Piraten entern Landtage

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Maglor
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Mo 26. Mär 2012, 22:47 - Beitrag #1

Piraten entern Landtage

Nach Berlin sind nun auch im Saarland die Piraten ins Parlament eingezogen.
7,4 % ohne ein landespolitisches Programm.
Aber das ist ja eigentlich nicht mehr so ungewöhnlich. Die frisch vermählte Links-Partei zog auch vor Jahren ohne landespolitisches Programm in diverse Landtage.

Aber viel erstaunlicher als die winzigen Landesverbände, finde ich ja, dass es in zahlreichen anderen europäischen Ländern gleichfalls Piratenparteien gibt.
Zumindest sind Piraten voll im Trend und wirken sicherlich der Klimaveränderung entgegen. :snob:

Lykurg
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Di 27. Mär 2012, 09:09 - Beitrag #2

Aber eine globale Erwärmung von nicht mehr als 2 Prozent stand doch auch schon im Wahlprogramm der CDU, ich dachte, die wäre längst beschlossen und gesetzlich verordnet? Bild

Naja, solange die Piraten keine Hansestadt kapern, in der gegen sie prozessiert wird, bin ich es zufrieden. Bild

Ipsissimus
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Di 27. Mär 2012, 17:42 - Beitrag #3

ich werde es noch erleben, dass die Piraten zu Grünen verkommen

Lykurg
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Di 27. Mär 2012, 18:32 - Beitrag #4

Das erwarte ich auch, ja. Die waren zu Anfang auch richtungsmäßig nicht festgelegt/außerhalb des Spektrums... fraglich, ob die Piraten lang genug zusammenhalten, um die entsprechenden Realo/Fundi-Auseinandersetzungen zu erleben, aber erspart bleiben wird ihnen das nicht, wenn sie erstmal(s) mit Macht in Berührung kommen.

Maglor
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So 22. Apr 2012, 22:16 - Beitrag #5

Die Grünen hatten damals anders als die Piraten heute von Anfang an eindeutig politische Forderungen.
Bei den Piraten fehlen sie all zu oft. Gerade zu peinlich wirken solche Auftritte, nach dem Motto "Politik, keine Ahnung."

Zu zentralen Problemen haben die Piraten nicht einmal eine Meinung. Ich erwarte ja nicht, dass sie eine gemeinsame Meinung haben oder die Lösung aller Probleme aus dem Hut zaubern. Es würde ja schon genügen, wenn einzelne Piraten ihre eigene Meinung hätten.
Der derzeit vielfach unterstellte politische Richtungsstreit der Piraten wirkt aufgesetzt. In Wahrheit gibt es ja gar keine Richtungen, nur so lala, lustig mit Kopftuch in die Kamera gucken und damit angeben keine Ahnung von nichts zu haben.

Entlarvend finde ich diesen Kommentar der taz:
Sanfte Populisten greifen an
"Die Piraten sind in vielem ein leeres Blatt und damit die ideale Projektionsfläche für frei umherschweifenden antipolitische Sehnsüchte. "

Anaeyon
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So 22. Apr 2012, 22:27 - Beitrag #6

Ich glaube, dass die Medien (und leider auch einige Piraten) allzuoft vergessen, dass das Ziel der Piraten ist, sich überflüssig zu machen, anstatt sich zu etablieren. Sie sind ja afaik nicht in die Politik gegangen um bei spezifischen Sachthemen mitzureden sondern um den Ablauf unseres politischen Systems umzugestalten.

Zum Beispiel die Tatsache, dass Wahlergebnisse nicht erst nach 4 Jahren ihre repräsentative Wirkung verlieren, sondern dann, wenn eine Partei sich nicht mehr ans Wahlprogramm hält. Wodurch unsere repräsentative Demokratie immens an Wert verliert, da Parteien ja nicht an ihr Wahlprogramm gebunden sind. Einen direkteren und zeitnaheren Weg für den Bürger, seinen politischen Willen zum Ausdruck zu bringen ist ein großes Ziel der Piraten, wenn ich den ganzen Liquid-Democracy-Kram richtig verstanden habe.

