Erbsünde und Sexualität

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Padreic
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Mo 22. Nov 2004, 18:10 - Beitrag #21

@E-Noon
Mit dem 'dubio' hast du natürlich recht; habe irgendwie noch 'dubitare' im Kopf gehabt, wo eben das 't' dabei ist. Wenn man schon Latein redet, sollte man es wenigstens richtig tun ;).

Ich bin sicher, dass auch das reine Streben nach Erkenntnis und Wahrheit sich sehr weit vom "rechten" Pfad der Erkenntnis entfernen kann, vor allem, wenn es absolute Wahrheit und Wissen für sich beansprucht.

Ich bin mir da nicht so sicher. Insbesondere da die Verabsolutierung der eigenen Ansichten meist nicht aus einem Wahrheitsdrang, sondern aus Arroganz resultiert und somit dem Streben nach Erkenntnis widerspricht. Natürlich kann Erkenntnisdrang zum Schlechten führen, aber dies meist hauptsächlich, wenn er einseitig bleibt.

War die Ursünde nicht gerade das (reine?) Streben nach Wissen und Erkenntnis? Zumindest habe ich das bisher so interpretiert..

Ich muss zugeben, mich in diesem Gebiet auch nicht so auszukennen, deswegen will ich lieber keine weiteren Sachen darüber sagen. Was ich angeschrieben hatte, war nur an eine Schrift von Kierkegaard, die ich mal las, angelehnt.

Padreic

e-noon
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Mo 22. Nov 2004, 19:10 - Beitrag #22

Was ich angeschrieben hatte, war nur an eine Schrift von Kierkegaard, die ich mal las, angelehnt.


@Padreic: Ich kenne mich auch nicht aus, stütze mich hier größtenteils auf die Genesis; die Ursünde bestand demnach darin, dass Adam und Eva einen Apfel vom Baum der Erkenntnis aßen, woraufhin sie gut und böse unterscheiden konnten. Also erst nach dem Sündenfall und durch ihn konnten sie überhaupt begreifen, was Sünde ist.

Das Streben nach Erkenntnis um ihrer selbst willen führt leider auch oft in eine Sackgasse, wenn man nämlich erkennt, dass es mehr als eine Wahrheit oder Erkenntnis geben kann. Das größte Leid unter den Menschen entsteht/entstand imo nicht durch mangelnde Erkenntnis, sondern durch den Mangel an der Fähigkeit, die Erkenntnisse der anderen zu respektieren.


@Rosalie: Die Genesis ist meiner Meinung nach Zeugnis der Bewusstseinsbildung der Menschheit, sie berichtet von der Zeit, in der die Menschen die letzten Schritte gingen, die sie zu dem machten, was sie heute sind. Ob man den heutigen Zustand für mehr oder weniger wünschenswert erachtet, ist, wie Stalker schon gesagt hat, Geschmackssache ^_^

Wenn du sagst, dass die Menschen sich früher der Möglichkeit des Sündigens gar nicht bewusst waren, konnten sie doch auch nicht sündigen, indem sie gegen Gottes Gebote verstießen? Sie waren doch im "Paradies" in genau dem Zustand, in dem Gott sie geschaffen hatte, ohne das Verlangen, böses zu tun - wie konnten sie da sündigen? Und wenn sie sündigten, ohne es zu wissen, wie konnte Gott sie dafür bestrafen? Schließlich war es seine Schuld, dass er sie so geschaffen hatte...

Rosalie
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Di 23. Nov 2004, 10:08 - Beitrag #23

@e-noon

sie sündigten ja nicht in diesem Sinne, das sie gegen ein x-beliebiges Gebot verstoßen hätten, sondern die Verfehlung lag darin, dass sie sein wollten wie Gott. Dies war ja auch Luzifers Bestreben, als er noch ein Engel war und schau mal was dieses für Folgen hatte. Und beide - die ersten Menschen und der ursprüngliche in der Hierarchie höchste und schönste Engel - wußten um die Folgen ... die den Tod bedeuten würden, aber ihr STolz, ihr Verlangen selbst Gott zu sein war größer:sie haben sich freiwillig (was Du ja in Abrede stellst, dass es sowas gibt) gegen Gott entschieden.

