Das Land der schwarzen Sonne

Gemeinsam Welten und Figuren erfinden - Fortsetzungsgeschichten zum Mitschreiben.
Ceyx
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Di 14. Jan 2003, 15:47 - Beitrag #61

Was dann folgte, gefiel Gaal überhaupt nicht. Keine Sekunde später waren sie von fünf Menschen umgeben, jeder in die gleiche Kleidung gekleidet, die sie trugen weil sie kein Fell hatten und jeder mit einem langen silberglänzenden Schwert bewaffnet, dass sie brauchten, weil sie keine Reisszähne hatten.
Gaal blieb nichts anderes übrig, als dem Mädchen und dem weissen Wolf zu folgen. Er konnte sich nicht von der Truppe entfernen, ohne dass es jemanden aufgefallen wäre. Und überhaupt, wohin solllte er gehen?
Er hatte keine Ahnung, wo er seine Meisterin suchen sollte. Er wünschte sich, wieder ihre wohlklingende Stimme in seinem Kopf zu hören, die ihn beruhigte und ihm den Weg zeigte.
Doch in seinem Kopf war nichts ausser seinen wilden Gedanken.
Wieder blieb das Mädchen vor ihm abrupt stehen und drehte sich zu ihm um.
Ihre Hand strich über den Kopf des weissen Wolfes, doch ihr Blick ruhte auf Gaal.
"Jaffasel, was soll ich nun mit dir machen? Ich glaube nicht, dass du schon Kunststücke beherrschst...."
Gaal war ihr Blick unangenehm. Doch mehr als dies fürchtete er, dass sie sich entscheiden würde, ihn in einen Käfig zu stecken. Es war eindeutig ein Fehler gewesen, sich mit ihnen hier hereinzuschleichen.
Doch bevor Isabell dazu kam, zu einer Antwort anzusetzen, wurde ihre Aufmerksamkeit von Lärm und Geschrei, dass sich unweit von ihnen erhob, abelenkt.

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Mi 15. Jan 2003, 14:30 - Beitrag #62

Der Lärm verunsicherte die Wachen um ihn herum und selbst Isabell hob ihren Blick. Fieberhaft überlegte er, was zu tun sei, als er plötzlich eine bekannte Stimme hörte:
"Ariana, hierher, schell!"
Gaal hörte die Stimme des Leibwächters durch das Gemurmel und Schreien der Menschen. Die Wachen zogen ihre Schwerter, jemand schrie: "Mörder!"
Er blickte gehetzt um sich, sah aber weder seine Meisterin, noch Torror. Die Gelegenheit war günstig. Er musste weg von diesen Wachen. Er trabte auf eine dunkle Seitengasse zu, als er Torror roch. Der Geruch war streng und Gaal wußte, dass er verwundet war. Sein Hunger züngelte in ihm hoch, ihm wurde fast schlecht und er versuchte, sich wieder zu beruhigen. Frisches Blut. Nein, er konnte doch nicht...
"Jaffasel! Kommst du hierher? Was fällt dir ein?"
Er hörte Isabell rufen und schickte sich an, schneller in das schützende Halbdunkel der Gasse zu gelangen. Als er sich wenig später sicher fühlte, starrte er zurück auf die belebte Straße. Die Wachen hatten zwei Menschen eingekreist, von denen einer Torror war, wie er jetzt erkannte! Seine Freude, ihn endlich gefunden zu haben, war überwältigend. Die Meisterin konnte nicht weit sein! Wer war die Frau an seiner Seite? Was machte er hier? Gaal erkannte, dass Torror gefangengenommen oder gar getötet werden würde, wenn nicht bald ein Wunder geschah.

Ceyx
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Mi 15. Jan 2003, 19:03 - Beitrag #63

Torror zog sein Schwert und stellte sich schützend von Ariana. Dennoch würde es ihm nicht nützen. Er spürte den Schmerz seiner Wunden nun mehr den je. Das Schwert lag ungewohnt schwer in seiner Hand.
Er hatte keine Chance.
Noch bevor er den Gedanken zu Ende gedacht hatte, sauste ihm schon das erste Schwert entgegen. Mit aller Mühe konnte er seine Klinge entgegenhalten.
Isabell war erschrocken stehen geblieben und hatte die Szenerie in sich aufgenommen. Sie konnte nicht sagen wieso, aber sie fühlte, dass sie den beiden, die angegriffen wurden, helfen musste.
Vielleicht war es die Abneigung, die sie gegenüber den Wachen dieser Stadt empfand, die sie zu dieser Überlegung brachte.
Sie spürte, wie ihre Hand, ohne ihr zutun zu einem ihrer verborgenen Dolche fuhr, wie sich um die Klinge schloss. Sie fühlte das kalte Metall zwischen den Fingern.
Sekundenlang rasten ihre Gedanken. Sollte sie den beiden helfen?
Wenn sie es tat, würde ihr Vorhaben scheitern und sie musste flüchten.
Wenn sie es tat, war die Vorbereitung mehrer Jahre, ihr Training und ihr geduldiges Warten auf Rache umsonst gewesen.
So nahe würde sie nie wieder an Rotbart kommen. Für den Bruchteil einer Sekunde sah sie noch einmal den Grund vor sich, warum Rotbart aus tiefstem Herzen hasste. Sie spürte, wie der Hass von neuem in ihr loderte.
Sie zog den Dolch hervor und prüfte spielerisch sein Gewicht, als wollte sie ihn werfen.
Immer wieder fielen ihre Gedanken zu einem Punkt zurück:
Was sollte sie tun?

