Die Augen der Nacht

Gemeinsam Welten und Figuren erfinden - Fortsetzungsgeschichten zum Mitschreiben.
The_Secret
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Di 1. Apr 2008, 15:05 - Beitrag #1

Die Augen der Nacht

Wie ein Schleier hatte die Dunkelheit sich über die Stadt gelegt. Die Ausgangsperre hielt weiterhin an und so war die Nacht in all ihrer Pracht vollkommen und ungestört. Entfaltete sich über die Straßen, die Häuser, die Parks. Und dennoch. Das Licht der Sterne schien wie auf den Boden gebannt. Jedes Fenster, welches erleuchtet war, ließ einen Stern verschwinden. Die Straßenlaternen bildeten kleine Inseln im Meer der Finsternis und auch sie verbannten die Tränen der Poeten in die Finsternis. Nur der Mond allein war stark genug seine Anwesenheit zu behaupten. Wie der König aller Lichter hing er groß und rund am Gestirn des Himmels und kündete von Unerreichbarem. Erhabenen, wenn man so wollte.
Die Stille war drückend und fast ohrenbetäubend. Nicht einmal die verwahrlosten, ausgesetzten Tiere oder die Ratten wagten sich hervor. Eine Stille vor dem Sturm. Ein letztes Atemholen, ehe die Hölle über die Stadt hereinbrechen würde. Sie alle spürten es, wussten es und doch hatte niemand gewagt ein Wort darüber zu verlieren. Wozu auch, wenn es doch nur das war, was allen bereits im Kopf war. Die Angst drückte auf die Lungen der Anwohner, erschwerte jeden weiteren Atemzug. Ach hätten sie nur… wenn doch bloß… doch es war nun einmal so, wie es war und die Vergangenheit ließ sich nicht ändern.

Einzig und alleine eine Hand voll Gestalten war ruhig. Saß auf den Dächern der Stadt und warteten. Ob sie etwas ausrichten konnten, gewiss. Ob sie es aufhalten können? Das stand nur in den Sternen, welche ihnen verborgen blieben. Ein Schrei durchschnitt die Stille. Es ging los.

[align=center] Drei Wochen zuvor [/align]

Ein Schatten formlos, nicht zu erfassen, bewegte sich lautlos, fast unwirklich durch das kleine Büro. Seine Existenz war Einbildung und doch war er vorhanden. Eine Bitte hatte ihn erreicht und so zeigte er sich im Schein des Mondes. Die wabernde Dunkelheit nahm Gestalt an, als die Person aus dem Schatten trat und sich vor den Schreibtisch stellte. Wie lange war es her? Wahrscheinlich schon viel zu lange. Doch dies war nun bedeutungslos. Etwas Großes hatte sich angekündigt und ganz zu recht fragte man die Schatten um Rat.

~Mein Freund, du hast mich um eine Antwort gebeten und ich werde sie dir geben. Ich werde dir sogar mehr geben, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob du es verstehen oder glauben kannst, doch sei dir gewiss, wir werden dir beistehen, wie wir es immer getan haben, wenn das Licht der Sonne dem Ansturm der Nacht weichen musste.~

Zu dieser kleinen Nachricht legte der Schatten drei federn. Eine weiße, eine schwarze und eine Silberne, ehe er wieder mit der Dunkelheit verschmolz und nichts mehr darauf hindeutete, dass er jemals da gewesen war… das überhaupt irgendetwas da gewesen war.

janw
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Mo 23. Jun 2008, 12:06 - Beitrag #2

Er saß in seiner Hütte in den Bergen außerhalb der Stadt. Er hatte sich hierhin geflüchtet, als er spürte, wie der Ring sich zuzog, wie keiner sich mehr würde der Macht entziehen können, der in ihrem Bereich verblieb...kaum einer, wie er dennoch hoffte. Seit eineinhalb Monaten saß er hier schon in den bewaldeten Bergen, die Stadt im Blick, die dort unten sich ausbreitete, nah, doch unerreichbar. Und doch, er musste dorthin zurück, denn hier war er machtlos, konnte bestenfalls zusehen, wie die Ereignisse ihren Lauf nehmen würden. Die sicher kommen würden, das spürte er.
Er musste dorthin zurück, um die Antwort zu erhalten, die er sicher bekommen würde, die vielleicht schon da war. Er wusste, die Schatten brauchten ihre Zeit, aber auf sie war Verlass. Es wurde Zeit, heute abend...

