Das Land der schwarzen Sonne

Gemeinsam Welten und Figuren erfinden - Fortsetzungsgeschichten zum Mitschreiben.
Seeker
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Do 7. Nov 2002, 13:47 - Beitrag #21

Tarraja lies ihr Pferd in leichten Trab fallen und Torror holte auf. Als er neben ihr herritt, sagte er:
"Wir müssen sie schonen, sonst sterben sie unter uns weg. Ich wundere mich schon die ganze Zeit, dass sie dieser Belastung noch stand halten."
Torror musterte sie lange und wand sich wieder dem Weg zu, als sie nicht darauf reagierte.
"Was war das für ein Zauber, den Sie gegen Soran und seine Leute geschleudert haben?"
Tarraja lachte auf.
"Ich war es nicht. Ich habe jemanden darum gebeten, uns zu schützen."
"Jemanden?", wiederholte er gedehnt.
"Ja. Eli´toram."
Torror erschrak. Sie hatte den Gott der Finsternis persönlich beschworen ihnen zu helfen? Furcht breitete sich in seinen Gedanken aus, als er erkannte, was dies bedeutete.
"Was haben Sie ihm versprechen müssen?", presste er hervor. Ihm gingen die alten, grausamen Bilder der Zeit der Verfolgung durch den Kopf. Schreiende Menschen, gräßlich entstellt und mit jeder ihm bekannten Krankheit gestraft, weil sie Eli´toram betrogen hatten. Damals hatte dieser fürchterliche Gott ein ganzes Volk ausgerottet.
"Das hat nichts mit dir zu tun, Torror. Hab keine Angst.", flüsterte sie.
"Ich habe keine Angst um mich, Herrin. War es das wert?"
Sie starrte stur nach vorne.
"Ja. Das war es."
Schweigsam ritten sie weiter in Richtung Nordosten.

Soran und sein Gefolge hatten in einem nahen Dorf einige Pferde annektiert und waren auf dem Weg zurück ins Königreich Dalaiga. Er fragte unterdessen Isidor, wie man Tarraja habhaft werden könne, ohne erneut ihre Armee zu verlieren. Isidor überlegte kurz und sagte:
"Das ist eine Sache der Verbündeten, mein Herr. Wir müssen den Rat zusammenrufen. Und Barrassa darf nicht fehlen. Wir brauchen seine Kentnisse der Magie. Es wird nicht einfach werden."

Ceyx
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Do 7. Nov 2002, 19:16 - Beitrag #22

Sie rieten weiter nach Norden- schweigend. Immer noch brodelte der Hass in Soran. Die Langsamkeit, mit der sie vorwärtskamen, machte ihn beinahe wahnsinnig.
Sie würde frühestens in sieben Tagen wieder am Hofe seines Vaters sein. Und sein Ziel, dass vor kurzem noch so greifbar gewesen war, schien nun beinahe zur Unerreichbarkeit in die Ferne gerückt.


Unterdessen erschien eine Stadt am Horizont, während weiter im Westen die Sonne sich zum Untergang neigte. Die Feuer, die an den Eckpunkten der Stadt Tokos brannten, liessen sie noch gewaltiger wirken. Die Stadt war mit einem gewaltigen Schutzwall umgeben, der drei Mann hoch war. Auf ihm patroullierten die Wächter in ihren glänzenden Rüstungen, die das Ebenbild der Feuer blinkend und schimernd in die Nacht wurfen.
Torror war die ganze Zeit schweigend neben seiner Meisterin hergeritten. Der Gedanke an die Beschwörung des Gottes lastete immer noch schwer in seinem Kopf.
Gaal war kurz bevor die Stadt in ihrem Blickfeld auftauchte in den Wald verschwunden.
Nun ritten Torror und Tarraja langsam auf die Stadt zu.
"Hier können wir einige Tage bleiben." sagte Tarraja. Auch sie sprach zum ersten Mal seit Stunden zu Torror. Es hatte sie erstaunt, wie Torror auf ihre Beschwörung reagiert hatte. Und die Distanz, die er seit dem zu ihr hielt, schmerzte sie - über dieses Gefühl war sie sehr verwundert. Torror war nur ihr Leibwächter, sie rief sich diesen Gedanken wieder in Erinnerung.
"Meisterin..." Er hielt einem Moment inne. "Wie wollt ihr ein Lager bezahlen?"
"Wir müssen nicht bezahlen." gab sie geheimnissvoll zur Antwort.
"Und wir werden etwas Gold in der Stadt besorgen. Aber warte bis morgen."
Torror nickte stumm.

Seeker
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Fr 8. Nov 2002, 17:40 - Beitrag #23

Als sie das riesige Holztor passiert hatten, fühlte sich Torror wohler in seiner Haut. Die Wachen nahmen ihre Aufgabe sehr ernst und hatten lange und geduldig nach dem Grund Ihres Auftauchens geforscht. Er wunderte sich, warum solche Sorgfalt an den Tag gelegt wurde. Hatte jemand von dem "Zeichen" erzählt und die Furcht ging um? Tarraja hatte es geschickt verstanden den Fragen auszuweichen, die Ihnen gefährlich werden konnten. Schließlich war sie fast überall bekannt - und gefürchtet! Was Torror nach letzter Nacht verstehen konnte.
Sie folgten der breitesten Straße bis zur zweite Kreuzung und wendeten sich nach rechts. Torror nahm die vielen Details begierig auf, hatte er doch wochenlang in einem isolierten Turm gelebt, kein frisches Brot gerochen, kein himbeerfarbenes Tuch gesehen, Gewürzdüfte drangen in seine Nase und aus der Ferne drang Musik an sein Ohr. Er war so überwältigt, dass er für wenige Atemzüge vergaß, auf Tarraja zu achten. Der Schrecken, als er es bemerkte, traf ihn tief. Er konzentrierte sich erneut und musterte die Umgebung genauer. Alles einfache Leute - bis auf zwei reiche Händler, die mit einer Traube an Gefolgsleuten durch die Straßen zogen. Tarraja zügelte plötzlich ihr Pferd. Sie stieg ab. Er tat es ihr gleich und folgte ihr in eine schmale Seitengasse.
Am nächstbesten Balken band sie ihr Pferd fest.
"Laß Deines ebenfalls hier. Wir können sie nicht mehr gebrauchen.", flüsterte sie ihm zu.
Torror war verwirrt. Warum einfach zurücklassen? Warum nicht verkaufen?
"Wieso ..."
"Vertrau mir!", fuhr sie ihm dazwischen. Er tat, wie geheißen und streichelte ein letztes Mal über den dünnen Hals des Pferdes, dass sie hierher gebracht hatte. Um ehrlich zu sein hatte er nicht erwartet, dass die Pferde solange durchhalten würden. Seine Meisterin ging voran, tiefer in eine Gewirr aus schmalen, immer dunkler werdenen Seitengässchen, bis er keinen freien Himmel mehr über sich sehen konnte, so eng und hoch waren die Häuserschluchten.
"Schnell, hier hinunter!", wies sie ihn an.
Torror blickte zu Boden und sah eine kleine Öffnung, die gerade groß genug zum hindurchzwängen war. In die Kanalisation?