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Mi 15. Jan 2003, 20:56 - Beitrag #64

Er hatte ihr Treue geschworen. Und damit hatte er auch ihm Treue geschworen. Gaal hetzte über die Straße und sprang der Wache, die gerade zum tödlichen Hieb ausholen wollte, an die Kehle. Blut sprudelte aus der offenen Halswunde und ergoß sich über sein Fell. Der Geschmack war so stark und gut, dass Gaal die Stärke in seinen alten Körper zurückströmen fühlte, die ihn vor einigen Monden beim Kampf und die Rudelherrschaft verlassen hatte. Er war wieder ein Beschützer! Er rettete Leben!

Alle waren sprachlos und erstarrt. Die Wachen sahen hinab zum Wolf, der ihren Hauptmann getötet hatte. Langsam kam wieder Bewegung in die Truppe. Torror sah einen weiteren Mann auf Gaal zukommen. Nie im Leben hatte er sich mehr über einen Wolf gefreut, als heute. Er sprang nach vorne, schlug der Wache die Hand ab und schrie nach hinten zu Ariana:
"Hab keine Angst vor dem Wolf! Er ist ein Freund! Schnell!"
Er drehte sich um, sah gerade noch, wie Ariana von hinten gepackt wurde und ein Schwert an ihrer Kehle aufblitzte. Torror sah kurz zu Gaal, der mit blutbesudeltem Fell eine weitere Wache angriff. Was sollte er tun?

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Do 16. Jan 2003, 18:48 - Beitrag #65

Er hob hilflos sein Schwert. Die Wache, die Ariana als lebendigen Schutzschild benutzte, stolperte einige Schritte rückwärts.
"Ruf den Wolf zurück, oder sie wird sterben!" schrie die Wache. Sein Griff um Ariana's Hals wurde stärker und sein Schwert ritzte kleine, blutende Wunden herein.
"Ich kann nicht..." stammelte Torror hilfslos. Hinter ihm hatte Gaal eine weitere Wache zu Fall gebracht und schlug nun seine Reisszähne in dessen Hals.
Weitere Wachen kamen angerannt, Schwerter wurden aus ihren Scheiden gezogen.
Wieder schrie die Wache ihren Befehl, Torror solle den Wolf zurückrufen, aber selbst wenn Toror es versucht hätte, hätte Gaal ihn nicht einmal verstanden.
Er befand sich ihm Blutrausch, bis und kratzte und tötete und genoss es.
"Verdammt, ich bringe sie um!" schrie die Wache noch einmal. Torror war sich sicher, dass er es tun würde, hier und jetzt und ohne, dass Torror etwas tun konnte.
Ein Zischen glitt durch die Luft, ein Wirbeln zuckte nur milimeterweit an Torror's Kopf vorbei, ein heftiger Schlag folgte, der von einem eigenartigen schmatzenden Geräusch gefolgt wurde.
Die Szene war grotesk. Das Schwert der Wache fiel klirrend zu Boden, sein Griff lockerte sich und er sackte langsam hinter Ariana zusammen.
Für einen Moment schien es Torror, als bliebe die Zeit stehen und die Wache das einzige war, das sich noch bewegen konnte. Das Herantrampeln der Wachen war verstummt, keine Schwerter klirrten mehr, ja sogar Gaal's Knurren war weg.
Es war vollkommen still in diesem Moment, als die Wache zu Boden sank.
Dann schlug sie auf.
Torror sah wie der Griff eines Dolches aus der Stirn des Mannes ragte. Hätte Torror Zeit gehabt, hätte er diesen wunderschön gearbeiteten Dolch bewundert.
Doch in genau diesem Moment schien die Zeit sich entschieden zu haben, wieder in den richtigen Bahnen zu laufen. Der Lärm schlug über Torror zusammen.

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Fr 17. Jan 2003, 15:26 - Beitrag #66

Isabell wusste nicht, warum sie es getan hatte. Jetzt war ihr langer Plan der Rache an Rothaar gescheitert. Wie hatte sie nur so dumm sein können? Der verwundetet Mann stand wie vom Donner gerührt da und wartete ab. Sie atmete heftig und wusste immer noch nicht, was sie tun sollte. Die Leute stoben auseinander und man konnte von weiterm das Klirren von Kettenhemden hören. Sie sah sich um. Etwa zehn Soldaten kamen schnell auf sie zu. Sie blickte zu Elaaqam, der mit gesenktem Kopf neben ihr sass und wartete. Der Verwundete kümmerte sich um die Frau, die sie gerettet hatte. Jaffasel frass an einer Wache und sie musste erkennen, dass Wölfe nicht die zahmen Haustiere sind, wie es Elaaqam war. Ronald, der Führer der Spielmannsleute kam auf sie zu:
"Was hast du getan? Jetzt können wir unsere Anstellung vergessen. Verdammt. Sie zu, dass du und dein Wolf wegkommt, damit wir wenigstens noch gehört werden. Verschwinde!"
Er baute sich drohend vor ihr auf und hob die Hand zum Schlag. Isabell verspürte eine nie gekannte Trauer, aber auch Zorn.
"Ich ... ich ..."
"Spar dir deine Worte. Verschwinde einfach. Ich werde sagen, dass du nicht zu uns gehörst. Los jetzt. Geh zu deinen neuen Freunden!"
Die letzen Worte hatte er mit einer Abscheu ausgespuckt, die Isabell noch nie bei Ronald bemerkt hatte. Sie drehte sich um, blickte zwischen den Wachen und dem Verwundeten hin und her. Schliesslich rannte sie zu ihm. Sie pfiff nach Elaaqam und stütze den Mann, dessen Freundin sie gerettet hatte.
"Mein Name ist Isabell und ich will euch helfen."
"Danke. Torror, Ariana. Wir müssen hier weg. Hast du Pferde?"
"Nein, aber ich kenne mich etwas in dieser Stadt aus. Folgt mir."
Unter argwöhnischen Augen rannten sie in die nächste dunkle Gasse.

