Friedensnobelpreis

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Ipsissimus
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Do 4. Jul 2013, 21:01 - Beitrag #1

Friedensnobelpreis

Ist eigentlich der Friedensnobelpreis diskreditiert, solange er Barack Obama nicht aberkannt wird?

janw
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Do 4. Jul 2013, 21:25 - Beitrag #2

Der Preis für Obama wurde seinerzeit schon als Vorschusslorbeer angesehen, bezogen iirc auf den Nahost-Konflikt.
Daß der noch nicht weiter gelöst worden ist, liegt IMHO vor allem an Israel, und dagegen sind Obamas Möglichkeiten in meinen Augen begrenzt.

Guantanamo ist mM der nächste große Prüfstein, und da ist Obama bisher nicht gegen die Konservativen angekommen, was Gerichtsverhandlungen vor ordentlichen Gerichten in usa betrifft. Auch andere Länder, u.a. auch unseres, haben sich geziert, Gefangene aufzunehmen.
Mir ist dabei allerdings ein Rätsel, weshalb die Gefangene, bei denen offiziell schon von keinem Verdacht mehr ausgegangen wird, nicht auch offiziell mangels strafrechtlicher Relevanz entlassen werden - hat jemand das Obama mal gefragt?

Die Drohnen-Geschichte und der Umgang mit denen, die Informationen weitergegeben haben, ist neu hinzu gekommen, insofern "formal" nicht heranzuziehen.
Für mich ist das ein Punkt, bei dem ich mich frage, was dahinter steckt. Tiefere Zwänge, Einflüsterungen, ein Paradigmenwechsel bei Obama?

Letztlich könnte eine Diskreditierung sich nur darin äußern, daß andere Preisträger sich äußern oder zukünftige den Preis mit Hinweis auf Obama ablehnen.

Lykurg
[ohne Titel]
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Sa 6. Jul 2013, 23:49 - Beitrag #3

Kissinger, Begin und Arafat haben ihn in der Vergangenheit erhalten. Im Gegensatz zu Obama, dessen Verteidigung durch janw ich mich anschließe, haben diese drei unzweifelhaft äußerst blutige Westen, die mE durch keine noch so erfolgreichen Friedensbemühungen gereinigt werden könnten. Insofern sehe ich keinen Grund, den Preis jetzt als entwertet zu sehen, wenn er es nicht bereits war.

janw
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So 7. Jul 2013, 02:07 - Beitrag #4

Das war nicht ganz so apologetisch gemeint, wie es sich lesen mag...
Der Preis lebt zu sehr von Ideellem, als daß formale Argumente durchschlagen solten, und mir drängt sich nicht auf, daß die Freilassung als unschuldig erkannter Häftlinge aus Guantanamo an ein paar Republikanern scheitern können sollte: wo politischer Wille ist, da finden sich Wege - und für ordentliche Verfahren für die anderen bieten die Gesetze Gründe genug.
Wobei ich allerdings nicht sicher bin, ob es an Desinteresse oder Schlimmerem seitens Obamas liegt, eher schon denke ich an eine Verstrickung in den Dauer-Kleinkrieg mit der Opposition, die mit straff rechten Radiosendern über größere Landstriche die öffentliche Meinung beherrscht, vielleicht nicht genug Geschlossenheit dagegen in der eigenen Partei, und vielleicht eine Haltung, es möglichst allen recht machen zu wollen, Obama zu wenig ein aktiver Durchsetzer, sondern Reagierer auf Ereignisse und Befolger von Einflüsterungen aus dem Sicherheitsapparat.

Lykurg, was die anderen betrifft: Sie hatten alle genug Dreck am Stecken, aber sie haben an einem Punkt gesehen, daß sie da fehl gegangen waren - und sie waren nun mal diejenigen, die eine neue Politik einschlagen konnten, und sie haben es versucht. Angesichts der Bedeutung des Nahost-Konflikts rechtfertigt das für mich die Preise durchaus.

Ipsissimus
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So 7. Jul 2013, 10:47 - Beitrag #5

die Welt wird nur zum geringsten Teil von Heiligen bevölkert, darüber sind wir uns alle klar, und die Welt der Politik am allerwenigsten. Wenn der Friedensnobelpreis nur an moralisch einwandfreie Wesen verleihen soll, dürfte er mithin nicht an Menschen und schon gar nicht an Politiker verliehen werden. Er könnte, wie Jan schon sagte, immerhin an Einsichtige mit großer Wirkung im Sinne der Vergabekriterien verliehen werden. Diese Wirkung sehe ich bei Obama nicht als gegeben. Es waren Vorschusslorbeeren, wie Jan auch schon sagte, Vorschusslorbeeren, von denen bislang nicht eine eingelöst wurde.

Möglicherweise ist also der Preis selbst nicht diskreditiert. Die Vergabekriterien müssten allerdings dringend überarbeitet werden. Ich hoffe, das Nobelpreiskomitee beißt wenigstens jedesmal in die Tischkante, wenn Obama irgendwo erwähnt wird.

Maglor
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Mo 8. Jul 2013, 21:43 - Beitrag #6

Obamas Drohnenkriege in Pakistan, gelegentlich auch im Jemen, Libyen oder eben überall sind schon ein gewaltiger Fortschritt für den Frieden. Ihm gelang die Quadratur des Kreises, indem er Kriege führte ohne in den Krieg zu ziehen. Es ist schon ein seltsames Wunder, wie es in Pakistan nur so bombt und knallt, während sich Pakistan und die USA im Frieden befinden. :crazy:

Ipsissimus
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Mo 8. Jul 2013, 23:13 - Beitrag #7

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Maglor
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Mo 7. Mär 2016, 23:51 - Beitrag #8

Das US-Militär hat mit einem Drohnenangriff in Somalia nach eigenen Angaben mehr als 150 Kämpfer der islamistischen Schabab-Miliz getötet.
SPIEGEL

Jetzt also auch noch Somalia! :rolleyes:

Manchmal wünsche ich mir schon fast George Bush II. zurück. Er konnte pro Amtszeit nur einen Krieg vom Zaun brechen.
Und Barack Obama, der Fürst der Falken und Diktator der Drohnen?
Vielleicht sollte man einfach eine Liste von Staaten machen, die während seiner Amtszeit nicht von bemannten und unbemannten amerikanischen Flugobjekten heimgesucht wurden.

Maglor
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Mi 4. Jan 2017, 18:56 - Beitrag #9

Die Liste der Länder, die unter seiner Regie durch US-Truppen tatsächlich zerstört wurden, ist lang: Afghanistan, Jemen, Somalia, Irak, Pakistan, Syrien, Libyen.

Er ist mit Abstand der Präsident mit den meisten Kriegszügen. Die Tatsache, dass Obamas Feldzüge nicht mehr mit echten Soldaten, sondern mit Drohnen geführt werden, macht den Krieg nur auf einer Seite humaner.

Obama hinterlässt die USA auf dem Weg in einen neuen Kalten Krieg. Jede Woche eine neue Eskalation. Bizarrerweise übernimmt er rechte Deutungsmuster, wenn er Moskau für den Wechsel der politischen Stimmungslage verantwortlich macht. Es bisschen McCarthy schadet nie. :crazy:

Gut nur, dass der Westen den NSA-Skandal scheinbar längst wieder vergessen hat.

Vielleicht hat Obama gerade deswegen den Friedensnobelpreis verdient, weil er "Kombatanten" in Ländern töten lässt, mit denen die USA sich ausdrücklich nicht im Krieg befindet. Es ist also gar kein Krieg, wenn sie bluten.


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