Sogenannte Flüchtlingskrise

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Maglor
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Di 8. Sep 2015, 22:14 - Beitrag #1

Sogenannte Flüchtlingskrise

Flüchtingströme, ja eine wahre Flut ... Mit Worten ist sich der Wahnsinn nicht mehr zu erklären.

Auf den Punkt bringt es diese Karikatur.

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Eine illegale Einreise (Schleusung) nach Deutschland kostet den Flüchtling 3000,00 € bis 5000,00 €. Eine legale Ausreise (Abschiebung) kostet dem Fiskus ungefähr genauso viel. Das Geld könnte ja viel sinnvoller eingesetzt werden, z. B. könnte ein Mensch in Deutschland problemlos ein Jahr davon leben.

Lykurg
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Mi 9. Sep 2015, 00:13 - Beitrag #2

Man könnte davon auch 0,0000005 bis 0,000000835 Bahnhöfe in den Untergrund verlegen.
Bedauerlich finde ich aber, daß Merkel auf dem Höhepunkt der ungarischen Bahnhofskrise die Gelegenheit verpaßt hat, Genscher zu bitten, dorthin zu reisen und seine kurze Rede zu halten.

Maglor
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Mi 9. Sep 2015, 17:02 - Beitrag #3

Die Kosten der Flüchtlingskrise werden aktuell auf 10 Milliarden geschätzt, was die Kosten des Bahnhofs "Stuttgart 21" kaum merklich übertrifft. Die Demonstranten sehen auch fast genauso aus, sie schwäbeln nur weniger und bluten nicht aus Augen. :rolleyes:

Hätte die BRD nie darauf bestanden, dass die Flüchtlinge in Ungarn bleiben müssen, wäre es doch nie zur ungarischen Bahnhofskrise bekommen. Auf einmal wird so getan, als wäre Deutschland der Sitz der Barmherzigkeit, dabei sind es doch die deutsche Behörden die tausende Flüchtlinge auf ihrer Route nach Skandinavien hier gegen ihren Willen festhalten.

Oh, häßliches Ungarn, was du nur das ganze Jahre getan! :crazy:
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tageschau ARD

Feuerkopf
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So 13. Sep 2015, 15:09 - Beitrag #4

Schätze mal, innerhalb der letzten Wochen hat sich "unsere" Rate ein bisschen verbessert.

Es ist unglaublich, was die Bevölkerung auf die Beine stellt. Dortmund als Drehkreuz bekommt heute wieder über 1000 Leute, allerdings nur zur "Weiterverteilung".
Gestern abend habe ich den Appell des Münchner OB gesehen. Du meine Güte, mir war gar nicht so klar, dass derzeit Bayern und NRW die Hauptlast wuppen.

Maglor
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So 13. Sep 2015, 16:46 - Beitrag #5

Der Bürgermeister von München hat eigentlich gut reden. Wenn es irgendwo zu viele Flüchtlinge geben sollte, dann wohl im Libanon oder in der Türkei. Die allgemeine politische Lage in den beiden Ländern, die den Löwenanteil der syrischen Flüchtlinge aufgenommen haben, verschlechtert sich zunehmend. Die Türkei schlittert im weiter in einen Kurden- und IS-Konflikt, während im Libanon mit der "Müllkrise" gleich der Zusammenbruch von Wirtschaft und Staat droht.

Die Flüchtlinge würden genauso wenig in München bleiben, wie sie in Ungarn, Serbien oder Griechenland bleiben würden, wenn man ihnen einfach die Weiterreise gewähren würde.
Ich verstehe den Sinn dieser Aktionen überhaupt nicht. Als wäre es die große karitative Leistung die Leute an der illegalen Wetterreise zu hindern und in irgendwelchen provisorischen Zeltlagern zu internieren. (Als wäre diese Zwangslösung auf irgendeine Weise besser als die wilden Zeltstädte um Calais.) Viele Flüchtlinge haben ganz konkrete Vorstellungen in welcher Stadt oder welchem Land sie leben wollen, weil sie dort Verwandte haben, die sie sogar aufnehmen würden. Durch den beherzten Eingriff der Ordnungskräfte wird dies natürlich verhindert.
Man sollte sich eines gewiss. Die meisten dieser Leute wollen gar nicht registriert oder verteilt werden. Einem Großteil der Leute (insbesondere Kosovaren und Albanern) droht ohnehin die baldige Abschiebung.

