Das Land der schwarzen Sonne

Gemeinsam Welten und Figuren erfinden - Fortsetzungsgeschichten zum Mitschreiben.
Ceyx
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Mi 18. Sep 2002, 09:57 - Beitrag #1

Das Land der schwarzen Sonne

Torror zog das Schwert aus dem Kadaver des Killers. Das schmatzende Geräusch ekelte ihn. Sein Blick ging nach Osten, wo die Sonne aufging. Es war schon der zweite Killer gewesen, der geschickt worden war, seine Meisterin zu töten. Er wandte sich nach Westen und ging auf den Turm zu, der einsam in der Einöde stand.

Ceyx
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Mo 23. Sep 2002, 08:47 - Beitrag #2

Also, ich bin gebeten worden, das Land der schwarzen Sonne noch ein bisschen vorzustellen, damit das Einsteigen leichter wird.
Die Hauptperson, Torror, eine Art Leibwache, arbeitet für eine "Meisterin"- wie er sie selber nennt-, nun diese Meisterin wird von ein paar Killern gejagt. Eigentlich will ich hier noch nicht erfinden, wieso - das könnte ja Torror im Lauf der Geschichte herausfinden.
Die Meisterin wohnt im Turm in einer Einöde. Natürlich kann Torror nicht die ganze Geschichte über hier bleiben. Also schicken wir ihn mit seiner Meisterin auf einen Quest - sagen wir mal, der Turm wird von mehreren Soldaten angegriffen und sie müssen fliehen.
Das Land der schwarzen Sonne besteht aus den typischen Fantasy-Utensilien. Einödenen, Städte, Wälder, etc. Der Name ist auf eine Sonnenfinsterniss zurückzuführen, die jedes Jahr das Land verdunkelt.
Reicht das, mal zum schreiben oder wollt ihr noch mehr?

Seeker
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Do 26. Sep 2002, 08:52 - Beitrag #3

Die heraufziehende Sonne vertrieb die Nebelfetzen und ein hungriger Wolf, aus seinem Rudel ausgestoßen, witterte den toten Körper. Er kam zögerlich näher, während er den davonschreitenden Mann genau beobachtete. Sobald dieser im Turm verschwand, schlich er näher, vergrub seine Schnauze im noch warmen Fleisch. Das Blut färbte sein Fell in hellem Rot und er genoß diesen Moment des Glücks. Vergessen war die Schmach, die ein junger Wolf ihm angetan hatte, vergessen die Einsamkeit. Aber er war alt genug, um immer noch auf seine Umgebung zu achten. Während er fraß, sah er eines dieser Wesen aus dem Turm zu ihm herüber sehen. Er hielt inne und hob den Kopf. Blut troff ihm aus dem Fell. Er wußte plötzlich, dass er dort eine Leidensgefährtin hatte. Sie war ebenfalls einsam und verlassen. Plötzlich sprach sie mit ihm in seiner Sprache und er wußte, er würde nie wieder alleine sein.

Ceyx
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Mi 23. Okt 2002, 13:50 - Beitrag #4

Torror betrat den Saal im zweiten Stock des Turmes. Der Marmorboden spiegelte seine Umgebung wieder. Säulen, die im Kreis standen markierten den Umriss des Raumes. Seine Meisterin stand am Fenster, mit dem Rücken zu ihm. Torror ging langsam auf sie zu.
Er blieb stehen, als sie seufzte.
"Torror, mein treuster Freund. Wieder hast du mich gerettet. Wie kann ich dir nur je danken?"
Torror fiel auf die Knie. "Sie schützen zu dürfen ist dank für sie. Das ist mein Leben. Mehr brauche ich nicht, meine Meisterin."
Endlich drehte sie sich um.
"Torror. Was ist, wenn du einmal nicht mehr bist? Wenn einer kommt, der stärker als du ist? Wenn eine ganze Armee vor unserem Turm steht, und meinen Tod fordert."