Gaal war satt. Er fühlte neue Kraft durch seinen Körper rauschen und er konnt langsam wieder klar denken. Wo war Torror? Er blickte sich um und sah eine grosse Anzahl dieser seltsamen Menschen, die harte Schalen trugen. Dann witterte er Torrors Fährte. Schnell jagte er ihr nach. Er konnte seine Angst riechen.

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So 19. Jan 2003, 19:56 - Beitrag #67

Freude stieg in dem Wolf hoch. Endlich würde er seine Meisterin wiedersehen. Sie war nie weit entfernt von Torror gewessen und war sicher schon zu ihm gestossen.
Hinter sich hörte er die wütenden Schreie der Menschen. Im nächsten Moment warnte ihn sein Instinkt vor einer drohenden Gefahr. Er schlug einen Hacken. Keinen Moment zu früh. Ein spitzer Stab schlug genau dort auf den Boden, wo er sich gerade befunden hatte und schlug Funken aus dem Pflaster.
Gaal beschleunigte seine Schritte, den er wusste, dass es nicht bei diesem einzelnen Stab bleiben würde.
Der Fährte folgend verschwand er in eine dunkle Gasse. Hinter ihm hörte er, wie die Stäbe gegen die Wand prasselten.

Es schienen Stunden. doch Torror wusste genau, dass er dem Mädchen vor sich erst seit wenigen Minuten durch die düsteren und stinkenden Gassen folgten. Er hatte schon lange jede Orientierung verloren. Die Wände zogen nur noch an ihm vorbei, ohne dass er denken konnte.
Der Schmerz in seinem Bein lies ihn bei jedem Schritt leicht zusammenfahren.
Endlich blieb Isabell stehen. Vor ihnen befand sie eine gut zwei Meter hohe Wand. Für einen Moment befürchtete Torror, dass Isabell sich verlaufen hatte, doch machte sie sich einen Moment an der Wand zu schaffen und wie durch Zauberhand öffnete sich eine Passage.
Torror spürte, wie sein Herz einen freudigen Hüpfer machte.

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Mi 22. Jan 2003, 20:58 - Beitrag #68

Die Geheimtür glitt knarrend in die Verankerung und Torror stand keuchend hinter Ariana. Er spürte Isabells Körper, der sich an ihm vorbeischob und hörte, wie sie flüsternd erklärte:
"Gleich könnt ihr ausruhen. Nur noch wenige Schritte. Kommt! Aber seid leise!"
Ariana fühlte sich so warm und begehrenswert an und Torror wunderte sich über diesen Gedanken. Sie hatten schliesslich andere Sorgen! Er folgte den beiden Frauen, die leicht nach vorne gebeugt einen längeren Gang entlangschlichen. Er hörte lautes Stimmengewirr von hinter der Geheimtür und hoffte, niemand der Verfolger würde sie entdecken. Er konzentrierte sich auf den Weg, denn je weiter sie gingen, umso dunkler wurde es. Isabell musste ein teures Duftwasser tragen, so sehr vermeinte er sie zu riechen. Seine Augen gewöhnten sich langsam an das Halbdunkel. Die schlürfenden Schritte und das laute Keuchen, war alles, was er hörte. Als Torror spürte, dass der Gang langsam nach unten abzufallen begann, befürchtete er bald wieder Zill gegenüber zu stehen. Konnte er Isabell trauen? Er kannte sie nicht und jetzt trottete er ihr wie ein treuer Hund hinterher. Torror baute auf Gaals Instinkt. Der Wolf war die ganze Zeit neben ihm hergelaufen. Doch jetzt war er plötzlich verschwunden.

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Do 23. Jan 2003, 19:53 - Beitrag #69

Gaal entfernte sich nervös schnuppernd von Torror und ging einige Schritte voraus. Die Unmenge an Gerüchen der Stadt war mit dem Schliessen der Geheimtüre hinter ihnen geblieben. Doch was Gaal eigentlich erfreuen sollte, beunruhigte ihn. Denn spätestens jetzt hätte er eigentlich den Duft seiner Meisterin vernehmen sollen.
Im Moment jedoch nahm er nur den unangenehmen Duft von Isabell wahr. Gaal fragte sich, wie Menschen derart heftig unangenehm riechen konnten. Deshalb schritt Gaal einige Schritte voraus, denn da musste seine Meisterin sein.
Doch er roch sie nicht.
Und auch ihre Stimme vernahm er nicht in seinem Kopf.
Gaal versuchte sie mit leisen Lauten auf sich aufmerksam zu machen, so dass sie ihm wenigstens ein Wort der Beruhigung spenden konnte.
Alles was er bekam, war eine Warnung, die Isabell ihm von hinten zu rief. Gaal unterdrückte den Impuls, laut zu knurren und konzentrierte sich wieder auf die Dunkelheit vor ihm.

Die Dunkelheit lies die Zeit zur Ewigkeit anwachsen. Torror fühlte die warme Hand von Ariana, die sich an seinen Arm klammerte. Wieder fühlte er das Begehren nach ihr und wieder wunderte er sich über seinen Gedanken, angesichts seiner Situation. Am liebsten hätte er Ariana's Arm abgeschüttelt, dass er nicht mehr ihre Wärme auf seiner Haut spürte.
Er kam nicht dazu, sich zu entscheiden, ob er es wirklich tat, denn in diesem Moment flüsterte Isabell ihnen ein leises Stopp zu. Ariana's Hand löste sich von ganz allein von seinem Arm, als sie stehen blieben.
Er hörte, wie Isabell sich an Stein zu schaffen machte. Er nahm an, dass sie das Ende des Ganges erreicht hatten und fragte sich, was sie wohl erwarten würde. Wahrscheinlich würde sich Isabell schlussendlich als Freund von Zill erweisen und hatte sie womöglich gar zu ihm geführt.
Torror lachte leise. Das wäre dann wohl Ironie des Schicksals...

