Gott und das Gute

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Traitor
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Di 13. Jan 2004, 16:36 - Beitrag #1

@Padreic:
Macht ist nicht zwigend Recht. In der christlichen Philosophie gibt es eigentlich zwei verschiedene Konzepte: Gott tut das, was gut ist, oder das, was Gott tut, ist gut. Das erstere ist allerdings das Verbreitetere, d.h. Gott hat seine Legitimation nicht durch seine Macht, sondern er tut vielmehr genau das, was legitimiert ist.

Das Konzept erscheint mir sehr brüchig. Entweder, die Legitimation ist absolut, dann stünde sie über Gott, was man also ausschließen kann. Oder die Legitimation ist von Gott gemacht - und somit hat man doch den zweiten Fall. Denn es gibt nichts, was Gott hindern würde, die Legitimationskriterien zu ändern, auch rückwirkend auf die Vergangenheit.
Es ist das selbe Problem wie mit der Freiheit, sobald es ein Wesen mit absoluter Macht gibt, ist eigentlich nichts mehr gewiss. Und wie sollten sich die Menschen anmaßen können, zu sagen, dass Gott soetwas nicht tut, weil es seinem Willen, so wie sie ihn sehen, widerspricht?

Padreic
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Di 13. Jan 2004, 20:26 - Beitrag #2

@Traitor
Es mag für unser modernes Verständnis brüchig erscheinen, doch die Altvorderen im Mittelalter hatten da ein etwas anderes, was dieser Theorie zu Grunde liegt. Da ist das Sein das Gute, das Gute das Sein. Wenn Gott also das Sein ist, dann ist er auch das Gute, nicht aus seiner eigenen Willkür heraus, sondern logisch zwingend. Die ethischen Kategorien folgen hier also praktisch aus den Metaphysischen und über das Sein Gottes selbst ist ihm schon gegeben, könnte man sagen.
Über Gottes Willen Auskunft zu geben, kann sich kein Mensch anmaßen, doch aus der Offenbarung lassen sich Vermutungen herleiten.

Padreic

Traitor
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Mi 14. Jan 2004, 16:26 - Beitrag #3

Um den Relativismus weiter auf die Spitze zu treiben - wieso sollte ein wirklich allmächtiger Gott nicht auch über der Logik stehen?
Um es aber etwas konstruktiver anzugehen: Dass "das Sein das Gute" ist, setzt ein einheitliches Gutes voraus. Sein ist binär, man ist entweder oder man ist nicht. Ethik sollte aber eigentlich vielschichtiger sein und mehr als einen möglichen Zustand haben. Gott würde zwar per Definition immer gut sein, aber was ist dieses "gut" dann?

Padreic
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Mi 14. Jan 2004, 19:22 - Beitrag #4

Das mit der Logik ist durchaus auch eine vertretbare These. Mit ihr beschäftigt sich auch das berühmte Stein-Paradoxon, die Frage, ob ein allmächtiger Gott einen Stein schaffen könnte, den er selbst nicht heben könnte. Mit der Schaffung würde er eine logisch widersprüchliche Handlung begehen, mit dem Heben wieder. Wenn man da wirklich den Widerspruch sehen will, muss man die logisch unmögliche Handlung das erste Mal als möglich bejahen, das zweite Mal verneinen.

Das Sein wird in der alten Metaphysik durchaus nicht binär gedacht. Z. B. haben in der platonischen Ideenlehre die Ideen mehr Sein als die Körper und die höheren Ideen (wie beispielsweise das Gute) mehr Sein als die niederen. Der Neuplatonismus sieht das sogar noch mehr stufenlos.
Das Gute, das Gott ist, wird normalerweise dann mit der Liebe gleichgesetzt.

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janw
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So 18. Jan 2004, 00:28 - Beitrag #5

also, letztlich könnte man es auf den Dualimus Chaos-Ordnung bringen, Alle Systeme streben dem Chaos-Zustand zu, wen da nicht eine Macht ware, die immer etwas gegenhält...

Gott ist für mich mit dem Guten verbunden, das muß nicht heißen, daß Gott das Gute ist, vielleicht eher umgekehrt...

Traitor
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Di 20. Jan 2004, 16:56 - Beitrag #6

@Padreic: So wie ich deine Kurzbeschreibung dieser Ideen verstehe, beruht diese Definition vom quantitativen Sein aber auf subjektiven Wertigkeiten, da sie eben von vornherein mit Moral vermischt oder sogar gleichgesetzt wird. Wenn man "Seinsstärke" und Wertigkeit von vornherein als eine Größe angibt, ist klar, dass sie zusammenhängen und auch in mehreren Abstufungen existieren. Allerdings sehe ich das nicht als unmittelbar einleuchtende und somit als grundlegend annehmbare Festlegung an...

