Zum CERN der Dinge

Von der Genetik bis zur Quantenphysik, von der Atomkraft bis zur Künstlichen Intelligenz. Das weite Feld der modernen Naturwissenschaften und ihrer faszinierenden Entdeckungen und Anwendungen.
Feuerkopf
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Mi 27. Aug 2008, 10:10 - Beitrag #1

Zum CERN der Dinge

Es wird sich herumgesprochen haben, dass in 13 Tagen (vorauss.) im Teilchenbeschleuniger bei CERN ein nicht ganz unumstrittenes Experiment laufen soll, bei dem möglicherweise minikleine Schwarze Löcher entstehen könnten.
Da wir hier Leute an Board haben, die sich mit Physik deutlich besser auskennen als ich, hätte ich gern eine Bewertung.
Geht nun in knapp zwei Wochen die Welt unter oder nicht?

Ipsissimus
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Mi 27. Aug 2008, 11:27 - Beitrag #2

interessant für die Immanentisierung des bevorstehenden Weltuntergangs ist eigentlich nur eine einzige Frage: entsteht ein Miniloch, das langsamer als die Entweichgeschwindigkeit der Erde ist? Die Chancen dafür stehen imo nicht gut, weil die Löcher, falls sie überhaupt entstehen, allesamt deutlich in Nähe der Lichtgeschwindigkeit rumschwirren sollten und damit den Einflussbereich der Erde in Nullkommanix verlassen hätten, aber die Chancen sind doch nicht exakt Null. Wenn wir dann so ein verbleibendes langsames Miniloch hätten, hätten wir u.U. ein Problem^^ u.U. aber auch nicht, denn bei der Größe so eines winzigen Giganten steht zu vermuten, dass die Hawkinsstrahlung das Loch im Augenblicke pulverisieren würde. Beides zusammengenommen - die extreme Unwahrscheinlichkeit langsamer Löcher und die Hawkinsstrahlung - führen mich zu der Vermutung, dass wir den Weltuntergang doch noch mal verschieben müssen^^

interessant wäre allenfalls noch die Frage, wie stark der Outburst eines zerfallenden Miniloches wäre, sprich wie hoch die Energie ist, die durch die Hawkinsstrahlung freigesetzt würde. Eventuell harrt unser ja eine thermonukleare Katastrophe in Genf, obwohl ich der Ansicht bin, dass nicht mehr Energie rauskommen kann, als hineingesteckt wurde^^

Aydee
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Mi 27. Aug 2008, 12:06 - Beitrag #3

entsteht ein Miniloch, dass langsamer als die Entweichgeschwindigkeit der Erde ist? Die Chancen dafür stehen imo nicht gut, weil die Löcher, falls sie überhaupt entstehen, allesamt deutlich in Nähe der Lichtgeschwindigkeit rumschwirren sollten und damit den Einflussbereich der Erde in Nullkommanix verlassen hätten, aber die Chancen sind doch nicht exakt Null. Wenn wir dann so ein verbleibendes langsames Miniloch hätten, hätten wir u.U. ein Problem
Wäre das nur ein problem bei einem (verbleibenden - warum diese einschränkung....?) langsamen miniloch? ich meine selbst wenn es schnell (auch in lichtgeschwindigkeit) vorbei und aus unserem sonnensystem saust, hat es doch die gleich wirkung wie ein langsames, wo es materie berührt. oder nicht?

Ipsissimus
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Mi 27. Aug 2008, 13:02 - Beitrag #4

der Unterschied besteht darin, dass ein schnelles Loch entlang seiner Bahn im Umkreis von ein paar Mikrometern oder weniger ein paar Atome ansaugt, aber lokal kaum irgendwelche Schäden entstehen, weil das Loch im nächsten Moment weg ist. Ein langsames Loch, das innerhalb der Atmosphäre der Erde - oder eventuell sogar im Inneren der Erde - verbleibt, würde nie wieder aufhören, Atome der Erde anzusaugen, wenn nicht die Hawkinsstrahlung dafür sorgen würde, dass es sich auflöst. Die Geschwindigkeit dieses Ansaugprozesses kann ich nicht richtig einschätzen, aber sehr viel Zeit zum Verschwinden dürfte uns dann nicht mehr bleiben

Aydee
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Mi 27. Aug 2008, 13:41 - Beitrag #5

mh... ok... ich hätte sogar eher umgekehrt gedacht, so wie die zogwirkung von einem vorbeirasendem zug viel mehr schaden anrichten kann als ein langsam fahrender zug

Traitor
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Mi 27. Aug 2008, 14:02 - Beitrag #6

Die Welt wird nicht untergehen, denn sie ist noch nicht untergegangen, QED.

