Analyse des kategorischen Imperativs

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Artanis
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Mo 8. Dez 2003, 02:03 - Beitrag #1

Analyse des kategorischen Imperativs

Wie der Titel bereits aussagt beschäftigt mich der kategorische Imperativ KAnts, eigentlich ja hypothetische Imperativ, da er in dem Werk "Metaphysik der Sitten" das Zutreffen in Frage stellt.
"Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie allgemeines Gesetz werde."
Dieser Satz erscheint mir nur in Anbetracht existentieller Bedürfnisse zutreffend zu sein, da ich auch außerstande bin das Zutreffen von Rousseaus "volonte general" zu bestätigen , sofern er von eben den existentiellen Bedürfnissen abweicht.
Also stellt sich mir die Frage, ob es den volonte general den überhaupt gibt und folglich inwieweit er den hypothetischen Charakter des Imperativs beweist.
Als Anstoß für meine Überlegung ist Erich Fromms Klassifizierung des Menschen zu nennen. Hier insbesondere, der sadistische und der masochistische Charakter, die doch per definitionem das Zutreffen, des hypothetischen Imperativs sowie des volonte general negieren. Folgich kann doch kein Imperatif a priori gelten, da er sich nur auf ein Exzerpt der Masse bezieht, somit also nicht auf die Allgemeinheit, was die Legitimation des volonte general bereits als Prämisse des hypothetischen Imperatifs, welcher er bedarf um Gültigkeit zu besitzen, negiert. Ich bitte um eure Ansicht, jedoch bitte ich um EURE Ansicht nicht um Ziate aus angeführten Werken, da ich diese bereits mehrfach studiert habe und zu keinem Ergebnis gekommen bin. Danke.

Maglor
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Mo 8. Dez 2003, 11:24 - Beitrag #2

Re: Analyse des kategorischen Imperativs

Original geschrieben von Artanis
Folgich kann doch kein Imperati(f)v a priori gelten, da er sich nur auf ein Exzerpt der Masse bezieht, somit also nicht auf die Allgemeinheit, was die Legitimation des volonte general bereits als Prämisse des hypothetischen Imperati(f)vs, welcher er bedarf um Gültigkeit zu besitzen, negiert.

ZUerst will ich nur mal so am Rande vom exzessiven Gebrauch von Fremdwörtern abraten. :s1:
Ich vermute mal, dass du damit meinst, dass volunte general quasi gleichbedeutend mit dem kategorischen Imperativ ist, was im Grunde stimmt.
Du meinst hier wohl der volunte general bedarf irgendeiner Legitimation, doch er bedarf wohl keiner anderen, als dass er volunte general ist.
Selbst wenn der kategorische Imperativ nicht von der Masse des Volkes befolgt wird, behält dieser doch seine Gültigkeit als volunte general, da dieser im Gegensatz zum volunte detoute (mangelnde Frazösischkenntnisse :( ) nicht Summe oder Konsens der enizelnen Bürger, sprich der Gemeinwillen, ist, sondern das Gemeinwohl, welches wohl dem kategorischen Imperativ entspricht, da die Maxime einer allgemeinen Rechtsschreibung im Idealfall der Allgemeinwohl entsprechen sollte.
Sollte jedoch jene unbeugsame Minderheit oder Mehrheit existieren, die sich dem kategorischen Imperativ nicht zu eigen gemacht hat und somit sich dem volunte general widersetzt, so sollte sie (wenn man Rouseau folgen will) zur Freiheit gezwungen werden, wodurch die Legitimität des Ganzen legimiert wird! :s11:
MfG Maglor

Noriko
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Mo 8. Dez 2003, 13:13 - Beitrag #3

Wäre es nicht adäquat, den Usus heterogener Termini zu minimieren, denn bei der intendierten Realisierung der linguistischen Simplifizierung des regionalen Idioms resultiert die Evident der Opportunität extrem apparent, den elaborierten und quantitativ opulenten Usus nicht assimilierter Xenologien konsequent zu eliminieren!