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Mi 23. Okt 2002, 15:01 - Beitrag #5

Nachdem der Wolf seinen Hunger gestillt hatte, trottete er langsam auf den Turm zu. Eine seltsame Stille lag über der Lichtung und er kam sich unendlich alt vor. Vor dem Tor angekommen, setzte er sich wie angewiesen und wartete. Währenddessen putzte er sich, so gut er konnte. Leise Schritte ließen ihn innehalten. Sie kamen langsam näher und er witterte einen Mann, der ihm nicht wohl gesonnen war. Aber SIE würde ihn aufnehmen, SIE würde ihn verstehen und mit ihm zusammen die Einsamkeit bekämpfen.
Knarrend öffneten sich die Tore und Torror starrte argwöhnisch auf den alten Wolf, dessen Fell rot befleckt war. Er ließ ihn hinein, sah sich ein letztes Mal um und schloß das Tor hinter sich. Als er dem Wolf nachging, überlegte er, was seine Meisterin mit ihrer letzten Frage gemeint hatte. Bis auf einige wenige Menschen wußte niemand, wo sie zu finden war und ihr Einfluß war jetzt schon so gering, dass sie keine eigentliche Gefahr mehr darstellte. Er würde wachsam sein.
Aber mit einem hatte sie recht: wenn er länger alleine blieb, konnte er nicht für ihre Sicherheit garantieren. Er brauchte Verstärkung. Dieser Wolf war nur ein Schoßtier und alt. Wo würde er Unterstützung finden können?

Ceyx
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Mi 23. Okt 2002, 16:14 - Beitrag #6

Torror's Blick glitt über die Einöde. Die Sonne neigte sich im Westen dem Horizont zu.
Wo würde er Hilfe finden?
Niemand auf der Erde würde verstehen, was ihn mit seiner Meisterin verband. Es war keine Liebe oder gar nur Zuneigung. Torror stand in ihrer Schuld, er hatte geschworen, sie zu schützen.
Für einen Moment huschten die Worte seines Schwures durch seinen Kopf...
Es war ein Schwur, der sein Leben veränderte. Dennoch bereute er ihn in keiner Weise.
Er ging in den Turm zurück.
Die untergehende Sonne lies ihn nicht die Staubwolke am Horizont sehen.

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Do 24. Okt 2002, 11:03 - Beitrag #7

Als Torror in den am höchsten gelegenen Zimmer trat, sah er, wie seine Meisterin (@Ceyx: wie wärs mit nem Namen?) das jetzt saubere Fell des Wolfes kraulte und ihren Gedanken nachhing. Er setzte sich auf eine kleine Bank, die an der westlichen Wand aufgestellt war und wartete, bis sie etwas sagen würde.
"Ich habe ihm den Namen Gaal gegeben, Torror. Er wird uns treu zur Seite stehen!"
Torror erhob sich und trat näher.
"Entschuldigt, aber wie kann ein alter Wolf für uns von Nutzen sein? Er ist schwach und wird bald sterben!"
Dabei spuckte er aus und legte die Hand auf sein Schwert. Gaal knurrte leise und ließ Torror nicht aus den Augen.
"Laß dich nicht vom äußeren Erscheinungsbild täuschen. Es wird der Tag kommen, da wirst du froh darüber sein, dass er an unserer Seite steht!"
Ihre Stimme klang kalt und traurig. Torror fragte sich, wie lange sie hier noch sicher sein würden. Und Gaal mochte ihn genausowenig, wie er ihn mochte, das war offensichtlich.
"Ich werde noch eine Runde um den Turm gehen, Meisterin! Zur Sicherheit."
Sie nickte und wandte ihre Aufmerksamkeit dem Wolf zu. Als Torror an der Tür angekommen war, hörte er sie sagen:
"Ich wünsche, dass du dich mit ihm anfreundest, Torror. Wir brauchen ihn. So wie ich dich brauche!"
Er nickte langsam und ging hinaus.

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Do 24. Okt 2002, 19:04 - Beitrag #8

Es war nicht seine Art, Befehle seiner Meisterin ihn Frage zu stellen. Aber wie sollte ihnen ein alter Wolf helfen?
Die Sonne war mittlerweile hinter den Horizont gesunken und die Nacht war im Osten hereingebrochen. Im Westen färbte die Sonne mit letzter Kraft den Horizont blutrot, ein schwaches Flimmern.
Torror drehte sich wieder zum Turm um, als ein Geräusch ihn herumfahren liess.
Ein einzelnes Ross war auf dem Weg zu ihnen.
Torror's Hand fuhr zum Schwert. Wieder ein Mörder? Doch die Geräusche des Pferdes kamen näher und schliesslich erschien es im Fackelschein des Turmes.
Ein schwarzgekleideter Mann sass darauf.
"Lebt hier Tarraja?"
Torror nickte stumm und zog sein Schwert. Er war erstaunt, normalerweise fragte die Mörder nicht nach, ob sie hier richtig waren.
"Steckt euer Schwert weg, denn ich habe nur eine Nachricht von König Maix"
Torror's Gedanken rasten. Warum sollte der König des Nordreiches ihnen eine Nachricht zu kommen lassen?
"Ein Heer ist auf dem Weg zu eurem Turm." fuhr der Reiter fort. "Ein Heer, dass ihr weder bekämpfen noch vor dem ihr fliehen könnt. Der König legt euch nahe, aufzugeben oder zu sterben."

