Was ist "Krankheit"?

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Maurice
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Di 18. Dez 2007, 18:17 - Beitrag #1

Was ist "Krankheit"?

Ich habe zwar im Moment nicht die Zeit und Nerven mich intensiv mit dem Thema zu beschäftigen, aber vielleicht entspringt ja auch eine interessante Diskussion, wenn ich mich nicht voll reinhänge. :)

Wir hatten einen Thread mit dieser Frage iirc schon mal, aber das ist schon eine Weile hier, weshalb man das Thema ruhig aus gegebenen Anlass (siehe GID-Thread) wieder aufgreifen kann.

Als Ausgangspunkt nehme ich die Definition von Wikipedia, die mir prima facie sehr brauchbar erscheint:
Eine Krankheit (...) ist eine Störung der körperlichen, kognitiven, sozialen und/oder seelischen Funktionen, die die Leistungsfähigkeit oder das Wohlbefinden eines Lebewesens subjektiv oder intersubjektiv deutlich wahrnehmbar negativ beeinflusst oder eine solche Beeinflussung erwarten lässt.


Aber auch hier lassen sich Kritikpunkte finden:
1. Bedarf es einer subjektiv oder intersubjektiv wahrnehmbaren Verschlechterung, damit eine Krankheit vorliegen kann? Angenommen ich habe Krebs, was wir alle erstmal selbstverständlich als Krankheit bewerten, aber niemand bemerkt es und bevor es zu einer Verschlechterung meiner Leistungsfähigkeiten oder Wohlbefinden kommt, sterbe ich durch eine andere Einwirkung, z.B. eines Autounfalls. Wenn ich das richtig sehe, würde die obige Definition den Krebs dann nicht als Krankheit einstufen können. Zwar würde man eine Verschlechterung erwarten, wenn man den Krebs erkennen würde, aber in meinem Beispiel wird der Krebs gerade nicht erkannt.
Die Defintion von Wikipedia scheint hier daher zu eng zu sein.

2. Wenn ich mich hemmungslos besaufe, führt das zu einer Verschlechterung einiger Funktionen, Leistungsfähigkeiten und am Ende auch des Wohlempfindens. Dennoch bin ich nicht krank, nur weil ich zuviel Alkohol getrunken habe. Die Defintion von Wikipedia scheint hier daher zu weit zu sein.

So das sollte fürs erste reichen. Meine tiefergehenden und deutlich schwierigeren Zweifel am Krankheitsbegriff hebe ich mir für später auf. Die beiden obigen Punkte sollten für einen Einstieg in die Diskussion reichen. :)

Lykurg
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Mi 19. Dez 2007, 00:20 - Beitrag #2

Maurice, dein Kritikpunkt 1 entfällt mE durch das "oder eine solche Beeinflussung erwarten läßt." Der Arzt bezeichnet die Verschlechterung, die er erkennt oder deren Annäherung er erkennt, als Krankheit. Für ihn wird der Patient also, wenn er den Krebs nicht erkennt, als gesund gelten.
In den Augen desjenigen, der weiß, daß der Patient Krebs hat (also etwa in unseren als Beobachter des Fallbeispiels) ist klar eine Verschlechterung zu erwarten, also eine Krankheit vorhanden.
Daß die Verschlechterung durch den Unfall letztlich nicht eintritt, tut nichts zur Sache, bis zum Moment des Unfalltods ist der Patient krank.

Zweitens habe ich wenig Probleme damit, eine Alkoholvergiftung (im weitesten Sinne, also die Folge auch geringer Mengen Alkohols; um so mehr aber die Folgen 'hemmungslosen Besaufens') als Krankheitserscheinung zu bezeichnen.

Einen weiteren Kritikpunkt (in Richtung "zu eng"), der mir auffiel, habe ich gerade vergessen; wenn er mir wieder einfällt, füge ich ihn hinzu.