;)
Mal ehrlich, ich kenne zwar viele Fremdwörter aber nicht alle, kann mir einer mal auf die Sprünge helfen? ^^

ps:
"Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne." ;)

nazgul
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Mo 8. Dez 2003, 17:41 - Beitrag #4

@Artanis:
das niveau des forums leidet nicht darunter, wenn du weniger fremdwörter benutzt

@all
IMHO ist der k.i. eher durch gesellschaftsphilosophen, insbesondere hobbes,locke,montesquieu
=> der staat/die gesellschaft kann nur funktionieren, wenn alle zu ihrem wohl arbeiten, einen teil von sich selbst an das kollektiv abtreten

der k.i ist die dazugehörige lebensweisheit

nazgul
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Mo 8. Dez 2003, 18:50 - Beitrag #5

IMHO legitimiert sich der K.I. aus den in Kants epoche vorherschenden Paradigemen

1. Es gibt Gott

2. Dieser Gott will das die Menschen das Chaos beseitigen und eine "göttliche Ordnung" schaffen

der K.I. ist das mittel um diese Ordnung zu erlangen, legitimiert durch die absenz dieser ordnung

@padreic && tröte
wahrscheinlich nicht hinreichend für euch, aber ich hab auch grad wenig zeit um hier ne riesiege ausführung zu schreiben

Noriko
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Mo 8. Dez 2003, 19:35 - Beitrag #6

Ehm da fallen mir gerade Kants 3 Postulate ein, wo du von Paradigmen sprichst:
1: Freiheit des sittlichen Tuns.
2: Unsterblichkeit des sittlich Handelnden.
3: Gott als Bürge dieser Sittlichkeit.

Cheilon
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Di 9. Dez 2003, 07:05 - Beitrag #7

Sinn dieser normativen Ethik?

Guten Morgen,

a prima facie halte ich den szientifischen Vernunftbegriff Kants für eine strukturfunktionale Latenz, die wie eine eine kognitionspsychologisch nachjustierte Adaption der bewusstseinsphilosophischen Identitätstheorie wirkt.
Der Kausalnexus des kategorischen Imperativs und dessen Analyse ist somit inkonsistent.
Ich bevorzuge daher eher den Eudämonismus bzw. Regelutilitarismus.

Padreic
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Di 9. Dez 2003, 15:27 - Beitrag #8

Ich möchte den schon oft genannten Aufruf nochmals wiederholen, den Gebrauch von Fremdwörtern auf ein normales Maß herunterzufahren. Es kommt auf den Inhalt an und eine präzise Sprache lässt sich auch ohne extensiven Einsatz von Fremdwörter gewährleisten, vielleicht sogar besser ohne ihn. Und an Cheilion will ich die Bitte herantragen, persönliche Streitigkeiten nicht hier in diesem Forum auszutragen. Eine PN oder Mail ist dafür eine gute Sache.

Ich persönlich habe mich noch nicht ausführlicher mit dem kategorischen Imperativ auseinandergesetzt. Ein Grundproblem, bzw. etwas, was mir als ein solches erscheint, an ihm ist jedoch der Begriff des 'allgemeinen Gesetzes'. Was heißt in diesem Zusammenhang 'allgemein'? Muss es auf alle Menschen ohne Ausnahme zutreffen? Das würde aber oftmals zu seltsamen Ergebnissen führen, denn beispielsweise wird es im Allgemeinen als kein Problem angesehen, wenn Erwachsene Alkohol trinken, bei einem 8jährigen sähe das schon anders aus, oder wenn ich angegriffen habe, darf ich gegen den Aggressor Gewalt anwenden, aber im Allgemeinen darf ich keine Gewalt anwenden. Das heißt, man müsste den Begriff 'allgemein' einschränken: er bedeutet nur noch, dass das Gesetz für alle Menschen in einer speziellen Lage gilt. Wenn ich aber jetzt beispielsweise eine alte Frau ausraube, kann ich sagen, dass das alle Menschen, die genau in meiner Lage sind, dürfen. Aber es wird wohl nie ein Mensch in genau diese Lage kommen, in der man jetzt ist, weil jede Situation anders ist.

Zu Artanis' Posting will ich noch sagen, dass es mir falsch zu sein scheint, insbesondere bei Kant, Anthropologie und Ethik so zu vermischen. Das empirisch Faktische spielt für das Sollen keine Rolle.