Padreic
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Di 20. Jan 2004, 21:14 - Beitrag #7

@Traitor
Ich würde es nicht 'quantitatives', sondern vielmehr 'qualitatives' Sein heißen. Und dieses Sein wird nicht mit der Moral vermischt, die ganze Ethik wird vielmehr aus der Metaphysik geboren, sie folgt aus ihr.

Unmittelbar einleuchtend würde ich diese These auch nicht nennen. Ohne den Kontext der Ideenlehre oder verwandter Anschauungen macht sie IMHO auch wenig Sinn, doch muss man bedenken, dass sie immerhin mehr als anderthalb Jahrtausende im Abendland vorherrschend war, also so absurd kann sie auf keinen Fall sein. Und es spricht rein abstrakt gedacht auch etwas dafür, dass das erste und oberste (das Sein, der Schöpfer) auch zugleich das höchste und edelste und damit das Gute ist.

Ich selbst stehe der These aber auch ein wenig kritisch gegenüber, weil hier eine Tendenz zum die Wirklichkeit übersehenden System liegt, was abstrakt sehr gut klingen mag, einem aber in der konrketen Situation nicht sehr viel weiterhelfen mag.

Padreic

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Mi 21. Jan 2004, 19:33 - Beitrag #8

Puh, da muss ich mich wohl oder übel geschlagen geben, da wir hier mal einen Bereich haben, in dem ich zugebe, dass eine Kenntnis der entsprechenden Theorien für die weitere Diskussion notwendig ist. Wenn ich mal die Zeit für etwas Hirschberger-Lektüre (für einen ersten Einblick sollte das reichen) finde, komme ich darauf zurück.

Nightmare
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Mi 28. Jan 2004, 22:31 - Beitrag #9

Nur mal so ne Frage ^^

Um ehrlich zu sein verstehe ich nicht ganz worauf die Diskussion hinausläuft / hinauslaufen soll(te).

Ist es eine Frage über Gott, was er so treibt wenn ihm langweilig ist?
Oder ist es lediglich ein metaphysisches Gedankenspiel?

Ich finde beide Möglichkeiten (ich nehme an ihr verratet mir gleich die 3.) sollten sich doch eigentlich nach der "Kritik der reinen Vernunft" erübrigt haben oder sehe ich das gerade falsch?

Padreic
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Mi 28. Jan 2004, 23:17 - Beitrag #10

@[SoH]Nightmare
Ich empfinde die Kritik der Reinen Vernunft nicht als ultimative Wahrheit. Es ist ein Ansatz der Kritik, sie hat nie die Unsinnigkeit des transzendenten Gebrauchs der Vernunft nachgewiesen, sie tut dies nur unter ihren Voraussetzungen (die ich nicht teile). Ich halte Metaphysik für durchaus möglich und betreibenswert und das ist eben genau die dritte Möglichkeit: ernsthafte metaphysikalische Erörterungen (auch wenn vielleicht nicht auf entsprechendem Niveau).

Padreic

Nightmare
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Do 29. Jan 2004, 15:07 - Beitrag #11

Ich sehe die KdrV auch nicht als eine ultimative Wahrheit an, denn die gibt es ja schießlich nicht.

Aber ich halte die "Richtigkeit" von metaphysischen Erklärungen für reinen Zufall, da man keine synthetischen Sätze a priori bilden kann, und Metaphysik beginnt nunmal da wo die Erfahrung aufhört.

Wenn ich zum Thema Gott etwas sagen müsste - könnte ich höchstens meine Empfindungen wiedergeben, und falls es tatsächlich etwas einzigartig göttliches geben sollte finde ich, dass sein Werk in jedem Falle interessant und untersuchenswert ist, und ich denke man sollte sich weitestgehen darauf beschränken, da schon in unserem kleinen Erkenntnisbereich keine wirkliche Wahrheit gefunden werden kann :sad:

janw
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Do 29. Jan 2004, 15:07 - Beitrag #12

naja, ob zum kateg. Imperativ schon alles gesagt ist? Ist ja eigentlich in einer Fremdwörterschlacht untergegangen...