Barrassa hörte aufmerksam dem Bericht der Stadtwache zu, während er seinen Blick über den Platz gleiten lies. Ihm bot sich ein Bild des Schreckens. Das Blut mehrerer Wachen sammelte sich zwischen den Kopfsteinpflaster, floss als kleine Rinnsale zusammen, bis es irgendwo in einem Schacht in die Tiefe tropfte. Manche Leichen waren kaum noch als solche zu erkennen. Barrassa hoffte, dass Rotbart einen Trupp losschicken würde, der Torror jagen sollte, nachdem sie die Stadt durchsucht hatten.
Er würde Rotbart vorschlagen, der Anführer der Truppe zu sein.
Er empfand zwar keine Lust, mit jemandem zusammen zu reiten, doch er brauchte einen Ortskundigen.
Er musste Torror in die Finger bekommen und herausfinden, ob seine Befürchtung stimmte.
Soran hatte jegliches Interesse an dem Leibwächter verloren und war bereits auf die Heimreise aufgebrochen, da ihn die Nachricht ereilt hatte, dass sein Vater krank geworden sei.
Barrassa grinste. Wahrscheinlich hatte ein Anschlag schlussendlich doch noch sein Ziel gefunden.

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So 26. Jan 2003, 14:36 - Beitrag #70

Soran sah schon von Weitem die schwarze Flagge über Ilkmar, Dalaigas "Erste Stadt", wehen. Für wenige Augenblicke traf ihn der Schmerz unvorbereitete, hatte er doch nicht damit gerechnet, seinen Vater zu verlieren. Erst langsam setzte sich die Gewissheit durch, dass er nun König von Dalaigas war. Plötzlich musste er sich schwer zusammenreissen, um nicht laut loszulachen. ER war der neue König! Sein Vater war tot! Endlich würde ihm die Macht zur Verfügung stehen, auf die er sein ganzes Leben lang gewartet hatte. Endlich konnte er tun und lassen, was er wollte! Ein starkes, kribbelndes Gefühl druchströmte seinen Körper - MACHT! Ausgezogen war er als Königssohn, zurückgekehrt als 37. König von Dalaiga!
Er trieb sein Pferd an und gallopierte auf das hohe Stadttor zu. Man erkannte ihn früh an seiner Rüstung und so öffnete sich das Tor lange bevor er ankam. Auf dem Weg zum Palast sah er sich seine Untertanen an. Müde, abgespannte Bauern, Tagelöhner und ab und an einen ehrbaren Händler. Die, die es sich leisten konnten, trugen schwarze Kleidung als Zeichen ihrer Trauer. Soran hatte nie gewusst, wie viel sein Vater dem Volk bedeutet hatte. Er würde schon bald dafür sorgen, dass sie ihren neuen König fürchteten, nicht verehrten. Furcht war eine bessere Geissel als Bewunderung, dass kannte er vom Schlachtfeld. Als er den stickigen Raum seines Vaters betrat, in dem es schon leicht nach Verwesung roch, wurde ihm fast übel. Die Berater waren vollzählig anwesend und verneigten sich sofort, als er vor ihnen stehen blieb.
"Er ist im Schlaf gestorben, König Soran."
"Seid ihr sicher? Hat ihn jemand vergiftet?"
"Nein, er ist im Schlaf gestorben."
Soran trat näher und sah in das dunkelblau angelaufene Gesicht seines Vaters. Er wusste, welches Gift diese Erscheinungen hervorrief.
"Wirklich wahr, meine Berater. Er ist im Schlaf gestorben. Bereitet die Beerdigung und meine Krönung vor."
Alle verneigten sich und verliesen den Raum. Lef trat ein.
"Was willst Du?", blaffte Soran ihn an.
"Entschuldigt, eure Majestät, aber ich muss mit Ihnen reden."
"Was gibt es?"
"Isidor ist wieder erwacht, Herr. Er will Euch etwas sagen. Es ist wichtig."
"Ich komme gleich. Lass mich einen Augenblick mit meinem Vater allein."
"Natürlich."
Soran wartete noch, bis die Tür geschlossen wurde, dann trat er an das Bett seines Vaters und betrachtete ihn lange.
"Du liegst in meinem Bett, Vater!", stiess er hervor und riss das Laken sammt Leiche herunter. Er starrte auf den verdrehten Körper seines Vaters hinunter und brummte:
"Dort wollte ich dich schon immer haben, Vater!"
Das Wort "Vater" spuckte er förmlich aus sich heraus. Er trat ans Fenster und warf einen Blick auf sein Reich. Dann kehrten seine Gedanken zu Isidor zurück. Er hatte nich damit gerechnet, dass er überleben würde. Was wollte er wohl von ihm? Tarraja war tot. Die Sorge um sie war verloschen, auch wenn Barrassa immer noch misstrauisch war und einem Gespenst nachjagte.