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Fr 25. Okt 2002, 12:39 - Beitrag #9

Der Reiter wartete. Torror stand noch immer da, gab keine Antwort und beobachtete jede Bewegung des Fremden.
"Ich werde warten, bis du Tarraja (Danke!) die Nachricht überbracht hast! Geh!", stieß dieser hervor und wedelte mit einer Hand in Richtung des Turmes.
Torror fühlte, wie Haß in ihm wuchs und spuckte aus.
"Verschwinde, Elender. Ihr müßt uns schon töten, ergeben werden wir uns nie!"
Der Reiter nickte nur stumm und lenkte sein Pferd zurück in die Richtung, aus der er gekommen war. Torrors Blick folgte ihm und als er weit genug entfernt war, rannte er zurück zu Tarraja.

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Fr 25. Okt 2002, 20:32 - Beitrag #10

Er eilte in den Saal zurück. Der alte Wolf knurrte, als er lautstark in den Saal stolperte.
"Meisterin!" seine Stimme überschlug sich.
"Ich weiss. Wir müssen fliehen." gab Tarraja leise zur Antwort.
Torror blieb ungläubig stehen. Woher wusste sie bereits davon? Sie konnte nie im Leben das Gespräch mit dem Reiter von hier oben gehört haben.
Torror wischte seine Bedenken zur Seite. Es gab jetzt wahrhaft wichtigeres.
"Meisterin. Wir können nicht fliehen. Sie werden uns einholen. Wenn sie nicht bereits im Kreis auf uns zu kommen."
Tarraja nickte stumm.
"Es gibt eine Möglichkeit...

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Mo 28. Okt 2002, 15:19 - Beitrag #11

Torror wartete. Als Tarraja nicht fortfuhr, hob er die Arme und fragte:
"Und? Was?"
Sie blickte ihn finster an und ihm fiel wieder ein, dass er ja nur ihr Leibwächter war und kein Gleichgestellter.
"Entschuldigt bitte!", sagte er verlegen. Sie stand auf, ging um ihn herum und betrachtete ihn ausgiebig.
"Zieh dich aus!"
"Was?", fragte er entsetzt. Was hatte sie vor? Im Angesicht der Gefahr ... nein.
"Du sollst dich ausziehen!"
Torror gehorchte widerwillig. Sie blieb hinter ihm stehen und wartete. Als er nackt mit dem Rücken zu ihr stand, spürte er eine warme Hand auf seiner Schulter. Es war ihm unangenehm und zugleich spürte er Erregung durch seinen Körper schießen. Tarraja hatte sich ebenfalls entkleidet und warf ihre Toga, an Torror vorbei, nach vorne. Sie hörte ihn keuchen und mußte lächeln, als sie daran dachte, was er von dieser Situation halten würde. Sie schloß die Augen und konzentrierte sich auf das Stück Fell, dass sie Gaal abgeschnitten hatte und ihre Flucht ermöglichen würde.

Gaal streifte durch den Raum und beobachtete die beiden Menschen. Er wußte, was jetzt gleich geschehen würde. Tarraja hatte es ihm erklärt. Interessiert beobachtete er, wie die Körper vor Schmerz zuckten. Torror schrie gepeinigt auf , als sich seine Gliedmaßen verformten, sein Mund in die Länge wuchs und scharfe Zähne wuchsen. Tarraja spürte den Schmerz kommen und gab sich ihm hin. Widerstand würde ihn nur verstärken. Das hätte sie Torror vielleicht sagen sollen, aber manchmal vergaß auch sie etwas. Sie spürte ihre Muskeln wachsen; das Zerren der Knochen, die sich verformten; das Sprießen des Wolfspelzes und bemerkte, wie sich ihre Augen veränderten. Die Farben verblassten, dafür füllte sich der Raum mit den verschiedensten Gerüchen. Gerüche, die sie noch nie zuvor wahrgenommen hatte.