Ceyx
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Sa 9. Nov 2002, 22:32 - Beitrag #24

Mit einem Satz sprang Torror in die Dunkelheit. Kurz darauf landete auch Tarraja leichfüssig neben ihm.
Sie murmelte irgendetwas, gleich danack flackerte die Luft auf und wenig über ihrer gebogenen Handfläche schwebte Licht. Torror hatte so etwas noch nie gesehen.
Das Licht leuchtete in einem hellen weiss und war doch wunderschön anzusehen. Es pulsierte und flackerte, als wäre es von einem eigenen, inneren Leben beseelt.
Endlich löste sich sein Blick von der Erscheinung. Tarraja wies ihm die Richtung. Sie folgte einige Schritte hinter ihm. Seine Hand fuhr unbewusst zu seinem Schwertgriff-
dann fiel ihm auf, dass er gar kein Schwert mehr hatte. Er hatte es ja im Turm zurückgelassen. Ein leiser Fluch glitt ihm über die Lippen. Wenn hier unten etwas war, dann würde er ihm völlig schutzlos entgegenstehen.
"Keine Angst. Wir sind hier sicher." sagte Tarraja, als hätte sie seine Gedanken gelesen.
Sie gingen weiter. Das lebende Licht warf ihre Schatten an den Rand der Dunkelheit, die vor ihnen zurückwich. Das Pulsieren des Lichtes lies ihre Schatten wie von Geisterhand tanzen.
Der Gang wurde immer enger und so mussten sie sich schliesslich quer vorwärts quetschen. Torror glaubte schon, nie mehr aus dem stickigen Gang herauszukommen, als sich mit eine mal eine Öffnung vor ihm auftat.

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Di 12. Nov 2002, 12:28 - Beitrag #25

Plötzlich verlosch Tarrajas Licht. Jedoch wurde es nicht stockdunkel, wie es Torror gedacht hätte. Von weiter vorne drang Licht zu ihnen. Sie schoben sich weiter und plötzlich öffnete sich ein großer, hoher Raum. Die Wände, Boden und Decke waren mit edelsten Fliesen bedeckt, Fackeln brannten rauchlos in silbernen Haltern, die eines Palastes würdiger gewesen wären, als der Kanalisation.
"Wir sind da!", sagte Tarraja. Torror spürte ihre Freude und fühlte ebenfalls seine Niedergeschlagenheit schwinden - hatte er doch nicht mit einer derartigen Wandlung gerechnet.
"Wo sind wir?", flüsterte er, als hätte er Angst, sich zu verraten.
"Das ist das geheime Reich von Zill, einem guten Freund. Komm weiter."
Er sah sich um. der Raum war sehr lang, leer und an der gegenüberliegenden Wand war eine Tür eingelassen. Seltsame Symbole bedeckten das Holz, die ihn an jene erinnerten, die seine Meisterin beim Ritual von Eli´torem verwendet hatte. Ihm wurde leicht übel. War das vielleicht ein Tor zur Anderswelt? War Zill ein Fährmann, von denen seine Mutter früher viel erzählt hatte. Jenen alten Männer, die die Totgeweihten zu sich holen und für die Überfahrt ins Reich der Anderen vorzubereiten?
Tarraja schlug dreimal kräftig an die Tür. Beide hörten sie, wie sich der Schall oft brach und zurückgeworfen wurde. Dann Stille. Kurz darauf Schritte.

Ceyx
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Di 12. Nov 2002, 18:44 - Beitrag #26

Knarrend würde die Tür geöffnet. Eine Gestalt, die eine Kaputze über den Kopf gezogen hatte und einen langen Umhang trug erschien. Sie hatte einen Buckel und stützte sich mit einem Stock ab.
"Was wollt ihr?" fragte sie mit der Stimme eines alten Mannes.
"Wir wollen zu Zill." gab Tarraja zur Antwort.
Ohne aufzuschauen drehte sich der Bucklige sich um und beudete ihnen, ihm zu folgen. Zögernd setzte sich Torror in Bewegung, eine Armlänge hinter Tarraja.
Dieser Ort gefiel ihm nicht. Ganz und gar nicht.
Der Bucklige fürhte sie eine Gang entlang, wechselte bald in einen anderen, nahm eine Abzweigung, führte sie durch eine Tür.
Anfangs hatte Torror versucht, sich den Weg zu merken, doch gab es bald auf. Die Gänge sahen alle gleich aus und waren ein wahres Labyrinth, das sich unter der Stadt wand.
Endlich waren sie vor einer gewaltigen Doppeltüre angekommen. Lauter Lärm, Geschrei und Musik drang aus dem Raum dahinter.
Der Bucklige wandte sich um.
"Wartet hier." Mit diesen Worten schob er einen Flügel auf -Torror war erstaunt, dass dieser kleine Mann die Türe stemmen konnte- und verschwand dahinter. Mit einem lauten Schlag fiel die Türe zurück in das Schloss. Sie war nur einen Spalt offen gewesen, so dass Torror sich nur einen kurzen Blick in den Raum dahinter verschaffen hatte können.
Es hatte viele Menschen gesehen.
"Das gefällt mir nicht, Meisterin." sprach er seine Befürchtungen aus.
Tarraja schüttelte den Kopf. "Ich sage es dir noch einmal: Wir haben nichts zu befürchten. Oder traust du dem Wort deiner Meisterin nicht?" sagte sie ungeduldig.
"Doch, natürlich." antwortete er hastig.
Tarraja wirbelte herum und sah in seine Augen. Sie setzte dazu an, etwas zu sagen, doch schwang in diesem Moment die Doppeltüre auf.
Das Lodern unzähliger Flammen liess Torror blinzeln.