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Mo 27. Jan 2003, 20:45 - Beitrag #71

Als Soran das Zimmer betrat, in dem Isidor lag, schlugen ihm ähnliche Gerüche entgegen, wie vorhin. Es roch nach Krankheit, Blut, Schweiss. Soran trat an das Bett.
"Was willst du?" fragte er unwirsch. Isidor jedoch bewegte sich nicht. Soran wollte seine Frage schon wütend wiederholen, als Isidor nun doch die Augen aufschlug. Im gleichen Moment sah Soran, dass diese Augen nie wieder sehen würden. Sie blickten leer und trüb.
"Soran, seit ihr es?"
"Was willst du?" wiederholte Soran nun doch seine Frage.
"Was ist mit Tarraja?" seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, sie war schwach und zittrig.
"Sie ist tot."
"Tot..." stammelte Isidor. "Seit ihr sicher? Habt ihr ihre Leiche?"
"Wagst du es, dem Wort deines Königs zu misstrauen?" fuhr Soran auf. "Passt auf, es könnte euch euren Kopf kosten." Mit diesen Worten drehte er sich um und wollte den Raum verlassen.
"Die Schwingen des Feuers..." Die Worte Isidor's liesen Soran stocken.
"Brennende Schwingen werden auf die Erde kommen...die Eine zu holen, wenn Fleisch Leib wird und auf die Erde fährt...Der Himmel wird brennen, anzukündigen die Rückkehr des Feuers...
Die Welt wird Staub sein...und weder Leben noch Tod, nur ewiges Nichts bleibt."
"Schweig!" Soran fuhr herum. "Auch ich kenne die Vorsagen des Propheten Mefiast. Soviel ich weiss, wurde er hingerichtet."
Soran verlies endgültig den Raum und ging in seine private Gemächer.
Das kann nicht sein waren seine Gedanken.
Die Tür fiel ins Schloss hinter ihm. Mit einem Ruck ries er das Tablett, welches frische Speisen auf sich trug, vom Tisch, nahm ein Glas und zerschmetterte es an der Wand. Seine Zerstörungsorgie hielt weiter an, er ries den Wandteppich von der Wand, sties Möbel um, bis sein Zorn verraucht war.
Die Schwingen des Feuers...

"Das wird brennen." sagte Isabell, als sie Torror einen Brei aus Kräutern und Wurzeln über die lange Wunde, die er am Bein davongetragen hatte, verteilte. Es brannte tatsächlich, war aber im Vergleich, zu den Strapazen der letzten Stunden erträglich. Seine schlechten Vorahnungen hatten sich alle als falsch erwiesen. Weder waren sie Zill in die Hände gelaufen, noch hatte ein Trupp ausserhalb der Stadtmauern auf sie gewartet. Das lag daran, dass der Gang, durch den Isabell sie geführt hatte, unterirdisch aus der Stadt geführt hatte. Sie waren einen guten Kilometer von der Stadt entfernt wieder ans Tageslicht gekommen. Isabell hatte sie anschliessend weitergeführt, da sie sich in der Gegend auskannte. Sie hatten eigentlich in ein kleines Dorf wollen erreichen, doch hatten während ihrem Marsch in der Dunkelheit jegliches Gefühl für Zeit verloren. So hatte die Abenddämmerung sie überrascht und nun rasteten sie im Schutze eines Hügelhanges. Sie waren alle erschöpft, und froh über die Rast, nur Gaal war in der Dunkelheit verschwunden.

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Do 30. Jan 2003, 08:20 - Beitrag #72

Gaal zog traurig durch die nahen Wälder und hoffte immer noch, seine Meisterin zu finden. Der Leibwächter hatte ihm nicht sagen können, was mit ihr passiert war. Wie denn auch? Nur seine Meisterin hatte ihn wirklich verstanden. Der Mond war immer noch voll und sein Licht tröstete Gaal nur schwach. Was sollte er tun? Bei dem Leibwächter bleiben? Alleine zurück in die Stadt? Nein, das wäre keine gute Idee. Sein Magen knurrte und er bereitete sich auf die Jagd vor.

"Wieso habt Ihr uns geholfen, Isabell?", fragte Torror, nachdem das Brennen in seinen Wunden nachgelassen hatte. "Ich muss gestehen, ich weiss es nicht. Vielleicht, weil Ihr in Bedrängnis ward."
Ihr Blick wanderte zu Ariana und Torror realisierte, dass es eine sehr romantische Situation gewesen wäre, hätte er nicht vor einigen Augenblicken nicht dem Tod ins Antlitz geschaut. Zwei wunderschöne Frauen im sanften Mondlicht und er. Allein ein leise knackendes Feuer fehlte jetz noch, dachte er bei sich.
Er sah Ariana aufstehen und sich strecken. Ihr knappes Tanzkleid, das sie immer noch trug lies ihren Körper in diesem fahlen Licht begehrenswert aussehen.
"Was habt Ihr in der Stadt gesucht und warum war man hinter Euch her?", fragte Isabell mitten in seine Gedanken.
Er zögerte einen Moment.
"Und woher habt Ihr diesen Wolf?", fragte sie weiter.
Torror setzte sich etwas auf.
"Wir mussten fliehen. Man trachtete uns nach dem Leben. Gaal, so heisst der Wolf, gehörte meiner Meisterin. Sie ist tot."
Stille breitete sich aus. Isabells Blick lies einen Anflug von Trauer erahnen und er selbst spürte tief in sich, dass ein Teil von ihm mit Tarraja gestorben war. In der Ferne erklang ein klagendes Wolfsgeheul. Gaal. Torror war sich sicher, dass sich Gaal sehr einsam vorkommen musste.