Die Postulate sind, denke ich, nicht allesamt für die Gültigkeit des kategorischen Imperativs notwendig. Die Freiheit ist Bedingung für das Sollen, da es auf das Notwendige keinen Einfluss hat. Gott und Unsterblichkeit spielen aber direkt für den kategorischen Imperativ IMHO keine Rolle, sie sind nur Garant dafür, dass dieser Imperativ in einem sinnvollen Gesamtkonzept steht, dass wir die Gelegenheit haben, ihn zu erfüllen, und dass wir dafür auch belohnt werden.

Padreic

Artanis
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Di 9. Dez 2003, 20:06 - Beitrag #9

OT:
Da ich einige Post unangemessen formuliert finde, sei es aufgrund sinnfreier Artikulationsergüsse, oder aber unbegründete Hypothesen, welche das Thema völlig verfehlen, werde ich diese nicht beachten. Des weiteren, wäre ich der Moderation sehr verbunden, wenn sie sich nicht nur Moderation nennt, sondern auch als solche agiert. Mein Anliegen ist es sachlich und argumentativ über bekanntes Thema zu dikutieren, bzw. reflektieren, Posts die diesen Kriterien nicht entsprechen sollten im Smalltalk-bereich getätigt werden, oder aber von der Moderation dahin verschoben werden.

BTT:

@MAglor

Ich meine nicht, dass der hypothetische Imperativ dem volonte general gleichbedeutend ist, denn das ist falsch, vielmehr basiert der h.I. auf dem volonte general, da er ihm als Legetimation bedarf. Denn wo kein allgemeines Gemeinwohl ist, kann auch keine Übereinkunft sein.
Der volonte general wiederum basiert auf der Annahme, dass ein Gemeinwohl existiert, das ist aber lediglich im Bezug auf existentielle Bedürfnisse zutreffend, da alle anderen Bedürfnisse individuell sind. Das Gemeinwohl aus subjektiver sicht, ist also nicht existent, es existiert nur aus stattlicher Sicht.

@nazgul
Montesquieu und Locke betrachten das Gemeinwohl staatlich, das steht hier nicht zur Debatte.

Eine dauerhafte Legetimation kann schwerlich aus zeitgenössischen Ansichten resultieren.


@Paradreic

Zu Artanis' Posting will ich noch sagen, dass es mir falsch zu sein scheint, insbesondere bei Kant, Anthropologie und Ethik so zu vermischen. Das empirisch Faktische spielt für das Sollen keine Rolle.


Es geht hier lediglich um Soziologie. Dein Einwand ist daher sowohl unzutreffend, als auch an der Thematik vorbei.

Padreic
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Di 9. Dez 2003, 21:49 - Beitrag #10

@Artanis
Da ich mal davon ausgehe, dass du mit 'Paradreic' mich meinst, will ich dir sagen, dass ich dein Anliegen nicht so recht verstehe. Wo ist der Zusammenhang zwischen kategorischen (oder wie du ihn nennst, hypothetischen) Imperativ und Soziologie? Du sprichst in deinem ersten Posting vom Zutreffen dieses Imperativs und das Zutreffen eines Imperatives kann nur im Sinne der Bestätigung dieses Sollens gedacht sein, womit du in deinem ersten Posting über ethische Sachverhalte sprichst. Dann bringst du aber eine soziologische bzw. anthropologische Komponente ins Spiel (die Unterscheidung zwischen diesen beiden ist in diesem Zusammenhang auch kaum wesentlich, man kann die Soziologie als Teilgebiet der Anthropologie sehen) und auf meinen Hinweis, dass diese beiden Themengebiete mir nicht so recht zusammenhängend zu sein scheinen, antwortest du, dass dieser Einwand am Thema vorbei wäre. Du drückst dich entweder recht unklar, deine Argumentation ist in sich unlogisch oder ich bin dumm ;).

Zu dem Rest deines Postings:
Was ist eine staatliche Sicht? Wie soll ein Abstraktum eine Sichtweise haben?
Man könnte zudem der Ansicht sein, dass alle Bedürfnisse auf dem Streben nach Glück aufbauen und daraus ein subjektives Allgemeinwohl konstruieren.

OT:
Ein paar nicht ganz zum Thema gehörende Beiträge stören den Thread nicht wesentlich.