Ich glaube, als die Piraten zwar schon in der IT-Szene, aber noch nicht in den großen Medien diskutiert wurden, ging es mehr darum, Parteien und Repräsentanten unwichtiger zu machen anstatt einfach nur eine weitere Partei zu werden. In dem Sinne wäre es ja kontraproduktiv für die Piraten, ein Parteiprogramm zu entwickeln, mit dem die potentiellen Piratenwähler zufrieden sind.

Ich fände es begrüßenswert, wenn die Piraten sofort aufhören würden mit dem Versuch, die Qualitätskriterien einer Partei erfüllen zu wollen. Damit werden sie zu einer Partei, die auch in 30 Jahren noch eine Daseinsberechtigung hätte, womit sie ihr Ziel verfehlen würden..

Aber warscheinlich habe ich da was falsch verstanden..

Ipsissimus
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Mo 23. Apr 2012, 12:28 - Beitrag #7

Das Problem der Macht und der Mächtigen ist ein gänzlich ungelöstes. Eine Wiki-Republik wäre der Ansatz einer Lösung. Man darf daher getrost davon ausgehen, dass ein entsprechendes Experiment, sollte es je dazu kommen, ähnliche Verlaufsformen wie die historischen Räterepubliken nimmt. Die Leute kapieren einfach nicht, dass Staaten nicht für sie gemacht sind, sondern sie für die Staaten.

Padreic
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Di 24. Apr 2012, 20:13 - Beitrag #8

Dass ein rigides Programm den wenigen festen Intentionen, die die Piraten haben, durchaus widerspricht, ist sicherlich ein wichtiger Punkt. Inwieweit eine direktere Demokratie der Bevölkerung hilft, dürfte aber ebenfalls ein noch ungelöstes Problem sein...

Maglor
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Mo 30. Apr 2012, 23:12 - Beitrag #9

Eine stärkere Beteiligung der Bürger setzt allerdings eine stärkere Beteiligung Bürger voraus.
Und die sehe ich beim Piraten-Phänomen einfach nicht.
Es gibt zwar den Grundgedanken Politik offener zu gestalten, aber ich bin der festen Überzeugung, dass die parlamentarischen Piraten mit ihrer Bloggerei und dem Online-Stellen von sämtlichen Sitzungen im wesentlich Datenmüll produzieren. Da kann man sich dann im Endeffekt alles selbst herausgooglen und beliebige Piraterie-Skandale an Hand von Satzfragmenten aufpumpen.

Bemerkenswert ist, dass das Phänomen Piraten-Partei im wesentlich ohne charismatische Führungspersönlichkeiten nach Art Lafontaine, Guttenberg oder Schill funktioniert. Aber strahlen der Kopf-Kult auch auf anderen Medien.

Auf der anderen Seite bietet die Piraten vielleicht auch kurzfristige Möglichkeiten Berufspolitiker zu werden. Da ja offensichtlich ein Personalbedarf besteht, könnte dass die Stunde der Geier sein.

Anaeyon
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Di 1. Mai 2012, 00:08 - Beitrag #10

Es gibt zwar den Grundgedanken Politik offener zu gestalten, aber ich bin der festen Überzeugung, dass die parlamentarischen Piraten mit ihrer Bloggerei und dem Online-Stellen von sämtlichen Sitzungen im wesentlich Datenmüll produzieren.


Möglich. Aber sie verkriechen sich nicht wie die CDU im Hinterzimmer. Ergebnisse sind hierbei nebensächlicher als der Weg zum Ziel.

