Stadtleben stresst das Hirn

Von der Genetik bis zur Quantenphysik, von der Atomkraft bis zur Künstlichen Intelligenz. Das weite Feld der modernen Naturwissenschaften und ihrer faszinierenden Entdeckungen und Anwendungen.
janw
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Do 23. Jun 2011, 11:56 - Beitrag #1

Stadtleben stresst das Hirn

http://www.wissenschaft-online.de/artikel/1114553
Die Häufigkeitsstatistik psychischer Erkrankungen hatte es bereits nahegelegt: Städter scheinen besonders anfällig für Depressionen, Angststörungen oder Schizophrenie zu sein – Schizophrenien treten dort beispielsweise doppelt so häufig auf wie auf dem Land. Nun bestätigen Forscher um Andreas Meyer-Lindenberg diese Vermutung mit Hilfe bildgebender Verfahren. Das Gehirn ihrer städtischen Probanden reagierte signifikant stärker auf Stress.[...]

Ipsissimus
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Do 23. Jun 2011, 20:15 - Beitrag #2

wäre zu fragen, ob es der städtische Charakter der Umgebung ist, oder die Packungsdichte der versammelten Menschen

e-noon
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Fr 24. Jun 2011, 10:13 - Beitrag #3

Oder ob Menschen, deren stressbedürftiges Hirn sie stark fordernde Berufe suchen lässt, diese eher in der Stadt finden ^^

Lykurg
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Fr 24. Jun 2011, 10:47 - Beitrag #4

Ja, ich fand auch, daß der reine Häufigkeitsvergleich "Scheinkorrelation" schreit. Und auch die Aufenthaltsdauer in der Stadt finde ich kein sehr belastbares Anzeichen gerade angesichts der von e-noon angedeuteten berufsgruppentypischen Lebensläufe.

janw
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Fr 24. Jun 2011, 22:57 - Beitrag #5

Nun, wenn man die Tendenz unter Bewohnern großer Städte hinzu nimmt, sich weniger mit der Stadt als ganzer, sondern ihrem Stadtteil, Quartier oder ähnlichem zu identifizieren, also einer überschaubaren Einheit ähnlich einem Dorf-Äquivalent, dann spricht für mich schon etwas für die These, daß der Mensch als Masse einen Stressfaktor darstellt.

Man könnte einwenden, daß es auf dem Land aufgrund weiterer Entfernung zu Ärzten und sozialer Einwirkungen - einerseits ein stärkeres Verschleppen von psychischen Leidensempfindungen "damit bloß niemand etwas merkt", andererseits ein stärkeres Durchziehen offenbar weniger leistungsfähiger Personen - eine geringere Arztkontaktrate und dadurch geringere statistische "Einschlagsrate" geben könnte, allerdings dürfte sich dies durch die zunehmende Aufsiedelung des ländlichen Raumes durch Städter relativieren.

009
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Sa 25. Jun 2011, 12:27 - Beitrag #6

Tatsächlich könnte dem Phänomen sogar ein Kausalzusammenhang zu Grunde liegen: Denn je länger die Versuchsteilnehmer in einer Stadt gelebt hatten, desto ausgeprägter war die Reaktion.


Das sagt für mich, weil offenbar Quer- und nicht Längsschnittanalyse aber nichts darüber, ob die Reaktion während der Fortdauer des Lebens in der Stadt weiter zunimmt.

Maglor
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Sa 25. Jun 2011, 23:26 - Beitrag #7

Angeblich sind die Drogensümpfe in den Städten tiefer als auf dem Lande, und die familiären Bindungen loser, die Ehen kurzlebiger und die Schulabschlüsse niedriger. Ob dies nun aber positiv oder negativ auf die Psyche der Städte wirkt, kann ich kaum einschätzen.
Klar dürfte nur sein, dass es nicht an der Luft liegt.

Beachtenswert finde ich natürlich den signifikanten Widerspruch zwischen der Überschrift und dem Text:
Überschrift: Stadtleben stresst stärker
Text: Das Gehirn ihrer städtischen Probanden reagierte signifikant stärker auf Stress.
Text: Je größer die Stadt, in der eine Versuchsperson wohnte, desto stärker reagierte die Amygdala auf den sozialen Stress; je länger der Proband in seiner Kindheit in der Stadt lebte, desto größer die Aktivierung des ACC.
Die Überschrift gar nicht zum Text und entstellt das Gesamtkunstwerk, zwingt dem Leser eine ganz andere Aussage auf.
Nicht das Stadtleben an sich stresst, sondern Menschen, die in Städten aufwuchsen, sind stressanfälliger.


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