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Sa 1. Feb 2003, 18:00 - Beitrag #73

Ein neuer Tag brach an. Ariana fühlte sich wenig erfrischt und müde. Ihr war nach einem Bad, denn sie fühlte sich schmutzig. Sie hatte nur wenig geschlafen, sondern war beinahe die ganze Nacht am Feuer gesessen und hatte nachgedacht.
Sie fragte sich, was sie nun tun sollte. Es war nicht so, dass sie ihren Entschluss, mit Torror zu fliehen bereute. Nein, sie war froh endlich aus der ewigen Dunkelheit der Unterstadt von Zill entkommen zu sein.
Aber was sollte sie nun tun?
Bei all ihrer Grübelei war sie zum Schluss gekommen, dass sie es nicht wusste. Ihre einzige Idee war, weiter Torror zu folgen. Aber was hatte er vor? Wohin würden sie gehen?

Soran hörte die Jubelschreie, noch bevor er den Saal betrat, so laut waren sie. Doch als er den Raum betrat, erschlug ihn der Anblick beinahe doch. Es waren Tausende, die sich in der Halle der Könige eingefunden hatten. Die Halle, die nur zu einem Zweck geöffnet wurde: einen neuen König zu krönen. Soran hatte sie noch nie zuvor von ihnen gesehen, doch er wusste, dass ihre Ausmasse gewaltig waren.
Er versuchte sich keine Gedanken anzumerken lassen, sondern schritt gefasst den langen, roten Teppich entlang, der auf beiden Seiten von Wächtern gesäumt war, die den Auftrag hatten, den jubelnden Plebs zurückzuhalten.
Der Teppich führte ihn zu einer hüfthohen Steinsäule, auf der die Krone lag. Der königliche Tiger lagen auf der Seiten der Säule, angekettet. Das Wappentier von Dalaiga. Soran wusste genau, dass er nichts vor diesem Tier zu befürchten hatte, denn es war zahm.
Zahm. Genau wie das Königreich. dachte Soran
Doch nun würde eine neue Zeit anfangen, die man noch in tausenden von Jahren erinnern werde. Der Aufstieg von Dalaiga.
Dalaiga würde nicht mehr länger zahm auf seinen Untergang warten, sondern endlich wieder seine Zähne zeigen.
Es war Zeit, dass der Tiger von Dalaiga wieder Blut roch...

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Mo 3. Feb 2003, 20:40 - Beitrag #74

"Was machen wir jetzt? Wohin gehen wir?", fragte Ariana Torror, als sie ein paar Beeren zum Frühstück assen.
"Ich weiss es nicht."
Sie blickte den Hügel hinab, auf den sie gegangen waren, um nach den wohlschmeckenden Belaatambeeren zu suchen. Dieser seltsame Wolf war mitten in der Nacht wieder zurückgekommen und hatte Ariana gehörig erschreckt. Wie war sie nur an diese verrückte Truppe geraten? Jeder Knochen tat ihr weh und ihr graute vor der nächste Nacht unter freiem Himmel. Sie sah Torror zu Isabell gehen und ihr ein paar Beeren reichen. Sie sah traurig aus. Welche Gedanken ihr wohl durch den Kopf gingen? Sie schlenderte zu den Beiden und setzte sich ins Gras. Der Wolf kam langsam angelaufen und legte sich vor Torror hin. Alle starrten irgendwo hin und niemand sagte ein Wort. Schliesslich sah sie Isabell aufstehen und sich strecken. Dann sagte sie: "Los, wir gehen nach Kan´s Heim. Wir können hier nicht bleiben."
"Was wollen wir dort?", fragte Ariana. Sie hatte nur wenig von diesem Reich im Osten gehört und hatte kein Bedürftniss, die Zwerge zu treffen, von denen Zill immer erzählt hatte. Sie sollten Menschenfleisch fressen und aus Schädeln ihren starken Met schlürfen. Sie schüttelte sich.
"Hast du eine bessere Idee? Ich kenne mich dort aus. Es ist sicher."
"In Ordnung. Aber nur solange, bis ich wieder vollkommen gesund bin. Dann kehre ich zurück und schneide diesem Zill die Kehle durch!", presste Torror voller Zorn hervor.

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Di 4. Feb 2003, 18:53 - Beitrag #75

Ihm behagte der Gedanke nicht. Torror hatte zwar keine Ahnung, wie weit es nach Kan's Heim war, er war sich aber ziemlich sicher, dass es mehr als eine Tagesreise war.
Isabell hatte ihm auf die betreffende Frage nur geantwortet, dass sie es selber nicht genau wisse.
Torror hatte sie skeptisch gefragt, wie sie dann in aller Welt den Weg finden wollte.
Isabell hatte nur gelächelt und ihren Wolf im Nacken gekrault.
Ihm gefiel der Gedanke nicht. Dennoch, er vertraute Isabell. Immerhin hatte sie ihnen geholfen und sie bereits sicher aus der Stadt geführt. Doch da war noch etwas. Irgendwie schien Isabell eine Aura des Vertrauens zu versprühen, die es schwer machte, ihr nicht zu trauen. Selbst Ariana hatte keine ihrer Bedenken mehr geäussert und lief nun stumm neben Torror her.
Er musterte sie von der Seite. Ihm viel erst jetzt wieder auf, wie knapp ihre Tanzkleider waren. Den Tag über war das vielleicht kein Problem, aber abends würde sie erbärmlich frieren. Zudem war sie nicht gerade unauffällig mit dieser Art von Kleidung.
Torror spielte mit dem Gedanken, eine Stadt oder ein Dorf anzusteuern. Die Kleidung von Ariana war nicht der einzige Grund. Sie hatten keinerlei Proviant bei sich, noch sonstige Ausrüstung.