Bayern hat jetzt eben die Arschkarte in Deutschland. München ist Opfer der Geografie, genau in Ungarn, Griechneland, Italien oder final der Libanon. Besser früher als später sollte Bayern genauso handeln wie Griechenland oder Ungarn. Die Flüchtlinge verteilen sich dann schon ganz von allein.

Bevor ich falsch verstanden werde:
Reisefreiheit ist meines Erachtens die Lösung des Problems. Flüchtlingselend entsteht dort, wo sie sich Flüchtlinge stauen. Das beste Beispiel ist Calais am Ärmelkanal, wo man sich daran versucht alle Flüchtlinge, die nach Großbritannien wollen, aufzuhalten. Statt dreistellinge Beträge an Schlepper und Schleuser abzudrücken, könnten die Flüchtlinge einfach Linienflüge buchen und mit dem Restgeld hätten sie erstmal eine Grundlage zum Existenzaufbau.

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So 7. Feb 2016, 15:52 - Beitrag #6

Zitat von Feuerkopf:Schätze mal, innerhalb der letzten Wochen hat sich "unsere" Rate ein bisschen verbessert.

Verschlimmbessert hat sich die Lage im Verhältnis nur wenig. Die neuen Zahlen von "Der Freitag" passen irgendwie nicht mit denen von der ARD zusammen, aber an der Rangfolge hat sich scheinbar wenig geändert. Das Grundproblem ist wahrscheinlich, dass Deutschland einfach so viele Einwohner, dass selbst 1 Millionen Flüchtlinge in Deutschland eigentlich nur eine verschwindend geringe Zahl sind.

Deutschland

Herkunftsländer: Syrien, Afghanistan, Irak, Eritrea, Albanien
Flüchtlingszahl 2015: 1.000.000 (Prognose für Jahresende)
Asylbewerber/Million Einwohner: 996


Schweden

Herkunftsländer: Syrien, Afghanistan, Irak, Balkanstaaten
Flüchtlingszahl 2015: ca. 180.000
Asylbewerber/Million Einwohner: 1.467


Österreich

Herkunftsländer: Syrien, Afghanistan, Irak, Albanien
Flüchtlingszahl 2015: ca. 65.000 (bis Oktober)
Asylbewerber/Million Einwohner: 2.026


Ungarn

Herkunftsländer: Syrien, Afghanistan, Irak, Albanien
Flüchtlingszahl 2015: Seit Bau der Grenzzäune zu Serbien und Kroatien verzeichnet Ungarn kaum noch Asylsuchende, bis zum II. Quartal 2015 lag die Zahl bei 32.600
Asylbewerber/Million Einwohner: 3.337

Der Freitag

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Mo 14. Mär 2016, 11:35 - Beitrag #7

Für 2015 wurden in Deutschland 1 Million Flüchtlinge erwartet oder befürchtet. Die Zahl 1 Million spielte in der Debatte eine ganz wichtige Rolle und spukte monatelang durch die Medien (vgl. vorheriger Beitrag).
Diese Vorhersage ist jedoch gar nicht eingetroffen.
Die Zahl der Flüchtlinge, die in Deutschland leben, ist 2015 weit weniger gestiegen als angenommen wird. Während Bundesinnenminister Thomas de Maizière immer wieder von gut einer Million neu angekommener Menschen spricht, sind aktuelle Zahlen der Bundesregierung nüchterner. Demnach lebten Ende 2015 insgesamt rund 1,25 Millionen Menschen als Flüchtlinge in Deutschland. Ende 2014 lebten bereits 627.000 Geflüchtete in Deutschland, so dass ihre Zahl im Jahr 2015 nur um knapp 600.000 gestiegen ist. taz

Was soll denn das Herr Innenminister! Wollte hier etwa jemand die Zahlen höher ansetzen, um die Debatte mit mutmaßlichen Horrorszenarien weiter anzufeuern?