Soran schwang sich vom Pferd. Sofort kam ein Knappe und führte sein Reittier in einen Stall. Lächelnd blickte er sich um. Endlich war er wieder in der Stadt seines Vaters. Die Zinnen, der Mauern, die die Stadt umgaben, glänzten silbern im Lichte der untergehenden Sonne. Im Herz der Stadt stand der Palast. Doch hatte diese Stadt seine prachtvollen Zeiten hinter sich. Die gewaltigen Schutzmauern, war im Zerfall. Das Volk, dass innerhalb der Mauern wohnte, war aufgewiegelt und es drohte ein Aufstand.
Soran seufzte. Und er konnte nicht einmal gute Nachrichten mit sich bringen.

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Mi 13. Nov 2002, 13:41 - Beitrag #27

Leise betrat er den Thronsaal und suchte den Blick seines Vaters. Aber vergebens. Dieser hatte das Eintreten seines Sohnes nicht bemerkt. Maix, dessen mächtige Gestalt auf dem Thron ruhte, unterhielt sich lautstark mit seinen Beratern. Soran konnte Worte wie: Hinrichtung, Pöbel, Aufruhr und Steuern vernehmen und wußte, mit welcher Laune er bei seinem Vater zu rechnen hatte. Geduldig wartete er etwas abseits, bis die drei spindeldürren Gestalten von Maix verjagt wurden und trat dann vor ihn. Den düsteren Blick kannte er zur Genüge.
"Wir haben die gesamte Armee verloren, Vater.", presste er hervor und wartete.
Er hörte Maix scharf einatmen, die Nasenflügel zitterten und er lief rot an.
"Was ist mit Tarraja?"
"Sie ist entkommen. Nur durch Isidors Wissen um die Magie ist es uns gelungen, zu überleben."
"ENTKOMMEN?"
Maix tobte. Er schrie und schlug auf seinen Thron ein, sprang auf und trat vor Soran hin, schüttelte ihn und stieß ihn zu Boden.
"Wo ist sie jetzt?", fragte Maix aufgebracht.
"Wir wissen es nicht. Letze bekannte Position war Damara. Ich vermute, sie sind entweder nach Jela oder Tokos unterwegs."
"Dir kann man nichts anvertrauen! Du Stümper!", schrie Maix aufgebracht.
Soran kannte diese Reaktion und spürte erneut, wie verhaltener Haß in ihm emporstieg.

Torror war überrascht. Der Raum hinter der Doppeltür war nicht mit den feiernden Menschen gefüllt, die sie vernommen hatten. Es standen je drei schwer bewaffnete Soldaten rechts und links der Tür in Reihe und Glied und warteten. Die Flammen, die er noch kurz zuvor gesehen hatte, waren verloschen. Der Bucklige stand inmitten der Soldaten und winkte sie zu sich. Tarraja trat vor ihn.

Ceyx
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Mi 13. Nov 2002, 22:10 - Beitrag #28

Der Bucklige richtete sich auf und tat seine Kaputze zurück. Ein junger Mann kam zum Vorschein, ein Lächeln lag auf seinem Gesicht.
Tarraja schritt ganz auf ihn zu. Torror wollte knapp hinter ihr bleiben, doch wurde er von einem Söldner zurückgehalten.
"Zill, wie ich sehe seit ihr immer noch ein guter Täuscher." sagte Tarraja.
Zill's Lächeln steigerte sich zu einem Grinsen: "Ablenkung, meine Liebe, nicht Täuschung. Ablenkung ist der Weg zur Macht. Nicht Gewalt oder Politik." Er schritt auf sie zu und hauchte ihr einen Kuss auf die Hand.
"Ihr seit schön wie eh und je." schmeichelte er.
In Torror began sich eine Art Abneigung gegen diesen Mann zu hegen.
"Warum setzt ihr euch nicht mit mir an die Tafel und erzählt mir, was euch zu mir führt?" fuhr Zill in seinem schmeichlerischen Tonfall fort. Sein Blick fiel auf Torror und er musterte den Krieger abschätzend.
"Euer Leibwächter kann sich indess ausruhen. Es ist sicher keine leichte Aufgabe, euch zu beschützen." meinte er.
"Und wenn er will, haben wir noch jemandem, dem ihm beim entspannen hilft." fügte er grinsend hinzu.
Tarraja drehte sich kurz um und es sah so aus, als wolle sie noch etwas zu Torror sagen, doch beliess sie es schliesslich bei einem stummen Nicken.
Sie und Zill verliessen den Saal durch eine Türe gegenüber des Einganges.
Für einen Moment stand Torror da und sah den beiden nach, bis einer der Söldner ihn ebenfalls aus dem Raum führte.

