Elemente im Periodensystem - Lücken?

Von der Genetik bis zur Quantenphysik, von der Atomkraft bis zur Künstlichen Intelligenz. Das weite Feld der modernen Naturwissenschaften und ihrer faszinierenden Entdeckungen und Anwendungen.
e-noon
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Di 23. Feb 2010, 13:25 - Beitrag #1

Elemente im Periodensystem - Lücken?

Das Periodensystem der Elemente ist ja ziemlich dicht bevölkert. Es scheint, als gäbe es keine Lücken. Wäre aber ein erdähnlicher Planet vorstellbar, auf dem Metalle in sehr reduzierter Form vorkommen? Oder Edelgase einfach fehlen? Könnte ein Planet mit Eisenkern in der Erdkruste einen vollständigen Eisenkern aufweisen? Könnte man andere Leiter finden oder wäre Elektrizität unmöglich? Was könnten mögliche Ursache für solche Lücken im Periodensystem sein?

Lykurg
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Di 23. Feb 2010, 16:58 - Beitrag #2

Dicht bevölkert schon, aber viele Elemente sind extrem flüchtig oder extrem selten, und bekanntlich kommen viele an unterschiedlichen Orten nicht oder kaum vor. Das gilt in ähnlicher Weise sicher auch für Planeten, die bestimmte Elemente in wesentlich höheren oder niedrigeren Anteilen haben dürften als andere. (Insbesondere bei Planeten außerhalb des Sonnensystems vermutlich häufiger der Fall).

e-noon
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Di 23. Feb 2010, 17:19 - Beitrag #3

Jedenfalls gibt es in den ersten (wai) 50 unseres Periodensystems doch keine, die überhaupt nicht auf der Erde vorkommen, oder? Könnte es einen Planeten geben, auf dem die höheren Elemente vorkommen, aber nicht die niedrigeren? (Schwermetalle aber nicht Leichtmetalle bspw.?)

blobbfish
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Di 23. Feb 2010, 18:27 - Beitrag #4

Meines Wissen kann man das Periodensystem mit dem Pauli-Prinzip recht gut erklären. Im Grunde sagt das etwas ähnliches aus wie "Die Elektronen können nicht alle auf einem Haufen sitzen." (Frei nach Feynman).
Insofern schwierig denkbar, Edelgase z.B. würden schwerlich wegzubekommen sein. Die eine Variante wie ich die Frage verstehe.

Die andre: Ebenfalls schwierig. Üblicherweise entstehen Elemente durch Parties und man fusioniert dann halt gelegentlich. Dabei dürfte wohl eine Poisson-Verteilung rauskommen, vorne viel, hinten wenig. Da man für die vorderen Elemente vergleichsweise wenig bumms benötigt, denke ich nicht, dass Planeten mit schweren aber weitgehend ohne leichte Elemente existieren. Durch etwaige andere (pseudo-) astrophysikalische Prozesse mag vielleicht eine Trennung auftreten.
Dubiose Zerfallsreihen erhöhen die Menge gewisser Elemente auch um relevante Mengen.

e-noon
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Di 23. Feb 2010, 18:32 - Beitrag #5

Könnte man sich denn eine kosmische Katastrophe vorstellen, die zum Beispiel die Atmosphäre und in ihr befindliche Gase absaugt oder ähnliches? Was könnten Gründe sein, die Leichtmetalle aus einem Planeten entfernen, aber Schwermetalle nicht? Was wäre zum Beispiel, wenn ein stark magnetisches Feld in der näheren Umgebung des Planeten wäre und die leichten Metalle (höhö... sind die auch wirklich leichter?) weggesogen werden und die anderen nicht?

Maglor
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Di 23. Feb 2010, 19:00 - Beitrag #6

Eine Welt ohne Plutonium ist möglich. :crazy:
Ansonsten versteht ich nicht, warum Beryllium so selten ist, verglichen mit anderen Elementen geringer Ordnungszahl. Immerhin hat es nur vier Protonen!

Traitor
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Mi 24. Feb 2010, 23:12 - Beitrag #7

Zerlegen wir das Problem mal:
1. Woher kommen die Elemente in protoplanetarischen Scheiben?
2. Wie verteilen sich die Elemente darin auf die Planeten?
3. Wie verteilen sich die Elemente in den Planeten?
4. Können einem Planeten später größere Mengen bestimmter Elemente entzogen werden?