Aber immerhin kam auch Kant nicht ohne Gott aus, er hat ihn als Motivation in den Imperativ integriert, also wenn Du so und so lebst, handelst Du gottgefällig und bekommst das ewige Leben.

Sehr schön finde ich da ein anderes Bild, nämlich daß Gott gewissermaßen in uns ist insofern, daß wir zur Liebe befähigt sind. So etwas könnte man auch aus der Genesis ableiten, mit dem "er schuf den Menschen nach seinem Bilde". Im Hinduismus gibt es die Vorstellung, daß die Götter gelegentlich als Menschen auf die Erde kommen, sog. Avatara. Woran man die erkennt, weiß ich nicht. So gesehen, könnte jeder Mitmensch potentiell ein Avatar sein oder sowieso qua Menschsein zum gottähnlichen, nämlich guten Handeln befähigt.
Daß ziemlich viele Menschen eher das Gegenteil tun oder auch überhaupt nicht reflektieren, hieße dann, daß sie ihre Chance nicht nutzen.

Padreic
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Do 29. Jan 2004, 16:41 - Beitrag #13

@Nightmare
Die Definition von Metaphysik als bloß aus synthetischen Urteilen a priori bestehend ist ohnehin ein wenig seltsam... Ich würde sie eher als die Lehre vom Sein, die sich dann letztendlich aufgliedert, sehen.

Für jegliche Erkenntnis müssen wir Annahmen machen, die letztlich unbeweisbar sind und nur von unserem Empfinden und anhand der anderen schon getroffenen Annahmen beurteilt werden können. Dies gilt für die Physik genauso wie Metaphysik. Mit bestimmten Annahmen kann ich aber durchaus Metaphysik betreiben, nicht als streng beweisbare Tatsachen (was allein schon wegen der möglicherweise strittigen Annahmen nicht der Fall sein kann), aber als begründete Spekulation. Z. B. können wir mit Leibnizens Satz des zureichenden Grundes, "dass niemals etwas ohne eine Ursache oder wenigstens ohne einen bestimmten Grund geschieht", fragen, woher die Welt den stammt, und so zu einem Gottesbegriff kommen. Wir können auch die via analogia beschreiten und so viele Aussagen als begründete Spekulation treffen. Das platonische Denken ist hierfür bestes Beispiel.
Und dass in unserem kleinen Erkenntnisbereich schon keine wirkliche bzw. echt beweisbare Wahrheit gefunden werden kann, ist ein Grund mehr, zu begründeter Spekulation zu schreiten.

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Artanis
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Do 29. Jan 2004, 21:47 - Beitrag #14

Gott und das Gute

Ich neige dazu mich Nietzsches Ansicht in "Der Antichrist" bedingt anzuschließen, da er durch seine Darstellung Gottes als Übervater eine meiner Ansicht nach essentielle Frage aufwirft, wie sollte ein laut Darwin a priori zum Austerben verurteilter Gott, selbiger werden?
Das lässt drei Schlüsse zu, entweder Gott existiert zeitlos, sprich er ist eine Gegebenheit, die keinem Wandel und keiner Entwicklung unterliegt, da eine Entwicklung notwendigerweise eine konstante sowie unendliche Prozedur ist, oder Darwins Theorie vom notwendigen Überleben der superioren Rasse ist unzutreffend, da Gottes Attribuierung im NT ihn ad absurdum führen würde.
Letzte Alternative, welche ich daraus schließen kann ist eben die, dass Gott und Gut nicht äquivalent sein können, nebenbei für mich auch die naheliegendste Variante, da ich nicht verstehe, wie ein ausschließlich guter Gott, als eben solcher erkannt werden sollte, da das Gute seines Kontrovers zur Selbstdefinition bedarf.

Was den Denkansatz betrifft, Gott sei das dem Menschen immanente Gute, so wirft dieser eine Frage auf.
Enstand Gott folglich parallel zum Menschen, da er des Menschen zur Existenz bedarf kann er selbigen nicht erschaffen haben, oder ist Gott etwa eine Folge der menschlichen Vernunftsentwicklung und damit ausschließlich in der Reflektion selbst existent.
Das alles sind selbstverständlich nur Denkansätze ohne jeglichen Geltungsanspruch.

Nightmare
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Do 29. Jan 2004, 22:07 - Beitrag #15

Das Problem bei einer begründeten Spekulation ist halt: Sie gilt nur innerhalb der vorher aufgestellten Rahmenbedingungen.