P. S. Bitte nicht vergessen: Lügenpresse! Merkel muss weg! :crazy: :rolleyes: :crazy:

Lykurg
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Mo 14. Mär 2016, 14:34 - Beitrag #8

Ui, das ist wirklich interessant - und lustig, daß außer der taz niemand davon spricht.
Woran liegts wohl - Weitergereiste, Doppelgemeldete, oder einfach falsche Schätzwerte?

Maglor
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Mo 14. Mär 2016, 15:26 - Beitrag #9

Ja, daran kann es auch liegen.
Dass Deutschland für viele Flüchtlinge auch nur ein Durchreiseland auf dem Weg nach Skandinavien ist, wird im Flüchtlingskrisendiskurs weitgehend ignoriert. Die Tatsache, dass in Wahrheit Schweden des gelobte Land ist, will keine Seite wahrhaben. An eine weitere Flucht aus Deutschland nach Schweden wollen weder Gutmenschen noch besorgte Bürger glauben.
Gern vergessen wird leider, dass man in Deutschland eben nicht alle willkommen geheißen hat und vor allem die Balkanesen sehr schnell massenhaft zurück in die Heimatlände abgeschoben hat.

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Mo 26. Sep 2016, 23:02 - Beitrag #10

Zitat von Feuerkopf:Schätze mal, innerhalb der letzten Wochen hat sich "unsere" Rate ein bisschen verbessert.

Die Rate hat sich natürlich erhöht, aber der Abstand zwischen Deutschland und Ungarn aber kaum verändert.

Zitat von WELT:Deutschland Zahlen und Fakten Weniger Flüchtlinge – doch die Krise ist längst nicht vorbei

Tatsächlich schulterte Ungarn im vergangenen Jahr eine besonders große Last – jedenfalls gemessen an den gestellten Asylanträgen und der Einwohnerzahl: rund 174.000 Asylbewerber; das sind 1770 je 100.000 Einwohner. Zum Vergleich: In Deutschland entfielen 544 Asylbewerber auf 100.000 Einwohner. Zur Wirklichkeit der Zahlen gehört aber auch, was gerade erst Tschechiens Vizepremier erklärt hat: In den osteuropäischen Staaten zum Beispiel wollten viele Flüchtlinge nicht bleiben – sie reisen stattdessen nach gestelltem Asylantrag weiter.

Um mit der Tagesschau-Grafik für Januar bis April 2015 vergleichen zu können, muss ich nur die Kommas verschieben.

Ungarn 17,7 Asylbewerber pro 1000 Einwohner
Deutschland 5,44 Asylewerber pro 1000 Einwohner

Von Januar bis April 2015 gab es in Ungarn im Verhältnis fast viermal so viele Asylbewerber wie in Deutschland. Im Gesamtjahr hatte Ungarn dreimal so viele Asylbewerber wie Deutschland im Verhältnis zur Einwohnerzahl.
Spannender wäre sicherlich das Verhältnis zur Wirtschaftsleistung des Landes oder zum Staatshaushalt!

Hierzulande wird ja ignoriert, dass die sogenannte Flüchtlingskrise in Deutschland nur eine kurze heiße Phase von wenigen Monaten war, während das Drama in Ungarn ein ganzes Jahr dauert. Im Falle Griechenlands muss man schon fast von einem Jahrzehnt sprechen. Der erste Grenzzaun als EU-Außengrenze wurde bereits ab 2012 zwischen Griechenland und der europäischen Türkei errichtet. Folgerichtig verlagerte sich die Balkanroute auf den Seeweg, aber die Flüchtlinge saßen in Griechenland fest. Der wirtschaftliche Niedergang Griechenlands und die weitere Eskalation im Nahen Osten überlasteten Griechenland. Die politische Entspannung zwischen den Staaten des ehemaligen Jugoslawiens und ihre Annäherung an die EU ermöglichten Griechenland für wenige Monate ein Ventil und andere EU-Staaten konnten an der bereits seit Jahren bekannten Problematik teilhaben. Das Ventil entwickelte jedoch ungeahnte Sogwirkung. Jetzt ist wieder alles wie vorher. Griechenland teilt sich die Arschkarte mit der Türkei.