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Sa 8. Feb 2003, 17:07 - Beitrag #76

Soran fiel müde in sein königliches Bett. Der Wein benebelte all seine Gedanken und er wanderte von einer grössenwahnsinnigen Idee zur nächsten. Ein dümmlich verzerrtes Grinsen huschte über seine Gesichtszüge, als er an die bevorstehenden Kriege dachte. Er würde sich zum Herrscher der sieben Königreiche aufschwingen und die Freude, die ihn diese Vorstellung verschaffte, wurde übermächtig. Er grunzte wie ein dummer Bauernlümmel und sabberte vor sich hin. Langsam beruhigte er sich wieder. Einen Moment lang war er sich fremd vorgekommen, so dreckig und hässlich. Er setzte sich auf den Rand des Bettes, das noch letzte Nacht seinem Vater gehört hatte und blickte aus dem Fenster. Der volle Mond stand hoch am Himmel und Soran hörte die Worte seines Sternendeuters in den Ohren nachklingen:
"Herr, die Zeit für eine grosse Veränderung ist gekommen. In den nächsten Tagen wird die dunkle Sonne über das Königreich kommen und das Volk wird wieder einmal mehr als verängstigt sein. Ihr habt die Macht zum Beherrscher des Kontinents zu werden, wenn Ihr Euch nicht dem Willen der Götter verschliesst! Kämpft um Euer Recht!"
Soran erhob sich, ging zum Fenster und blickte hinab auf sein Volk. Nur wenige Lagerfeuer zeugten von dem spärlichen Leben bei Nacht. Ein leichter Wind blies aus Norden und brachte angenehm kühle Luft mit sich. Mit jedem tiefen Atemzug wurde er ruhiger und sein Kopf klärte sich. Die Zeit der Kriege war da. Und morgen würde er sich anschicken, seine Armeen zu formieren. Kan´s Heim würde schon bald ihm gehören! Nur flüchtig wanderten seine Gedanken zu Tarraja, die laut Isidor noch leben sollte. Er wusste es besser. Er hatte sie sterben sehen.
Soran nahm einen tiefen Schluck des restlichen Weines, den er mit auf sein Zimmer genommen hatte und warf den Becher hinter sich. Auf in den Kampf!

Ceyx
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So 9. Feb 2003, 19:02 - Beitrag #77

Stunde um Stunde wanderten sie. Die grüne Ebene war bald in einen Wald übergegangen. Der Wald um sie herum war immer dichter geworden, gewaltige Bäume nahmen ihnen die Sicht, Wurzeln spannten sich über den Boden, die so beinahe so gross wie Torror selbst waren. Das helle Licht der Sonne war bald einem grünen Leuchten gewichen, das irgendwie den ganzen Wald auszumachen schien. Torror hattte immer wieder das Gefühl, vor einer Wand aus dornigen Sträuchern und gewaltigen Ästen zu stehen, doch immer wieder fand der Wolf von Isabell einen Weg.
Torror hatte sie vor einiger Zeit wegen einer Stadt angesprochen, doch Isabell hatte nur stumm genickt. Immerhin musste er sich wegen der Auffälligkeit ihrer Kleidung im Moment keine Sorgen machen. Wenn sie hier jemand sah, waren sie so oder so auffällig. Aber der Wald um sie herum hatte auch sein gutes. Wenn sie verfolgt wurden, würde es gar nicht so einfach sein, ihnen zu folgen.
Langsam wurde das leuchtende Grün um sie herum schwächer, verlor an Intensität und wich zusehends einer Schwärze.
Schliesslich, noch bevor das Grün ganz verschwunden war, hatte Isabell einen Platz gefunden, den sie für sicher zum rasten hielt. Torror konnte ihrer Entscheidung nur zustimmen. Sie hatten einen Baum gefunden, dessen lange Äste von der Schwere ihrer Blätter bis beinahe zum Boden reichten. Sie hingen Glockenartig um den Baum herum, so dass zwischen den Ästen und dem Baustamm einiges an Leeraum entsanden war.
Selbst wenn jemand am Baum vorbeigehen würde, konnte er sie nicht sehen. Natürlich konnten sie kein Feuer machen, doch Torror hätte sich dass sowieso nicht getraut.
Nachdem sie eine Weile schweigend unter dem Baum gesessen waren, ergriff Isabell das Wort.
"Bis zu den Bergen haben wir noch einiges vor uns. Wir sollten wirklich in einer Stadt halt machen und uns ausrüsten. Die einzige Stadt jedoch, die ich kenne, ist Silven. Die kennt jedoch jeder. Sie liegt mitten im Wald und bietet Rast für jeden Wanderer, der ihn durchkehren will. Wenn sie uns suchen, werden sie da auf uns warten. Ausser sie suchen uns in einer ganz anderen Richtung. Darauf würde ich aber nicht zählen. Wir können entweder versuchen die Berge so zu erreichen oder in die Stadt gehen." Sie verstummte wieder und blickte ihre Gefährten einen Moment an, als erwartete sie eine Antwort. Als weder Torror, noch Ariana etwas sagten, zuckte sie mit den Schultern.
"Naja, ich glaube wir schlafen erstmal darüber. Entscheiden können wir uns auch morgen noch."