Da Piraten derzeit keine Partei, sondern ein medialer Trend sind, springen natürlich haufenweise Selbstdarsteller und Wirrköpfe mit auf den fahrenden Zug auf, aber muss man denn die, die auf naive und bisher wenig erfolgreiche Weise versuchen, das umzusetzen, was sich fast jeder Normalsterbliche am Stammtisch wünscht ("Die Politiker sollten einfach mal ehrlich sagen was sie denken anstatt diesem Geschlossenheits-Mist und den Psychotricks in ihren Reden. Die Politiker sollen sich nicht aus jeder Affäre rausziehen können. Die Politiker sollen dem Volk dienen anstatt sich bedienen zu lassen.."), gleich kritisieren weil sie keine geborenen Berufspolitiker sind?

Ich finde es derzeit mal wieder zum Kotzen wie einem der "im Sessel sitzen"-Skill den "Es besser können als die ganzen Piraten zusammen"-Buff zu verleihen scheint.

Auch wenn die Piraten nen Haufen Müll reden sobald man sie auffordert, klare Sätze zu formulieren.. sollte man als Nicht-Politiker sich nicht eher auf auf die schwammhafte Grundaussage der Piraten stützen und sagen "genau, wollen wir"? Oder soll, im übertragenen Sinne, jetzt die Revolution ausbleiben weil eine halbe Revolution zur großen Koalition führen könnte? Ist halt Deutschland. Lieber ne Grundsatzdiskussion, als mal auf ne Demo zu gehen ^^

</Stammtisch>

Traitor
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Di 1. Mai 2012, 10:35 - Beitrag #11

Anaeyon, dass die Piraten gar keine Partei werden woll(t)en oder sollten, ist ein sehr interessanter Aspekt. Dennoch ist es für ihren mittelfristigen Wahlerfolg entscheidend, dass sie sich wie eine normale Partei benehmen. Der erste Erfolgsfaktor war, irgendwo mindestens einmal die 5%-Hürde zu überschreiten, damit man ihnen glaubt, die 5%-Hürde überschreiten zu können, Stimmen für sie nicht mehr als weggeworfen wahrgenommen werden, und sie somit realistische Chancen haben, auch weiterhin die 5%-Hürde zu schaffen. Der zweite wichtige Schritt wird sein, in irgendeinem Land an der Regierung mitzuwirken, damit auch die Einwände, Stimmen für sie kämen nur der CDu zugute, verstummen, und sie zur wirklich vollwertigen Partei werden. Dieser Schritt ist aber viel riskanter, da er die inhaltliche Öffnung zum Vollprogramm, die ihnen schon jetzt Probleme bereitet, forcieren wird. Pech für sie, dass Kraft in NRW wohl nicht zweimal hintereinander eine Minderheitsregierung riskieren will, denn als fachlich entscheidender Gelegenheitsmehrheitsbeschaffer in einer solchen hätten sie sich sicher äußerst wohl gefühlt, Professionalität beweisen können, ohne gefährliche Verpflichtungen zu haben.

Obiges setzt natürlich voraus, dass sie zu "Professionalität" tatsächlich in der Lage sind - da bleibe ich weiterhin gespannt.

Zitat von Anaeyon:"Die Politiker sollten einfach mal ehrlich sagen was sie denken anstatt diesem Geschlossenheits-Mist und den Psychotricks in ihren Reden.
Auf die Spitzenpiraten trifft das aber schon nicht mehr zu, deren Standardaussage ist ja längst "dazu darf ich nichts sagen, weil die Partei sich noch nicht entschieden hat". Dieser Versuch, die Spitzenpositionen zu depersonalisieren, kann meines Erachtens nur scheitern - zum einen, weil es schlechte Werbung ist, zum anderen, weil es dem Grundkonzept der Piraten, dass jeder seine eigene Meinung einbringen kann, zuwider läuft. Manche sind weniger gleich als andere...?