Wenn wir über Leibniz sprechen - der gute Mann sagte z.B. auch, dass wir etwas über die sog. "Dinge an sich" erfahren können, denn im Gegensatz zu der idealistischen Vorstellung, es gäbe keinerlei nachvollziehbare Beziehung zwischen den "Dingen an sich" und unserer Wahrnehmung, behauptet Leibniz, dass man davon ausgehen kann, dass "bewährte"(die einzelnen Bereiche sind da etwas {vielleicht aus gutem Grund} verschwommen) Erkenntnisse durchaus zumindest eine Facette der Wahrheit widerspiegeln können.

Dass das natürlich nicht so wirklich stimmen kann ist klar - sonst wäre die Erde immer noch im Zentrums des Sonnensystems ^^. Über ihn kann ich aber glaube ich realtiv gut erklären warum ich die "Wirklichkeit" so schätze und Metaphysik sehr verachte.

Mit den Erkenntnissen, die man nach bester Logik gewinnt - lässt sich im Regelfall relativ gut arbeiten, und entweder sie bleiben bestehen oder werden eventuell durch eine genauere oder besser passende Erkenntnis ersetzt (das ist mich hier ein wenig auf Physik beziehe merkt man glaube ich daran dass der Satz ein wenig seltsam klingt ^^).

Wenn man aber nun außerhalb unseres Erfahrungsbereiches geht, wird man selbst niemals feststellen ob sich die eine Theorie nun bestätigt oder nicht. Wenn wir nun in einem Metaphysischen System etwas herausfinden ist es leider praktisch wertlos, denn die Erkenntnis wird unerfahrbar bleiben, und das ist noch ein wichtiger Unterschied zu "unbeweisbar".

Ich muss zugeben dass ich mich von Zeit zu Zeit auch gern auf Metaphysik einlasse, dann allerdings wohl eher der Logik und nicht der dabei gewonnenen Erkenntnisse, denn wenn man auf die hinarbeitet verschwendet man eigentlich nur seine Zeit :sad:.

janw
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Do 29. Jan 2004, 22:21 - Beitrag #16

QUOTE]Was den Denkansatz betrifft, Gott sei das dem Menschen immanente Gute, so wirft dieser eine Frage auf. Enstand Gott folglich parallel zum Menschen, da er des Menschen zur Existenz bedarf kann er selbigen nicht erschaffen haben, oder ist Gott etwa eine Folge der menschlichen Vernunftsentwicklung und damit ausschließlich in der Reflektion selbst existent.[[/QUOTE]

Nun, ich sehe keinen wirklichen Widerspruch zwischen "Gott als Übervater" und Darwin, da die Gesetze zur Evolution der Arten zu dem von Gott geschaffenen Naturgesetzeskatalog gehören können.
Auch sehe ich in der Frage der Erkenntnis des Guten keinen Widerspruch zur Assoziierung von Gott und Gut: Immerhin hat sich einige Mrd Jahre (oder wenige Wimpernschläge Gottes) kein Viehch um gut oder böse Gedanken gemacht, und wenn der Mnesch nicht entstanden wäre, wäre das wohl noch immer so. Ich glaube nicht, daß Gott es prinzipiell braucht, daß ihm jemand auf die Schulter klopft, weil er auch heute wieder so gut gewesen ist.

Auf die Frage hin, denke ich, daß wir von zwei Kategorien sprechen, wenn wir von Gott reden.
Für mich ist er einmal so etwas wie ein Übervater, meinetwegen sensu Nietzsche, und dann das Produkt unserer Projektion. Jethro Tull haben dies einmal auf einem Cover dargestellt mit einer Figur namens Aqualung.
Und letztlich könnte man eben auf den Gedanken kommen, daß Gott eben auch in den Menschen präsent ist in dem Sinne, daß wir zu gutem Handeln befähigt sind und durch das Tun quasi eine Repräsentanz Gottes bilden können. Das mag man auch für anmaßend halten, vielleicht Geschmackssache.

Padreic
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Do 29. Jan 2004, 22:36 - Beitrag #17

@Artanis
Man kann es zumindest so sehen, dass das Gute seines Gegenteils zur Definition genauso wenig bedarf, wie das Sein des Nicht-Seins.
Übliche Vorstellung bezüglich des Daseins Gottes ist wohl, dass er im Überzeitlichen, in der Ewigkeit lebt, sodass er in der Tat weder Wandel noch Veränderung unterliegt, aber trotzdem noch Handeln kann. Ich denke, spätestens bei diesem Ansat wird auch die Anwendung von Darwins Theorie auf Gott hinfällig.