Bescheidener Auslöser ist nicht die angebliche "Einladung" durch die Bundeskanzlerin, sondern eine humanitäre Entscheidung Mazedoniens. Im Juni entschied Mazedonien, dass Flüchtlinge das Staatsgebiet künftig legal durchqueren dürfen. Begründung: Das Durchschmuggeln der Flüchtlinge forderte in Mazedonien zu viele Todesopfer.
Nach dem kurzen Gastspiel der offenen Grenzen in Süd-Ost-Europa können die dort tätigen Schlepperbanden endlich wieder voll ins Geschäft einsteigen.

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So 18. Dez 2016, 22:06 - Beitrag #11

Eine Schmerzgrenze gibt es nicht mehr. Das wird man ja wohl noch sagen dürfen.
Abschiebung nach Afghanistan im Winter - auf einmal wird Deutschland zum Land der unbegrenzten Möglichkeiten.
Vor einem Jahr hat Angela Merkel noch vor diesem anderen Deutschland gewarnt, offensichtlich zu recht. Deutschland ist aber immer noch ihr Land, obwohl dieses Land sich in seiner grenzenlosen Phantasie zum Opfer einer Invasion gemacht hat.
Es gibt sichere Regionen im postfaktischen Afghanistan. Nicht Afghanistan, sondern Deutschland ist das Land am Abgrund, das gerettet werden muss.
Ein freundliches Gesicht hat man ja gern gemacht, mehr aber auch nicht. Die Festung Europa, die wir gebaut haben, braucht auch einen Kerker und der befindet sich in Griechenland. Dabei soll es bleiben. :(

Vor nun mehr 76 Jahren nahm sich Walter Benjamin das Leben, weil er befürchtete Spanien würde ihn an das Deutsche Reich ausliefern.
Aus seinem Abschiedsbrief: "In dieser ausweglosen Situation habe ich keine andere Möglichkeit, als sie zu beenden. Mein Leben wird ein Ende finden in einem kleinen Dorf in den Pyrenäen, wo mich niemand kennt."
Sein Tod scheint in diesem Jahr sein Sinn verloren zu haben.

Lykurg
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Sa 24. Dez 2016, 00:24 - Beitrag #12

Der Hinweis auf Walter Benjamin ist gut, ja. Ich bekam in einer Reportage mit, daß Afghanen im Zweifelsfall in völlig anderen Provinzen landen, weil ihre tatsächlichen Herkunftsgebiete umkämpft sind, und dort mittellos (oder mit einem kleinen Handgeld, falls sie "freiwillig" zurückgekehrt sind) inmitten fremder Ethnien festsitzen. Schon klar, daß Deutschland verhindern mußte, daß Schleuser mit überzogenen Versprechen zehntausende köderten, die sich dann für eine imaginierte Zukunft im gelobten Schland ihre Existenz aufgaben und sich verschuldeten. Die dagegen erfolgten Informationskampagnen des Auswärtigen Amts sind ja wohl auch recht erfolgreich. Inwieweit diese Flugzeugrückführungen von z.B. 34 Personen (!) dann aber wirklich etwas ausmachen und bewirken, jenseits vom persönlichen Leid, ist eine ganz andere Frage.

Separat davon zu sehen ist allerdings der Umgang mit schweren Straftätern und Extremisten... da stellen sich uns Fragen, mit denen wir erst umzugehen lernen müssen.

Ipsissimus
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Sa 24. Dez 2016, 16:30 - Beitrag #13

Ich kann zur Zeit hinsichtlich Deutschland gar nicht so viel essen, wie ich kotzen möchte.

da stellen sich uns Fragen, mit denen wir erst umzugehen lernen müssen.
Ja, genau davor wird mir Angst und Bange, wenn ich daran denke, was wir alles lernen werden, in all unserer vorauseilenden Besorgtheit.