Traitor
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Mi 19. Dez 2007, 07:08 - Beitrag #3

Zur Behebung des ersten Problems Zustimmung an Lykurg.
Zum zweiten möchte ich ihm aber widersprechen: Vergiftungen, inklusive Alkohol, fallen nicht unter meinen Krankheitsbegriff. Daher bräuchte es eine Klausel à la "die nicht rein durch die temporäre Aufnahme einzelner Substanzen bedingt ist".
Auch würde ich rein mechanische Verletzungen nicht als Krankheit betrachten, solange sie nicht auf allgemeine Körperfunktionen rückwirken, etwa durch starken Blutverlust. Eine rein folgenbedingte Definition wie die vorgeschlagene kann hier kaum unterscheiden, aber Verletzungen und Vergiftungen mit aufzunehmen, widerspricht völlig der Geschichte und allgemeinen Verwendung des Begriffes, sodass hier eher ein neuer, übergeordneter zu finden wäre.
Und zu guter Letzt gibt es sicher viele "Geisteskrankheiten", die mit klaren neurologischen Befunden einhergehen und somit in enger Beziehung zu klassischen, körperlichen Krankheiten stehen, die Wikipedia-Definition geht hier, insbesondere mit ihrem "sozialen", viel zu weit, denn so kann letztlich jedwedes Verhalten und jeder Hauch von Unglücklichsein als Krankheit betrachtet werden.

Ipsissimus
Dämmerung
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Mi 19. Dez 2007, 11:54 - Beitrag #4

Bedarf es einer subjektiv oder intersubjektiv wahrnehmbaren Verschlechterung, damit eine Krankheit vorliegen kann?


hinter dieser Frage verbirgt sich mehr, als ihr auf den ersten Blick anzusehen ist

für mich auffälligstes Merkmal der heutigen medizinischen Handhabung ist die Auffassung, Krankheit sei anhand der Abweichung von Messwerten von Normwerten zu erkennen. Wenn das Blutbild, EKG, EEG, was auch immer, keine Abweichungen der Sollwerte anzeigt, mag das Befinden sein, wie es will, der Patient gilt als gesund, bestenfalls wird ihm noch eine psychosomatische Erkrankung zugebilligt. Das liegt natürlich daran, dass Krankheit heute vor allem ein versicherungstechnisches Problem ist, das sich auf die Frage "wer bezahlt" reduzieren lässt. Subjektivistische Auffassungen dürfen da kaum noch eine Rolle spielen.

Nach wie vor glaube ich nicht, dass der Begriff überhaupt durch eine umfassende Definition erschlagen werden kann, vor allem nicht an seinen Grenzflächen - sind z.B: Krankheitssymptomen ähnliche Vergiftungssymptome auch Krankheiten? Vom Befinden der Betroffenen her gesehen auf jeden Fall; hinsichtlich der Ursache nicht, hinsichtlich der versicherungstechnischen Handhabung ja, hinsichtlich der Therapie nicht. Und man kann das noch sehr viel komplizierter ausgestalten.

Der ganze Bereich der psychischen Erkrankungen ohne unmittelbare organische Ursachen wäre ohnehin noch mal getrennt durchzusehen

janw
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Fr 21. Dez 2007, 02:13 - Beitrag #5

Was spricht denn dagegen, eine mit schweren Leberfunktionsstörungen einhergehende Knollenblätterpilz-Vergiftung als Erkrankung anzusehen?
Letztlich bedarf sie unmittelbarer medizinischer Behandlung, evtl. Intensivmedizin.
Eine Tetanus-Infektion wird wohl landläufig als Erkrankung durchgehen, wobei auch hier nur ein Toxin des Erregers wirkt, wie bei vielen bakteriellen Infektionen.

e-noon
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Fr 21. Dez 2007, 12:15 - Beitrag #6

Vielleicht:

Eine Krankheit (...) ist die Störung (Abweichung von der Norm) der körperlichen, kognitiven, sozialen und/oder seelischen Funktionen, die die Leistungsfähigkeit oder das Wohlbefinden eines Lebewesens subjektiv oder intersubjektiv deutlich wahrnehmbar negativ beeinflusst oder (bei Erkennen) eine solche Beeinflussung erwarten lässt.