Gaal trabte zu seinen neuen Gefährten. Jetzt waren sie zu dritt. Drei Wölfe in der Einöde. Nicht verdächtig. Schnell verließen sie den Turm und stahlen sich an den Armeen vorbei, die sie als Menschen meucheln wollten.

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Mo 28. Okt 2002, 21:30 - Beitrag #12

Seine Sinne waren geschärft als er neben seinen Gefährten über die Steppe rannte. Gaal führte sie.
Später konnte sich Torror nicht mehr daran erinnern, woran er gedacht hatte, als er über die Steppe rannte. Er wusste nur noch, wie er die Welt durch die Augen eines Wolfes betrachtete.
Unterdessen stürmte das Heer den Turm. Ihre Schläge zerissen das hölzerne Tor, ihre Schritten hallten durch die steinernen Hallen.
Doch es war keiner da, der in ihren Schwerten hätte sterben können.
An dem Platz, wo Tarraja es pflegte zu stehen, stand nun ein junger Offizier. Hass lag in seinen Augen. An seiner Seite hing ein gewaltiges Schwert, dessen Klinge viele Male Blut geschmeckt hatte. Sein Name war Soran.
Ein Soldat näherte sich ihm und teilte ihm unterwürfig mit, dass sich niemand ausser den Soldaten im Turm befand.
Soran drehte sich langsam um und sah dem Soldat in die Augen. Dieser hielt dem Hass nicht stand und sah zu Boden.
"Sag mir, wie kann es sein, dass wenn wir über die Länge von fünf Kilometern in einem Kreis auf den Turm zu marschieren und sie uns trotzdem entkommen?" Seine Stimme war gefasst und ruhig. Doch in seiner Stimme schwang der Unterton einer Drohung und Gewalt mit.
"Wo sind sie?" diese Worte hatte er geschrien und war auf den Soldaten zugeschritten und hatte ihn am Hals gepackt.
Dieser schnappte nach Luft, lief langsam rot an.
Endlich liess ihn Soran los und schleuderte ihn zu Boden. Er drehte sich um und schlug gegen die Wand.
"Wo sind sie?"

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Di 29. Okt 2002, 11:56 - Beitrag #13

"Und warum haben sie ihre Kleidung achtlos in die Mitte des Raumes geworfen?", fragte ein kleiner, alter Mann.
Soran fuhr herum. Er folgte dem ausgestreckten Arm Lefs und sah eine Toga, ein Schwert, Rüstung und andere Kleidungsstücke am Boden liegen. Ihm waren sie zwar aufgefallen, aber nicht sonderlich verdächtig vorgekommen.
"Und? Was ist daran so besonders?", wollte er von Lef wissen.
"Findest du es nicht verwunderlich, dass ein Krieger seine Waffen und Rüstungen, sein Geld und andere lebensnotwenige Dinge einfach so in der Mitte eines Raumes liegen läßt? Dazu noch eine leichte Toga - von Tarraja, wie ich glaube."
Soran hörte ihm zu und drehte sich dann zu seinen Hauptmännern um.
"Fragt eure Männer, ob sie etwas Verdächtiges gesehen haben - egal, wie banal es sein mag! LOS!"

Währenddessen rannten drei Wölfe durch das steinige Umland und wußten nicht recht, wohin. Nur weg vom Turm. Tarraja fand Gefallen an ihrer neuen Gestalt. Aber jetzt regte sich der Hunger und sie mußten etwas zu essen finden - essen? - fressen würden sie! Und plötzlich drangen die Gerüche von Wild in ihre Nase. Etwas hatte alle anderen Gerüche überlagert. Sie spürte die elementare Macht des Hungers und vergaß fast ihre menschliche Existenz.

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Mi 30. Okt 2002, 21:15 - Beitrag #14

Ihre Umgebung hatte sich von der Einöde in die hohen Gräser einer Steppe verwandelt.
Die drei Wölfe, die nun keine mehr waren schlichen durch das Gebüsch. Ihr Geruch leitete sie zu einer Herde von Tieren. Torror hatte einmal ihren Namen gewusst, doch jetzt interessiere ihn an ihrer Existenz nur noch, dass sie Fleisch waren.
Zu dritt stürzten sie sich aus ihrem Versteck. Die Tiere rannten im schnellen Lauf davon, doch der jahrhundertalte Instinkt machte die Wölfe zu perfekten Jägern.
Schnell blieb das Tier im Staub liegen. Sie schlugen ihre Zähne hinein, rissen Fleischbrocken heraus und labten sich an dem Festmahl.

