wird, wenn die erste Generation wegfällt und die jetzigen hier geborenen Kinder und Jugendlichen sozial prägend werden?

EDIT:

Nunja, damals herrschte Arbeitskräfte-Mangel in der BRD, und man hat wohl nicht abgesehen, welche Folgen es haben würde, wenn man es so macht, wie man es gemacht hat.
Andererseits ist der Gedanke, Menschen nur als Arbeitskräfte anzusehen, die man bei Bedarf importiert oder wieder rauswirft, in meinen Augen ihrem Mensch-sein nicht angemessen (gut, nur eine logische Folge aus der entsprechenden Haltung im Kapitalismus allgemein), wer Menschen anwirbt, der muss diesen auch gestatten, heimisch zu werden in meinen Augen.
Daß man dieses mit anderen Maßnahmen hätte begleiten müssen - keine Frage. Das gilt auch für die Computer-Inder des Herrn Rüttger.

Problem dabei ist, wie Ipsi erwähnt hat, daß es den Grundkonsens hinsichtlich des Verhaltenskodex noch nicht einmal unter "uns" Deutschen gibt - genauso wenig wie alle Türken Ehrenmorde gut finden. Tausend und eine türkische Familie lässt ihre Tochter den Mann heiraten, den sie liebt, und wenn Opa in Anatolien grantelt - sei´s drum.


Aber in anderen Ländern gilt das. Sehe z.B. WalMart u. Mc.Donald. Dort beschäftigt man gerne Ausländer die kaum oder sehr wenig Deutsch sprechen um sie wenn was ist schneller aus dem Job zu schmeissen. Ich sehe das hier gerade in Hamburg.

Ipsissimus
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Di 18. Apr 2006, 12:44 - Beitrag #25

Golesipe, alles und nichts habt ihr Deutsche falsch gemacht^^ (ich bin zwar auch Deutscher, aber ich akzeptiere nicht dieses vereinnahmende "wir"^^^)

prinzipiell teilt ihr mit euren Verbündeten die Hybris eurer kulturellen Überlegenheit, wo es tatsächlich nur Folge der Bösartigkeit eurer Politik ist, die euch die militärische und in Folge davon wirtschaftliche Überlegenheit gesichert hat. Das ist nach wie vor das, was ihr Deutsche falsch macht^^

daß 20 Prozent der Weltbevölkerung - darunter ihr Deutschen - 80 Prozent der verfügbaren Ressourcen verbraten und den Rest der Weltbevölkerung mit dem Rest der Ressourcen abspeist - und dies "gerecht" nennt.

daß ihr euch dabei hinter "dem System" versteckt, das eure persönliche Verantworlichkeit verschleiert - es ist zwar explizit so gemacht, daß ihr alle Vorteile habt, aber keiner von euch mit persönlichen Entscheidungen verantwortlich sein muss, jedenfalls nicht hinsichtlich der grundlegenden Dinge.

daß ihr glaubt, alles auf einer Sachebene abhandeln zu können, auf der Menschen nur mehr Bauernopfer merkantiler Gelüste und bestenfalls Funktionsträger der Vermarktung sind

na ja, solche Sachen halt^^

Golesipe
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Di 18. Apr 2006, 12:57 - Beitrag #26

Zitat von Ipsissimus:Golesipe, alles und nichts habt ihr Deutsche falsch gemacht^^ (ich bin zwar auch Deutscher, aber ich akzeptiere nicht dieses vereinnahmende "wir"^^^)

prinzipiell teilt ihr mit euren Verbündeten die Hybris eurer kulturellen Überlegenheit, wo es tatsächlich nur Folge der Bösartigkeit eurer Politik ist, die euch die militärische und in Folge davon wirtschaftliche Überlegenheit gesichert hat. Das ist nach wie vor das, was ihr Deutsche falsch macht^^

daß 20 Prozent der Weltbevölkerung - darunter ihr Deutschen - 80 Prozent der verfügbaren Ressourcen verbraten und den Rest der Weltbevölkerung mit dem Rest der Ressourcen abspeist - und dies "gerecht" nennt.