Der LHC wird Energien von 14 TeV (1,4 mal 10^13 eV) erreichen, während die unaufhörlich auf die Erde einprasselnde Kosmische Strahlung Teilchen von weit über 10^20 eV und mehr enthält.
Die hypothetischen Gefahrenquellen (Schwarze Minilöcher, Strangelets etc.), die am LHC entstehen könnten, wären also allesamt, plus noch viele weitere, auch schon in der Atmosphäre entstanden.
Da die Erde noch existiert und auch keine kleineren Anomalien beobachtet wurden, entstehen diese Objekte also entweder nicht, oder sie zerfallen sofort oder sind auf andere Art und Weise harmlos.

interessant wäre allenfalls noch die Frage, wie stark der Outburst eines zerfallenden Miniloches wäre, sprich wie hoch die Energie ist, die durch die Hawkinsstrahlung freigesetzt würde. Eventuell harrt unser ja eine thermonukleare Katastrophe in Genf, obwohl ich der Ansicht bin, dass nicht mehr Energie rauskommen kann, als hineingesteckt wurde^^
Genau, die Energieerhaltung verhindert soetwas - die Energie eines einzelnen Protons im LHC ist mit 14 TeV ~= 2 Mikrojoule noch weit von makroskopischer Zerstörungskraft entfernt, auch die Gesamtenergie aller Protonen in einem Bunch sind nur ein paar hundert kJ (kinetische Energie eines Autos), und dass die alle gleichzeitig interagieren, wird in Millionen Betriebsjahren nicht passieren.

ich hätte sogar eher umgekehrt gedacht, so wie die zogwirkung von einem vorbeirasendem zug viel mehr schaden anrichten kann als ein langsam fahrender zug
Dabei entsteht die Sogwirkung ja durch Luftbewegungen, die erst von der Bewegung des Zuges ausgelöst werden und somit mit der Geschwindigkeit steigen, während das Schwarze Loch rein durch seine Masse gravitativ anzieht.

Feuerkopf
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Mi 27. Aug 2008, 15:06 - Beitrag #7

Ungeachtet der vielen Details habe ich so viel verstanden, dass ich doch für die nächsten Herbstferien planen kann.
Dankeschön! :)

Aydee
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Mo 1. Sep 2008, 10:38 - Beitrag #8

mh... also gestern kam ein Bericht im Fernsehen (kA wo, bin langeweilegeplagt gezappt ,-))) in der ein Wissenschaftler meinte, selbst ein kleines wanderndes Miniloch könne uns wegflutschen wenn es sich in die Erde "eingräbt" und dort munter gefüttert (bzw sich selbst am Buffet Erde bedienen ,-)) würde, könne es zu einem größeren heranwachsen

Ist da was dran....?

(puh.. ich wünschte ich verstünde mehr davon..)

Aydee
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Mo 1. Sep 2008, 12:54 - Beitrag #9

hab den Herrn gefunden:
http://www.achtphasen.net/index.php/plasmaether/2008/06/10/p532

der 7. Absatz:
Für uns besitzen schwarze Löcher (die im Large Hadron Collider des CERN zu erzeugen gehofft werden) physikalisch neue Eigenschaften. Zum Beispiel braucht Licht – jede Strahlung – vom Horizont bis nach außen nun unendlich lang, weil eine unendlich große Entfernung zu überwinden ist. Schwarze Löcher können daher nicht mehr “Hawking-zerstrahlen“. Oder genauer gesagt: erst nach unendlich langer Zeit und unendlich langsam (was auf dasselbe hinausläuft). Daher können sie auch nicht in 10 hoch minus 26 Sekunden in einem Schauer von Sekundärteilchen verschwinden, wie das bis heute angenommen wird. Sie müssen also entweder ungesehen wegfliegen oder, wenn eines langsam genug ist, ungesehen in der Erde verschwinden, um dort herumzukreisen und immer langsamer zu werden, während sie, wenn ihnen ein Quark in den Weg kommt, es aufessen. Das einzige noch offene Problem ist dann die Wachstumsgeschwindigkeit, wobei sich eine neue Vermutung ergibt (exponentielles Wachstum durch Attraktorbildung).

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Mo 1. Sep 2008, 18:09 - Beitrag #10

Interessantes Interview bezüglich der Gefahren mit einem ernstzunehmenden Forscher.

Was den Prof. der der Biochemie angeht, den Chaosforscher, der vor nicht allzu langer Zeit auf einer Veranstaltung mit dem Motto "Conspire" sprach, der hat glaube ich das Prinzip der Hawking-Strahlung nicht verstanden, wenn er von unendlicher Zeit spricht...