The_Secret
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Mi 25. Jun 2008, 07:41 - Beitrag #3

Natürlich war auf die Schatten verlass. Sie waren ewig wie das Licht, da sie ohneeinander doch nicht existieren konnten. Doch die letzten Jahre hatten viele leben gekostet und die einstige kleine Armee an tapferen Männern und Frauen war auf eine kleine Truppe zusammengeschrumpft. Sie waren nicht mehr zeitgemäß, hatte man ihnen vorgeworfen, waren unnötig und so hatten sie sich zurückgezogen. Die einstigen Wächter der Städte und Siedlungen waren verschwunden und nur sehr selten gab es Hinweise darauf, dass doch noch welche irgendwo verborgen agierten. Niemand hatte von ihnen hören wollen, bis… ja bis es anfing…

Was auch immer es war, es agierte ebenfalls in der Finsternis.. zumindest zu beginn. Erst in sehr großen Städten, wo das Verschwinden von Menschen nicht so auffiel, dann in Vororten und jetzt überall. Nun wurde nach den Schatten gerufen, nach ihnen verlangt, doch sie hielten sich immer noch bedeckt und zurück, verweigerten Nachrichten. Einige äußerten die Furcht, dass die Schatten die ersten Opfer geworden waren, doch dann meldeten sie sich zurück. Ihre Nachricht war einfach gewesen

~Wer kein Kind der Nacht ist sollte niemals den kreis des Lichtes verlassen. Es ist nicht mutig, sondern dumm von nun an in der Finsternis zu wandeln. Meidet Schatten und Einsamkeit wie schales Licht und zu große Menschenmassen. ~

Der Mann in der Hütte hatte es recht gut gemacht, natürlich hatte er das. Er war weit entfernt on den Jagdgründen der anderen und solange er sich ruhig verhielt würde ihn niemand beachten. Doch es war auch ein gefährliches Spiel. Ein Spiel mit dem Wahnsinn. Er konnte nicht wissen was vor sich ging und wurde von dem Selben Lockruf angezogen, der schon Hunderte ins Verderben gelockt hatte. Dennoch, die zeit des Abwartens und der Ruhe war nun vorbei, als jemand kräftig gegen die Tür klopfte. Ans sich wäre es nicht notwendig gewesen, aber es war höflich.

Sie waren da… wie erwartet war… wie angekündigt war. Nun forderten sie einlass und nun würde der einsame Mensch erfahren was ihn bedrohte und in wie weit er etwas dagegen ausrichten konnte. Oder aber sie würden ihn bloß an einen ort bringen, an dem es sicherer sein würde. Sie versuchten es zumindest, doch viele waren nicht willens Haus und Hof zu verlassen. Meistens ihr Todesurteil…

janw
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Do 26. Jun 2008, 14:24 - Beitrag #4

Er überlegte kurz, was zu tun war...die Macht hielt sich nicht mit klopfen auf, doch wusste keiner, ob sie nicht gelernt haben konnte. Er spürte aber, daß sie es waren, es war gut, und so segelte draußen eine blaue Feder vom Dach.
Er öffnete die Luke hinter dem Herd und erwartete ihren Eintritt, während er sich besann... Wenige Wochen zuvor die Federn, die schwarze und weiße, deren Botschaft er verstand, für die silberne würde die Zeit es zeigen, er wusste aber, daß sie auf jemanden verwies, eine Frau, deren Wissen schon mehrfach hilfreich gewesen war, wenn sie sich dessen auch nicht bewusst war. Sie hatten sich getrennt zu ihrem gegenseitigen Schutz, doch nun musste er sie finden...oder sie die Feder.
Die Klappe knarrte...

The_Secret
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Do 26. Jun 2008, 15:02 - Beitrag #5

Doch sie kamen nicht durch die Luke, waren einfach da. Standen im Raum als wären sie seit jeher anwesend gewesen. Lautlos wie immer. Es waren drei. Einer hockte vor dem Feuer, einer lehnte an der Wand und ein dritter stand mitten im Raum. Alle verhüllt, was wohl nicht verwunderlich war. Noch immer gab keiner einen laut von sich, schien sich nicht mal zu bewegen, denn den schwere dunkle Stoff hin regungslos von ihren Schultern herab. Dann ein rascheln und jener in der Mitte des Raumes holte einen Brief hervor. Noch war dieser versiegelt mit dem Siegel der Federn.