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Do 14. Nov 2002, 19:26 - Beitrag #29

Torror flogte dem Soldaten in einen schmalen Gang, der so eng war, dass sie hintereinander gehen mussten.
"Habt Ihr keine Angst, dass jemand ungebetenes so einfach hier hereinspaziert und überfällt?", fragte er den laut schnaufenden Mann, der im Gegensatz zu den Wachen Zills eher kränklich, als trainiert wirkte. Eine Art kehliges Lachen drang an sein Ohr.
"Ihr kennt uns nicht. Und nur weil ihr hier ohne Schwierigkeiten hereinspaziert seid, heißt das noch lange nicht, dass wir nicht vorbereitet wären."
Es klang verächtlich und Torror fühlte sich persönlich beleidigt. Er wollte dem Soldaten einen Stoß in den Rücken verabreichen, aber er hielt sich zurück. Sie waren Gäste hier, keine Feinde. Er schluckte seine Wut hinunter und folgte ihm schweigend. Sie passierten mehrere schmale Türen und Torror erkannte, dass es eine Art Dienertrakt war, durch den er geführt wurde. Wenig später blieb der jetzt gräßlich hustende Mann stehen, wieß auf eine angelehnte Tür und ging mit einem anzüglichen Grinsen weg. Torror starrte ihm nach, blickte zur Tür. Was sollte das? Ihn einfach so hier herumstehen zu lassen, er könnte sonst was tun. Er dachte an Tarraja und Zill und spürte ein beengendes Gefühl in der Brust. Er trat näher und öffnete die Tür. Auf der Rückseite des Zimmers sah er ein riesiges Bett, auf dem eine riesige Obstschüssel befand. Da bemerkte er, wie hungrig er war und ging hinein.

"Ihr habt dafür gesorgt, dass sich die falschen Leute für Euch interessieren. Das war nicht klug.", sagte Zill zwischen einem dampfendem Hähnchenschenkel und einem Schluck kräfigen Weins, den er vor einer Woche aus Zitadell hatte kommen lassen.
"Ich weiß. Was soll ich machen? Ich kann mir meine Feinde nicht aussuchen. Außerdem wußte ich nicht, dass Maix es darauf anlegen würde ..."
"Falsch, Liebste. Seine Feinde kann man sich aussuchen. Genauso, wie seine Freunde. Nur die Familie macht eine Ausnahme von dieser Regel. Was ist genau geschehen? Ich hab nur von einem blendet hellem Licht gehört, dass die halbe Armee des armen, vom Schicksal gebeutelten Maix, vernichtet wurde."
Die Sache mit dem Schicksal betonte Zill äußerst ironisch und hielt in seiner Mahlzeit inne. Er betrachtete Tarraja und freute sich sehr, sie zu sehen. Wenn auch unter diesen schlimmen Umständen.
"Das tut hier nichts zur Sache. Ich muß mich nur etwas erholen, dann bin ich wieder weg. Soran hat einen Seher bei sich. Hast Du immer noch diesen speziellen Meditationsraum? Ich würde ihn gerne benutzen."
"Bitte. Fühl dich wie zuhause."

Ceyx
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Fr 15. Nov 2002, 23:12 - Beitrag #30

Zill persönlich führte sie zu dem kleinen Raum. Er war quadratischen, in jeder Ecke brannte eine einzelne Fackel. Dennoch schien der Raum dunkel.
Tarraja liess sich exakt in der Mitte des Raumes in die Hocke sinken.
"Wenn du etwas brauchst, weisst du ja, wo du mich findest." sagte Zill.
Tarraja nickte. Zill verliess den Raum zufrieden und ging den Gang zurück, woher sie gekommen waren.
Tarraja liess sich vollends zu Boden sinken und schloss ihre Augen.
Sie verfiel in ein leises Summen.

Torror betrat den Raum vollends und ging zu der Obstschüssel. Er inspizierte den Inhalt und nahm erstaunt eine Frucht in die Hand.
Es war ein Lichtapfel. Soviel Torror wusste, wuchsen die nur auf einer Insel der Westharf und waren nicht gerade billig zu beschaffen.
Er ass einige Früchte, die alle vorzüglich schmeckten.
Dann stelle er die Platte vom Bett.
Als er sich gerade hinlegen wollte, klopfte es. Bevor er antworten konnte, wurde sie aufgestossen und eine junge Frau betrat das Zimmer. Sie trug einen langen Umhang, den sie vor ihrem Körper geschlossen hatte.
"Was willst du?" fragte Torror, etwas ungehalten über die Störung.
Die Frau lächelte sanft, dann liess sie ihren Umhang fallen. Was sie darunter trug, war nicht mehr so viel.
"Ich bin hier, um dir beim Entspannen zu helfen." sagte sie und ging auf Torror zu. Ihre Stimme klang wunderschön und passte absolut zu ihrem äusserem.
Er wollte sie wegschicken, denn schien es ihm irgendwie nicht richtig, wenn er jetzt mir ihr schlief. Ein schlechtes Gewissen meldete sich in ihm.
Im selben Moment fragte er sich, warum er ein schlechtes Gewissen haben sollte.
Wegen Tarraja?
Er schüttelte den Gedanken ab. Dafür gab es keinen Grund. Sie war in Sicherheit und seine Pflichten als Leibwächter waren für heute getan.
Sein schlechtes Gewissen blieb, dennoch gab er sich der Schönheit hin.

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Di 19. Nov 2002, 08:27 - Beitrag #31