1. Hierzu zitiere ich ersteinmal eine unserer liebsten Astro-2-Klausurfragen:
Woher kommt das Eisen in Ihrem Fahrrad?
$this->bbcode_list('1')
  • Aus dem Urknall.
  • Aus massiven Sternen und Supernovae.
  • Aus dem Spinat.
  • Ich habe gar kein Fahrrad.

  • Korrekt ist Nr. 2, eventuell auch 4. Nach dem Urknall gab es nur massig Wasserstof, einiges Helium, geringe Spuren Lithium und Beryllium. In Sternen entstehen dann schwerere Elemente bis rauf zu Eisen, alles darüber verbraucht bei der Fusion Energie, statt sie zu erzeugen, und kommt dabei nur noch in Supernova-Explosionen zustande. Fast alles Material, aus dem unsere Erde bestand, stammt also aus Sternen, die vor der Entstehung der Sonne und Planeten schon explodierten, und das sich daraufhin im interstellaren Medium, aus dem später die Sonne entstand, verteilten und anreichern.
    Die erste Antwort lautet also: Planeten, die mit ihrem Stern aus weitgehend unangereichertem Medium entstehen, haben eine völlig andere Zusammensetzung als die Erde, ebenso eventuell Planeten, die heutzutage aus noch stärker angereichertem Medium entstehen. Die Frage ist dann nur, inwiefern sie "erdähnlich" sein können; aus rein unprozessiertem Gas heraus können sich z.B. offensichtlich nur reine Gasplaneten bilden, und selbst für die braucht es vermutlich meistens einen festen Saatkern. Da sich der Ablauf der Supernovae in der kosmischen Evolution zudem auch ändert (wenn die Sterne selbst von Anfang an unterschiedliche Zusammensetzungen hat), ist auf jeden Fall davon auszugehen, dass die relativen Anteile von Silizium, Eisen, Uran etc. in im weiteren Sinne "erdähnlichen" Gesteinsplaneten stark variieren.

    2. Die Bildung eines Planetensystems ist bis heute nicht sehr gut verstanden, vor allem, weil man bisher nur eine wirklich gut erforschte Stichprobe hat - was sich aber in den nächsten Jahrzehnten deutlich ändern wird. Beste Hypothese ist, dass sich Staubteilchen zu "Planetesimalen" sammeln, die dann je nach Zufall und Abstand zur Sonne mehr oder weniger Material einsammeln. Wie genau sich dabei die Segregation in Gesteins- und Gasplaneten abspielt, ist aber kompliziert bis unverstanden. Also wäre z.B. eine Mittelklasse, die von Silizium und Leichtmetallen dominiert wird, aber wenige Schwermetalle enthält, meines Wissens nach nicht ausgeschlossen, auch bei sonnenähnlicher Gesamtzusammensetzung des Entstehungsgebietes.

    3. Von der Elemente(um)verteilung im Planeteninneren habe ich gar keine Ahnung, das wäre vielleicht etwas für Noriko, der Geophysik gemacht hat. Hier könnte ich mir gut vorstellen, dass das Eintreten oder Ausbleiben kataklysmischer Ereignisse wie des Zusammenstoßes, der vermutlich den Mond produziert hat, zu einer Veränderung des Absinkanteils schwerer Elemente in den Kern führt. Ebenso der Abstand zur Sonne, die Größe des Planeten und andere Parameter, die seine Abkühlzeitskala beeinflussen. Auf die Atmosphäre bezogen gab es im Spektrum der Wissenschaft im Januar einen Artikel zum Gasverlust in den Weltraum, der die Anteile der verschiedenen Gaselemente auf ähnliche Einflussgrößen zurückführt. Das Vorhandensein von Edelgasen, Wasserstoff etc. ist also auf jeden Fall sehr variabel, man vergleiche z.B. Venus und Erde, gesteinsmäßig sehr vergleichbar, atmosphärisch massiv verschieden.

    4. Hm, habe ich eigentlich bei 3. mitbeantwortet. Allmählicher Elementverlust kann durch selektiven Gasverlust stattfinden, aber nur für die in der Atmosphäre gelösten Elemente. Schweres Krusten- oder Kernmaterial wird man nur durch massive Einschläge los, und die müssen dazu so großskalig sein, dass dabei die Masse und Verteilung der Einzelatome weitgehend irrelevant wird und somit die Verteilung in der Restmasse unverändert bleiben sollte.