daß ihr euch dabei hinter "dem System" versteckt, das eure persönliche Verantworlichkeit verschleiert - es ist zwar explizit so gemacht, daß ihr alle Vorteile habt, aber keiner von euch mit persönlichen Entscheidungen verantwortlich sein muss, jedenfalls nicht hinsichtlich der grundlegenden Dinge.

daß ihr glaubt, alles auf einer Sachebene abhandeln zu können, auf der Menschen nur mehr Bauernopfer merkantiler Gelüste und bestenfalls Funktionsträger der Vermarktung sind

na ja, solche Sachen halt^^


Sind wir nun Deutsche oder nicht. Ich denke ich weiss was du meinst. Gegen manche z.B. Faschos habe ich auch etwas.

Aber Deutsche sind wir alle.

z.B. bei den Türken oder anderen Völkern gebe es so etwas nicht.

Ipsissimus
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Di 18. Apr 2006, 13:28 - Beitrag #27

Golesipe, ich verweise nur darauf, daß, wer sich weigert, in Zusammenhängen zu denken, sich nicht wundern muss, wenn keine Zusammenhänge erkenntlich sind^^

/edit und nein, ich weiß nicht, was du damit meinst, daß wir Deutsche sind^^

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Di 18. Apr 2006, 13:32 - Beitrag #28

Zitat von Ipsissimus:Golesipe, ich verweise nur darauf, daß, wer sich weigert, in Zusammenhängen zu denken, sich nicht wundern muss, wenn keine Zusammenhänge erkenntlich sind^^

/edit und nein, ich weiß nicht, was du damit meinst, daß wir Deutsche sind^^


Sorry abe ich verstehe dich jetzt nicht. Ich denke in Zusammenhänge.

Ipsissimus
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Di 18. Apr 2006, 13:41 - Beitrag #29

dann wundert mich die Frage, was wir Deutschen falsch gemacht haben

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Di 18. Apr 2006, 13:47 - Beitrag #30

Zitat von Ipsissimus:dann wundert mich die Frage, was wir Deutschen falsch gemacht haben


Ich frage dich dann anders herum. Warum ist das alles so gekommen. Willst du das wir uns immer unterwürfig zeigen. Es gibt auch andere Staaten die Dreck am Stecken haben.

Wir haben eine Schuld.(z.B. Anfang II. Weltkrieg). (Vernichtung von Juden) u.s.w.

Ipsissimus
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Di 18. Apr 2006, 13:56 - Beitrag #31

ich sprach ja von Deutschland und seinen Verbündeten, also alle Industrienationen westlicher Provenienz, zumindestens denen aus dem G7

und die Zusammenhänge, die historisch gewachsen sind, verschwinden halt nicht einfach mal so eben, weil wir heutigen, die im übrigen weiterhin profitieren, nicht geneigt sind, uns allzu heftig auf diese Zusammenhänge beziehen zu lassen, auch wenn wir sie nutzen^^

Da-Fe
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Di 18. Apr 2006, 13:58 - Beitrag #32

Golesipe? Vielleicht könntest du dich einfach bemühen, deine Gedankengänge etwas ausführlicher zu formulieren (wie alle anderen hier auch), anstatt sinnlos in der Gegend herumzuposten, ohne etwas zu sagen, denn im Prinzip bist du in keinem deiner Posts in die Diskussion eingestiegen :rolleyes:

@ Janw: Ja, dass man diese Arbeiter angeworben hat und sie am liebsten nach getaner Arbeit wieder losgeworden wäre, war mir bekannt. Man hätte sich jedoch damals dann entweder dazu entscheiden sollen klar zu sagen: "Du bist hier um zu arbeiten, wenn wir dich nicht mehr brauchen, dann geh und nimm ja deine Kultur mit!" (was idT etwas unmenschlich gewesen wäre, besonders für die danach in Deutschland geborene "Ausländer"-Generation) oder sofort zu intergrieren, um einer Ghettoisierung entgegenzuwirken... Dazu ist es jetzt jedoch wie auch schon gesagt leider viel zu spät.