Padreic

Artanis
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Di 9. Dez 2003, 23:07 - Beitrag #11

@Padreic
Ich bitte den Lapsus, deinen Namen betreffend zu verzeihen, ich war in Gedanken. Ich denke, dass sich der hypothetische Imperativ durch aus innerhalb der Kompetenz der Soziologie befindet, da er eine Hypothese über die Interaktion von Menschen darstellt, die soziale Interaktion und das soziale Bewusstsein, bzw. Rollenverständnis wiederum ist per definitionem Kompetenz der Soziologie, einem Teilgebiet der modernen Anthropologie.
Davon abgesehen, habe ich in meinem ersten Post

Hier insbesondere, der sadistische und der masochistische Charakter, die doch per definitionem das Zutreffen, des hypothetischen Imperativs sowie des volonte general negieren.


eindeutig gesagt, dass ich den hypothetischen Imperativ (nebenbei bezeichne nicht nur ich sondern auch Kant selbst ihn so, lediglich diejenigen, die von Kant nur Schlagworte kennen, nennen ihn kategorisch) als unzutreffend empfinde.

Ich kann an meiner Argumentation nichts unschlüssiges erkennen, insbesondere deshalb, da Soziologie und Ethik sehr wohl etwas mit der modernen Anthropologie zu tun haben, das sie neben Anatomie und Psychologie Teilgebiete derselben sind. Der h.I. jedoch fällt wie o.a. in das Gebiet der Soziologie, zumindest der Aspekt, den ich thematisiere.

Was das OT angeht, würde ich an deiner Stelle mit Thod Rücksprache halten, wie ich bereits gelesen habe sieht er das wohl anders und m.E. richtig.

Padreic
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Do 11. Dez 2003, 15:56 - Beitrag #12

@Artanis
Die Meinung Thods bezüglich dessen ist mir durchaus bekannt. Die bloße Existenz einer Meinung zwingt mich aber nicht, ihr zuzustimmen.

Ich finde es ein wenig seltsam, dass du die Ethik unter die Anthropologie gruppierst, da die Ethik sich, zumindest im engeren Sinne, nicht damit beschäftigt, was der Handelnde ist, was er tut und warum er es tut, sondern, was er tun soll. Das ist zumindest die Definition, der ich immer wieder begegnet bin, auch im Bezug auf Kant. Kant bezeichnet den kategorischen (zu dem Punkt später) Imperativ nicht umsonst als 'gesetzgebend'. Kant sagt z. B. :
"Diese Regel ist aber für ein Wesen, bei dem Vernunft nicht ganz allein Bestimmungsgrund des Willens ist, ein Imperativ, d.i. eine Regel, die durch ein Sollen, welches die objektive Nötigung der Handlung ausdrückt, bezeichnet wird, und bedeutet, dass, wenn die Vernunft den Willen gänzlich bestimmte, die Handlung unausbleiblich nach dieser Regel geschehen würde." (Kritik der praktischen Vernunft, A 36). Ich könnte noch mehr dergleichen Zitate nennen.

Seltsamerweise sprechen alle mir bekannten alle mir bekannten Sekundärquellen (u.a. Hirschberger-Philosophiegeschichte und meine Philosophie-Schulbuch) von dem dir genannten Imperativ als kategorisch, er wird sogar explizit als nicht bloß hypothetisch bezeichnet, da er ja gerade nicht subjektiv oder nur auf eine bestimmte Wirkung hin gilt, sondern objektiv und allgemeingültig, d.h. kategorisch ist.

Desweiteren würde mich eine Erläuterung deiner These, dass ein Imperativ eine soziologische Hypothese darstellen kann, interessieren, da mir das sowohl dem Wesen des Imperativs als auch dem der Soziologie zu widersprechen scheint.

Padreic

Artanis
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Do 11. Dez 2003, 19:44 - Beitrag #13

Ich werde deinem wunsch nachkommen, allerdings nicht jetzt, weil ich erst die Textstellen suchen muss. Ich denke ich werde einige Tage brauchen um mir "Metaphysik der Sitten", "Über sittliches Handeln", "Aphorismen zur Lebensweisheit" "Ecce homo" et cetera nochmal durchzulesen und zu exzerptieren, denn ich habe meine Meinung auf all diesen Werken aufgebaut, die entsprechenden Passagen allerdings kenne ich nicht auswendig.
Bis dahin würde ich mir mal darüber Gedanken machen:

wenn die Vernunft den Willen gänzlich bestimmte


(irrealis, aufgrund der Kondition)

kategorisch


(appodiktischer Absolutheitsanspruch)

janw
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Do 18. Dez 2003, 22:51 - Beitrag #14

o wie schön, die Welt der redundanten Xenologien!