Tarraja fühlte sich schwer werden. Sie konzentrierte sich auf ihren Atem, wartete auf die Bilder, die sich immer kurz vor dem gewünschten Zustand einstellten und genoß es, in Sicherheit zu sein. Ihr Atemrythmus verlangsamte sich und ein leichtes Pendeln erfasste ihren Oberkörper.
Die plötzlich einsetzenden Visionen von Lassa´rem, dem steten Begleiter Eli´toram´s, rissen sie fast aus ihrer Versunkenheit. Sie sah den Feuerengel auf sich zuschweben und liebkosen. Tarraja fühlte eine seltsame Faszination von diesem Wesen ausgehen und musste sich stark zusammenreißen, ihre Kontrolle nicht zu verlieren. Sie erbat Informationen über Isidor, den Seher.
Lassa´rem riß sie in die Höhe, hinein in dichte Nebel, die sie umflossen und ihr Angst bereiteten. Der Feuerengel hielt sie umklammert und schien ihr flüssiges Feuer unter die Haut zu jagen. Sie sah Isidor in seinem Labor sitzen, gebeugt über ein dickes Buch, welches sie nur zu gut kannte: ihr alter Beschwörungsalmanach! Sie spürte Wut in sich aufsteigen und dass schien Lassa´rem zu gefallen, denn er lachte leise. Tarraja spürte, dass Isidor auf der Suche nach einem geeigneten Dämon war, der ihm dabei helfen sollte, sie zu finden.
"Wenn du bereit bist, kann ich es für dich holen, Tarraja, Gemahlin Eli´torams!", dröhnte Lassa´rems Stimme durch die unendliche Weite des Nebelfeldes.
"Du mußt deinem Versprechen nur noch eine Kleinigkeit hinzufügen."
Sie überlegte. Sollte sie es tun? War sie nicht schon schlimm genug von Eli´toram abhängig?
"Ich könnte dir sofort dein Buch wiederholen und Isidor für lange Zeit ausser Gefecht setzen. Wir wäre es damit?"
Sein hähmisches Grinsen ließ Tarrajas Blut in den Adern gefrieren, obwohl es sich so anfühlte, als brenne sie innerlich. Stumm nickte sie. Sie war schon so weit gegangen, ein weiterer Schritt wäre nur wie ein Tropfen auf den heißen Stein.
"Lassa´rem hilf mir meinen Almanach zurück zu erlangen!"
"So sei es!"
Lassa´rem stimmte ein tiefes Grollen an und Tarraja konnte sehen, wie Isidor von Schmerz gepeinigt nach vorne sackte, den Almanach krampfhaft festhielt und stöhnend zusammenbrach. Wenige Augenblicke später erwachte sie erschöpft und mit brennender Haut. Der Almanach lag in ihrem Schoß.

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Di 19. Nov 2002, 19:17 - Beitrag #32

Soran ging nervös auf und ab. Endlich öffnete sich die Türe zu dem Schlafgemach und Alais, ein Heilkundiger trat heraus. Alais blickte kurz zu Isidor auf, sagte jedoch kein Wort und schüttelte nur den Kopf.
Soran stiess ihn auf die Seite und trat selber in das Zimmer. Isidor lag auf einem Bett. Seine Haut in seinem Gesicht war verbrannt und aufgebrochen. Sein Atem ging flach und er sah mehr wie ein Toter als lebendig aus.
Soran schüttelte den Kopf. Mutlosigkeit machte sich in ihm breit. Einer der wenigen, die Tarraja finden konnten, war so gut wie tot. Was sollte er tun?
Soran drehte sich um und warf die Wasserschüssel, die neben dem Bett lag, auf den Boden. Die Mutlosigkeit war zu Wut geworden.
Er stürmte aus dem Zimmer.
Er musste Barrassa finden. Er war vielleicht der einzige, der noch wusste, wie man an Tarraja rankam. Man hatte ihm gemeldet, dass dieser sich im Norden befand. So würden halt die königlichen Reiter sich auf die Suche machen. Soran wusste, dass er gegen den Befehl des Rates handelte, welcher abwarten wollte.
Soran lachte vor sich hin. Abwarten. Worauf? Bis ihr Königreich endgültig zerfallen war?

Torror setzte sich im Bett auf. Die Schöne war verschwunden, wie die Träume, die ihm in dieser Nacht jeglich Erhohlung verboten hatten. Er stieg aus dem Bett, wusch sich. Er versuchte sich an die Träume dieser Nacht erinnern, doch waren es kaum mehr als schemenhafte Bilder, die durch seinen Kopf huschten und in seinen Gedanken wimmerten.
Torror verliess das Zimmer und wandte sich in die Richtung, wo er den Raum vermutete, in dem er auf Zill getroffen war.
Es war Zeit dass Torror sich wieder um seine Pflichten kümmerte. Er musste Vorräte und Ausrüstung erstehen. Und vor allem brauchte er endlich ein neues Schwert.

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Mi 20. Nov 2002, 11:59 - Beitrag #33

Als er in den schmalen Gang trat, schreckte er den alten Soldaten vom Vorabend auf, der auf einem Schemel ganz in der Nähe gedöst hatte. Torror nickte kurz und überlegte, an wen er sich wenden sollte. Warum nicht an diesen Kerl? Er trat vor ihn hin.
"Wo kann ich hier Ausrüstung und Waffen bekommen, Soldat?"
Der Atem des alten Soldaten ging rasselnd, als er von unten zu ihm heraufsah. Er stand auf.
"Ich muß Zill fragen gehen, ob das in Ordnung ist. Warte hier."
Er hatte die Worte leise genuschelt und sich ohne Versicherung, dass Torror ihn verstanden hatte, abgewendet und schlurfte den Gang entlang. Torror fragte sich erneut, wie es Zill möglich war hier unten unentdeckt leben zu können. Er blickte gelangweilt den Gang entlang, setzte sich schließlich auf den Hocker und wartete. Es dauerte elend lange, bis der Soldat zurückkehrte. Torror stand auf und ging auf ihn zu. Statt einer Begrüßung zeigte der Alte in einen Seitengang und bedeutete, dass er ihm folgen sollte. Gemeinsam gingen sie eine zeitlang durch verwinkelte Gänge und Torror fühlte sich mehr und mehr an ein Labyrinth erinnert. Schließlich machten sie vor einer Tür halt. Der Soldat klopfte schnell eine Art Code gegen die Tür und sie wurde von innen geöffnet. Als sie komplett geöffnet war, sah Torror vier schwer bewaffnete Soldaten, die eine zweite Tür bewachten.
"Zill will, dass dieser Grünschabel eine einigermaßen gute Ausrüstung erhält.", brummelte der Alte.
Die Wachen nickten nur und öffneten die zweite Tür. Dahinter erstreckte sich ein länglicher Raum, vollgestopft mit Waffen und Rüstung. Torrors Augen fingen an zu glänzen, als er ein sauber gearbeitetes Langschwert in einer Art Regal hängen sah. Er ging wie hypnotisiert auf es zu, als ...

