Verhaltensstörungen auch genetisch bedingt

Von der Genetik bis zur Quantenphysik, von der Atomkraft bis zur Künstlichen Intelligenz. Das weite Feld der modernen Naturwissenschaften und ihrer faszinierenden Entdeckungen und Anwendungen.
Monoceros
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Fr 2. Aug 2002, 11:04 - Beitrag #1

Verhaltensstörungen auch genetisch bedingt

Bislang wurden Verhaltensstörungen wie Gewalttätigkeit und Hang zur Kriminalität überwiegend auf das soziale Umfeld zurückgeführt, oft stammen die Kinder aus einer Familie, in der Gewalt, Alkohol und Missbrauch zum Alltag gehören. Dennoch schlagen nicht alle Kinder aus einem solchen Umfeld auch eine gewalttätige Laufbahn ein, man sucht daher auch nach weietren Ursachen für die Entwicklung.
Jetzt hat das Team von Terrie Moffitt von der University of Wisconsin-Madison eine Entdeckung gemacht, die lange vorher aufgestellte Theorien zu bestätigen scheint: in einer Langzeitstudie auf Neuseeland bei insgesamt 442 männlichen Teilnehmern über 26 Jahre (ab der Geburt) wurde auch ein genetischer Deffekt eindeutig festgestellt, wenn die Personen in ihrer Entwicklung ein verstärktes Gewaltpotential aufwiesen.
Monoaminoxidase A ist dafür verantwortlich, dass im Gehirn überschüssige Neurotransmitter abgebaut werden. Je mehr Neurotransmitter sich im Gehirn ansammeln, desto größer die Gewaltbereitschaft der betreffenden Person und tatsächlich: Bei allen Testpersonen mit diesen Eigenschaften zeigte sich eine Entwicklung hin zum asozialen Verhalten. Je intakter Monoaminoxidase A, desto größer offenbar der Schutz vor einer solchen Entwicklung, lauten die Ergebnisse der Studie.
Außerdem wurde eine plausible Theorie darüber aufgestellt, warum die Gewaltbereitschaft bei Frauen niedriger ist als bei Männern: Monoaminoxidase A ist auf dem X-Chromosom angesiedelt, von dem Frauen zwei besitzen. Wenn eine Monoaminoxidase A beschädigt ist, könnte die entsprechende Kopie auf dem anderen X-Chromosom einspringen.

Monoceros

Feuerkopf
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Fr 2. Aug 2002, 12:04 - Beitrag #2

Frage:
Wer bestimmt, ob eine genetische Disposition ein Defekt ist?
War - zu bestimmten entwicklungsgeschichtlichen Zeiten - eine höhere Agressionsneigung nicht vielleicht überlebenswichtig?

Es war auch mal wichtig, ein guter Futterverwerter zu sein. Inzwischen gelten Menschen, die die Anlage zum Dickwerden haben, als krank.

Schilddrüsenerkrankungen können auch aggressiv machen.

Ratte
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Fr 2. Aug 2002, 12:32 - Beitrag #3

Ich hab in der Schule gehört, daß es Untersuchung bzw. Statistiken gibt, die sich auf den Gendefekt vermehrter X- bzw. Y-Chromosomen beziehen, d.h. daß statistisch gesehen ein sehr hoher Prozentsatz der in den USA einsitzenden Häftlingen (Gewaltverbrecher) mehr als 1 Y-Chromosom haben. Könnte also auch mit der Theorie, die Monoceros erwähnte (Männer sind gewaltbereiter als Frauen) zusammenhängen.
Daß Männer IN DER REGEL gewaltbereiter als Frauen sind, sieht man ja schon bei Untersuchungen zu Kriminalfällen. Frauen sind zwar auch oft in Morde verwickelt, aber sie machen es entweder auf die sanfte Tour (z.B. mit Gift) oder sie lassen morden!
Natürlich möchte ich hier niemanden angreifen und niemandem Gewaltbereitschaft unterschieben. Nehmt's also nicht persönlich sondern seht es als Aussage über die Statistik!

Seraphim
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Fr 2. Aug 2002, 14:57 - Beitrag #4

Glaube niemals eine Statistik die du nicht selber gefälscht hast...

Aber ist klar das so was von den Amis kommt... demnächst werden Mörder schuld unfähig gesprochen weil sie zu wenig Monoaminoxidase A haben...

Welchen Nutzen soll die Studie haben?
Ganz ohne Aggressivität geht’s nicht also ist es doch Sinnlos.

Und Gewalttäter durch eine z.b. Operation zu "Helfen" halte ich mal für bedenklich das wäre ein zu starker "aggressiver" Eingriff in seine Persönlichkeit... bzw. ohne sein Einverständnis sowieso illegal.

Monoceros
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Fr 2. Aug 2002, 20:15 - Beitrag #5

Unsinn im Quadrat, Seraphim. Es geht hier um Ursachenforschung und nicht darum, mildernde Umstände für Straftäter zu finden.

Monoceros

Seraphim
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Fr 2. Aug 2002, 23:25 - Beitrag #6

Und welchen Nutzen hat sie? Danke fuer die Antwort.

Seraphim

Monoceros
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Sa 3. Aug 2002, 10:17 - Beitrag #7

Hm, ich würde sagen, das sagt schon der Name...