    Bei all dem gilt aber: das sind alles nur anteilsmäßige Veränderung. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass in jedem Planeten (außer in denen aus unprozessiertem Gas) jedes stabile Element zumindest in einer gewissen Menge vorhanden ist, denn die Fusions- und Zerfallsketten in und nach Sternen sind ziemlich gut durchmischt. Auf jeden Fall aber könnten einzelne Elemente so stark unterdrückt oder übervertreten sein, dass die Geo- und Biologie des Planeten sich massiv von unserer unterscheidet und auch eine eventuell trotzdem zustandekommende technische Zivilisation einiges anders machen müsste als wir. An elektrischen Leitern beispielsweise gibt es aber mehr als genug Auswahl, kein Planet mit Kruste sollte daran scheitern.

    Das erste Element, von dem es kein stabiles Isotop gibt, ist übrigens Technetium mit der Ordnungszahl 43. Aber selbst davon kommen kleine Mengen in der Erde vor, weil es immer wieder als Zwischenprodukt von Uranzerfällen entsteht und somit im statistischen Mittel immer jedem Uranerz ein bisschen davon beigemengt ist. Ähnliches gilt für alle instabilen Elemente, die aber in der Zerfallskette eines stabilen oder metastabilen (Halbwertszeit vergleichbar mit dem Alter der Erde) Isotops vorkommen. Sogesehen gibt es also wirklich keine Lücken, sondern nur ein Ende jenseits von Uran bzw. Plutonium.

    Die Atmosphäre wird man wie oben angedeutet sehr leicht los, etwa durch große Zusammenstöße oder einfach zu geringe Schwerkraft. Deine Anti-Leichtmetallkonstruktion mit dem Magnetfeld ist dagegen sehr unglaubwürdig, der einzige Mechanismus, mit dem man Leichtmetalle loswürde, Schwermetalle aber behält, wäre eine systemweite Massensegregation während der Planetenentstehung. Das klingt auch nicht sehr glaubwürdig, wäre ganz vielleicht aber vorstellbar, durch lustige Magnetfelder oder seltsame Migrations- und Resonanz-Geschichten.


    PS @ Maglor: Beryllium leidet darunter, sich sehr gerne weiterzuverfusionieren. Wenn ein Stern Beryllium schafft, dann schafft er es stets auch weiter, wird also das allermeiste Beryllium direkt weiterverheizen, sobald er es hat. Unter dem gleichen Problem leidet Deuterium (Wasserstoff mit Bonusneutron), das in Sternen fast vollständig in Helium weiterverarbeitet wird, weshalb der Gesamtgehalt des Universums an Deuterium stetig sinkt. Das liegt alles am genauen Verlauf der Bindungsenergiekurve mit steigender Massenzahl - manche Isotope sind besonders stark gebunden und bilden sich daher besonders gerne, andere sind gerade nur so stabil und wenn man genug Energie hat, die zu bilden, kommt man auch fast schon bis zum nächsten. Übrigens auch die Erklärung für den Systemwechsel an den Helium- und Eisengrenzen.

    e-noon
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    Do 25. Feb 2010, 13:28 - Beitrag #8

    Wow :D Dankeschön! Das war sehr ausführlich. Du hast Venus erwähnt, und da habe ich gerade das gefunden:

    Die Venus besitzt – im Gegensatz zum viel kleineren Merkur – einen größeren Anteil an leichteren Elementen als die Erde, sie hätte also selbst bei gleicher Größe wie die Erde noch eine geringere Masse. Das ist für einen Planeten innerhalb der Erdbahn nicht recht verständlich, denn gemäß der herkömmlichen Theorie zur Entstehung des Sonnensystems müsste das Verhältnis zwischen den leichten und den schweren Elementen der Venus zwischen den Verhältnissen der Erde und des Merkur liegen, da vor allem die leichteren Elemente durch den besonders stürmischen Teilchenstrom der jungen, sich herausbildenden Sonne in die Außenbereiche getrieben wurden. Eine Erklärung für den verhältnismäßig großen und schweren metallischen Kern der Erde bietet die Theia-Theorie, der zu Folge die Junge Erde mit einem marsgroßen Planeten namens Theia zusammenstieß; der Kern dieses Planeten verschmolz mit dem Erdkern, sein Gestein verdampfte und bildete nach dem Kondensieren den Mond, der deswegen nur einen kleinen Kern besitzt.