Natürlich hat Gott sie so erschaffen. ABer Gott wollte und will keine Sklaven, die ihm wie Zombies blind folgen. Er möchte Menschen mit Verstand und Liebe , die sich bewußt für ihn entscheiden. Wenn Gott den Menschen keine Alternative lassen würde oder gelassen hätte, dann wären wir ja ferngesteuert und keine eigenständigen Geschöpfe.

Stalker
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Di 23. Nov 2004, 14:31 - Beitrag #24

Original geschrieben von Rosalie
@e-noon
Natürlich hat Gott sie so erschaffen. ABer Gott wollte und will keine Sklaven, die ihm wie Zombies blind folgen. Er möchte Menschen mit Verstand und [B]Liebe
, die sich bewußt für ihn entscheiden. Wenn Gott den Menschen keine Alternative lassen würde oder gelassen hätte, dann wären wir ja ferngesteuert und keine eigenständigen Geschöpfe. [/B]


Ach, deswegen hat Gott mehrere Genozide veranstaltet.

Ipsissimus
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Di 23. Nov 2004, 16:58 - Beitrag #25

das verstehst du falsch, Rosalie, Gott braucht den freien Willen der Menschen, um sie verdammen zu können :-)

er hat also da zwei intelligente Menschen gemacht und gibt ihnen dann völlig unmotiviert die Anweisung: "Ihr dürft von allem essen, aber von dem Baum in der Mitte läßt du die Finger."

Hmm, das hätte ihm jede Mutter sagen können, und wenn die nicht, dann wenigstens der gesunde Menschenverstand. Wenn du sichergehen willst, daß jemand eine ganz bestimte Sache macht, dann verbiete ihm genau diese Sache absolut und ohne Angabe von Gründen. Todsicheres Mittel bei allen Kindern und imme rnoch absolut unwiderstehlich für Erwachsene.

"Ihr werdet sein wie Gott" - die Verführung der Schlange. ist das nicht das Ziel jeder Erziehung? Vielleicht in einigen neueren pädagogischen Systemen nicht mehr so doll, aber grundsätzlich läuft Erziehung darauf hinaus, daß die Kids so werden, wie die Eltern sie sich vorstellen, und das heißt wie die Eltern, nur erfolgreicher. Hat die Schlange also nicht einfach nur die Pflicht aller braven Kinder aufgegriffen und versucht, den Kindern zu zeigen, wie sie Gottes höchste Sehnsucht erfüllen können?

Und Gottes Reaktion? Ähnlich irrational wie die Reaktionen der Eltern, die ihr Kind durch das explizite Verbot überhaupt erst auf den Topf mit Süßigkeiten aufmerksam machen und hinterher sauer sind - auf das Kind - anstatt ihre eigene Dummheit zu beklagen.


Das nur mal zur ironischen Auflockerung. Was ich in Wirklichkeit über diese ganze Sache mit der Verbalinspiration der Bibel und ihrer Apologetik denke, ist viel vernichtender :-)

Monostratos
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Di 23. Nov 2004, 18:47 - Beitrag #26

@Ipsi: Irgendwie klingt Deine Darstellung so, als würde Gott den Menschen und die beiden Bäume erschaffen haben, nur um eine Berechtigung zu kriegen, dem Menschen aufgrund des und nach dem Sündenfall ordentlich eine ´reinwürgen zu können (Was absurd ist, da sowas wie Boshaftigkeit sich so garnicht mit Gott attribuieren lässt), unter dem Deckmantel "Pädagogik". Gott hat uns also gar nicht so lieb...?

Zur Schlange: Du weisst aber schon, dass die Schlange in der Bibel das Sinnbild für den Teufel ist, hier also schon den Menschen versucht von Gott abzubringen?

Über Deine Beweggründe für eine solche Pervertierung der biblischen Schöpfungsgeschichte halte ich mich geschlossen...