Sie sprachen nicht, taten dies nie und so war gewiss, dass jenes, was es zu sagen gab sich dort im Brief befinden würde. Schatten waren nie wirklich Meister der Erklärungen, zumindest nicht, solange sie als Schatten unterwegs waren und waren sie dies nicht, unterschieden sie sich nicht von anderen Menschen.

~Sei gegrüßt alter Freund.

Wie du weiß werden wir heimgesucht und nun ist die zeit reif uns zu erheben und dem Unheil Einhalt zu gebieten, welches uns gerade heimsucht. Noch kann ich dir nicht viel mehr sagen, doch sicherlich ahnst du schon was vor sich geht und was wir von dir wollen. Es ist leider notwendig, dass du zu uns kommst, so wie jeder unserer Freunde und daher möchte ich dich bitten, dich nicht gegen die Folgende Prozedur zu weheren. In Zeiten wie diesen kann man nie vorsichtig genug sein, daher wirst du weder den Weg noch den Zielort erfahren. Die Schatten sind angewiesen sanft zu bleiben, sofern du dich nicht zu sehr wehrst… aber ich denke das sollte kein Problem sein. Du bist sicher bei ihnen. Wir sehen uns in wenigen Stunden. Habe einen guten Scotch auf Lager.

Bis dann mein Freund~

Damit endete die Nachricht. Sein eigentliche Kontaktmann musste sie verfasst haben und er klang munter wie eh und je… und scheinbar war es wirklich von Nöten so seltsame Wege zu gehen für ein treffen… oder aber er erlaubte sich nur wieder einen sehr eigenwilligen Scherz, bei dem Herren konnte man nie sicher sein.

janw
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Do 26. Jun 2008, 17:49 - Beitrag #6

Er ließ die Zeilen noch einmal vor seinen Augen vorbei gleiten...irgendetwas passte nicht, das Ende nicht zum Rest des Briefes, nur für einen scotch würde er seinen sicheren Aufenthalt nicht aufgeben, zumal er Dornfelder bevorzugte, seitdem Trollinger zu verräterisch geworden war.

Doch irgendetwas gab ihm ein, daß es besser war, zu folgen, vielleicht nicht die einzige Lösung, aber eine gute, für die Sache.

Er nickte, schloss die Luke, griff sein Bündel und folgte den Dreien.

The_Secret
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Sa 28. Jun 2008, 12:18 - Beitrag #7

Nun ja, wie es schien hatte der Herr die Botschaft des Briefes etwas zu milde interpretiert. Er ging voran und die Schatten folgten. Etwa eine Meile, dann spürte der Herr nur einen kurzen stechenden Schmerz in seinem Nacken und fast sofortig setzte erste eine Lähmung er arme, Beine und der Lippen ein, ehe eine undurchdringliche Finsternis seinen Geist umhüllte. Für wie lange das Mittel ihn außer Gefecht setzte konnte er nicht sagen, doch es musste eine ganze weile gewesen sein.

Als seine Sinne langsam zurückkehrten, konnte er zuerst etwas hören. Verschiedene Stimmen, die lachen, schimpften und sich unterhielten. Schritte hallten und es klang wie en riesiger massiver Steingang. Es war kalt und feucht roch teilweise etwas moderig. Von zeit zu zeit kamen sie an einer Wärmequelle vorbei. Türen quietschten, knarrten klapperten. Es mussten etwa sechs gewesen sein durch die er selbst getragen wurde. Dann ging es irgendwann sehr steil bergab, wieder etwas bergauf und um mehrere Kurven. Wo auch immer er war, es musste riesig sein… und wahrscheinlich fuhren die drei, sofern es noch drei waren eh einige Umwege… und wieso fuhren? Der Tastsinn war vollständig zurückgekehrt und der Arme Mann musste feststellen, dass er auf einer Liege lag. Jetzt konnte er auch endlich die Augen öffnen und and sich tatsächlich in einem dunklen, steinernen Gang wieder. Hier gab es keine Türen mehr… zumindest keine, die er sah.