@Nightmare
Auch die Physik hat ihre Annahmen, die man metaphysisch heißen könnte. Die wichtigste ist wohl die Konstanz von Naturgesetzen bezüglich Raum und Zeit, für die physikalisch gesehen nichts spricht. Es ist vielleicht die Frage nach dem Sein der Naturgesetze, was überhaupt ein Naturgesetz ist und das kann man eben gerade schon Metaphysik nennen. Metaphysik bezieht sich nicht nur auf "übersinnliche".

Die "Erkenntnis", dass die Sonne um die Erde kreist, hat sich wissenschaftlich durchaus nicht bewährt, da sie bestimmte Voraussagen schlicht nicht erlaubte.
Und ich verstehe auch nicht, wo du eine Trennlinie von "Wirklichkeit" und Metaphysik ziehst. Die Metaphysik ist das, was aller Wirklichkeit zu Grunde liegt.

Und selbst wenn man in den Fragen nach Gott, Seele und Freiheit (um mal nur ein paar Beispiele zu nennen) zur keiner definitiven Erkenntnis kommen kann, hindert es einen nicht daran, sich diese Fragen zu stellen, denn dies sind die entscheidenden Fragen, die physikalischen Fragen sind IMHO nur untergeordnetes Geplänkel (auch wenn sie recht interessant sind...). Allein die Erkenntnis, die man auf dem Nachdenken über diese Fragen sammelt, ist es wert. Hier ist vielleicht der Weg das Ziel.
Und ich denke, dass man auch bezüglich dieser Fragen Erkenntnis erfahren kann, auf Wegen, die weder Logik noch Anschauung sind, sondern tiefstes Empfinden. Wenn ich tief in mir fühle, dass etwas wahr ist, dann kann ich es auch als wahr annehmen, einen besseren Grund gibt es vielleicht nicht.

Padreic

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Do 29. Jan 2004, 22:44 - Beitrag #18

@Artanis:

Ich neige dazu mich Nietzsches Ansicht in "Der Antichrist" bedingt anzuschließen


Nur mal eine kleine kurze Frage am Rande: Ich hoffe du teilst Nietzsches Ansichten was seine dritte Schaffensperiode betrifft nur in ganz ganz kleinen Teilen, oder denkst du ernsthaft dass die von Ihm ab "Also sprach Zarathustra" vertretenen Werte tatsächlich "gut" sind?

Ich schätze Nietzsche in seiner Frühphase, aber was er dann in scheinbar fortschreitender geistigen Umnächtung schrieb kann man nur noch als Hirngespinste bezeichnen (die natürlich bei {Neo}Nazis sehr willkommen sind :(

*edit*

@ Padreic:

I. Ok, wir haben unterschiedliche Definitionen von Metaphysik.

Wenn ich von Metaphysik rede gehe ich immer von dieser hier aus:

Metaphysik ist die Lehre von dem sinnlich nicht mehr Erfahrbaren, von den hinter unseren Wahrnehmungen verborgenen (oder vermuteten) Tatbeständen. Es ist der Bereich der Spekulation.

So wie dir meine Trennlinie schwammig erscheint geht oder mir mit deiner genauso. Um es nochmal klar zu machen: Für mich beginnt Metaphysik da, wo Erfahrbares aufhört - ich denke der Begriff "Wirklichlichkeit" war in diesem zusammenhang leider der Wackelfaktor :/, aber ich hoffe das wäre nun geklärt.

II. Wir haben eine unterschiedliche (wahrscheinlich nicht wirklich rational begründbare) Hierarchie was Metaphysik + (nenn es wie du willst ^^) betrifft.

In erster Linie interessiert mich Philosophie, weil ich durch sie Rückschlüsse auf mein Leben ziehen kann. Ethik sagt mir was ich tun sollte, Antropologie wer ich bin, usw.

Physik erklärt mir die Welt um mich herum so gut es geht.

Natürlich ist es von großem Interesse was hinter dem allen steht, aber wir werden es im Leben nie erfahren ( und diese Tatsache ist natürlich schrecklich ). Dass ich nicht religiös erzogen worden bin spielt wohl auch eine große Rolle für meine absolute Ablehnung gegenüber dem Versuch, solche Fragen zu beantworten, denn ich würde jedes Ergebnis als Vorschrift und Einschränkung für mein Leben sehen.

Wenn ich tief in mir fühle, dass etwas wahr ist, dann kann ich es auch als wahr annehmen, einen besseren Grund gibt es vielleicht nicht.