Mir persönlich ist der Islam sehr unsympathisch, da er nicht nur Religion ist (^^), sondern dazu auch noch eine wenig barmherzige (wie z.B. das Christentum).

janw
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Di 18. Apr 2006, 15:36 - Beitrag #33

Da-Fe, es immer nur so spät, wie mensch das Maß seines Handlungsspielraumes gering einschätzt.
In meinen Augen nämlich gar nicht besonders, denn es könnte und müßte soviel getan werden, um auch weniger gebildeten Menschen eine Lebensperspektive zu geben in diesem Land, und darin sind deutsche und türkischstämmige Jugendliche gleichermaßen eingeschlossen.
Es fehlt nur der Wille, es entschlossen mit denen aufzunehmen, die den Staat als ihre Privatsache vereinnahmt haben, es fehlen Mut und Wille, Wirtschaft daran zu erinnern, daß sie der Gesellschaft zu dienen hat und nicht umgekehrt.
Im übrigen wird dieser Staat um die Integration von noch viel mehr Menschen aus anderen Kulturen nicht herumkommen, will er auch Deiner Generation das Maß an sozialer Absicherung geben, wie meine Generation es noch erleben darf.
Wann fängst Du an, arabisch zu lernen?;)

Der Islam, was ist er außer Religion?
Allah ist übrigens der All-Erbarmer. ;)

Lykurg
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Di 18. Apr 2006, 22:45 - Beitrag #34

Na, da ist ja viel passiert.^^

@Da-Fe: Barmherzigkeit/Mildtätigkeit ist eine der fünf Säulen des Islam - im Prinzip sollte also davon auch etwas stattfinden. Daß die Umsetzung davon allerdings einerseits die Bildung von Abhängigkeiten bedeutet, andererseits von manchen die Lieferung von Waffen an die armen unterdrückten Brüder in leider noch ungläubig beherrschten Nachbarländern als Teil dieser religiösen Pflicht gesehen wird, ist eine bedauerliche Nebenerscheinung, Folge von gezielter diesbezüglicher Indoktrination. (Selbstverständlich ist dies auch keine objektive Sicht, wie könnte sie es auch sein.^^)
Zitat von janw:Im übrigen wird dieser Staat um die Integration von noch viel mehr Menschen aus anderen Kulturen nicht herumkommen, will er auch Deiner Generation das Maß an sozialer Absicherung geben, wie meine Generation es noch erleben darf.
Rein pflegetechnisch gesehen schon]Haben wir vielleicht aber "nur" mit einem zeitlich begrenzten Problem zu tun, das sich geben wird, wenn die erste Generation wegfällt und die jetzigen hier geborenen Kinder und Jugendlichen sozial prägend werden?[/QUOTE] Wenn ich mir die derzeit öffentlich präsenten türkischstämmigen Jugendlichen ansehe, sind meine Hoffnungen darauf eher gering. Zugegeben: die geglückten Beispiele der Integration lernt man eher selten kennen. In der Stufe unter mir war ein Jugend-forscht-Preisträger in Biologie, der dazu sehr gut Orgel spielt - gemischtes Elternhaus, völlig nahöstliches Aussehen.* Aber wieviele Ghettokids kommen auf diesen einen Fall? Das derzeitige Problem ist dann weitgehend vorbei bzw. irrelevant geworden, damit stimme ich dir zu - mit der Veränderung der Größenordnung wird auch das Problem ein grundlegend anderes sein. Aber eine Besserung erwarte ich so nicht.

Ipsissimus, weitestgehende Zustimmung. :) Mit dem "wir" habe ich übrigens auch so meine Probleme, nicht nur, wenn es um Sport geht.^^ Und deine drei Prognosen sind so realistisch wie erschreckend. Was genau ist für dich "Verweigerung der Multikultur"? (Woraus sich auch die Frage ableiten ließe, was genau Multikultur eigentlich ist, außer einem vielbemühten Modell und Kampfbegriff.^^)


/Edit:
*Spitzname: Döner^^

Ipsissimus
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Di 18. Apr 2006, 23:30 - Beitrag #35

"Kultur" ist - vereinfacht dargestellt - als ein "Set von gesellschaftlichen Eigenarten" charakterisiert. "Multikultur" hieße dementsprechend, daß in ein und demselben Staat mehrere derartige Sets parallel und friedlich koexistieren (den Punkt, daß auch Subkulturen u.ä. im Sinne einer Mulitkultur auffassbar sind, will ich mal außen vorlassen, das ist nur ein Unterphänomen).

