Vielen von euch sagt sicherlich das Zwillingsparadoxon etwas: zwei Zwillingsbrüder (Albert und Bertram) sitzen auf der Erde rum und der eine beschließt, eine große Raumreise zu machen. Er setzt sich in sein Raumschiff, beschleunigt auf annähernd Lichtgeschwindigkeit, fliegt einen Bogen und kehrt dann wieder zur Erde zurück. Nach üblicher (spezieller) Relativitätstheorie ist der geflogene Zwilling weniger gealtert als der auf der Erde hockende, da hohe Geschwindigkeiten "die Zeit verlangsamen".
Das "Paradoxe" daran soll nun sein, dass nach dem Relativitätsprinzip man ja nicht sagen kann, welcher der beiden Zwillinge mit fast Lichtgeschwindigkeit geflogen ist, da Albert zwar Bertram mit hoher Geschwindigkeit fliegen sieht, aber genause auch Bertram auch Albert mit hoher Geschwindigkeit in die entgegengesetzte Richtung fliegen sieht. (ähnlich wie mit den vorbeiflitzenden Büschen neben Autobahnen)
Nun, ich dachte mal, ich hätte es verstanden. Eine der üblichen Erklärungen ist die folgende: es ist zwar sicher nach dem Relativitätsprinzip so, dass es keine absolute Bewegung gibt und jeder sagen kann, dass er in Ruhe ist, wenn er sich gleichförmig bewegt, aber das gilt nicht, wenn er beschleunigt. Durch die Beschleunigung und Abbremsung macht Bertram die Situation asymmetrisch und wegen dieser kann er sich nicht stets als in Ruhe befindend sehen.
Überlegen wir uns jedoch das folgende:
1) Es ist nicht nötig, dass Bertram beschleunigt oder abbremst, wenn er bei der Erde ist. Er kann von vornerein mit seiner hohen Geschwindigkeit an der Erde vorbeifliegen und auch wieder, wenn er ankommt. Man kann vergangene Eigenzeit, d.h. in diesem Fall einen stattgefundenen Alterungsprozess, auch bei nicht ruhenden Objekten beobachten.
2) Es ist nicht nötig, dass Bertram beschleunigt/abbremst, wenn er umkehrt. Dies kann man sich so denken, dass die beiden (und vielleicht wir auch!) etwa in einem zylindrisch geformten Universum leben. Dann kann Bertram einfach einmal rum fliegen. [damit stolpern wir natürlich direkt in die allgemeine Relativitätstheorie rein, denn in der SRT ist die Raumzeit stets einfach ein vierdimensionaler euklidischer Raum, ohne zylindrisch, kugelförmig oder sonstwie sein zu dürfen; man bemerke allerdings, dass wir für ein zylindrisches Universum (im Gegensatz zum kugelförmigen) keine Gravitation voraussetzen müsen, da ein Zylinder (mathematisch gesehen) keine Krümmung besitzt]
Nun, wo sollte hier die Asymmetrie noch sein? Mathematisch gesehen kann ich mir natürlich die ganze Story erklären; es sind einfach zwei verschiedene Pfade zwischen zwei Punkten in der Raumzeit, die eine unterschiedliche Länge (sprich Eigenzeit) haben. Das ist nicht weiter verwunderlich.
Anschaulich kann ich es mir aber nur wie folgt erklären: in der SRT-Erklärung oben war essentiell, dass man es nur mit gleichförmiger Bewegung zu tun haben darf, um das Relativitätsprinzip anzuwenden. Gleichförmige Bewegung entspricht genau Geraden in der Raumzeit. Da aber in der ART die Raumzeit kein einfacher euklidischer Raum mehr sein muss, sondern eine komplizierte Mannigfaltigkeit sein kann, machen dort Geraden keinen Sinn mehr, oder physikalisch: so etwas wie gleichförmige Bewegung gibt es in unserer Raumzeit nicht (außer vielleicht für Licht).
Das würde zwei Sachen, die ich bisher wohl unhinterfragt geglaubt hab, als Lügen entlarven: 1) In unserem Universum gilt das Relativitätsprinzip.
2) Die allgemeine Relativitätstheorie wird erst nötig, wenn man Gravitation und/oder Beschleunigung einbauen will.
Punkt 1) gilt aber wohl noch lokal in dem Sinne, dass es um jeden Beobachter eine gewisse Umgebung gibt, wo er damit arbeiten kann. Zu Punkt 2) frage ich mich, ob in der ART Beschleunigung überhaupt noch ein sinnvoller Begriff ist.
So, jetzt wäre der/die Boardphysiker dran, mir zu erklären, was von meinen Äußerungen Humbug ist und inwiefern man meine letzte Frage klären kann