Stundenspäter waren sie in den Schutz eines kleines Waldes getrottet. An das nächste, an das sich Torror bewusst erinnern konnte war, dass er schmerzgekrümmt am Boden lag.
Dann blickte er auf und sah in das Gesicht seiner Meisterin.

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Do 31. Okt 2002, 10:40 - Beitrag #15

Tarraja war notdürftig von einem Stück Leinen bedeckt, dass sie sich Dank ihrer Magie herbeizaubern hatte können. Sie stand bei Gaal, der faul im hohen Gras schlief, als sie ein leises Stöhnen hinter sich hörte. Sie drehte sich zu Torror um, der nackt, wie ihn die Natur erschaffen hatte, vor ihr im Gras lag. Sie wollte ihm die Peinlichkeit ersparen, die er empfinden würde, wenn er sich seiner fehlenden Kleidung bewußt werden würde. Also konzentrierte sie sich auf ein Stück Leinen, webte es im Geiste und ließ es durch ihre Vorstellungskraft plastisch werden, zog es in die Welt und warf es über Torrors Schoß. Keinen Moment zu spät - er öffnete die Augen und starrte überrascht um sich, als er sie wieder in der Gestalt einer Frau erblickte. Er zuckte zusammen, beruhigte sich aber wieder, als er den Stoff auf sich spürte. Sie nickte ihm zu und setzte sich an Gaals Rücken, kraulte sein Fell und wartete, bis Torror von sich aus zu ihr kommen würde.

Torror war von der Gestalt Tarrajas überrascht. Es war ihm unangenehm, sie so nackt zu sehen. Das Leinen konnte nur spärlich ihre Sinnlichkeit verbergen. Er war verwirrt, Gefühle der Begierde in sich aufsteigen zu spüren, verwirrt, dieser Situation ausgesetzt zu sein. Er erinnerte sich an die vielen Soldaten, die sie ohne größeren Schwierigkeiten passiert hatten und daran, dass sie nun keinen Unterschlupf mehr hatten - schlimmer noch - er hatte keine Waffe, womit er sie verteidigen konnte. Über diese Gedanken vergaß er seine Nacktheit und stand auf. Als der Stoff an ihm herabrutschte erinnerte er sich wieder und zog ihn hoch. Was würden sie jetzt tun?

Soran saß mißmutig im hohen Thronstuhl, dessen Präsenz den runden Raum des Turmes ganz einnahm. Lef trat durch den Torbogen und hielt auf ihn zu. Seine Augen strahlten Sorge und Wut aus.
"Herr, ich habe alle Hauptmänner befragt. Nichts Ungewöhnliches, bis auf Rudel Wölfe. Wir wissen nicht, wie sie entkommen konnten!"
"Vielleicht sind sie auch gar nicht weg. Vielleicht verstecken sie sich. Laß Isidor rufen. Er soll sich schnellstmöglich bei mir einfinden!"
Lef blickte im Raum umher und überlegte. Dann antwortete er:
"Das wird uns einen ganzen Tag kosten, Herr!"
"ICH WEISS! BEEIL DICH BESSER, BEVOR ICH MICH VERGESSE!"
Lef zuckte zusammen, entfernte sich schnell aus dem Raum und ließ Isidor, den Seher rufen.

Ceyx
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Sa 2. Nov 2002, 11:34 - Beitrag #16

Soran ging ungeduldig im grossen Saal hin und her. Isidor war bald nach seinem Befehl gekommen, doch nun sass er schon seit Stunden in der Mitte des Saals am Boden, wipte vor und zurück und mumelte irgendwelche Formeln.
Soran sah durch das Fenster. Die Sonne neigte sich bereits nach Westen. Wütend schlug er gegen das Fensterbrett.
Wenn Isidor nicht bald Ergebnisse liefern würde, würde dass sie nicht nur einen Tag kosten, sondern Isidor auch seinen Kopf.
Dennoch beherrschte sich Soran wieder und ging weiter auf und ab.

Im Schutz der Dunkelheit schlich sich Torror in das Dorf, in dessen Nähe sie wieder Menschen geworden waren. Er hatte die Leinen um seine Lende gewickelt. Spärliches Licht fiel aus den Häusern auf die Strasse. Im nahen Gasthaus hörte er laute Stimmen.
Leise schlich er weiter, bis er ein Haus ohne Licht fand.