Meine Güte, wie konnte dieses Land nur so schnell wieder zu einem Albtraum verkommen.

Feuerkopf
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So 25. Dez 2016, 08:17 - Beitrag #14

Ipsi, ich finde wir halten uns noch ganz ordentlich. Wir hatten keine Elendscamps wie an der Kanalküste in Frankreich, "unsere" Rechten sind längst nicht so stark wie im europäischen Umland. Liegt auch an jedem uns, diesem aufquellenden Gedankenmüll entgegen zu wirken. Auch wenn er von einer bayerischen Regierungspartei kommt. :crazy:

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So 25. Dez 2016, 13:39 - Beitrag #15

Zitat von Feuerkopf:Ipsi, ich finde wir halten uns noch ganz ordentlich. Wir hatten keine Elendscamps wie an der Kanalküste in Frankreich

Der Einäugige ist natürlich der König unter den Blinden. :king:
Abseits des Witzes bin ich jedoch der Meinung, dass Deutschland nicht glauben darf, den Wettkampf unter den Gerechten gewonnen zu haben. Gern werfen die Deutschen den anderen europäischen Staaten vor, sie würden die Flüchtlinge festhalten oder einsperren und im gleichen Atemzug wirft man ihnen vor, sie würde die Flüchtlinge einfach nur durchwinken. Es ist ganz egal, was Griechenland, Ungarn, Italien oder die Türkei in Sachen Flüchtlingspolitik tun oder unterlassen, ein richtiges Verhalten kann es aus deutscher Sicht nicht geben. Die nord- und mitteleuropäischen Staaten genießen ihre günstige geografische Lage, die ihnen eine scheinbar höhere Moral ermöglicht. Die Leichen werden schließlich am Strand von Lampedusa oder Lesbos angespült und schuld sind ganz gewiss die da unten.

Gerade in Calais vereinen sich gegensätzliche Aspekte der Flüchtlingspolitik beispielhaft.
Die Bewohner des Dschungels wollten Frankreich verlassen und nach England übersetzen. Welches europäische Land begeht hier den Fehler? Ist die Kontrolle Ursache oder Lösung des Problems

Welches Verbrechen Frankreichs wäre größer?
    (a) Frankreich löst das illegale Lager (gewaltsam) auf, nötigt die Bewohner zur Registrierung in Frankreich, verteilt sie gegen ihren Willen in den französischen Provinzen und verhindert mit restriktiven Maßnahmen jeden weiteren Versuch einer illegalen Ausreise ins Vereinigte Königreich.
    (b) Frankreich duldet das illegale Basislager der Kanal-Über- und Unterquerer und sieht tatenlos zu, wie die Flüchtlinge ihr Leben riskieren, um nach England zu gelangen, und die Bürger vom Elend des rechtsfreien Dschungels verunsichert werden.
    (c) Frankreich setzt sich aktiv dafür ein, den Wunsch der Flüchtlinge zu erfüllen, in dem es die Übersetzung zur Insel selbst organisiert und die Briten zur Aufnahme nötigt. (Diese Politik wäre mit dem Verhalten Österreich-Ungarns auf dem Höhepunkt der sogenannten Flüchtlingskrise vergleichbar.)
Frankreich hat sich jüngst für Lösungsweg (c) entschieden. Zumindest den Briten ist somit geholfen. :naja:


Zitat von Lykurg:Schon klar, daß Deutschland verhindern mußte, daß Schleuser mit überzogenen Versprechen zehntausende köderten, die sich dann für eine imaginierte Zukunft im gelobten Schland ihre Existenz aufgaben und sich verschuldeten. Die dagegen erfolgten Informationskampagnen des Auswärtigen Amts sind ja wohl auch recht erfolgreich. Inwieweit diese Flugzeugrückführungen von z.B. 34 Personen (!) dann aber wirklich etwas ausmachen und bewirken, jenseits vom persönlichen Leid, ist eine ganz andere Frage.