Monoceros

Padreic
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Sa 3. Aug 2002, 11:41 - Beitrag #8

Ich denke, direkt hat das ganze erst einmal wenig Nutzen. Das genetisch bedingte ist bei (teilweiser) Schuldunfähigkeit ja der gleiche Mist wie eine schwere Kindheit und es ist ja auch kein Argument dafür, dass man mit Kindern alles machen kann, da Aggressivität ja schon genetisch bedingt ist. Im Endeffekt kann das Ergebnis aber vielleicht das Verständnis des menschlichen Erbguts und seiner Auswirkungen besser begreifbar machen.
Als Unsinn im Quadrat würde ich Seraphims Beitrag aber auf keinen Fall bezeichnen. Bei den Amis könnte ich mir schon vorstellen, dass man zukünftig wegen bestimmter Gene vermindert schuldfähig ist...

Padreic

Seraphim
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Sa 3. Aug 2002, 12:45 - Beitrag #9

Ach so... na dann. :)
Ich bin nur dagegen das Aggressivität jetzt wie eine "Krankheit" behandelt wird, die man mit ein paar Pillen kurieren kann oder so...

Monoceros
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Sa 3. Aug 2002, 17:57 - Beitrag #10

Das ist sicherlich der falsche Weg oder zumindest einer, der jetzt noch ziemlich ungeeignet ist. Möglicherweise werden sich diese Forschungsergebnisse aber in Zukunft noch als nützlich erweisen. Noch ist das Puzzle auch noch lange nicht zusammengesetzt. Zwei Ursachen hat man gefunden, aber noch wähnt man sich nicht am Ziel: Dazu sind noch weitere Untersuchungen erforderlich.

Monoceros

Ratte
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Mo 5. Aug 2002, 08:57 - Beitrag #11

Original geschrieben von Seraphim
Ich bin nur dagegen das Aggressivität jetzt wie eine "Krankheit" behandelt wird, die man mit ein paar Pillen kurieren kann oder so...


Dagegen bin ICH auch! Und wer ist das wohl nicht?
Wie Monoceros schon schrieb, geht es hier um Ursachenforschung und nicht um Erklärungen und Ausreden. Und dem, was Padreic schreibt, daß man dadurch vielleicht das menschliche Erbgut und seinen Einfluß besser verstehen lernt, kann ich auch zustimmen.
Soweit ich mich erinnere, ging es ja bei dem Thema auch einfach (wertungsfrei) um Forschung des genetischen Einflusses. Und nicht um eine Palette neuer Alibis für Gewaltverbrecher!

Natürlich kommt es immer darauf an, wie solche Ergebnisse genutzt werden!

Franzmann
 
Mi 7. Aug 2002, 21:29 - Beitrag #12

Geschätzter Padreic,

Bei den Amis könnte ich mir schon vorstellen, dass man zukünftig wegen bestimmter Gene vermindert schuldfähig ist...

warum die Amerikaner? Wir haben bei uns doch schon lange das Problem (für mich ist es zumindest eins), dass dem Täter mehr Verständnis entgegengebracht wird als dem Opfer.
Die jetzt gewonnenen Erkenntnisse stabilisieren bzw. präzisieren lediglich die schon lange bestehende These, dass dem Menschen bei seiner Zeugung ein Grundpotential der unterschiedlichsten Eigenarten und -schaften mitgegeben wurde. Diese kommen aber nicht automatisch zum Ausbruch, d. h. sie bleiben latent, bis sie durch äußere Einwirkung (also schlicht und einfach durch Erziehung) hervorgerufen, manifestiert werden. Umgekehrt ist es natürlich auch möglich, "böse" Vorgaben durch entsprechendes Einwirken weitgehend zu löschen.
Der Vorteil der hier geschilderten (und mir neuen) Erkenntnis liegt in der Möglichkeit, in der Tat medikamentös einen festgestellten Mangel an Monoaminoxidase A auszugleichen.

Höflichst

der Franzmann

Padreic
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Mi 7. Aug 2002, 22:09 - Beitrag #13

Geschätzter Franzmann,
meiner, zugegebenermaßen recht geringen, Kenntnis des amerikanischen Rechtssystems nach, ist es dort aber noch extremer als in Deutschland. Ich sehe das auch als Problem an. Letzendlich haben Täter und Opfer Verständnis verdient. Auch der Täter, oder vielleicht besonders der Täter, ist ein armes Schwein, aber eben vor allem durch eigene Schuld, da er moralisch gefehlt hat. Die Opfer aber in dem Maße zu vernachlässigen (oft keine psychische Betreuung, auch wenn der Täter eine bekommt...) ist natürlich auch nicht zu rechtfertigen. Wie immer muss man da das richtige Maß finden.

Ich persönlich finde das Verändern einer Persönlichkeit durch "Medikamente" nicht ganz unproblematisch. Letzendlich muss das aber jeder Mensch selber wissen, ob er das machen will. Ich würde es wohl nicht machen...

Padreic

Traitor
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Fr 23. Aug 2002, 12:43 - Beitrag #14

Ich persönlich finde das Verändern einer Persönlichkeit durch "Medikamente" nicht ganz unproblematisch.
Wird das nicht schon lange gemacht? Ritalin (?) gegen Hyperaktivität, und aggressionshemmende Mittel gibt es auch schon, soviel ich weiß.


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