„Oh sie sind wach. Schön. Wir sind gleich da.“

Damit war das Gespräch, sofern man es so nenne wollte auch schon wieder beendet. Es war nur ein schnariges Wispern gewesen und so vermochte der Gefangene… hergebrachte… wie auch immer, nicht zu sagen ob es nun ein Mann oder eine Frau war die geantwortet hatte… eben typisch Schatten. Dann endlich hielten sie an. Direkt vor einer Tür, oh wunder, uns man half dem Fremdling herunter. Ein wenig wackelig stand er zwar noch auf seinen Beinen, aber er stand. Man bedeutete ihm einzutreten, dann gingen die beiden, die ihn hergebracht hatten wieder.

janw
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Sa 28. Jun 2008, 16:30 - Beitrag #8

Die Prozedur war sehr wirkungsvoll gewesen, er hatte jede Orientierung verloren, wo er jetzt war, und die Zeit...wie spät war es? Er stand vor der Tür und überlegte...bis jetzt war alles gut gegangen, es würde auch weiterhin... die Tür öffnete sich fast wie von selbst, und er trat ein.

[align=center]Derweilen...[/align]

Iolanthe rieb sich den Schlaf aus den Augen und balancierte den Kaffee aus der Kanne in die noch von gestern herumstehende Tasse. Es war knapp gewesen heute morgen, dem Poltern bei ihren Nachbarn nach zu urteilen. Sie müsste sich vorsehen, wurde ihr klar, mehr als ohnehin schon, vielleicht war es auch besser, wegzugehen, wie viele es getan hatten. Sie hatte ausgeharrt in der Stadt, in der Hoffnung, hier etwas erreichen zu können, doch nun...
Vielleicht hatte sie eine Antwort bekommen, das musste sie herausfinden. Bevor die Macht sie fand...

Iolanthe trank hastig ihren Kaffee aus und überlegte, was zu tun war.

janw
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Fr 18. Jul 2008, 00:57 - Beitrag #9

Iolanthe warf sich einen Mantel über und verließ das Haus. Draußen strebten die Menschen ihren Zielen zu, und sie mischte sich darunter und wanderte zügig in den Bezirk, in dem die Verwaltung des Staates residierte. Die Höhle des Löwen...aber ihre Erscheinung war so auffällig wie eh und je, und sie hatte sich aus allen Diskussionen heraus gehalten, niemanden verraten, trotzdem konnte man nie..."Wohin wollen Sie?" Iolanthe blickte in das reglose Gesicht eines Angehörigen der Volksbeschützer. "Abteilung 5911", erwähnte sie ihre Nachbarabteilung, deren ewig gelangweilter Leiter sich immer über Besuch freute.
"Und woher weiß ich, daß das stimmt?" "Es gibt Antworten, die Sie sich nur selbst geben können..." Das musste der Mann erstmal verarbeiten, was ihr Vorteil war. Sie suchte eine andere Abteilung auf, in der sie einige besuchsfreudige Mitarbeiter kannte, und sandte dem Leiter von 5911 eine Vorlage, die ihn beschäftigen würde, ein guter Grund für sie, dort aufzutauchen, irgendwelche Fragen ergaben sich immer - zugleich würden sich etwaige Fänger ihr nicht in den Weg stellen, wo ihre Anwesenheit doch erforderlich war.
Sie nahm den Weg über ihr Büro, besser jetzt als vielleicht nicht mehr...
Sie fand, womit sie gerechnet hatte, die Schatten hatten sich geäußert.
Sie steckte drei Federn als Antwort in eine Vase, jeder Unbedarfte würde darin Zimmerschmuck erkennen. Eine königsblaue, eine hellblaue und eine lavendelblaue Feder.
Dann entschwand sie nach 5911, deren Leiter sie schon mit Fragen erwartete.

Spät abends kehrte sie heim. Sie dachte nach, die Federn...die erste bezeichnete den Empfänger, weiß bedeutete Rechtschaffenheit oder konnte für jede andere Farbe stehen, die zweite sprach von dem Sender, der Schutz und einen Blick in die Zukunft bot. Die dritte, silberne, benannte die Nachricht, der Mond stand für Wechsel, etwas würde sich verändern.


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