Mit einem Schrei erwachte Isidor aus seiner Trance. Seine Augen waren geweitet, sein Atem ging stossweise. Schweiss bedeckte in dünnen Perlen seine Stirn.
"Die Wölfe...." stiess er hervor, "Die Wölfe..." ein krankes Kichern stieg aus der Kehle des alten Mannes. "Damara..."
Wenige Stunden später zog das Herr weiter in Richtung des kleines Dorfes mit Namen Damara.

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Mo 4. Nov 2002, 14:33 - Beitrag #17

Es stand am Rande des Dorfes, perfekt für Torrors Zwecke. Tarraja wartete mit Gaal einige Steinwürfe weiter am nahen Waldrand. Er schlich zum Fenster, um zu horchen. Nichts. Er spähte hinein, sah aber nur einen Tisch in der Mitte des einzigen Raumes stehen, den der Mond fahl beleuchtete. Torror schob sich zur Tür, drückte sie langsam auf, horche wieder und schlüpfte hinein. Er wartete in der Näher der Tür, bis sich seine Augen an das Dunkel gewöhnt hatten und ging dann zu einem Reisiglager. Er durchwühlte das Bett nach Kleidung, fand aber nichts. Als er das Haus verließ, war er um einen Hammer, zwei Umhänge aus dünnem Leinen und einem stumpfen Messer reicher. Ihn ekelte es, arme Menschen zu bestehlen, aber in ihrer jetzigen Situation blieb ihm nichts anderes übrig.

Tarraja hatte in der Zwischenzeit ein aufwendiges Beschwörungsritual vorbereitet. Gerade, als sie damit fertig war, konnte sie Torror kommen spüren. Er war enttäuscht, mit so wenig zu ihr zu kommen. Wenn sie Glück hatten, würden sie in wenigen Stunden keine Almosen mehr nötig haben. Wenn die andere Seite ihnen nicht helfen wollte, dann sah es für sie schlecht aus. Sie hatte es gesehen, wie Isidor nach ihr gesucht hatte. Und er war fündig geworden. Zwar hatte sie versucht, ihre Spur zu verwischen, aber durch fehlende Utensilien war ihr dies nicht gelungen. Sie wußte, lange würde es nicht mehr dauern, bis Soran bei ihnen war. Aus dieser Verzweiflung heraus hatte sie sich zum Ritual von Eli´toram entschlossen.

Ceyx
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Mo 4. Nov 2002, 20:30 - Beitrag #18

Torror reichte ihr den Umhang, den sie sich um den Körper wickelte, dann fielen ihm kunstvolle Kreise auf, die Tarraja in den Boden geritzt hatte.
Stirnrunzelnd betrachtete er sie.
"Es wird einige Stunden dauern." gab Tarraja von sich, der Torror's Blick keineswegs entgangen war.
Torror nickte stumm. Er hatte keine Ahnung von Magie, geschweige von Beschwörungen.
Hätte er nur die geringste Ahnung gehabt, was Tarraja vorgehabt hatte, hätte er sie abgehalten.
Doch er hatte keine, so setzte er sich unter einen nahen Baum und sah in die Ferne.
Ihm gefiel der Gedanke, weiter hier zu bleiben, keineswegs. Aber er hatte keine Wahl...

Tarraja löste sich aus den Gedanken des Kriegers. Sie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
Sie bewunderte Torror's Loyalität. Er wäre ohne zu zögern auf die Armee losgegangen, die über die Steppe in ihre Richtung schritt.
Sie versuchte sich von ihren Gedanken ganz zu lösen und setzte sich in die Mitte des grossen Kreises. An diesem Kreise grenzten weitere Kreise an. Ein kleinerer an der oberen Seite und einer an der linken Seite.
Zwei noch kleinere befanden sich an der rechten und unteren Seite, sowie einer an der linken Seite des oberen Kreises.
Die äuserren Kreise waren mit einer Linie verbunden, die den Lauf eines bestimmten Sternes symbolisierten.