    Die leichteren Metalle müssten nach außen getrieben werden; trotzdem hat die innen liegende Venus einen größeren Anteil an Leichtmetallen als die Erde. Oder andersherum, der Anteil an Schwermetallen auf der Erde ist höher als er sein sollte, durch den Zusammenstoß mit einem Schwermetall-reichen Planeten vermutlich.

    Ein erdähnlicher Planet weiter innen/außen im Sonnensystem könnte also einen geringen Anteil an Metallen aufweisen und dann durch einen Zusammenstoß mit einem schwermetallhaltigen Planeten einen schwermetalligen Kern dazuerhalten, der somit das Verhältnis von Schwer- zu Leichtmetall stark verschieben würde.

    Interessant!

    Traitor
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    Fr 26. Feb 2010, 01:30 - Beitrag #9

    Der Name "Theia" dürfte kaum Konsens sein, ansonsten ist das die Standardtheorie zur Entstehung des Mondes. Und ja, das könnte gleichzeitig schwere Elemente in der Erde angereichert und leichte Richtung Mond umverteilt haben.

    Ansonsten muss es aber auch keine strikte Anordnung der Dichten von innen nach außen im Planetensystem geben, da es ziemlich komplexe Wanderungen der jungen Planeten (Stichwort "Migration") gab und sich auch schon vorher die Materie umverteilt haben könnte.

    Für eventuelle Bewohner sind die Gesamtanteile der Elemente, Kern inklusive, aber natürlich eher uninteressant, bis auf deren Einfluss auf das Magnetfeld, spannender sind die Anteile in der Kruste, und die beruhen auf noch komplexeren internen Vorgängen.

    blobbfish
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    Sa 27. Feb 2010, 17:04 - Beitrag #10

    Eine Art Massenspektograph ist aber denkbar. Bei der Standardmehtode des Explodierens zwecks Erzeugung von schweren Elementen aber nur schwierig denkbar wie ich finde, vielleicht bei dubiosen Doppelsternen.

    Ipsissimus
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    So 7. Mär 2010, 11:20 - Beitrag #11

    vielleicht verstehe ich die Frage nicht richtig, dann betrachte diese Antwort als nichtig: man muss unterscheiden zwischen Lücken im Periodensystem und Lücken in der realen Verbreitung von Elementen. Das Periodensystem ist ja nur ein Anordnungsschema, sortiert nach steigender Protonenzahl. Da man zu jeder Protonenzahl bis ungefähr 110 ein Element gefunden hat, gibt es keinerlei Lücken im Periodensystem; es mag höchstens sein, dass es nach oben noch nicht abgeschlossen ist und noch weitere schwerere Elemente der Entdeckung harren (falls es keine mir unbekannten Beweise geben sollte, dass Elemente jenseits einer bestimmten Protonenzahl grundsätzlich nicht existieren können). Nach Lücken im Periodensystem zu fragen, heißt, nach Lücken in den natürlichen Zahlen zu fragen: es gibt sie nicht.

    Demgegenüber ist die Frage, ob es Lücken in der lokalen Verteilung und im Auftreten der Elemente geben kann, von völlig anderer Art. Hier greifen natürlich zahllose lokale und historische Faktoren, die das Auftreten oder Nichtauftreten von Elementen mit beeinflussen, wie sie Traitor schon umrissen hat.

    e-noon
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    So 7. Mär 2010, 11:44 - Beitrag #12

    Bis 110 wurden Elemente gefunden, das heißt, es gibt sie hier auf der Erde (und damit im Weltall: es gibt sie). Meine zugegeben schlecht formulierte Frage war, ob ein von Aliens auf ihrem Planeten aufgestelltes Periodensystem Lücken aufweisen könnte, weil die Aliens zum Beispiel kein Element mit 20 (34, 45) Protonen finden konnten. Sie wissen also, dass es theoretisch eins geben könnte oder sogar wahrscheinlich eines gibt, aber eben nicht auf ihrem Planeten (oder nur, von ihnen vermutet, in der Erdkruste, oder in Vulkanen, jedenfalls schwer erreichbaren Stellen).

    Für die Frage sind die Aliens natürlich nicht wichtig, es geht einfach nur darum, ob ein erdähnlicher Planet ohne Eisen oder ein mondähnlicher Planet ohne Leicht/-Schwermetalle vorstellbar ist.