Nun sind die allermeisten realen Gesellschaften von einer Machtasymmetrie geprägt, die sich u.a. in der Dominanz eines bestimmten Sets ausdrückt. Multikultur in solchen Gesellschaften ist also davon abhängig, daß die Träger des dominanten Sets ihre Einwilligung zur friedlichen Koexistenz mit anderen Sets innerhalb der gleichen Gesellschaft geben. Erst wenn diese Einwilligung gegeben ist, wird die Einwilligung der anderen Sets relevant.

In den gesellschaftlichen Strukturen der allermeisten der angesprochenen Industrienationen westlicher Provenienz ist die Einwilligung des dominanten Sets kaum noch mehr als bloße Effekthascherei, wenn auch insgesamt es an der Einwilligung bei den meisten Sets hapert.

Das verstehe ich unter "Verweigerung der Multikultur".

janw
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Mi 19. Apr 2006, 02:00 - Beitrag #36

Zitat von Lykurg:Wenn ich mir die derzeit öffentlich präsenten türkischstämmigen Jugendlichen ansehe, sind meine Hoffnungen darauf eher gering.

Ich habe ein wenig den Eindruck, daß die Probleme bei Hauptschülern durchweg gegeben sind, bei ausländischstämmigen Schülern vielleicht ein wenig ausgeprägter - und/oder auch mehr im medialen Focus.

Die Diskussion über Probleme an Hauptschulen geht schon seit einigen Jahren, ohne daß wirklich etwas passiert wäre - nun meldet sich eine Schule auf dramatische Weise zu Wort, eine Schule in einer Sondersituation zumal, weil derzeit ohne Leiter - wenn ich das richtig mitbekommen habe.
In meinen Augen ist "Integration" ein Stichwort, das auf alle Schüler dieser Schulform, unabhängig von ihrer nationalen Herkunft angewandt werden sollte, denn zum einen sind die Hintergründe, die zum Besuch dieser Schulform führen, Herkunfts- und schichtenübergreifend (neben per se weniger leistungsfähigen Schülern sind dort solche versammelt, die aus diversesten sozialen Gründen in der Entfaltung ihrer Begabungen gehindert worden sind und dann auf der Hauptschule "gelandet" sind), zum anderen sind sie alle gleichermaßen damit konfrontiert, schon aufgrund des Wortes "Hauptschule" auf dem Zeugnis chancenlos zu sein.
Integration haben sie also alle nötig, das gezielte Eingehen auf ihre individuellen Begabungsentfaltungshindernisse und die Herstellung einer Arbeitsplatzsituation, die ihnen eine reele Chance gibt, auch nach der Schule eine Lebensperspektive zu haben - damit etwas, wofür es sich lohnt, zu lernen, damit auch verbunden das Gefühl, Teil dieser Gesellschaft zu sein und nicht "unnötiger Ballast, Abschaum".

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Mi 19. Apr 2006, 11:06 - Beitrag #37

Ja, mein "derzeit" war mißverständlich - von den Geschehnissen an der Berliner Rütli-Schule bekomme ich hier so gut wie nichts mit, hatte auch gar nicht daran gedacht. Mit "öffentlich präsent" bezog ich mich eigentlich auf die allgemein zugänglichen (und kaum vermeidbaren) Brennpunkte etwa an den Bahnhöfen (und die gut vermeidbaren der Kneipen und Diskotheken). Jedenfalls an ersteren taucht gelegentlich der eine oder andere Jugendliche mutmaßlich dieser Herkunft auf, der seine gesellschaftliche Leistungsfähigkeit nicht gerade auf die Stirn geschrieben trägt. Da auf den Treppen dieser Kathedralen der Moderne auch unsere Parias sich die Hände reichen, scheint hier eine Integration gelungen - Verschmelzung zur nicht mehr differenzierten, nur aus ihrer grundsätzlichen Abgrenzung zur Gesellschaft zusammengefaßten Gruppe, vergleichbar den Krüppeln und Waisen am Dom von einst. Und das ist liegt für viele der Waisen von heute zweifellos weit unter den eigentlichen Möglichkeiten.