Sie befreite ihren Geist von ihrem Körper. Sie spürte mit einem mal ein überwätigendes Gefühl der Freiheit, als ihr Körper wie eine leere Hülle unter ihr auf die Seite fiel.
Torror war sofort aufgesprunge, doch wurder er von dem knurrenden Gaal aufgehalten, die Kreise zu betreten.
Tarraja konzentrierte sich nun auf die Linien auf dem Boden. Sie beganen zu leuchte, loderten schliesslich lichterloh auf, als meterhohe Flammen aufschossen.
Sie spürte, wie ihre Seele nach oben gezogen wurde, sie immer schneller flog, wie der Himmel über ihr hinwegzog, wie sie die Atmosphäre durchdrang.
Sterne zuckten in einem glühenden Flug an ihr vorbei, sie sah Sonnen, deren Licht tausendmal stärker war, als das ihrer Sonne, bis das Universum immer schneller an ihr vorbeizog und sie nur noch farbige Striche erkannte.
Endlich wurde ihr Flug langsamer und sie sah die glühenden Linien wieder, nur ungleich grösser und stärker.
Sie war beim Stern, den sie gesucht hatte.
Langsam schwebte ihre Seele auf die mächtige Sonne zu...


Staub wirbelte in einer dicken Wolken den Reitern nach, die ihre Pferde ohne Nachsicht hetzten. An vorderster Front ritt Soran, der Hass loderte in seinen Augen. Dieses Mal würde er sie kriegen und er würde sie töten. Er würde es langsam und grausam machen und würde jeden Augenblick geniessen.
Er rief den Befehl, die Pferde zu zügeln. Das Dorf war nah und es war Zeit, die Fusssoldaten nachkommen zu lassen, damit ihr Heer aufstellung nehmen konnte.

Torror sah den Staub am Horizont. Sie waren in der Nähe. Tarraja hatte zu lange gewartet, und nun waren sie des Todes.
Sein Blick glitt zu seiner Meisterin und zu seiner Überraschung waren ihre Augen nun wieder geöffnet.
Mit schnellen Schritten ging er zu ihr. Gaal hinderte ihn dieses Mal nicht. Er kniete neben ihr nieder und half ihr auf.
"Meisterin. Wir müssen fliehen..."
"Nein!" fiel ihm Tarraja ins Wort. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Sie war sehr schwach. "Er hat mir meinen Wunsch gewährt..."
"Was?"
Sie hob ihre Hand und wies in die Richtung des sich nähernden Heeres. "Schau!"
Ein Schatten hatte sich über den Himmel gelegt. Der Unterschied war kaum fassbar, doch schien der Himmer irgendwie trüber und farbloser als sonst. Und schon zogen erste Wolken wie aus dem Nichts aus, verdichteten sich in wenigen Sekunden.

Soran blickte ungläubig zum Himmel, als die ersten Regentropfen fielen. "Das kann nicht sein..." flüsterte er.

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Di 5. Nov 2002, 17:08 - Beitrag #19

Der Himmel wurde immer dunkler und daumendick rann das Wasser herab. Schnell verwandelte sich der Waldrand in eine Uferzone eines seichten Sees. Torror blickte schockiert zwischen Tarraja und dem Wolkenberg, der sich über dem todbringendem Heer Sorans aufgetürmt hatte, hin und her. Sie lächelte eine leises Lächeln und strich Gaal zärtlich über den Kopf.
"Laß uns ins Dorf gehen, Torror. Wir brauchen trockene Kleidung."
Er nickte und wollte gerade gehen, als er es sah. Die Wolken rissen auf und ein gleißend helles Licht sank langsam über dem Heer nieder. Obwohl es noch weit über den Baumwipfeln schwebte, begannen dieses auszudörren, schrumpelten zusammen, wurden blass und fingen schließlich Feuer! Die Lichtkugel sank weiter und Torror roch plötzlich kokelndes Holz. Er vermeinte Schreie zu hören und stand wie angewurzelt. Tarraja blickte nicht zur Stätte des Unheils, zog sanft an Torrors Umhang.
"Wir müssen gehen. Es ist nicht gut, wenn du zu lange in dieses Licht blickst, Freund."
Er spürte, wie Leben in seinen Körper zurückkehrte und er wendete sich ab. Gaal trottete voraus, blieb aber unweit des Waldrandes stehen. Der Regen brach so plötzlich ab, wie er gekommen war und hinterließ ein groteskes Bild von aufgeschwämmten Ästen, Blättern und dunkler Erde. Einige kleinere Tiere versuchten sich auf nahe Bäume zu retten, Vögel versuchten sich in die Luft zu erheben, aus der sie von der Sturzflut herabgerissen worden waren. Eingehakt gingen Tarraja und Torror auf Damara zu, als das Leuchten hinter ihnen heller, gleißender und heißer wurde. Sein Nackenhaar ließ Wärme hindurch und er versuchte nicht daran zu denken, was mit all den Soldaten geschehen sein mochte, die noch vor wenigen Augenblicken so unbesiegbar schienen. Ein lauter Knall, ein starker Windstoß, der sie beide nach vorne in das seichte Wasser schleuderte beendete die Helligkeit und ein seltsames Grollen erfüllte die Luft. Sie erhoben sich und sahen zurück: Gefällte Bäume gaben den Blick auf ein riesiges, verbranntes Areal frei. Dort war nichts mehr zu sehen - nur noch Asche. Torror war sich sicher, dass keiner ihrer Verfolger überlebt hatte.