Ipsissimus
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Di 23. Nov 2004, 19:23 - Beitrag #27

Über Deine Beweggründe für eine solche Pervertierung der biblischen Schöpfungsgeschichte halte ich mich geschlossen...


och, das kann ich aufklären ... es ist als Gegengewicht gedacht zu der teilweise völlig enthemmten Besinnungslosigkeit, mit der hier biblische Aussagen fundamentalistisch absolut gesetzt und auf Teufel komm raus verteidigt wurden :-)

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Di 23. Nov 2004, 19:39 - Beitrag #28

Fragt sich nur, welche Variante die Richtigkeit eher für sich beansprucht...
Und fragt sich nur, wer der beiden Götter in Deiner und der "klassischen" Auslegung der göttlichere ist... :shy:

es ist als Gegengewicht gedacht zu der teilweise völlig enthemmten Besinnungslosigkeit, mit der hier biblische Aussagen fundamentalistisch absolut gesetzt und auf Teufel komm raus verteidigt wurden :-)
Ach, jetzt wirds auf die Kirche und etwaige Fundis umgemünzt. Ein etwas flapsiges Beispiel: Ich sage: 2+2=3, weil der Rest der Menschheit daran glaubt, dass das Ergebnis 4 ist...
/EDIT: Dass Du den Anspruch stellst, es besser zu wissen, oder besinnlicher zu sein...
Da Du auf meine Überlegungen nicht eingehst, gehe ich mal davon aus, dass ich Dich weiter oben richtig interpretiert habe...?

Die Sache mit deinen Beweggründen war eher persönlich als... "aufklärerisch" gemeint. Aber da ich sowieso dort falsch interpretiert hätte, bzw. Du sowieso abstreiten würdest, schwieg ich.

Rosalie
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Di 23. Nov 2004, 20:08 - Beitrag #29

@ Ipsissimus:

das das Kind sich so verhält ist eben eine Folge dieser ersten Sünde - das verbotene reizt am meisten. Aber ursprünglich war dies eben nicht so .... die ersten Menschen waren keine kleine Kinder und Gott nicht deren Eltern - er ist ihr Schöpfer und da liegen Welten dazwischen.....

aber es ist jedem beliebt zu glauben was er möchte, früher oder später wirst Du und werde ich die Wahrheit erfahren ... niemand - und Gott am wenigsten - zwingt Dich an seine Existenz zu glauben ....

Ipsissimus
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Di 23. Nov 2004, 20:58 - Beitrag #30

Irgendwie klingt Deine Darstellung so, als würde Gott den Menschen und die beiden Bäume erschaffen haben, nur um eine Berechtigung zu kriegen, dem Menschen aufgrund des und nach dem Sündenfall ordentlich eine ´reinwürgen zu können (Was absurd ist, da sowas wie Boshaftigkeit sich so garnicht mit Gott attribuieren lässt), unter dem Deckmantel "Pädagogik". Gott hat uns also gar nicht so lieb...?


Monostratos, so kann meine Darstellung gar nicht klingen, denn dazu müßte Faktum sein, daß

1) es so etwas wie "Gott" in ontologisch relevanter Weise gibt
2) "Gott" etwas erschaffen kann
3) "Gott" etwas erschaffen hat

drei Punkte, die aber bestenfalls Frage sind :-) tatsächlich ist die Absurdität meiner Umkehrung der gewohnten Interpretation der Sündenfallgeschichte aber nichts anderes als das Spiegelbild der dem Original inhärenten Absurdität - wobei ich gerne zustimme, daß diese Absurdität in dem Augenblick gemildert, wenn nicht gar aufgehoben ist, in dem wir vom Sündenfall als einer symbolisch/metaphorischen Darstellung der menschlichen Selbstentfremdung sprechen. Ob diese Darstellung dann trotz allem nicht immer noch eine durch und durch aus chauvinistisch/machohafter Perspektive geschriebene Rechtfertigung patriarchaler Machtansprüche ist, wäre zwar eine ganz andere Frage, aber auch darüber könnte sinnvoll geredet werden - wenn wir denn so weit überhaupt kämen :-)

was deine Bemerkung in der Klammer anbelangt, so scheinst du darauf zu hoffen, daß es so etwas wie eine "unmittelbare Evidenz" gibt, die mich in metaphysischem Schrecken erstarren läßt, sobald mich jemand darauf aufmerksam macht, daß ich dabei bin, die im Laufe eines langen Entwicklungsprozesses dem Gottesbegriff mitgegebenen Attribuierungen um eine weitere zu vermehren. Nun, ich unterliege diesem Schrecken nicht, und die von mir unternommene Attribuierung steht noch nicht mal ohne historische Vorläufer da.

