Hausarbeit: "Versuch einer formalen Bestimmung von „Moral“..."

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Maurice
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So 8. Apr 2007, 13:56 - Beitrag #1

Hausarbeit: "Versuch einer formalen Bestimmung von „Moral“..."

Da hier anscheinend ein paar Leute geneigt sind, meine Hausarbeit zu lesen, poste ich hier mal die derzeitige (noch nicht 100% optimierte) Version. Der Titel der Hausarbeit passte leider nicht vollständig in die Betreffszeile, aber den gibt es ja auch nochmal u.a. auf dem Deckblatt zum lesen.
Ich werde an dieser Stelle keine Zusammenfassung geben, da ich eine ausführliche Einleitung geschrieben habe und nichts vorher verraten möchte. Der erste User, der auf diesen Thread antwortet, kann ja eine kurze Zusammenfassung posten und ich sage dann, ob das dem entspricht, was ich rüberbringen wollte. ;)
Lob und Kritik zum Stil und Aufbau der Arbeit schicke man mir bitte per PN. In diesem Thread soll es nur um den Inhalt des Textes gehen, also wie die Thesen lauten, wie sie begründet werden und ob dem zuzustimmen ist oder es der Kritik bedarf. Ich selbst werde dabei versuchen, mich möglichst zurück zu halten, da ich im Großen und Ganzen nicht mehr zu der Arbeit zu sagen habe (bzw. an dieser Stelle sagen will), als ich in dieser selbst geschrieben habe (wenngleich ich die Thematik an manchen Stellen auch noch ausführlicher hätte behandeln können).
Im eigenen Interesse und in dem der anderen User scheint es mir sinnvoll, dass jeder, der hier seine Meinung abgeben will, vorher die Arbeit gelesen hat. ^^

PS: Auch die, die es interessieren würde, was ich geschrieben habe, die sich aber nicht trauen, einen Blick zu riskieren, weil sie befürchten, nichts zu verstehen, sollten es trotzdem versuchen. Ich habe die Arbeit auch an einen Oberstufenschüler und einen Zivildienstleistenden geschickt, die beide nicht wirklich Ahnung von Philosophie haben, aber dennoch fast alles auf Anhieb verstanden haben. Die meisten Wörter erkläre ich im Text, sind aus dem Kontext verständlich oder Basisvokabular, dass sich ohne weiteres schnell mal nachschlagen lässt. Falls trotzdem ein Wort unklar bleiben sollte, kann man mich natürlich auch in diesem Thread danach fragen. Ich glaube kaum, dass hier irgendjemand schief angeschaut wird, nur weil er einen Fachterminus nicht kennt. :)

Yanāpaw
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Di 10. Apr 2007, 17:09 - Beitrag #2

Als Reaktions Brain-storming ^^ :

Also die Klassifizierung der Moral und die Interpretation als Soll-Sätze, deren Richtigkeit mit der Richtigkeit der Prämissen steht, gefällt mir sehr gut. Allerdings ist sie imo gleichzeitig der Schwachpunkt der Arbeit, deren Fazit nur im soziobiologischen (naturalistisch ist nicht hinreichend allgemeingültig definiert) Definitionssystem richtig ist. Allerdings ist die Moral, wie auch richtig erkannt, maßgeblich von supernaturalen Werten abhängig, deren Richtigkeit hier nicht analysiert sondern definitionsgemäß ausgeschlossen wird, was sehr einfach anzugreifen ist. Insbesondere deshalb, weil kaum ein Verfechter der Notwendigkeit der Moral sich auf ein soziobiologisches Definitionssystem einlassen wird. (Mir ist klar, dass das nicht die Intention der Arbeit war) Auch der Einwand, der Unmöglichkeit der Interaktion von Entitäten unterschiedlicher ontologischer Basis ist insofern fragwürdig, weil er in einem Definitionssystem angesiedelt ist, das eine Diskussion gar nicht erst zulässt und somit kaum ein geeigentes sein kann. (Zumal die ontologische Basis eine völlig willkürliche Einteilung ist, es besteht keine Notwendigkeit für eine c-analoge Interaktions-Restriktion)