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Mi 12. Feb 2003, 22:54 - Beitrag #78

Torrors Träume waren ein Wechselbad der Gefühle: er wurde gejagt, musste um sein Leben kämpfen, durchstreifte mit Gaal zusammen die Steppe und dann traf er auf SIE - Tarraja schwebte einem Engel gleich über ihnen, eine gepeinigte Frau, immer noch schön, aber das Gesicht in Trauer gehüllt; eine einzelne Träne rann über ihre Wange. Er versuchte zu ihr zu gelangen, sie festzuhalten, als sie langsam in den Himmel entschwinden wollte. Er spürte die brennenden Hände von Lassa´rem, dem Gehilfen Eli´torams. Seine Haare fingen Feuer, er schrie sich die Schmerzen von der Seele, die der erneute Verlust Tarrajas in ihm auslöste. Torror fiel auf den Boden, roch verbranntes Fleisch und ausgedörrte Erde. Als er wieder sehen konnte fand er sich auf einer riesigen Ebene, die ihn an das Schlachtfeld erinnerte, das Tarraja hinterlassen hatte, als sie Sorans Armee auslöschte. Sein Schmerz wuchs ins Unermessliche und schreiend wachte er auf.

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So 16. Feb 2003, 12:49 - Beitrag #79

Sein Atem ging schwer, ihm war schwindelig und ein laues Gefühl machte sich in seinem Magen breit.
Er brauchte einen Moment, um sich zurechtzufinden. Langsam gewöhnten sich seine Augen an das Dunkel, er lag noch immer unterhalb ihres Versteckes. Er sah die beiden Körper von Ariana und Isabell, die um das Lagerfeuer herumlagen.
Dann sties ihn etwas von der Seite an. Im ersten Moment erschrak Torror, als er in die hellen, leuchtenden Augen eines Tieres blickte, doch dann erkannte er Gaal.
So absurd ihm der Gedanke erschien, aber er glaubte, dass der Wolf ihn traurig und sorgenvoll anblickte.
Und dann tat er etwas, wofür er sich selber vor noch nicht allzu langer Zeit für verrückt gehalten hätte. Er redete mit dem Wolf.
"Was sollen wir nun tun?" fragte er Gaal. "Wir haben beide verloren, wofür wir am meisten gekämpft haben..." Er verstummte, als Ariana sich bewegte und sich aufrichtete. Sie blickte ihn schlaftrunken an.
"Mit wem redest du?" fragte sie ihn schliesslich.
"Mit..." er brach abrupt ab, als er Gaal anblickte. Oder dorthin blickte, wo Gaal sein sollte, denn der Wolf war verschwunden.
"Mit niemandem." beendete er seinen Satz. Einen Moment lang sahen die beiden sich an, bis Torror Ariana's Blick unangenehm wurde. Er stand auf, packte sein Schwert.
"Ich werde etwas zu essen besorgen." Dann verlies er ihr Versteck.

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Sa 22. Feb 2003, 12:56 - Beitrag #80

Sorans Kopf dröhnte vom vielen Wein der letzen Nacht. Erholt fühlte er sich nicht. Das laute klirren der Waffen und Rüstungen der Palastwache, die vor ihm Aufstellung nahm verusachte ihm Übelkeit und er zwang sich dazu, sie nicht zu zeigen. Lef stand etwas abseits mit einem unglücklichen Ausdruck im Gesicht. Soran machte sich Sorgen um ihn. Wenn es nötig werden würde, lies er ihn töten. Ein wertvoller Berater weniger. So etwas wie Trauer legte sich über sein Gemüt, als er daran dachte, wie wenige seiner Untergebenen seinen neuen Kurs gutheissen würden. Manchmal musste man sich über die Bedürftnisse des Einzelnen hinwegsetzen. Er wollte nicht, dass Dalaiga versumpfte und von aussen durch Gesindel infiltriert wurde. Langsam kehrte Ruhe auf dem Hof ein. Die Wache stand und Barrassa meldete die Bereitschaft der Garde. Soran schritt langsam an ihnen vorbei, musterte sie alle eingehend und blieb vor einem schlanken Mann stehen, der zitterte.
"Was hast du? Warum zitterst du?"
Die Angst stand dem jungen Soldaten ins Gesicht geschrieben. Soran wartete. Schliesslich fragte er: "Was ist? Bist du taub?"
Ein zögerliches Kopfschütteln war die Antwort.
"Du hast Angst.", setzte Soran an und genoss es zu sehen, wie sein Gegenüber die Augen aufriss, nervös zu Barrassa schielte und fahrig über seinen Lippen leckte.
"Angst ist gut. Angst hält dich am Leben. Aber zuviel Angst lähmt dich. Sieh zu, dass du das unter Kontrolle kriegst!"
Soran legte seine Hand auf die Schulter des Soldaten und sah sich in der Garde um.
"Ich weiss, es ist eine schwere Zeit und ich verlange viel von Euch. Aber es ist zum Ruhme Dalaigas! Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wie immer mehr Land von unseren Feindem im Süden annektiert wird. Wir müssen unser Weideland verteidigen. Ich weiss, ihr werdet mir helfen, Dalaiga zu noch nie dagewesener Grösse und Ruhm zu führen!"
Soran trat zurück, ging zu Barrassa und flüsterte ihm zu:
"Ich will, dass du diesen Feigling in einen Helden verwandelst. Stärke seinen Glauben und schule ihm im Kampf. Ich will, dass er in wenigen Wochen eine eigene Rotte führen kann. Wir brauchen diese naiven Kerle, um zu siegen."
Ihre Blicke trafen sich und Soran wusste nicht, ob Bewunderung oder Hass in Barrassas Augen lag. Er würde vermehrt auf die Menschen achten müssen, mit denen er sich in Zukunft umgab.
Er verlies den Hof und überlies es Barrassa, die Garde einzuweisen, nach Verstärkung der königlichen Armee zu suchen. Seine Gedanken wanderte zu Isidor. Dem Seher ging es langsam wieder besser, aber es gab immer noch Tage, an denen er nicht ansprechbar war. Er musste unbedingt wissen, was Isidor zu seinen Kriegsplänen sagte. Und ob er etwas Neues von Tarraja zu berichten wusste.

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