Ich glaube, du erliegst hier einem politischen Diskurs, der sich in erster Linie auf Fake-News und gewünschte Wahrheiten stützt, die scheinbar immer wahrer werden, je öfter sie ausgesprochen werden. Eines der hartnäckigsten Fakes ist die Zahl der 1 Millionen Flüchtlinge, die sich unauslöschbar in die deutsche Retina eingebrannt hat. Ebenso beliebt ist die Geschichte der skrupellosen Schleuserbanden, die aus Profitgier leicht beeinflussbare Orientalen aus ihrer beschaulichen Heimat fortlocken und so die sogenannte Krise in Deutschland mutwillig auslösen.
"Die Auswanderer" ist eine der beliebtesten Doku-Soaps in Deutschland. Das Märchen von Konny Reimann al(ia)s Hans im Glück ist aber offensichtlich nicht geeignet das angeblich von Abstiegsängsten und Fremdenhass bestimmte deutsche Prekariat ins Ausland zu locken. Die Auswanderung wird im deutschen Pseudo-Doku als Trend präsentiert, mit dem man reich und berühmt werden kann. Es gibt jedoch keine mächtige Schleuserindustrie mit allmächtigen Televangelisten vom Typ RTL II. Warum sollte ein derartiger Meachanismus ausgerechnet in Afghanistan wirksam sein, wenn er in der deutschen Mediengesellschaft schon nicht funktioniert?

Betrachten wir nun eines der Länder, in denen der Krieg schon etwas länger her ist und die Einreise nach Deutschland vergleise ungefährlich war. Lediglich 0,5 % der Montenegriner sind 2015 nach Deutschland eingereist, obwohl sie das Heilsversprechen des deutschen Schlaraffenlands kannten und der Weg kurzzeitig frei von Hindernissen war. Die Montenegriner mussten weder ihrer Leben riskieren, noch sich verschulden, um nach Deutschland zu gelangen. Auf dem Höhepunkt der sogenannten Flüchtlingskrise am Balkan waren die Schleuser quasi arbeitslos geworden, da die illegale Durchreise Richtung Nordens von den Behörden mehrerer europäischer Staaten kurzzeitig geduldet, wenn nicht sogar beschleunigt wurde.

Die Lage der Afghanen war und ist natürlich eine völlig andere. Die meisten haben den Iran, den Irak und die Türkei illegal auf dem Landweg durchquert. (Die alternative Route führt durch die GUS.) Anschließend haben die Nichtschwimmer das Mittelmeer in einer Nussschale durchquert. Der Weg nach Deutschland, Schweden u. a. ist dagegen natürlich nur ein harmloser Spaziergang.
Afghanistan befindet sich Jahrzehnten in einer Abwärtssprirale und hat sich in Folge dessen zum Auswanderungsland entwickelt. Viele Afghanen haben Verwandte und Bekannte im Ausland. Aufgrund des Internets ist es sehr leicht mit der Diaspora in Europa Kontakt aufzunehmen. Die Informationen über Europa erhalten die Afghanen aus erster Hand und ohne den Umweg einer Schleuser-Propaganda. (Kritiker mögen jetzt anmerken, dass es gar nicht überall in Afghanistan Internet gibt. Die Flucht nach Europa ist jedoch so teuer, dass man schlicht annehmen muss, dass erfolgreiche Flüchtlinge bereits in Afghanistan einen Lebensstandard hatten, der die Nutzung von Smartphones ermöglichte. Andere musste hingegen einige Jahre im Iran schuften, um die teure Reise ins Ungewisse zu finanzieren.)

Zitat von Lykurg:Separat davon zu sehen ist allerdings der Umgang mit schweren Straftätern und Extremisten... da stellen sich uns Fragen, mit denen wir erst umzugehen lernen müssen.