Und, äh, nein, "Gott" "hat uns gar nicht so lieb".

Rosalie, ich war mal bei dem Verein; seither weiß ich aus eigener Anschauung, was "Glauben" vorgeblich und was er tatsächlich ist

Monostratos
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Di 23. Nov 2004, 21:17 - Beitrag #31

Zum ersten Absatz: Zustimmung in Bezug auf die Abmilderung der Absurdität der Schöpfungsgeschichte, wenn man sie symbolisch/ metaphorisch sieht. Genauso Absurd wäre eine wörtlich genommene Johannes-Offenbarung.
Allerdings hätte ich gerne die menschliche Selbstentfremdung durch Werdung zum modernen Menschen ersetzt. ;)

Zu zweitem Absatz: Gott ist allmächtig, Gott ist allwissend, Gott ist allliebend. So hat sich wohl fast die ganze Christenheit auf die Beschreibung Gottes geeinigt. Wenn Du hier gerne relativieren willst (und nur so würdest Du Boshaftigkeit mit Allliebe vereinbart kriegen), tu das, aber ohne mich.

Und, äh, nein, "Gott" "hat uns gar nicht so lieb".
Hier kann ich nur das Gegenteil entgegenwerfen (Auch Du bist mit einbezogen). Siehe auch Tod´ Jesu.

e-noon
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Di 23. Nov 2004, 23:11 - Beitrag #32

Hier kann ich nur das Gegenteil entgegenwerfen (Auch Du bist mit einbezogen). Siehe auch Tod´ Jesu.


Dieser uneigennützige Akt der Nächstenliebe Jesu ist auf jeden Fall ein Zeichen für die Liebe Gottes - wenn man denn daran glaubt, dass Jesus wirklich der Sohn Gottes ist, und auf Gottes Auftrag hin nur gestorben ist, um die Menschheit aus ihrer Verdammnis zu erretten. Man kann die Sache allerdings auch anders sehen: Nur weil ein Mensch behauptet, er sei der Sohn Gottes, muss das nicht stimmen, und nur weil dieser Mensch sich freiwillig und (aus seiner Sicht) für die Menschheit geopfert hat, muss das kein Beweis für die Liebe Gottes zu den Menschen sein.

Selbst wenn die Motivation des Menschensohnes die Erlösung des Menschen war, könnte man sich fragen, warum Gott die Sünde erst erschaffen oder zugelassen hat, um sie sehr viel später wieder halbwegs aufzuheben.

Ebenso gut könnte man fragen, ob ein Allmächtiger in seiner Allmacht nicht einen Ausweg hätte finden können, der für seinen Sohn weniger qualvoll gewesen wäre...

Rosalie
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Mi 24. Nov 2004, 08:32 - Beitrag #33

Selbst wenn die Motivation des Menschensohnes die Erlösung des Menschen war, könnte man sich fragen, warum Gott die Sünde erst erschaffen oder zugelassen hat, um sie sehr viel später wieder halbwegs aufzuheben.
dass Gott keine Sünde "erschaffen" hat, sondern dass der Mensch sich Gott verweigert hat, denke ich, ist auch Dir klar. Mit dem Zulassen deren, wirst Du sicherlich Probleme haben e-noon, wenn Du dem Menschen keinen freien Willen anerkennst. Wie schon oben erwähnt, Gott will keine Sklaven, sondern freie, selbstbewußte Menschen, die sich freiwillig für ihn entscheiden. Mit der Entscheidung ist natürlich auch die Gefahr gegeben, sich gegen ihn zu entscheiden und das ich letztendlich Sünde in all ihren Varitationen.

