Zitat von Ipsissimus:Siddhartha Mukherjee Der König aller Krankheiten Krebs - eine Biografie
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Drei Einsichten, basierend auf eine Unmenge an Beobachtungen, lassen sich formulieren:
1) Krebs ist als Teil des menschlichen Genoms dem Menschsein inhärent. Wenn Krebs eine Krankheit ist, dann ist es eine Krankheit, die Teil der Definition des Menschseins ist.
2) Eine Krebszelle ist eine verbesserte Form einer Zelle, auf Zellebene eine positive Mutation (die also erst auf Gewebeebene zur Fehlfunktion führt). Das macht es so unglaublich schwierig, Krebszellen zu töten, ohne die gesunden Zellen mit zu töten.
3) Die Zellmechanismen, die für das normale menschliche Wachstum zuständig sind, sind dieselben, die das Wachstum einer Krebszelle steuern. Das macht es extrem schwierig, Therapiestrategien zu entwerfen, die auf das Wachstum von Krebszellen einwirken, das Wachstum gesunder Zellen aber unbehelligt lassen sollen.
Mukherjee lässt offen, ob Krebs irgendwann einmal geheilt werden kann. Bei bestimmten Formen - bei denen es heute schon möglich ist - hält er es für möglich, bei den meisten eher nicht. Trotzdem gibt es eine Art Hoffnung: der Krebstherapie geht es im Wesentlichen nicht mehr um den Versuch der Heilung dieser Krankheit, es geht nur noch um den Versuch der Lebensverlängerung. Wenn diese Lebensverlängerung so weit vorangetrieben werden kann, dass sie die normale Lebenserwartung einholt, wird man es Heilung nennen.
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Zu 1): Warum folgt aus "dem menschlichen Genom inhärent" "Teil der Definition des Menschseins"? Das Genom enthält viele Dinge, die nicht essentiell für uns sind. Ich sehe ein, dass Krebs als elementare Zellfehlfunktion (ok, auch der Begriff ist schon diskutabel, siehe 2)) auf einer anderen Stufe steht als extern von Erregern oder Giften eingebrachte Krankheiten. Dennoch sehe ich keine medizinischen oder philosophischen Hinweise, dass wir in einem relevanten Sinne weniger menschlich wären, würden wir "den Krebs besiegen".
Zu 2): Interessante Frage: Ist die "egoistic cell" auch schon für gesundes Gewebe ein produktives Modell?
Zu 3): Hm, eigentlich nichts, soweit klar.
Zum Fazit: Lebensverlängerung an sich würde ich noch nicht als Quasi-Heilung gelten lassen, nur Lebensverlängerung mit nah an den gesunden Zustand heranreichender Lebensqualität. Das ist ja der Haken bei vielen klassischen Behandlungsmethoden, der oft zu der Abwägung führt, ob die Therapie eingegangen werden will.