Nein, möchte meine Sicht der Dinge darstellen, ein paar Fremdwörter müssen vielleicht sein- aber nur ein paar...
Und etwas ausholen muß ich auch;-))

Mal zum Ursprung: Der kategorische Imperativ wurde von Kant so zwischen 1780 und 1790 formuliert. Er steht damit in einer Zeit, in der die gesellschaftlichen Regelsetzungen bis dahin von "Königen von Gottes Gnaden" erlassen worden waren, wer sollte sie aber nun erlassen und nach welchem Grundprinzip?

Da hatte 1762 Rousseau die Idee von einem Gesellschaftsvertrag entwickelt, in dem jeder Bürger eines Staates bestimmte unveräußerliche Rechte besitzt. Der Staat ist eine Institution, die den Bürgern diese Rechte garantiert. Weil das aber damals nicht ganz so war, konstruierte Rousseau einen hypothetischen Urzustand des Staates, eine Gemeinschaft zivilisatorisch unverdorbener Naturmenschen. Diese sollten im Gegensatz zu ihrer tierischen Umgebung nicht instinktgebunden sein, sondern nach eigenem Willen handeln. Das Grundmuster des Handelns, das für die Mitglieder dieser Gesellschaft zumindest unschädlich sein sollte, bezeichnete er als gemeinschaftlichen Willen- volonte general. Danach zu handeln, war demnach tugendhaft.

Kant entwickelt daraus oder in dessen Kenntnis den kategorischen Imperativ, ich verstehe ihn gewissermaßen als eine Anleitung zur Umsetzung des volonte generale: Handle so, daß die Maxime (der tiefste Grundsatz) deines Handelns einem Staat als Grundlage seiner Gesetzgebung gereichen könnte."

Kategorisch heißt hier: die Handlung oder ihr Zweck an sich sollen als begründet beurteilt werden können, im Gegensatz zu dem Fall hypothetischer I., wo sich die Begründetheit einer Handlung oder eines Zweckes an ihrer Eignung als Mittel zur Erreichung von etwas bemisst.

Denn nur wenn der tiefste Grundsatz des Handelns als begründet, d.h. positiv akzeptabel angesehen wird, kann auf ihm eine allgemeine, d.h. für alle davon betroffenen Fälle zutreffende Gesetzgebung aufgebaut werden. Eine nur Einzelinteressegeleitete Gesetzgebung ist dagegen nicht tauglich.

Demnach ist also ein individuelles Handeln nach den Anforderungen des KI "gut", d.h. tugendhaft.
Die drei Postulate (Vorschläge, das es so ist) haben wohl eher die Aufgabe, eine Belohnung für das tugendhafte Verhalten zu liefern: Wenn du tugendhaft bist, wirst du unsterblich und kein geringerer als Gott ist Bürge dafür. Wer würde da noch eine Bank ausrauben??!

So die Denke von Kant. Der KI gehört damit in die Ethik.

Das Zitat von Padreic ist hier sehr gut: Der KI ist gewissermaßen der Ausfluß aus der Kapitulation der Rationalisten vor der anthropologischen Realität.

Was heißt das? Es gab die philosophischen Strömungen des Idealismus und des Rationalimus. Sie sagten etwa "Der Mensch ist gut" und "Der Mensch handelt nach dem Verstand"

Wenn dem so wäre, würden alle Menschen nach ihrer Vernunft handeln und bräuchte es keine Gesetze zu geben und auch keiner Begründung für Regelungen, damit keines KI.

Weil aber der Mensch nicht immer und das immer öfter ziemlich unvernünftig und eigensüchtig handelt, braucht er den KI. (@ Artanis: eben weil irrealis, deshalb KI)
Der in Gesellschaft lebende Mensch MUß (Imperativ) eine solche Basis für sein Handeln haben laut Kant (@ Artanis: kategorisch drückt hier keinen apodiktischen Absolutheitsanspruch aus, sondern die "Regelungstiefe", s.o.)