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Mi 20. Nov 2002, 23:29 - Beitrag #34

...sich der Boden unter ihm öffnete. Er vernahm noch das kehlige Lachen des Alten, bevor er sich überschlagend eine Schräge hinunterrutschte. Plötzlich war auch die Schräge unter ihm verschwunden und er fiel die letzten Meter im freien Flug zu Boden.
Staub wirbelte auf, als er auf dem Boden aufprallte. Über sich hörte er das Klicken, als die Falltüre wieder geschlossen wurde.
Torror richtete sich auf und fluchte leise. Er war in blindem Vertrauen in eine Falle gelaufen.
Aber wieso?Wieso diese Falle? fragte er sich.
Torror versuchte -soweit es in dem Zwilicht, das hier herrschte- sich umzusehen. Die einzige Lichtquelle war eine Fackel, die überhalb des Loches brannte, durch welches Torror in den Raum gefallen war. Der Raum war ziemlich gross und kreisförmig. Säulen hielten die Decke. Torror sah, dass aus der Wand und aus den Säulen grosse Brocken herausgehauen worden waren. Eine Säule war gar umgekippt und lehnte nun schräg an der Wand. Torror untersuchte die Wand genauer und sah lange, paralelle Furchen. Es sah so aus, als hätte jemand über die Wand gekratzt. Er fuhr mit dem Finger über die Beschädigung und stellte fest, dass jede Furche so breit war, wie drei seiner Finger.
Das Klirren einer Kettel erfüllte die Luft. Torror wirbelte herum und erkannte ein Gitter, das anstatt der vierten Wand eingelassen war.
In diesem Moment glitt das Gitter zur Decke. Torror versuchte auszumachen, was sich dahinter befand, als er ein tiefes Knurren vernahm. Krallen scharrten über den Boden. Nun erkannte er in der Dunkelheit zwei gelbe Augen, die ihn böse anstarrten. Wieder scharrten Krallen über den Boden, als das Wesen nach vorne schritt.
Ein Frösteln jagte über Torror's Rücken, als er erkannte, was in der Dunkelheit auf ihn wartete.

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Do 21. Nov 2002, 13:08 - Beitrag #35

Die Angst lähmte ihn, denn sie legte sich wie zäher Schleim über seine Muskeln, als er den Berglöwen erkannte! Das Knurren war verschwunden. Die riesige Katze näherte sich auf leisen Pranken und ließ ihn nicht aus den Augen. Torror überlegte krampfhaft, wie er der Gefahr begegnen sollte. Kämpfen? Mit bloßen Fäußten? Aussichtslos.
Er machte einen Schritt zurück und als wäre dies ein Startzeichen gewesen, setzte das Knurren wieder ein. Der Berglöwe war in dem Moment stehen geblieben, als Torror sich bewegt hatte. Was nun? Der muskelbepackte Körper des Löwen duckte sich. Er machte sich bereit zum Sprung! Torror sah, dass er abgemagert wirkte. Ein hungriger Löwe! Wie sollte er da überleben können, ganz ohne Waffe? Torror blickte sich gehetzt um. Seine Augen blieben an der schrägen Säule hängen. Vielleicht, wenn er ...
Als er zurück zum Berglöwen schielte, sah er den massigen Körper in extremer Spannung, die sich keinen Lidschlag später in einem gewaltigen Sprung löste. Torror sprang ebenfalls - auf die Säule zu. Der Löwe verfehlte ihn nur um Haaresbreite! Er hörte Krallen über den unebenen Steinboden kratzen, wußte, dass er keine zweite Chance haben würde, wenn er nicht schnell genug auf diese verdammte Säule hinaufkommen würde. Er nutzte die Kraft der Angst und mit zwei großen Schritten war er an ihr und sprang ein letztes Mal. Er konnte den gebrochenen Rand des Pfeilers greifen und zog sich hinauf. Unter ihm krachte ein Berg aus Fleisch gegen den Stein und die Säule vibrierte. Torror kletterte so hoch wie möglich, zwängte sich in eine kleine Nische, die er oberhalb der Säule fand und wartete. Was sonst konnte er tun?
Der Berglöwe war außer sich! Sein Hunger brannte wie Feuer in ihm! Dieser verdammte Mensch hatte sich in die Nische gerettet, die ihn schon das letzte Mal so sehr zu schaffen gemacht hatte. Er sprang ein-, zweimal hinauf, rutschte immer wieder ab und ließ nach einiger Zeit davon ab. Frustriert legte er sich in die Mitte des Verlieses und beobachtete jede Bewegung des Menschen - sein Futter.
Torror wußte, dass er ausgespielt hatte. Zwar lebte er noch und der Löwe kam nicht an ihn heran - aber wie sollte er diesem Gefängnis entfliehen, ohne gefressen zu werden? Seine Gedanken glitten weg von seiner misslichen Lage, hin zu Tarraja. Ging es ihr gut? War sie möglicherweise schon tot? In seine Angst mischte sich Wut auf Zill, der sie offensichtlich verraten hatte. Hatte sie sich retten können?
Torror war kein religiöser Mensch. Er glaubte an die Macht des Schwertes und daran, was das Schwert zu ändern mochte. Aber was tat ein Gläubiger ohne sein heiliges Werkzeug? Direkt über ihm war die Waffenkammer Zills. Vielleicht würde er einen Weg dorthin finden können? Er mußte etwas tun!

Tarraja lag auf dem Bett in ihrem zugewiesenen Gemach und ruhte sich aus. Langsam fühlte sie sich besser. Sie hatte ihren Almanach wieder und von Zill würde sie auch eine Grundausrüstung an Zauberutensilien bekommen können. Einziger Wehrmutstropfen war die Verbindung mit Eli´toram. Aber dieses Problem würde sie auch noch lösen können, dessen war sie sich sicher. Entspannt schlief sie ein.