Zitat von Maglor:Aber strahlen der Kopf-Kult auch auf anderen Medien.
:confused:

Zitat von Ipsissimus:Man darf daher getrost davon ausgehen, dass ein entsprechendes Experiment, sollte es je dazu kommen, ähnliche Verlaufsformen wie die historischen Räterepubliken nimmt.
Die, die von selbst zusammenbrechen, oder die, die blutig niedergeschlagen werden...?

Ipsissimus
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Di 1. Mai 2012, 15:41 - Beitrag #12

die zusammen geschossenen^^ zusammen gebrochene sind mir keine bekannt^^

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Di 1. Mai 2012, 15:54 - Beitrag #13

Mein Fehler, ich hatte im Kopf, dass die Ungarn sich von selbst remonarchisiert hätten. Dass da doch eine, ähem, "Befreiung" durch ausländische (rumänische) Truppen dabei war, war mir entfallen.
Man könnte zwar argumentieren, dass die Entwicklung von der (zweiten) russischen Revolution zur Sowjetunion eine Degeneration und damit eine Art Zusammenbruch einer Räterepublik war; andererseits wird der Begriff der "Räterepublik" ja durchaus in Abgrenzung zum strikten Bolschewismus gesehen, also wäre das wohl unfair.
Also muss ich dieser Staatsform wohl zugestehen, bisher nie eine Chance gehabt zu haben, an sich selbst zu Grunde zu gehen. ;)

Ipsissimus
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Di 1. Mai 2012, 18:00 - Beitrag #14

[quote="Traitor"]Also muss ich dieser Staatsform wohl zugestehen, bisher nie eine Chance gehabt zu haben, an sich selbst zu Grunde zu gehen. ]

ich gehe nach wie vor davon aus, dass Kapitalisten und andere Anhänger totalitärer Staats- und Gesellschaftsformen streng rational agierende Lebewesen sind und daher sehr genau wissen, warum sie welcher Staats- und Gesellschaftsform eine Chance geben und warum und welcher nicht^^

Maglor
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So 22. Sep 2013, 21:40 - Beitrag #15

Ein Jahr später sieht alles schon ganz anders aus.
2013 blieb die Partei nicht nur bei der Bundestagswahl, sondern auch bei den Landtagswahlen in Niedersachsen, Bayern und Hessen weit unter 5 %.
Die Kaperfahrt ist vorbei - trotz NSA-Affären.

Lykurg
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So 22. Sep 2013, 21:45 - Beitrag #16

Ich war schon irritiert, die Threadüberschrift wieder hochgespült zu sehen. Ob die Piraten das hier überstehen, ist fraglich.

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Di 24. Sep 2013, 01:57 - Beitrag #17

Dafür haben sie ein Wahlplakat gehabt, das dann wohl >95% der sich an der Wahl beteiligten ansprach...

Ipsissimus
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Di 24. Sep 2013, 15:00 - Beitrag #18

es wurde ja auch alles getan, um der NSA-Affaire die Relevanz zu nehmen - Hand auf´s Herz, wir haben uns doch längst damit arrangiert

das hat aber m.E: nicht so viel mit dem Scheitern der Piraten zu tun, da steckt eher ihre programmatische Unreife dahinter, die auch nicht durch charismatische Spitzenleute aufgefangen wird. Ein paar junge Mädels in der Spitzenmannschaft gelten politisch dann doch nicht als deutlicher Hinweis für Kompetenz. Und die Lebenswelt von Netz- und Technikaficionados ist eben nicht die der Normalos, die über die Wahlen entscheiden.

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Do 26. Sep 2013, 15:07 - Beitrag #19

Wohl war. Und der Kandidat von IIRC Listenplatz 2 in NRW ist wohl auch nur in den eh schon vorhandenen Kreisen bekannt gewesen/bekannter geworden. Diese ahnbar zusätzliche zeitliche Inanspruchnahme seiner Person liess mich übrigens letzt (neben zugegeben weiteren und wichtigeren Gründen) davon Absehen, seine Dienst in Anspruch zu nahmen.


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