Die Definition von gut als nutzbringend ist mE unvollkommen, da hier die Möglichkeit von 2 nutzbringenden Optionen, mit subjektiver (oder intersubjektiver) Präferenz der nicht nutzen-maximalen Option völlig vernachlässigt wird.
Beispiel: Ehrenhafter Tod auf dem Schlachtfeld ist gut ist eine legitime Aussage, bei entsprechender Priorisierung, die allerdings der außermoralischen Definition von gut in der Arbeit widerspricht.

Der Hinweis auf die Tierwelt ist für mein Empfinden mehr als fragwürdig, weil die kognitive Kompetenz (und dadurch bedingt der freie Wille) von Tieren in keinem Verhältnis zu der von Menschen steht.

Betrachtet man die Arbeit allerdings im Rahmen der Zielsetzung (soweit die Überschrift das diktiert) ist sie imo durchaus gelungen..

Maurice
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Di 10. Apr 2007, 17:53 - Beitrag #3

@Y-Bob:

Danke erstmal für dein Feedback. Freut mich, dass dir meine Arbeit gefällt. :)

Zu deiner (konstruktiven) Kritik:
Die Definition von gut als nutzbringend ist mE unvollkommen, da hier die Möglichkeit von 2 nutzbringenden Optionen, mit subjektiver (oder intersubjektiver) Präferenz der nicht nutzen-maximalen Option völlig vernachlässigt wird.
Beispiel: Ehrenhafter Tod auf dem Schlachtfeld ist gut ist eine legitime Aussage, bei entsprechender Priorisierung, die allerdings der außermoralischen Definition von gut in der Arbeit widerspricht.

Da scheint meine Ausführung nicht ausführlich genug gewesen zu sein. Ich finde nämlich nicht, dass der "ehrenhafte Tod" und deren Einschätzung des Betroffenen meiner Bestimmung von "gut" als "nützlich" widersprechen muss. Ich glaube zwar, dass dieser "ehrenhafte Tod" ("Ehre" ist mir ein sehr schleiherhafter Faktor, von dem ich glaube, dass es in der Welt nichts gibt, was mit diesem Ausdruck korrespondiert, aber das hier nur am Rande) in den meisten Fällen schlecht für den Betroffenen sein wird, doch gut, wenn er damit ein künftiges schlechtes Leben verhindert. Es könnte ja möglich sein, dass er für den Rest seinen Lebens ein schlechtes Gewissen hat, weil er nicht auf dem Schlachtfeld gestorben ist und so jegliche Freude am Leben verliert.
Zweitens: Warum ist deiner Meinung nach ein "ehrenhafter Tod" gut, wenn er nicht nützlich ist? Weil er "ehrenhaft" ist? Was bedeutet ehrenhaft, wie ist "Ehre" in der materiellen Welt manifestiert und wie lässt sie sich einschätzen (also ihr Ausmaß ermitteln)? "Ehre" hat, glaube ich, (wenn man es nicht ähnlich wie "Ansehen" definiert) keinen Platz in einem naturalistischen Weltbild.