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    So 7. Mär 2010, 12:30 - Beitrag #13

    Die Frage hat e-noon hoffentlich hinreichend präzisiert. Nichtig ist die Antwort dennoch nicht ganz, zu einem Teil davon kann ich noch etwas sagen:
    es mag höchstens sein, dass es nach oben noch nicht abgeschlossen ist und noch weitere schwerere Elemente der Entdeckung harren (falls es keine mir unbekannten Beweise geben sollte, dass Elemente jenseits einer bestimmten Protonenzahl grundsätzlich nicht existieren können).
    Es ist grundsätzlich klar (bis auf den allgemeinen Einwand, unsere derzeitige Physik könnte grundfalsch sein), dass es jenseits der bekannten Elemente keine weiteren stabilen geben kann. Die lange gehegte Hoffnung einer "Insel der Stabilität" in den unteren Hunderten, wo die Elemente makroskopische oder gar geologisch-astronomische Lebensdauern erreichen könnten, hat sich inzwischen ebenfalls in Theorie wie Experiment erledigt. Natürliche Vorkommen höherer Elemente sind also grundsätzlich ausgeschlossen.
    Der künstlichen Herstellung noch schwererer Elemente sind jedoch ersteinmal keine strengen Grenzen gesetzt, es kommt ja im Schnitt jedes Jahr eine solche "Entdeckung" dazu. Das wird nur natürlich immer aufwendiger und ineffizienter. Dabei gibt es die "Insel der Stabilität" sogar tatsächlich, wenn auch in sehr viel kleinerem Maßstab. Die Nuklide dort bringen es teils auf mehrere Sekunden Halbwertszeit. Für natürliche Vorkommen reicht das aber natürlich auch bei weitem nicht.

    Ipsissimus
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    So 7. Mär 2010, 14:07 - Beitrag #14

    e-noon, das hieße aber nur, diese Aliens wären in der Situation wie irdische Naturwissenschaft vor ein paar hundert Jahren. Man hatte noch nicht alle Elemente gefunden, und das Periodensystem kannte man noch nicht (weil man nichts von Protonen wusste, ohne Protonenzahl keine derartige Anordnung), man hatte also noch keine Ahnung, ob es 110 oder 5000 natürliche Elemente geben könnte. Denkbar wäre es schon, dass ein Planet völlig frei von, sagen wir, Selen sein könnte, das wäre dann aber ein wahrscheinlichkeitstheoretischer Ausreißer, und sobald die Aliens um die Protonenzahl wissen, wird diese Lücke deutlich werden, und sie wird dann vermutlich den gleichen Stellenwert haben wie bei uns z.B. Lücken in der Evolutionstheorie: wir wissen, da müssen Bindeglieder sein, aber wir haben noch keine Fossilien von ihnen gefunden. Trotzdem verwerfen wir die Evolutionstheorie nicht

    Traitor, sind bei den Transuranen diese Inseln streng ausgeschlossen worden, oder nur mangels Belegen? Mir ist kein echter Beweis bekannt, der das leisten würde

    e-noon
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    So 7. Mär 2010, 15:52 - Beitrag #15

    Volle Zustimmung; mir geht es gerade um diese unwahrscheinlichen Ausreißer (wie wahrscheinlich war es zum Beispiel, dass während ich diesen Beitrag schrieb, das Backpapier in meinem Ofen einfach verbrannte? :rolleyes: ). Könnte also ein Planet mit ganz wenig Selen, oder Selen nur im Kern, oder ähnliches existieren? Ich denke, die Antwort lautet: Unwahrscheinlich, aber möglich.

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    So 7. Mär 2010, 16:33 - Beitrag #16

    solche Planeten wird es mit statistischer Sicherheit geben, für jedes Element^^

    interessanter dürfte es werden, wenn wir uns auf die Situation auf einem Neutronenstern vorstellen. Angenommen, auf der Oberfläche eines Neutronensternes entwickelte sich Leben (da gab es mal einen SF-Roman drüber, "Das Drachenei" oder so ähnlich, ewig her). Solches Leben, egal wie intelligent es wäre, hätte es wahrscheinlich ziemlich schwer, ohne äußere Impulse überhaupt auch nur das Konzept von Elementen zu entwickeln, denn alle Materie dort wäre Plasma

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    Di 9. Mär 2010, 21:36 - Beitrag #17