Soran war blind - zumindest dachte er dies. Zusammengekauert unter einer schillernden Glocke mit Lef, Isidor und Bartek, seinem Leibwächter warteten sie auf das Ende der Zerstörung. Die schrecklichen Schreie seiner Soldaten waren kurz nach dem Feuer verstummt und verstärkten nurmehr den Haß auf Tarraja. Was hatte sie ihn nicht alles gekostet! Sein Ansehen war dahin, als sie ihn abwies, sie hatte seine Boten verzaubert und dafür gesorgt, dass an SEINEM Palast eine Verschwörung gegen ihn im Gange war, hatte ihn vor dem Volk bloß gestellt und jetzt hatte sie mehr als die Hälfte seiner Armee vernichtet! Als die seltsame Ruhe um in herum für ihn unerträglich wurde, schrie er seinen Schmerz und den Haß hinaus, verschreckte seine Begleiter und schwor auf ewig Rache. Jetzt erst wurde ihm bewußt, dass er nicht wußte, warum er nicht mit ihnen gestorben war. Die Glocke! War sie von Isidor gezaubert worden?

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Di 5. Nov 2002, 19:18 - Beitrag #20

Als hätte Isidor seine Gedanken gelesen, verschwand mit einer Handbewegung seinerseits die schützende Glocke.
Hitze schlug ihnen entgegen.
Soran liess seinen Blick über die Ebene gleiten. Niemand hatte den Angriff überlebt.
Staub wirbelte ihnen vom Wind getragen entgegen, verfing sich in ihren flatternden Umhängen.
Es war nichts ungewöhnliches, dass ein Soldat starb für Soran und für seine Begleiter. Das war das Leben eines Kämpfers, immer am Rande des Todes.
Doch dies war eines Soldaten nicht würdig. Sie waren einfach zu Staub zerfallen in der enormen Hitze und wurden nun vom Winde weggetragen - als hätte es sie nie gegeben.
Es schien eine Ewigkeit in der die Männer nur dastanden und mit leeren Augen die Asche über das Land wirbeln sahen.
Schliesslich ergriff Soran das Wort: "Sie können noch nicht weit sein..."
Er wollte schon über die Ebene in Richtung des Dorfes lostürmen, doch Isidor hielt ihn zurück.
"Seht an, was sie mit eurem Heer gemacht hat. Auch wenn sie nun geschwächt ist, ich weiss nicht, was sie noch alles entfesseln kann. Und ich bin zu schwach, um einen zweiten Schutzbann zu sprechen."
Soran blieb stehen. Seine Vernunft und Verzweiflung zügelten seinen Zorn für einen Moment.
"Wir können sie nicht mit Waffen schlagen." fuhr Isidor fort. "Hier brauchen wir andere Mächte. Wir werden sie wieder finden..."

Unterdessen hatten zwei Pferde das Dorf verlassen. Die Leute hatten Tarraja und Torror für Überlebende des Zeichen -wie sie Tarraja's Beschwörung nannten- gehalten und waren sehr hilfsbereit gewesen.
So hatten sie ihnen neue Kleider gegeben, sowie zwei alte Pferde, die aber nach Torror's Ansicht kaum mehr als zwanzig Kilometer durchhalten würden.
Kaum hatten sie das Dorf verlassen, rannte auch schon Gaal neben ihnen her.
Nun waren sie wieder auf der Flucht.
Torror fragte sich, wohin Tarraja wollte. Sie hatte vorhin von jemandem, der ihnen helfen würde, geredet, doch hatte sie kaum mehr als vage Äusserungen von sich gegeben.

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