Die Erlösung hätte sicher auch weniger qualvoll sein können (ich bin kein Theologe) aber vielleicht wollte Gott uns damit zeigen, wie groß seine Liebe ist. Denn wenn er auf weniger grausame Weise gestorben wäre, würden dann Menschen - die dem christl. Glauben fernstehen - sich 2000Jahre später noch darüber Gedanken machen? Außerdem, kennst Du den Spruch: "er ist für uns zur Sünde geworden"? heißt, er hat all die Folgen der Sünden der je Einzelnen Menschen auf sich genommen und das dürfte ne Menge sein..... Jetzt müssen wir nur noch ihn annehmen.

ich war mal bei dem Verein; seither weiß ich aus eigener Anschauung, was "Glauben" vorgeblich und was er tatsächlich ist
Wenn Du von Verein sprichst, sagt das schon alles aus. Vielerorts geben sich die Kirchen so, aber glaube mir, mit Verein hat dies nichts zu tun und soweit ich weiß warst Du in diversen evang. Gruppierungen .... da kann man Deine Meinungentwicklung vielleicht nachvollziehen. Das soll jetzt wirklich kein Pauschalurteil gegen Protestanten sein - Gott bewahre - aber dort sind die Spielarten und somit auch die Möglichkeiten der Verfehlungen noch zahlreicher als im katholischen Bereich. Wobei beide (und da spreche ich jetzt von ihren Vertretern) sich keinen Lorbeerkranz verdient haben.

Ipsissimus
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Mi 24. Nov 2004, 14:44 - Beitrag #34

Gott ist allmächtig, Gott ist allwissend, Gott ist allliebend. So hat sich wohl fast die ganze Christenheit auf die Beschreibung Gottes geeinigt. Wenn Du hier gerne relativieren willst (und nur so würdest Du Boshaftigkeit mit Allliebe vereinbart kriegen), tu das, aber ohne mich.


Monostratos, das christliche Gottesbild ist - in seiner gesamten Breite genommen und nicht nur auf ein paar herausgegriffene Aspekte reduziert - von einem eigentümlichen Riß durchzogen. Die Behauptung der Transzendenz Gottes - auf die sich im übrigen so ziemlich alle Theologen christlicher Provenienz in Anlehnung an den Kanon geeinigt haben - kontrastiert zu Behauptung der Aspekte Gottes. Über einen transzendenten Gott kann buchstäblich nichts anderes gesagt werden, als daß er transzendent ist und damit jenseits jeder Faßlichkeit steht. Alle Aspekte sind somit sekundäre Zuschreibungen. Das wiederum ist natürlich ein auffälliger Widerspruch zu dem Umstand, daß das, was "Gott" für Gläubige so anziehend zu machen scheint, gerade die Aspekte sind, das Sekundäre also.

Davon abgesehen formulierst du in deinem Posting die schärfste Kritik geich selbst mit - du sprichst nur vom christlichen Gottesbild. ICH habe keine Schwierigkeiten, mir Gott als einen unbegrenzt mächtigen - "allmächtigen" - Dämon vorzustellen, der die Welt nicht aus Liebe erschuf, sondern um einen Spielplatz für seinen Mutwillen zu haben - und ich könnte dabei sogar darauf verweisen, daß diese Erklärung wesentlich einfacher und besser mit den Phänomenen der realen Welt zusammenpaßt, als die doch stark an den Haaren herbeigezogene und sehr künstlich wirkende Geschichte vom Sündenfall.

Aber ich wollte hier nicht wirklich einen Gegenentwurf zum christlichen Gottesbild darlegen ... obwohl ... :-) ... ich wollte nur darauf verweisen, daß ich mich bei der Betrachtung des Begriffes "Gott" und seiner Konnotationen nicht auf das christliche Verständnis derselben fixieren lasse :-)


Möglichkeiten der Verfehlungen


Dazu müßte gewußt sein

daß Wahrheit ist und
was Wahrheit ist

Beides ist gegenstandslos

Rosalie
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Mi 24. Nov 2004, 17:08 - Beitrag #35

ach, so weit bist Du gar nicht vom Christlichen entfernt... den Du da beschreibst, den gibt es ja auch, er nennt sich Luzifer, Satan oder Teufel der die Welt zu seinem Spielball zu machen versucht. Nur erschaffen hat er den Kosmos nicht, aber er darf ein bischen spielen, seine Bösartigkeit ausleben - soweit die Bewohner dieses Planeten (und anderer, wer weiß?) mitspielen und ihn gewähren lassen, d.h. eben nicht den Schöpfer, den Gott der Liebe verehren, sondern ihn vorziehen: den Diabolo