Extrem wichtig wäre es im Umgang, wenn die deutsche Gesellschaft endlich anerkennen würde, dass diese Straftäter und Exteremisten nicht nur ein Teil unserer Gesellschaft sind, sondern auch in unserer Gesellschaft zu Straftätern und Extremisten geworden sind.
Wenn sich junge Menschen vier oder fünf Jahre in Europa aufhalten und dann ein oder mehrere Morde begehen, braucht man auch nicht mehr zu fragen, in welchem Land im fernen Orient sie zur Welt gekommen sind. Nordafrikanische Intentivtäter werden nicht als eben solche in Lampedusa angeschwemmt; sie entstehen in Europa. Deutschland und andere europäische Länder sollten sich die Frage stellen, warum das so ist. Einer der Hauptgründe ist meiner Meinung nach der, dass im Asylverfahren die Identität der Flüchtlinge regelrecht zerstört wird und ihnen dabei keine aktezeptierbare Identität zugestanden wird. Für die Illegalen bleiben die Nischen der Illegalität wie Drogenhandel, Taschendiebstahl oder auch Schleuserkriminalität übrig. Wenn man sowieso ständig auf der Flucht vor der Polizei ist, kommt es auf die Straftaten auch nicht mehr drauf ein. Deutschland ist auf den besten Weg dahin, die Afghanen auf die gleiche Weise zu zermürben, wie es mit den Nordafrikanern bereits gelungen ist.
Wenn es stimmt, was jüngst behauptet wurde, nämlich das der Berlin-Attentäter ein Anhänger des Hildsheimer Hasspredigers "Abu Wallah" war, dann ist daraus zu schließen, dass der Berlin-Attentäter perfekt in die deutschsprachige Jihadistenszene integriert war und deren Ideologie übernommen hatte. Er war, wenn überhaupt Teil eines deutschen Terror-Netzwerk. Er plagiierte wahrscheinlich die Amokfahrt von Nizza, einen Anschlag in Frankreich. Er war also ein echter Europäer. :|

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Mo 26. Dez 2016, 20:45 - Beitrag #16

Zitat von Feuerkopf:Ipsi, ich finde wir halten uns noch ganz ordentlich. Wir hatten keine Elendscamps wie an der Kanalküste in Frankreich, "unsere" Rechten sind längst nicht so stark wie im europäischen Umland. Liegt auch an jedem uns, diesem aufquellenden Gedankenmüll entgegen zu wirken. Auch wenn er von einer bayerischen Regierungspartei kommt. :crazy:


na ja, Feuerkopf, wenn Deutschland die letzte Bastion ist, ist Europa an den Faschismus verloren.

Ich hatte letztens ein Gespräch mit einer jungen Frau, die davon sprach, dass sie sich davor fürchtet, von muslimischen Flüchtlingen oder Migranten vergewaltigt zu werden. Ich fragte sie, ob sie lieber von deutschen Männern vergewaltigt würde. Sie war empört und meinte, sie wolle von niemanden vergewaltigt werden. Darauf fragte ich sie, warum sie sich dann fürchte, von muslimischen Männern vergewaltigt zu werden, da die Chance, dass sie von deutschen Männern vergewaltigt würde, um einiges höher ist. Sie brach an der Stelle das Gespräch ab und meinte nur noch, wegen Leuten wie mir sei Pegida groß geworden.

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Di 27. Dez 2016, 00:32 - Beitrag #17

Ipsi,
ich weiß, dass einem diese verquere Logik schräg runter gehen kann, aber wenn jemand Angst hat, dann nützt es wenig, so zu argumentieren, wie du es getan hast.
Ein Weg ist, nachzufragen, woher ihre Angst kommt. Hat sie schlechte Erfahrungen gemacht oder haben die "Berichte" sie verunsichert? Die Angst sollte man schon respektieren. Wenn sie selbst erkennt, dass es vielleicht Möglichkeiten gibt, sich selbst zu schützen oder nicht alles zu glauben, was man liest, dann fühlt sie sich ernst genommen. (Das wird mit einem Hardcore-Rechten vermutlich nicht funktionieren, da ist Argumentieren tatsächlich der richtige Weg.)