Wo wir beim Thema "Naturalismus" wären: Du hast Recht, wenn du sagst, dass der Begriff "Naturalismus" nicht scharf bestimmt ist. Aber das trifft leider auf die meisten philosophischen Begriffe zu. Wie ersichtlich sein sollte, habe ich den Ausdruck "naturalistisches Weltbild" im Sinne von "Weltbild das im Einklang mit den Grundvoraussetzungen der Naturwissenschaften steht" verwendet. Das bedeutet eine monistische Ontologie, Annahme der kausalen Geschlossenheit der Welt, Energieerhaltungssatz, usw. (was zur Folge hat Dinge wie Götter, Fabelwesen, Magie, usw. a-priori zu verneinen).
Meine Argumentation bewegt sich wohl auch auf einem soziobiologischen Feld, ich würde aber trotzdem allgemeiner von einem naturalistischen Weltbild sprechen, da dieses allgemeiner als das der Soziobiologie ist. Abgesehen davon erscheint mir der Ausdruck "Soziobiologie" mindestens so problematisch wie der Ausdruck "Naturalismus" (sieht man sich nur mal an, was für unterschiedliche Programme unter diesem Titel laufen).
Aber das soll nur erläutern, warum ich die verwendeten Audrücke gewählt habe. Wenn du die Wörter etwas anders benutzt, sei dir das erlaubt, hauptsache wir sprechen nicht aneinander vorbei. ;)

Und nun zu der Argumentationskraft der ontologischen Vorraussetzungen:
Ich habe die Hausarbeit auch unter der Berücksichtigung einer bestimmten Zielgruppe getätigt, nämlich der universitären Philosophie. Und zumindest auf unserer Uni würden wohl die allermeisten Philosophie-Dozenten lieber auf ein Monatsgehalt verzichten, als den Vorwurf auf sich beruhen zu lassen eine nicht-naturalistische Philosophie zu vertreten. Hinter meiner Argumentation steckt daher natürlich auch ein bisschen rhetorisches Kalkül (was ich aber keinenfalls als Manko empfinde). Mir ist sehr wohl bewusst, dass ich mit dieser Argumentation jemanden wie z.B. Rosalie nicht beeindrucken kann (das soll kein Angriff sein). Sojemand würde mir wohl antworten "natürlich verstößt das gegen ein naturalistisches Weltbild, aber das ist ja auch falsch". Derjenige aber, der ein naturalistisches Weltbild verneint, hat es u.a. in der Folge mit den Problemen zu tun, die ich in der Arbeit genannt habe (Wechselwirkungsproblem, Erkenntnisproblem, Abzählbarkeit usw. unterschiedlicher ontologischer Ebenen), wenn er sich philosophisch für seinen Standpunkt rechtfertigen will. Zwar greift mein Verweis auf die Probleme die mit der Annahme mehrere ontologischer Ebenen verbunden sind wohl nicht bei den meisten Philosophielaien, doch für die allermeisten, die sich etwas mehr mit Philosophie beschäftigen, ist das ein schwerwiegendes Argument. Immerhin sind diese Probleme der Hauptgrund, warum nicht-naturalistische Philosophien hierzulande (zumindest unter Nicht-Laien) zur Zeit mega-out sind.

Allerdings ist die Moral, wie auch richtig erkannt, maßgeblich von supernaturalen Werten abhängig, deren Richtigkeit hier nicht analysiert sondern definitionsgemäß ausgeschlossen wird, was sehr einfach anzugreifen ist.

Ich finde nicht, dass ich supernaturalistische Werte per Definition ausgeschlossen habe. Zumindest habe ich das nicht beabsichtigt. Ich habe lediglich gesagt, dass sie in einer naturalistischen Philosophie keinen Platz haben und die Gründe genannt, die meiner Meinung nach dafür sprechen, weshalb man von einem natuaralistischen Weltbild ausgehen sollte.


Ich hoffe, ich habe mehr erklärt als verwirren können. ^^
Ich wollte deine Kritik nicht widerlegen, da ich sie für berechtigt, aber nur teilweise zutreffend halte. Falls ich etwas des hier gerade Geschriebenen noch in die Hausarbeit einbringen sollte, sag Bescheid. :)

Ipsissimus
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Mi 11. Apr 2007, 11:18 - Beitrag #4