Ceyx
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Do 21. Nov 2002, 20:30 - Beitrag #36

Ihre Gedanken lösten sich von ihrem Denken und gingen ihre eigene Wege. Bilder zogen an ihrem inneren Auge vorbei, ohne dass sie sich in ihr Gedächtnis brannten. Sie fühlte sich in diesem Moment friedvoll und entspannt,...
...als die Bilder plötzlich abrissen und einer Dunkelheit wichen. Doch schon leuchtete ein Licht in ebendieser Dunkelheit auf, wuchs und vetrieb sie wieder. Das Licht formte sich zu einem Bild und nach einer Weile erkannte Tarraja Torror. Sie sah weder, wo er war, noch wie es ihm ging, den ihr inneres Auge starrte über die Erscheinung, die stumm über ihm schwebte.
Es war Tar'sa. Der Engel der Finsternis, Diener des Gottes des Todes, dessen Name nicht einmal Tarraja zu denken wagte.
Tar'sa schwebte stets nur über dem Tod Geweihten.
Tarraja wachte mit einem Schrei auf. Sie war immer noch in ihrem Zimmer, wo sie sich schlafen gelegt hatte.
Ihr Herzschlag ging hart und schnell.
Wo war Torror?
Sie fragte sich, ob sie nur einen Traum gewesen war, doch tief in sich wusste sie, dass es zu intensiv gewesen war, um keine Vision zu sein.
Schnell richtete sie sich auf, zog sich an.
Sie musste Torror finden. Sie konnte sich diese Vision nicht erklären. Sie waren doch hier in Sicherheit. Maix konnte sie unmöglich gefunden haben.
Mit schnellen Schritten ging sie dorthin, wo sie Zill vermutete. Sie betrat einen grossen Saal. Zu ihrer Enttäuschung war er leer, sie liess ihren Blick über die Galerie gleiten, der den Raum von oben umspannte, doch erkannte auch niemanden.
Sie ging auf die Türe auf der anderen Seite zu. Als sie den Raum halb durchquert hatte, hörte sie, wie die Tür hinter ihr sich öffnete. Sie wirbelte herum und erkannte Zill.
"Zill! Gut, dass ich dich finde. Wo ist Torror?"
Zill blieb in einigem Abstand zu ihr stehen.
"Torror?" erwiederte Zill.
"Was...?" Tarraja fuhr wütend auf.
"Ach ja!" unterbrach sie Zill. "Dein Leibwächter. Nun ja, das ist nicht so einfach..." Zill legte eine Pause ein. Tarraja verstand immer weniger.
"Nun ja, er wird gerade von einem Löwen verspeist."
"Was?!?" Tarraja wollte einen Schritt auf Zill zumachen, als vor ihr sich eine hellrote Wand aufbaute. Schnell drehte sie sich um, um dem Zauber zu entgehen, doch auch hinter ihr hatte sich eine Wand gebildet, die sich in sekundenschnelle mit der ersten Verband. Das rote Leuchten nahm ab, aber ein schwaches Schimmern zeigte ihr, dass sie in der Falle sass.
Ihr Blick glitt über die Galerie. Sie erkannte vier Blindmagier. Normalerweise wäre sie mit ihnen schnell fertig geworden, doch selbst sie konnte nicht einen Käfig, wenn er einmal gewoben war, von innen brechen.
Wütend starrte sie Zill an und wartete, bis dieser das Wort ergriff.

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Fr 22. Nov 2002, 13:39 - Beitrag #37

Wie lange er jetzt schon in dieser Nische ausharrte, wußte er nicht. Seine Beine fühlten sich abgestorben an und jede Bewegung verusachte Schmerz. Der Berglöwe lag dösend in der Mitte des Raumes und manchmal kam ein Schnarchen zu Torror herauf, der sich davon nicht täuschen lies. Er wußte, sobald er sich bewegen würde, war die Katze hellwach und wartete auf ihre Chance. Er untersuchte sein Versteck mit den pochenden Händen, die er sich bei seiner Flucht an den schroffen Kanten der gestürzten Säule aufgerissen hatte. Der Stein war kalt und an manchen Stellen feucht. An einer Ecke, links oberhalb seines Kopfes war zu Torrors Überraschung Erde zu fühlen. Er bohrte seine Hand hinein, schaufelte das nasse Erdreich heraus und mit jeder handvoll Erde, die er herauspuhlte wuchs seine Hoffnung auf eine Fluchtmöglichkeit.
Der Berglöwe wurde von dem herunterfallenden Erdreich geweckt und kam neugierig näher. Er versuchte etwas genauer zu sehen, legte den mächtigen Kopf in den Nacken, richtete sich an der Wand auf und schnupperte. Wenig später landete ein dicker Brocken nasser Erde auf seiner empfindlichen Nase und er sprang knurrend weg. Den Kopf schüttelnd schritt er im Verlies auf und ab. Was tat dieser Mensch dort oben?
Torror stellte schnell fest, dass durch die schmale Öffnung in einen größeren Raum, die er gegraben hatte, nicht ausreichen würde, um hindurchzuklettern. Er steckte seinen Arm soweit er konnte in das Loch und tastete umher, alse in wütendes Knurren und scharfe Krallen, die über Stein rutschten ihn zu Tode erschreckten. Torror erstarrte. Er hatte für einige Augenblicke den Löwen vergessen. Die riesige Katze probierte noch zweimal seiner Beute näher zu kommen, aber ohne Erfolg. Torror wand sich wieder dem Loch zu. Er zog den Arm heraus und spähte hinein. Alles dunkel. Erneut schob er einen Arm hindurch und er mußte einen Freudenschrei unterdrücken, als er kalten Stahl berührte!