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Mi 28. Dez 2016, 15:22 - Beitrag #18

Ein Laie wird Schwierigkeiten haben eine harmlose Angststörung von einer gefährlichen Wahnvorstellung zu unterscheiden. (Über Anders Breivik stritten selbst die Experten: Erfolreicher Rechtsterrorist oder einsamer Irrer?)

Wenn man selbst Gefangener in einer Gegenwirklichkeit ist, übersieht man leicht, dass die CSU schon über 10 Jahre dieses Land regiert und glaubt daher ernsthaft von deren Show ginge eine weitere Bedrohung des Status quo aus.
Auf die Gefühle von CSU-Hassern muss auch Rücksicht genommen werden. Anhänger der Union können immer noch verächtlich auf die AfD herabschauen. Ein AfD-Anhänger kann sich wenigstens noch für etwas besseres als Pegida halten und die von Pegida glauben natürlich auch, dass die anderen die Neonazis sind.
Über die Hardcore-Rechten kann man nur Vermutungen anstellen. Es so ähnlich wie mit den Außerirdischen, Chem-Trails oder der Bundesrepublik. Die einen glauben dran, die anderen nicht. :crazy:
Wenn ich jetzt aber nicht an die Hardcore-Rechten glaube, was bleibt mir dann noch, als meinen Zorn gerecht zu gleichen Teilen unter die Leute zu bringen? :rolleyes:

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Mi 28. Dez 2016, 19:18 - Beitrag #19

Zitat von Feuerkopf:..., aber wenn jemand Angst hat, dann nützt es wenig, so zu argumentieren, wie du es getan hast.

Kann sein, Feuerkopf. Aber ich bin müde geworden und nicht mehr bereit, jeden Menschen vor sich selbst zu retten. Wenn die Gesellschaft zur Hölle fahren will, muss sie eben.

Ich muss in letzter Zeit oft an den Beginn des Gedichtes Legende von der Entstehung des Buches Taoteking auf dem Weg des Laotse in die Emigration von Bert Brecht denken^^

Als er Siebzig war und war gebrechlich
Drängte es den Lehrer doch nach Ruh
Denn die Güte war im Lande wieder einmal schwächlich
Und die Bosheit nahm an Kräften wieder einmal zu.
Und er gürtete den Schuh.

Nur dass ich nicht mehr an das Weiche glauben kann.

Zitat von Maglor:was bleibt mir dann noch, als meinen Zorn gerecht zu gleichen Teilen unter die Leute zu bringen?

Ein Misanthrop bist du aber nicht^^

Feuerkopf
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Do 29. Dez 2016, 15:21 - Beitrag #20

Die Gesellschaft soll zur Hölle fahren?

Ich widerspreche im Namen vieler Millionen Menschen, allein hier in Deutschland.
Im Namen der Kinder, im Namen der Jugendlichen, der jungen Erwachsenen, der Elterngeneration, der Großeltern - die, von den normalen Querelen mal abgesehen - mit einander zurecht kommen, einander lieben und für einander sorgen.
Im Namen der Millionen Menschen, die ehrenamtlich tätig sind, ob bei der freiwilligen Feuerwehr, in Sportvereinen, Initiativen, Kirchen, sozialen Einrichtungen.
Im Namen derer, die ihren Job gut machen und keine Kollegenschweine sind oder gnadenlose Ausbeuter.

Jede Gesellschaft hat ihre 10 bis 20 % Problemfälle, ob psychisch krank im Sinne von psychopathisch oder einfach mies, im Sinne von Arschloch. Das war immer so. Mit denen sind wir irgendwie klar gekommen. Nur, weil sie mehr krakeelen (schreibt man das so?), heißt es nicht, dass sie recht haben oder mehr geworden sind. Die haben bloß weniger Hemmungen.

Es reicht oft, mal die eigene Bequemlichkeitsblase zu verlassen und zu widersprechen. Höflich. Freundlich. Das ist oft entwaffnend. Man kann sich auch wehren. Sind wir nur nicht mehr so gewöhnt.

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