Die crux an der Sache ist nun die: Gesetze ersetzen, was durch mangelndes vernünftiges Handeln als Defizit ( Mangel) entsteht. Aber: Soll ein Regelsystem oder auch der volonte general nur den Schaden abwenden, der ohne es entstünde, also ein kleinstes gemeinsames Vielfaches sein, auf das alle sich verständigen, oder soll es einen zusätzlichen Nutzen haben?

Soweit ich sehe, geht es Kant und Rousseau mehr um ersteres, ein auf zusätzlichen Nutzen abzielendes Regelsystem wäre eigentlich auch nicht mehr kategorisch.

Die Idee vom zusätzlichen Nutzen und die sich daraus ergebende Frage, wie dieser Nutzen beschaffen sein soll, wurde vom Utilitarismus entwickelt und diskutiert. (Eine Handlung oder eine Regel ist demnach dann begründet, wenn sie nützlich ist - von utilis nützlich)- fragt sich nur wofür. Die Idee des Wohlfahrtsstates resultiert z.B. aus dem Utilitarismus.

Ein Beispiel:Es ist Krieg, aber die kriegführenden Parteien wollen damit aufhören. Sie führen folgende Motive an:

Krieg bedeutet Unfrieden, die grundlegenden Bedürfnisse und Rechte der Menschen werden dabei mißachtet
=> Krieg widerspricht dem volonte general, Krieg zu beenden ist begründet, weil jeder rein vernünftig handelnde Mensch ihn beenden würde. =Begründung im Sinne des KI

Krieg beenden bedeutet mehr Gewinn für alle, weil keine Güter mehr zerstört werden und freies wirtschaften möglich ist
=> Krieg beenden erzeugt eine Friedensdividende = Begründung des Utilitarismus

So, es ist etwas lang geworden, aber ich hoffe verständlich. Für Anmerkungen zur sachlichen Richtigkeit schlage ich vor, daß Ihr mir sie per PN oder als mail schickt, ich werde dann hier korrigieren- das entlastet den thread

janw

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Di 23. Dez 2003, 10:03 - Beitrag #15

Original geschrieben von janw

Die Idee vom zusätzlichen Nutzen und die sich daraus ergebende Frage, wie dieser Nutzen beschaffen sein soll, wurde vom Utilitarismus entwickelt und diskutiert. (Eine Handlung oder eine Regel ist demnach dann begründet, wenn sie nützlich ist bzw. von utilis nützlich)- fragt sich nur wofür. Die Idee des Wohlfahrtsstates resultiert z.B. aus dem Utilitarismus.



Genau deswegen bevorzuge ich den (Regel-)Utilitarismus (s. erstes post von mir). Oder war mein post wirlich nur ein sinnfreier Artikulationserguss? ;)

janw
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Di 23. Dez 2003, 13:40 - Beitrag #16

@ Cheilon, griech. die Krebsschere:
a prima facie halte ich den szientifischen Vernunftbegriff Kants für eine strukturfunktionale Latenz, die wie eine eine kognitionspsychologisch nachjustierte Adaption der bewusstseinsphilosophischen Identitätstheorie wirkt.


nun ja, statt halte ich für hättest Du auch "postuliere ich" schreiben können, hätte die rezipienteninterne Aestimation Deiner verbalen scientifistischen Expressionskompetenz certe substantiiert. *ggg*

Nein, dem mit den klassischen bürgerlichen Bildungsgütern Gesegneten erschließt sich zweifellos der tiefere Sinn Deines posts, ein sinnfreier Artikulationserguß ist das nicht.
Fragt sich allerdings nur, ob in einer altsprachkompetenzbezogenen Wüste der Inhalt verstanden wird... ;)

Regelutilitarismus, Eudämonismus...als hedonistischen E. könnte ich mir letzteren schon vorstellen, aber ach, die Lust wird so schnell zum Frust! Bei mir würde das auch teuer, bei meinem Hang zu Zartbitterschokolade und ähnlichen Genüssen...
Immerhin, die Vereinigten Terroristen von Amerika haben ja den Eudämonismus in Form des pursuit of happiness in der Verfassung manifestiert.
Mir gefällt aber doch eher das unsrige Prinzip: erlaubt ist, was dem anderen nicht schadet, gefördert wird, was dem Gemeinsamen nützt. Zur Erreichung des Glücks des Einzelnen brauchen wir keine Gesellschaft, bzw. da wird das Wohl des Gemeinsamen schnell zum Hemmschuh, siehe wieder UTA, die keine Sozialversicherung haben, was viele Menschen an der Erreichung ihres Glücks hindert.