Deswegen könnte ich mich so einer Meinung auch niemals anschließen. Allerdings schaffen Leute wie du manchmal gigantische Sprünge in Wissenschaft oder Philosophie, weil sie an etwas glauben bzw etwas fühlen und den Grund dafür suchen ( siehe Einstein "die Zusammenhänge der Relativitätstheorie waren mir eigentlich schon mit 14 Jahren intuitiv klar" ).

janw
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Fr 30. Jan 2004, 13:46 - Beitrag #19

original von Nightmare:
Metaphysik ist die Lehre von dem sinnlich nicht mehr Erfahrbaren, von den hinter unseren Wahrnehmungen verborgenen (oder vermuteten) Tatbeständen. Es ist der Bereich der Spekulation.


Damit bist Du aber zu jeder Zeit sehr nah an der Metaphysik, denn was ist Deine Wahrnehmung anderes als das Produkt der neuronalen Verarbeitung und Bewertung von Sinneseindrücken, Sinneseindrücken, die nur einen sehr begrenzten Ausschnitt dessen wiedergeben, was wirklich um Dich herum los ist?

Ob da meine schwarze Katze am Fenster sitzt oder nur ein katzenförmiger lichtabsorbierender Körper, es ist eine Annahme meiner Neuronen auf der Basis der Extrapolation der Vergangenheit, wo dieser körper immer meine schwarze Katze gewesen ist, in das Jetzt - also reine Spekulation.

Natürlich ist es von großem Interesse was hinter dem allen steht, aber wir werden es im Leben nie erfahren ( und diese Tatsache ist natürlich schrecklich ). Dass ich nicht religiös erzogen worden bin spielt wohl auch eine große Rolle für meine absolute Ablehnung gegenüber dem Versuch, solche Fragen zu beantworten, denn ich würde jedes Ergebnis als Vorschrift und Einschränkung für mein Leben sehen.


Für Dich ist es also einerseits schrecklich, daß wir nie erfahren werden, was hinter dem allen steckt, und doch lehnst Du den Versuch der Beantwortung dieser Fragen ab.
Klingt nach der anderen Handlungsoption von Hamlet, dem Ertragen des Schicksals.
Wenn uns Menschen die Gabe der Forschung gegeben ist, so sollten wir sie nutzen; der generelle Verzicht hierauf wäre für mich mehr der Einschränkung als der resignative Rückzug in das "wir werden es sowieso nicht erfahren".

Nightmare
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Fr 30. Jan 2004, 16:55 - Beitrag #20

Original geschrieben von janw
Ob da meine schwarze Katze am Fenster sitzt oder nur ein katzenförmiger lichtabsorbierender Körper, es ist eine Annahme meiner Neuronen auf der Basis der Extrapolation der Vergangenheit, wo dieser körper immer meine schwarze Katze gewesen ist, in das Jetzt - also reine Spekulation.


Ich will jetzt nicht überheblich und auch nicht agressiv wirken, aber vielleicht sollte man solche Definitionen auch wirklich auf sich wirken lassen und sie durchdenken bevor man anfängt mit Fremdwörten um sich zu werfen ^^.

Der nicht metaphysische bereich schließt sowohl die Vorgänge im Mikrokosmos, Makrokosmos als natürlich auch im mesokosmischen Bereich ein. Die Katze oder was auch immer es sein sollte erfährst du, wie du ganz richtig bemerkt hast. Ob sie nun aus Teilchen, Wellen oder sonst was besteht ist völlig irrelevant für die Zuordnung.

Die Katze, (oder nehmen wir mal ein komplexes Beispiel - Zeitdilatation) kannst du in gewisser weise erfahren. (Natürlich werden einige Dinge immer theoretischer Natur sein, denn sonst wären dinge wie "Ich besitze 10 mio. €" dann direkt auch Metaphysisch).

Gott, Das Leben nach dem Tod, wer oder was das Universum schuf - wirst du nie erfahren, und alles darüber nachdenken ist sinnlos.

Tur mir leid wenn sich jetzt irgendjemand angegriffen fühlt, sollte nicht so klingen.

Ich glaube deutlicher kann ich das ganze nicht erklären. Wenn ich euch nicht überzeugen konnte ist es schade, vielleicht liegts auch daran dass ihr es nicht akzeptieren wollt oder es erst durch eine andere Authorität bestätigt haben wollt. In diesem Sinne - fragt doch mal jemanden der das Fach studiert hat ^^

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