    Komplette Freiheit von einzelnen Elementen halte ich bei ansonsten gegebener Erdähnlichkeit nicht nur für recht unwahrscheinlich, sondern für fast unmöglich, da sich die Elemente durch Fusions- und Zerfallsketten, gemeinsame Mineralisierung im Vor-Planeten-Stadium und ihre weitgehende Austauschbarkeit in rein gravitativ-mechanischen (also nonchemischen) Prozessen einfach zu sehr durchmischen. Seltenerden findet man zum Beispiel fast immer alle auf einem Haufen, viele andere Elemente gleicher Hauptgruppen oder angrenzender Ordnungszahlen findet man fast nur gemischt. Lediglich unter den gegebenen Bedingungen gasförmige Elemente lassen sich recht effizient loswerden, aber auch die gasen meist noch aus Mineralien oder Zerfallsprodukten nachträglich wieder aus, sodass es fast immer doch wieder Spuren davon gibt. Extreme Unterrepräsentation, ja, aber mit genügend fortgeschrittener Mineralogie und Chemie (~ frühes 20. Jahrhundert?) sollte man alles finden, was natürlich stabil vorkommt.

    Leben auf einem Neutronenstern - da muss man aber schon weit über jedes ernsthaft diskutierte Lebens-Konzept hinausgehen. Das kann nicht nur kein erdähnliches Leben sein, nicht nur kein Kohlenstoffleben. Das kann aufgrund der extremen Bedingungen überhaupt keinen chemischen Stoffwechsel haben.
    Eventuell haben die Dinger übrigens über dem Neutronenmatsch noch eine Kruste aus extrem komprimierter, aber noch gewöhnlicher Materie.

    Ipsissimus
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    Mi 21. Apr 2010, 11:54 - Beitrag #18

    Zitat von Traitor:Leben auf einem Neutronenstern - da muss man aber schon weit über jedes ernsthaft diskutierte Lebens-Konzept hinausgehen. Das kann nicht nur kein erdähnliches Leben sein, nicht nur kein Kohlenstoffleben. Das kann aufgrund der extremen Bedingungen überhaupt keinen chemischen Stoffwechsel haben.


    dem stimme ich durchaus zu, gebe aber zu bedenken, dass derzeit "ernsthaft diskutierte Lebenskonzept[e]" sich darauf beschränken, die Prinzipien irdischen Lebens auf andere Umgebungssituationen zu übertragen und daraus resultierende Abweichungen zu erahnen. Das ist die "wissenschaftlich sichere" Methode, letztlich aber spekulative Feigheit (oder weise Selbstbeschränkung, je nach Lesart^^), denn damit ist nichts über die Realität etwaigen Lebens da draußen gesagt. Warum soll es nicht Planeten oder selbst Sonnen geben, die als Ganzes ein Lebewesen oder Teil eines Lebewesens sind, warum soll Bewusstheit nicht in der Struktur eines Magnetfelds entstehen oder in der Struktur der Raumzeit selbst? Natürlich Spekulation. Aber unmöglich? Um das behaupten zu dürfen, müssten wir sehr viel mehr über die Entstehung von Leben und Bewusstheit wissen, als wir wissen.

    Traitor
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    So 25. Apr 2010, 22:56 - Beitrag #19

    Dass es sehr anders funktionierendes Leben geben könnte, halte ich durchaus für möglich. Allerdings bezweifle ich stark, dass man den Lebensbegriff sehr stark ausweiten kann, ohne dabei auf viel Komplexität zu verzichten. Leben ohne Fortpflanzung, kein Problem. Leben ohne Stoffwechsel, ganz vielleicht, es könnte rein mit energetischen Prozessen arbeiten. Aber eine gewisse Grundkomplexität der inneren Abläufe und Strukturen muss da sein, um auf der emergenten Ebene etwas zu erzeugen, das sich irgendwie als Leben bezeichnen ließe.
    Und diese Komplexität sehe ich weder in Sternen, noch Magnetfeldern, noch subatomarer Materie, noch der Raumzeit. Wären diese Sachen so komplex wie unser biologisches Leben, dann wären wir bei weitem nicht so erfolgreich darin, sie physikalisch zu beschreiben.

    Ipsissimus
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    Mo 26. Apr 2010, 00:40 - Beitrag #20

    was wissen wir denn über die Komplexität von Sternenoberflächen, über Strukturen in Nanometergröße im Plasma? Nichts, soweit ich weiß^^

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