Padreic
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Di 23. Dez 2003, 14:19 - Beitrag #17

Nun, eigentlich soll es hier nicht darum gehen, wer welches ethische System bevorzugt (was aber auch eine interesante Diskussion wäre, ich persönlich halte beispielsweise vom Utilitarismus wenig), sondern nur um den kategorischen Imperativ bzw. im weiteren Sinne auch um den 'volonte general' und ein wenig Anthropologie.

@janw
Weitesgehend kann ich dir zustimmen. Anmerkungen zu deinem Posting (was ich übrigens keinesfalls zu lang finde) passen aber durchaus in diesen Thread, solange sie sachlicher Natur sind und zum Oberthema passen. Nur einer Sache will ich ein wenig widersprechen:
Der KI ist gewissermaßen der Ausfluß aus der Kapitulation der Rationalisten vor der anthropologischen Realität.

Es ist ja nicht so, dass es unter den Rationalisten unbekannt gewesen wäre, dass es auch unvernünftige Menschen gibt, die auch gegen Gottes Willen handeln (z. B. würde sonst auch Leibniz' Argumentation in der Theodizee nicht sehr viel Sinn machen). Kant hat es höchstens noch deutlicher herausgestellt, er drückt noch etwas besser den Unterschied zwischem dem 'animal rationale' und dem 'animal rationabile' aus.

Padreic

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Di 23. Dez 2003, 15:38 - Beitrag #18

Betr. Anmerkungen: kann man so sehen, mir ging es nur um irgendwelche groben sachlichen Schnitzer, die ich dann korrigieren würde.

Betr. Werturteile: machen wir doch einen korrespondierenden neuen thread auf: Ethische Grundlagen des Gemeinwesens und noch einen: Communicatio xenologica, deutsch: Unterhaltung in Fremdwörtern

Betr. KI als Ausfluß der Kapitulation...: Kann man so sehen; ich bin vom Standpunkt eines extremen Rationalisten ausgegangen, der plötzlich erkennt, daß die Unvernunft flächendeckend das menschliche Handeln bestimmt. Auf dieser für ihn neuen und weltbilderschütternden Erkenntnis baut dann der KI als geeigneter Handlungsalgorithmus auf. Insofern ist der KI dann Ideenentwicklungsgeschichtlich betrachtet Ausfluß der Kapitulation.
Wenn man dagegen vom gemäßigten Rationalismus ausgeht, dem die "Schlechtigkeit der Welt" schon bekannt ist, beschreibt der KI einen Lösungsweg für ein Problem der Realität, eben einen Umgang mit dem Unterschied zwischen "animal rationale" und "animal rationabile".
Letzterer (Dein) Blickwinkel ist historisch sicher der korrektere.

Cheilon
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Di 23. Dez 2003, 17:28 - Beitrag #19

@janw:

nun ja, statt halte ich für hättest Du auch "postuliere ich" schreiben können, hätte die rezipienteninterne Aestimation Deiner verbalen scientifistischen Expressionskompetenz certe substantiiert. *ggg*


Ich glaube Du hast als erster den Sarkasmus meines posts hinsichtlich des Fremdwortgebrauchs verstanden. Und Du hast recht, ich hätte "postuliere ich" verwenden sollen um meinen sarkastischen Klimax noch zu vervollkommnen. ;) :D

mfg
cheilon, griech. die Krebsschere
(beziehe mich aber eher auf die sieben Weisen; Ausspruch Cheilon: Erkenne Dich selbst)

janw
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Di 23. Dez 2003, 19:29 - Beitrag #20

Sargkastmus...

Und damit die Fremdwörterfetischisten weiter auf ihre Kosten kommen, hab ich jetzt den thread "Diskurs in Xenologien" angefangen. Viel Spaß!

janw

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