Ipsissimus
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Mi 24. Nov 2004, 17:13 - Beitrag #36

nu, Rosalie, dann zeige ihn mir mal, den Diabolo (der übrigens von Christen nicht allmächtig gedacht wird, also nicht mit dem Dämon meines kleinen Gedankenganges identisch sein kann), und wenn du schon dabei bist, dann zeige mir seinen Gegenpart gleich mit :-)

Maurice
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Mi 24. Nov 2004, 17:16 - Beitrag #37

Rosalie wer hat denn die Werte in deinem Weltbild geschaffen? Doch wohl Gott oder? So hat er definiert, dass es gut sei nach seinen Vorstellungen zu leben und schlecht, wenn man sich ihm widersetzt. Was richtig und was falsch ist, stünde somit schon vor dem Sündenfall fest. Die Sünde kam nicht erst mit dem Sündenfall in die Welt, sondern war als Werteurteil schon vorher von Gott konstituiert.
Wenn Gott einen freien Menschen will, dann soll er auch seine Freiheit tolerieren. Der Mensch war sich also so frei um gegen ein Verbot Gottes zu verstoßen. Gott bestraft die Menschen, weil sie sich ihrer Freiheit bedient haben und sich nicht dem Regelwerk Gottes unterworfen haben. Über was für eine Frieheit geht es hier also überhaupt? Wenn der Mensch so völlig frei ist, wie es mit behauptet zu werden scheint, dann kann er sich keinem Regelwerk unterwerfen, dass er sich nicht selbst frei geschaffen hat. Wenn Gott also will, dass man schön brav seine Gebote befolgt und man bestraft wird, wenn man gegen sie verstößt, dann kann dieser Gott gar nicht einen wirklich freien Menschen haben wollen, sondern nur einen der nach seiner Pfeife tanzt.

Aber das sind alles die typischen Logik-Probleme des Gottesbegriffs, von denen es mehr als genug gibt... jaja die Wege des Herrn sind unergründlich.

Ipsissimus
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Mi 24. Nov 2004, 17:54 - Beitrag #38

und weil es Logik-Probleme sind, sind es nicht die Probleme gläubiger Menschen :-)

Padreic
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Mi 24. Nov 2004, 19:06 - Beitrag #39

Meines Wissens haben die meisten klassischen christlichen Autoren es so gesehen, dass Gott die Werte nicht selbst geschaffen hat, genauso wenig wie die Gesetze der Logik. Aber das nur nebenbei.

Ein Logik-Problem ist in dem, was du geschildert hast, offensichtlich nicht vorhanden.
Um moralisch gut zu handeln, ist (aus christlicher Sicht) Voraussetzung, dass man sich frei für das Gute entscheidet, d.h. auch böse handeln könnte. Wenn er dem Gesetz der Notwendigkeit unterworfen wäre und so diese Möglichkeit nicht hätte, so wäre auch eine Tat, den Regeln folgend, wertneutral.
Dem Menschen die Freiheit zu schenken, ist dann aus einer Art von Güterabwägung entstanden. Das Gut, dass der Mensch die Möglichkeit hat, gut zu handeln, war höher zu bewerten, als dass er damit auch gegen die Regeln verstoßen kann, dies vielleicht sogar meistens tut. Dass es gut ist, dass er die Fähigkeit hat, zwischen gut und böse zu wählen, heißt aber noch lange nicht, dass es auch gut ist, wenn er böse handelt.
Letztlich zeigt die Paradiesgeschichte auch vor allem, dass Handeln Konsequenzen haben kann (was für einen freien Mensch gut ist einzusehen). Wenn man gegen die Regeln vom Obermacker verstößt, hat man ein Problem. Ich kann mich auch nicht beschweren, wenn ich mir einen Dolch in den Arm ramme und es weh tut...

Padreic

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Mi 24. Nov 2004, 19:37 - Beitrag #40

Meines Wissens haben die meisten klassischen christlichen Autoren es so gesehen, dass Gott die Werte nicht selbst geschaffen hat

Ich würde "gottgefällig leben" einen Wert nennen und der ist doch wohl von Gott, oder?
Die Leitwerte des Christentums sind, soweit es meine beschränkten Bibelkenntnsiee zulassen, die 10 Gebote und die sollten doch angeblich dirket von Gott kommen, oder habe ich da was falsch in Erinnerung?

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