Sieht man hier

Traitor
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Mo 1. Sep 2008, 19:56 - Beitrag #11

@Aydee: Rössler ist physikalisch ein völliger Laie, der in diesem Zusammenhang als klassischer Crackpot gilt - sprich, er hat, wie mine'S^ schon schreibt, keine Ahnung, wovon er redet.

Was er da zur Hawkingstrahlung schreibt, ist so grundfalsch, wie es nur sein kann. Ein Schwarzes Loch lässt per Definition kein Licht aus seinem Inneren heraus. Das ist für alle Schwarzen Löcher so, die potentiell am LHC entstehenden haben da keine besonderen Eigenschaften. Hawking-Strahlung nun ist von vornherein eine exklusive Eigenschaft Schwarzer Löcher, davon zu schreiben, dass diese gerade für Schwarze Löcher nicht mehr funktioniert, ist vollkommen widersinnig. Hierbei handelt es sich um einen quantenmechanischen Effekt, der am Rand des Schwarzen Loches auftritt und somit in keinster Weise im Widerspruch zum Nichtentkommenkönnen von Licht aus dem Inneren steht.

Auch wenn diese Strahlung noch nicht beobachtet werden konnte, wären Schwarze Löcher ohne ihre Existenz eine extrem inkonsistente Erscheinung, sodass die Strahlung als nahezu gesichert gelten kann. Und da sie kleine Löcher extrem schnell vernichtet, ist von Schwarzen Mini-Löchern nichts zu befürchten - vom bereits genannten Argumet, dass am LHC eh nichts neues passieren wird, noch ganz abgesehen.

Die an das Thema Hawking-Strahlung anschließende Diskussion habe ich hierhin abgetrennt.

Aydee
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Di 2. Sep 2008, 09:50 - Beitrag #12

Zitat von Traitor:@Aydee: Rössler ist physikalisch ein völliger Laie, der in diesem Zusammenhang als klassischer Crackpot gilt - sprich, er hat, wie mine'S^ schon schreibt, keine Ahnung, wovon er redet.
gut^^
danke an euch beide

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Fr 26. Sep 2008, 14:13 - Beitrag #13

Also der LHC ist ja jetzt bis Februar oder so ausser Betrieb, also bleibt ja noch eine kleine Galgenfrist :)
Ich bezweifle im Moment, dass das alles so gefährlich sein soll, wie es manche Vermuten, aber nur mit meinem Experimentalphysik-Wissen aus der Uni kann ich das natürlich auch nicht sagen.

WAS mir aber Angst macht ist folgendes:


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So 25. Okt 2009, 22:54 - Beitrag #14

Sonntag, der 25. Oktober 2009 und die Erde wurde bisher noch nicht zerissen.

Gabs am CERN bereits größere Erfolge zu verzeichnen? Habe das ganze leider etwas aus den Augen verloren.

Ipsissimus
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Di 27. Okt 2009, 11:26 - Beitrag #15

nichts bekannt geworden. Soweit ich weiß, ist das Ding noch nicht wieder in Betrieb. Scheinen größere kleinere Reparaturen notwendig gewesen zu sein^^

Traitor
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Di 27. Okt 2009, 11:44 - Beitrag #16

Soviel ich weiß, sind die Reparaturen abgeschlossen, derzeit wird für die Supraleitung heruntergekühlt, und dann sollen allmählich Injektion und Kollisionen bei geringen Energien gestartet werden. Möglichst vorsichtiges Hochfahren also, um möglichst keinen großen Fehler mehr in vollem Umfang zu erwischen.

Ipsissimus
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Di 30. Mär 2010, 15:47 - Beitrag #17

die Anlage ist wieder in Betrieb und hat erste Rekordversuche überstanden^^

http://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/0,1518,686469,00.html

e-noon
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Di 30. Mär 2010, 16:00 - Beitrag #18

Geht die Welt dann jetzt endlich unter?

Ipsissimus
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Di 30. Mär 2010, 16:07 - Beitrag #19

wie schon immer zu befürchten war: nein^^

e-noon
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Di 30. Mär 2010, 16:23 - Beitrag #20

Verdammt :D Dabei wäre das eine super Entschuldigung gewesen, schnell noch alle Schokobons aus der 400g-Tüte zu essen! :D

Bin mal gespannt, ob das wirklich so ein Meilenstein wird, wie der Artikel sagt. Und ob die Higgs-bosonen nachgewiesen werden oder nicht. Was, wenn nicht?

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