Daß die Chancen auch deutschstämmiger Hauptschüler relativ gering sein mögen und vielfaches Scheitern vorprogrammieren, bleibt dahingestellt, die Lage wird sich nicht allzusehr unterscheiden; und es stellt sich auch die Frage, ob es längerfristig nützlicher sein mag, in zwei Muttersprachen einigermaßen zurechtzukommen, als eine mehr oder weniger zu beherrschen. Gut vermittelt werden jedenfalls - und da unterscheidet sich durch die Abstammung nicht viel, höchstens der "Siedepunkt" - Grundkenntnisse der Gewaltanwendung als Mittel gesellschaftlichen Umgangs. Und das ist ja auch schon etwas, vielleicht ein Wert, der irgendwann wieder gefragt ist.

Ipsissimus, deine Ausführungen muß ich dann doch mit einem dicken Fragezeichen versehen. Schließlich hat sich doch - wenn auch in 350jähriger Kärrnerarbeit und immer wieder von Achsbrüchen und schwerwiegenden Verirrungen gestört - eine gewisse Möglichkeit herausgebildet, auch mit verschiedenen kulturellen Sets umzugehen, die zunehmenden Herausforderungen gewachsen war. Wo vor zwei Generationen noch der Protestant im katholischen Dorf täglich gehänselt worden wäre, leben heute mindestens ein Viertel Konfessionslose, und innerhalb der Eliten hat "man" Freunde im europäischen und außereuropäischen Ausland, guten Kontakt zu den integrierten Einwanderern in hiesigen Vereinen und Bildungsstätten; bemüht sich um das Kennenlernen der fremden Kulturen. Das Muster hat sich noch nicht als allgemeintauglich erwiesen. Möglicherweise braucht seine umfassende Verbreitung ebensolange wie seine Entstehung, und vermutlich bleibt nicht mehr die Zeit, es zu verwirklichen. Aber ich sehe genügend friedliche Koexistenz von Sets, die erst innerhalb unseres nicht gebrochenen historischen Abschnitts möglich wurde, um darauf zu hoffen, daß die beiderseitige Dehnbarkeit zunimmt, ohne den Rahmen unserer Grundrechte zu sprengen.

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Mi 19. Apr 2006, 12:22 - Beitrag #38

dann ist ja alles in Ordnung, Lykurg, und wir brauchen uns nur um die "absoluten, wenn auch extremen Einzelfälle" auf allen Seiten zu kümmern, die unsere offiziellen Verlautbarungen voller Erschütterung allenthalben zu sehen bereit sind

ein Gas in einem geschlossenen Volumen ist infolge der Braunschen Molekularbewegung jeden einzelnen Moment vollkommen anders, und doch immer dasselbe

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Mi 19. Apr 2006, 12:47 - Beitrag #39

Böse, ja... - mein idealistischer, da nicht völlig hoffnungsloser Text paßt eigentlich weniger in das Bild vom Gasbehälter, schließlich sehe ich im Gewirbel ja offenbar noch etwas anderes, was vielleicht gar nicht da ist. Vielleicht spiegelt sich nur mein Gesicht in der gläsernen Hülle.

Und daß es sich um in den den Details unterscheidbare Einzelfälle handelt, läßt sich doch wohl kaum bestreiten. Das Gesamtbild entzieht sich ohnehin unserem Blickfeld, standpunktbedingt treten unterschiedliche Aspekte in den Vordergrund - dieser sieht Körner, jener Sand.

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Mi 19. Apr 2006, 12:58 - Beitrag #40

nicht ganz so einfach^^ wenn es immer nur einzelne Körner sind, bleibt der Sand stets außen vor in der Ursächlichkeit. Genau das ist wohl das Gewünschte bei der Konstatierung der "Einzelfälle" - daß eine Gesellschaft sich selbst ernstlich suspekt würde - bewahre

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