Ceyx
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Mo 25. Nov 2002, 00:31 - Beitrag #38

Endlich fing Zill an zu sprechen. Das Lächeln war aus seinem Gesicht gewiechen.
"Tarraja, es tut mir ehrlich leid." er machte einen Schritt auf Tarraja zu.
Sie liess nur ein verachtendes Schnauben von sich hören.
"Es ist nicht leicht," fuhr Zill fort, "die Macht in einer Stadt wie dieser zu halten." Er verspürte den Drang danach, sich irgendwie vor Tarraja für seinen Verrat zu rechtfertigen. "Ich brauche die Unterstützung von mächtigen Herrschern. Und wenn ich dich Maix ausliefere..." Er brach ab und drehte ihr den Rücken zu.
"Ich habe ihm eine Nachricht gesandt. Er wird im Lauf der nächsten Woche hier sein. Wahrscheinlich schon übermorgen." Ohne sich noch einmal umzudrehen verliess er den Raum.
Tarraja hätte am liebsten gegen etwas geschlagen, doch war da nichts, woran sie ihre Wut auslassen konnte.
Zill hatte sie veratten und Maix würde bald hier sein.
Für einen Moment fragte sie sich, wie sie ohne Wasser oder Essen hier drinnen überleben würde, wenn Maix länger brauchte, als Zill annahm. Sie kam zum Schluss, dass es Maix wohl egal war, ob er sie lebend oder tot in die Hände kriegen würde. Schliesslich wollte er sie wohl so oder so umbringen.
Eine Weile blieb ihr Blick bei den Blindmagiern. Sie versuchte eine Schwäche auszumachen, ein Wanken, dass ihr zeigte, dass einer der Magier am Ende seine Kräfte war, doch standen alle vier da, als wären sie aus Stein. Hätte die Wand nur eine Schwachstelle, könnte sie versuchen, sie mit einem Zauber zu durchdringen oder Hilfe zu beschwören, doch war die Wand zu stark, um Zauber durchzulassen.
Seufzend liess sie sich zu Boden sinken. Ihre Lage war aussichtslos, durch und durch.
Ihre Gedanken glitten zu Torror. Sie verspürte einen Stich, als ihr klar wurde, dass ihr Leibwächter tot war. Er war gestorben, weil er ihr gedient hatte. Sie hatte immer gewusst, dass er ohne zu zögern sein Leben gegeben hätte, wenn es sie geschützte hätte, doch erst jetzt wurde ihr klar, wieviel das bedeutete. Und auch wenn sie überleben sollte, würde sie niemals mit dieser Bürde leben können.
Wieder seufzte sie. Es gab kein Entkommen.

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Di 26. Nov 2002, 15:27 - Beitrag #39

Wenn sie wenigstens ihren Almanach zur Hand hätte nehmen können! Dann wären die vier Blindmagier in Windeseile vom Zorn Eli´torams hinweggefegt worden und sie hätte eine kleine Chance sich zu befreien. Aber so? Sie sank in sich zusammen und überlegte, was sie noch tun konnte ... nichts.

Torror konnte sein Glück nicht fassen! Eine Waffe! Er betastete das kalte Metall und erkannte ein einfaches Langschwert. Es würde ihm den Hals retten! Er versuchte es durch das Loch hindurch zu ziehen, mußte aber schnell erkennen, dass die Waffe zu lang war. Er stieß mit dem Griff an seine Brust und hinter ihm drückte kalter Stein in seinen Rücken. Die Schwertspitze war noch immer im Loch! Er nutzte die Klinge als Grabhilfe, erweiterte den Durchbruch, so gut er konnte und versuchte es erneut. Wieder nichts! Immer noch war die Waffe zu lang!
Torror wußte, dass es nur einen einzigen Weg gab, um an die Waffe zu kommen. Aber das war nicht ungefährlich: er mußte die Nische verlassen! Er schielte nach dem wieder dösenden Berglöwen und überlegte fieberhaft, wie er es angehen sollte. Er beobachtete den Berglöwen argwöhnisch und versuchte den richtigen Moment abzupassen. Nach einiger Zeit wußte er, dass es keinen "richtigen" Moment geben würde. Langsam schob er sich aus der Nische heraus. Die riesige Katze schnurrte leise und streckte ihre Pranken aus. Torror gab sich einen Ruck, er fiel hinunter. Er wüschte sich nichts sehnlicher, als dass das Schwert jetzt vollends hindurch passen würde. Ein Reißen im rechten Arm verriet ihm, dass er dem Löwen ohne Waffe gegenübertreten musste, denn das Langschwert wurde verkantete sich und blieb in der Nische klemmen. Hart traf er auf dem Boden auf. Als er seinen Blick hob, blickte er direkt in die gelbgrünen Augen des überraschten Löwen. Angespannt lagen sich beide gegenüber und warteten auf den ersten Zug des Gegners.

Ceyx
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Mi 27. Nov 2002, 21:35 - Beitrag #40

Staub wirbelte zwischen den Beinen der Pferde auf, deren Hufen hart zu Boden schlugen. Es waren fünf Reiter, deren lange Mänter im Wind flatterten.
In den Augen des vordersten Reiters loderte der Hass, der sich in den letzten Jahren aufgebaut hatte. Doch nun leuchtete etwas neues darin auf: Vorfreude, die Gewissheit eines Sieges.
Soran trieb sein Pferd an, noch schneller zu reiten. Er konnte es nicht erwarten, die Hexe sterben zu sehen.
Den grössten Teil des Weges hatten sie hinter sich gelegt und wenn sie die Nacht durchritten, würden sie am nächsten Morgen in Tokos ankommen.
Soran warf seinen Blick über die Schulter und sah, dass die anderen vier Reiter etwas zurückgefallen waren, als in diesem Moment einer der Reiter zu ihm hervorpreschte. Soran erkannte die Gestalt Barrassa's. Soran wusste nicht recht, ob Barrassa ein Krieger oder Zauberer war. Seine Gestalt war hühnenhaft und muskulös. An seiner Seite hing ein gewaltiges, geschwungenes Schwert. Und Soran wusste, dass die Zauberkünste des Hühnen ebenso beindruckend sein mussten, wie dessen Erscheinung.
Nun ritt Barrassa neben Soran. Bäume zuckten an ihnen vorbei.
"Die Pferde werden dieses Tempo nicht lange durchhalten!" schrie Barrassa.
Soran bedachte den Zauberer mit einem bösen Blick, doch zügelte trotzdem sein Pferd etwas.
Er hörte, wie hinter ihm die anderen Reiter allmählich aufhohlten.
Soran versuchte sich mit dem Gedanken an seine Rache etwas zu beruhigen.
Seine Rache würde furchtbar sein...

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