Wer bestreitet, dass es einen Unterschied zwischen „moralisch gut“ und „eigennützig gut“ gibt, stößt auf die in den Beispielen aufgeworfenen Probleme, die seinen Moralbegriff als äußert kontraintuitiv entlarven. Er oder sie steht in der Rechtfertigungspflicht, warum ein so kontraintuitiver Moralbegriff vorzuziehen sei. Außerdem muss er sich des Vorwurfs erwehren, den Ausdruck „moralisch“ überflüssig zu machen. Wenn alles Überlegen ein Nachdenken über persönliche Nutzenmaximierung ist, warum dann überhaupt noch das Wort „moralisch“ benutzen?
Wer trotz dieser gewichtigen Einwände bei der Gleichsetzung von „moralisch“ und „eigennützig gut“ bleibt, dem kann nur noch erwidert werden, dass seine Ausdrucksweise so massiv von der Norm abweicht, dass er sich selbst von der Diskussion ausschließt.


anscheinend ein Problem aller Moralapologetiker - sie können sich noch nicht mal vorstellen, daß jemand gewillt oder in der Lage sein könnte, auch "gewichtige Einwände" zu widerlegen oder ihre schlichte Irrelevanz zu demonstrieren. Ich empfinde deine Arbeit als eine gelungene Einführung in einen Teil dessen, was bestimmte Moralisten über Moral denken - also was Menschen, denen es ein Anliegen ist, Moral allgemeinverbindlich zu etablieren, so denken, um eine Allegmeinverbindlichkeit zu konstruieren, wo ohne Macht keinerlei Allgemeinverbindlichkeit gegeben wäre. Die Arbeit ist imo gut, gelungen und du erhältst dafür hoffentlich die verdiente eins, aber sie überzeugt nur Menschen von der Notwendigkeit von Moral, die ohnehin schon davon überzeugt sind. Das war natürlich auch nicht ihr Ziel. Daß Moral nur als Setzung von Macht funktioniert, darauf fand ich im gesamten Referat keinerlei Hinweise (kann sein, ich habe sie überlesen), aber wahrscheinlich siehst du das auch nicht so^^

Maurice
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Mi 11. Apr 2007, 17:31 - Beitrag #5

@Ipsi:

Die Arbeit ist imo gut, gelungen und du erhältst dafür hoffentlich die verdiente eins, aber sie überzeugt nur Menschen von der Notwendigkeit von Moral, die ohnehin schon davon überzeugt sind.

Ich glaube, ich verstehe nicht, was du hier mit "Notwendigkeit" meinst.
Ich versuche in der Hausarbeit ja dafür zu argumentieren, dass moralische Gebote im Grunde überflüssig für soziales Handeln sind, was idR eben durch die moralischen Gebote erreicht werden soll.

Daß Moral nur als Setzung von Macht funktioniert, darauf fand ich im gesamten Referat keinerlei Hinweise

Kommt darauf an, was du genau damit meinst. Wir stimmen wohl in der Meinung überein, dass moralische Gebote ein Machtinstrument sind. Das habe ich zwar nicht so wörtlich aber indirekt auch in der Hausarbeit geschrieben:
Als Beispiel sei Wuketits genannt, der moralische Forderungen als rationalisierte Übergeneralisierungen von stammesgeschichtlich entstandenen Neigungen interpretiert. (S.18)

Diese Sichtweise ist freilich mit Risiken verbunden, fehlen durch diese doch die scheinbar sicheren Richtlinien für das richtige Verhalten, die moralische Gebote zu geben scheinen. Anderseits eröffnet sie aber auch die Chance, in einer realistischen Weise über die Frage nachzudenken, wie man sich verhalten soll. Sie ist frei von moralischen Dogmen und offen für empirische Überprüfbarkeit. (S.21)

Moralische Gebote als "rationalisierte Übergeneralisierung von Neigungen" zu bezeichnen oder von "moralischen Dogmen" zu sprechen, geht imo schon in die von dir gewünschte Richtung. Dass ich moralische Forderungen u.a. als Machtinstrument ansehe habe ich in der Hausarbeit explizit nicht geschrieben, aber das wäre vielleicht auch etwas unpassend. Es ging mir neben der philosophischen Sichtweise mehr um die biologische statt um die soziologische Perspektive (womit ich nicht behaupten will, dass diese weniger wichtig sei). Das Seminar zu dem ich diese Hausarbeit geschrieben habe hieß eben "Evolution und Ethik". Hätte es "Macht und Moral" gehießen, wäre der Fokus natürlich etwas anders gewesen. ;)

Abgesehen davon halte ich sowieso jede sprachliche Äußerung und alle anderen Handlungen in gewisser Weise für Versuche, Macht auszuüben. Davon sind moralische Forderungen natürlich nicht ausgeschlossen. ^^

Ipsissimus
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Do 12. Apr 2007, 10:06 - Beitrag #6

k^, dann habe ich deine Intentionen teilweise falsch aufgefasst, Maurice, sorry^^ aber^^

[/QUOTE]Anderseits eröffnet sie aber auch die Chance, in einer realistischen Weise über die Frage nachzudenken, wie man sich verhalten soll.[quote]

warum darüber nachdenken, wie man sich entscheiden SOLL? Warum nicht drüber nachdenken, wie man sich entscheiden WILL?

Maurice
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Do 12. Apr 2007, 11:47 - Beitrag #7

Du hast mich vorher falsch verstanden? Was hattest du denn verstanden? Da zeigt leider, dass mein Text doch nicht so eindeutig ist, wie es für mich den Anschein gemacht hatte, nachdem ich bisher nur positives Feedback bezüglich der Verständlichkeit bekommen habe. :(
Ich zweifle nicht an deinem Verstand, sondern an der Allgemeinverständlichkeit des Textes. Wenn du mir sagst, wo mein Text missverständlich war, kann ich ihn eventuelll hier und da noch etwas entschärfen. :)

@Sollen-Wollen: Für mich scheint sich das prima facie nicht auszuschließen. Wenn ich am Ende von "sollen" sprechen, dann nicht im Sinne einer moralischen Verpflichtung, sondern in Hinblick auf die Frage, welches Verhalten für mich am vorteilhaftesten ist. Diese Überlegung stelle ich letzter Instanz auch darüber, zu was ich eine stärkere Neigung zu haben scheine. Also wenn ich z.B. einsehe, dass ich zuviel wiege und ich abnehmen sollte, dann kann ich zu der Einsicht (im unkritischen Sinne) kommen, dass ich keine drei Stücke Sahnetorte essen sollte, obwohl ich in mir den starken Wunsch dazu verspüre. Hier kommt die Mehrdeutigkeit von "wollen" ins Spiel, das man sowohl für die Präferenzen verwenden kann, denen wir uns gerade nicht bewusst sind (natürlich möchte ich nicht Leiden, aber dessen bin ich mir nicht immer bewusst) und denen für deren Erfüllung wir einen offensichtlichen WUnsch empfinden (z.B. Sahnetorte).
Ich gehe mal davon aus, dass deine letzte Frage sich auf das erste "wollen" bezieht, wir uns also primär darüber im klaren werden müssen, was wie unsere Präferenzen strukturiert sind. Das stimmt, dann nur aus diesen heraus macht imo ein "sollen" Sinn. Ein auf dieses Wollen aufgebaute Sollen, widerspricht ersterem aber nicht, sondern ist sogar nur eine andere Formulierung der ersteren. Mein Wollen präsentiert sich mir als ein auf mich selbst zurückgeworfenes Sollen. (Ich kann mich leider spontan nicht erinnern, ob dieser letzte Punkt auch in meiner Hausarbeit vorkam; wenn nein, dann sollte ich ihn noch ergänzen.)

Ich hoffe, ich habe jetzt nicht völlig an dir vorbei geredet. Wenn ja, dann erkläre mir deine beiden Fragen bitte nochmal ausführlicher. ^^

Edit @S-W: Wenn ich das richtig sehe, fehlt diese phänomenologische Komponente in meiner Argumentation. Aber ich glaube sie ist nicht so wichtig. Zumindest aus der formalen Analyse von "gut" und "sollen" ergibt sich, dass das "wollen" auch ein "sollen" ist. Trotzdem schaue ich mal, ob ich das noch irgendwie unterbringen kann.

Ipsissimus
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Do 12. Apr 2007, 12:35 - Beitrag #8

formal mag sich Wollen als ein auf einen selbst zurückfallendes Sollen charakterisieren lassen; für mich steht dabei ein anderer Aspekt im Vordergrund. Wenn ich akzeptiere, daß ich etwas soll, akzeptiere ich in eine Setzungsinstanz. Sei es auch in noch so verschleierter Weise, es gäbe dann eine externe Autorität, deren Setzungen für mich ich Verbindlichkeit einräume. Natürlich vermag ich, Setzungen soweit zu internalisieren, daß sie mir als meine eigenen vorkommen, ich kann mich dem aber auch verweigern, bis sie mir mit Macht abverlangt werden, oder auch - so ich geschickt genug dazu bin - mich zu verweigern und die Verweigerung gleichzeitig zu verschleiern.

sorry, Maurice, ich habe im Moment leider nicht die Zeit, um deinen Text noch mal so genau durchzugehen, daß ich dich systematisch auf missverständliche Stellen aufmerksam machen könnte. Was mich immer wieder irritiert, ist der Umstand, daß du die Notwendigkeit von Moral anscheinend gar nicht als gegeben ansiehst, sich deine einschlägigen Texte imo aber fast immer wie Apologetiken der Notwendigkeit von Moral lesen. Aber das muss ich wohl eher mit mir selbst ausmachen^^

Maurice
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Do 12. Apr 2007, 12:49 - Beitrag #9

Ist nicht schlimm, hätte ja sein können, dass du mir spontan ein paar Stellen nennen könntest. Aber du hast ja gesagt, die Hausarbeit sei gut, da brauche ich mir keine Sorgen zu machen. Es ging mir nur darum, die Kritik, die ich hier bekomme auch umsetzen zu können, sobald ich sie nachvollziehen kann. :)

@Notwendigkeit von Moral: Ja, Moral hat etwas mit Notwendigkeit zu tun: Mit der Behauptung, dass es für jeden notwendig geboten sei, bestimmte Dinge zu tun.
Das Phänomen der Moral ist wohl aus biologischen/genetischen Gründen (bis jetzt) ein notwendiger Teil der Menschheit. Ich bestreite aber, dass es für das reflektierte Individuum notwendig ist. Demnach ist es rein theoretisch möglich, dass es eine amoralistische Menschheit geben könnte - was aber nicht mehr als ein Gedankenexperiment sein wird, weil es bestimmt niemals eine Menschheit geben wird, die nur aus reflektierten Individuuen bestehen wird. (Mit "reflektiert" meine ich hier natürlich mehr als sich darüber Gednaken zu machen, ob man heute das blaue oder das weiße Hemd anzieht.)
Wie ich also am Ende meiner Hausarbeit auch schreibe, ist es für den Einzelnen nicht notwendig davon auszugehen, es gäbe für jederman mit Notwendigkeit zu befolgende Gebote.

Wenn ich akzeptiere, daß ich etwas soll, akzeptiere ich in eine Setzungsinstanz. Sei es auch in noch so verschleierter Weise, es gäbe dann eine externe Autorität, deren Setzungen für mich ich Verbindlichkeit einräume.

Wenn das Sollen aus mir selbst kommt (in Form eines Wollens) dann hat das eine Verbindlichkeit für mich, ohne dass diese von einer externen Autorität stammt. Wenngleich dieses Wollen z.T. durch externe Autoritäten mitgeprägt werden kann.

Maurice
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So 29. Apr 2007, 11:50 - Beitrag #10

Note:

Nur zur Info: Ich habe gerade eine Mail vom Dozenten bekommen, in der auch die Benotung angegeben war: 1.0! :D


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