Mit dem Erkennen wäre das Gesundsein bei fehlender Diagnose ausgeschlossen, allerdings bräuchte man noch etwas, das Vergiftungen und Verletzungen ausschließt, das würde ich nämlich auch nicht dazu zählen. Klar bleiben Grenzfälle (Vergiftung durch Umweltverschmutzung, wird man dadurch krank oder nur vergiftet?), aber es werden schon mal weniger :-)

Lykurg
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Fr 21. Dez 2007, 21:47 - Beitrag #7

Ich möchte Vergiftungen nicht ausschließen, eben weil die Grenzfälle zu vielfältig sind. Was ist z.B. mit Allergien - eine abnorme körperliche Reaktion auf eine bestimmte Substanz, die für andere Menschen ungefährlich ist, führt zu krankheitsartigen Symptomen. -> Der Mensch hat die Krankheit, auf etwas wie auf ein Gift zu reagieren. Im Körper anwesendes schädliches Material, das der Körper mit der Zeit abbauen und entsorgen kann - das gilt in ähnlicher Weise für Viren wie für Giftstoffe.
Infektionswege, Symptome, Spätfolgen, Behandlungsweisen können ähnlich sein...

Maglor
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Sa 22. Dez 2007, 14:12 - Beitrag #8

Vieleleicht ist Krankheit auch nur ein Mangel an Gesundheit.
Die Welt ist so einfach, für ein ein Scholastiker. :crazy:

janw
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Sa 22. Dez 2007, 21:15 - Beitrag #9

Gut, man könnte natürlich sagen, daß die Erkrankung in den Symptomen der Vergiftung besteht, also im Leberschaden und seinen Begleiterscheinungen, die aus der Wirkung des Blätterpilz-Toxins resultieren, allerdings gibt es hier das Problem, daß manche Vergiftungen nicht nur durch Symptombehandlung zu kurieren sind, sondern das Toxin gleichfalls im Blick bleiben muss, weil es z.B. nicht ausgeschieden wird und somit die Symptome immer aufs neue entstehen, solange Toxin im Körper kursiert. IIrc gerade ein Problem bei manchen Pilzgiften, weshalb hier versucht wird, das Toxin "wegzufangen".

Letztlich ist dies aber ein Detailproblem, der wirkliche Kampfplatz besteht bei den psychosomatischen Erkrankungen und im psychischen Bereich.
Ein Beispiel könnten hier Anfallsleiden abgeben: Etwa 20% der Bevölkerung erleben irgendwann in ihrem Leben einen mehr oder weniger schweren Anfall. Wer danach im Krankenhaus landet, bekommt ein Medikament, welches das Wiederauftreten solcher Anfälle verhindern soll, und muss regelmäßig bei einem Neurologen antreten.
Das Medikament hemmt die Ausbreitung der Erregungen im Hirn, wenn ein anfallsauslösendes Zentrum mal wieder feuern sollte. Damit wird über längere Zeit die Aktivität dieses Zentrums verringert, und es wird verhindert, daß die Erregungsausbreitung durch Anlage zusätzlicher Nervenbahnen und Synapsen "angelernt" wird.
Nebenwirkung ist, daß das Medikament auch andere Reizverarbeitungsvorgänge beinflusst und damit z.B. die Reaktionszeiten verlangsamt, dazu kommen bei langdauernder Anwendung z.B. Knochenentkalkung und andere Nettigkeiten als mögliche Folgen hinzu.
Knackig an der Sache ist nun, daß die Behandlung sich über lange Zeit erstreckt, länger als 3 Jahre nach dem letzten Anfall z.B., und das auch dann, wenn im EEG ein Erregungsmuster auftritt, bei dem man ohne Anfallsvorgeschichte von einer vielleicht etwas sensiblen Person sprechen würde.
Wo hier nun wirkliche Anfallserkankung beginnt und bloße Sensibilität aufhört, ist nur unscharf zu erkennen, und das bei den Folgen, die mit der Zuweisung dieser Erkrankung verbunden sind.

Maurice
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Sa 22. Dez 2007, 22:12 - Beitrag #10

Der Thread scheint eine gute Idee von mir gewesen zu sein: Viele User schreiben viel und hochwertig... nur Maglor macht wieder seine komischen Witze, aber das ist ok. ;)
Für ihn die Frage: Und was ist "Gesundheit"?

Ihr scheint gerade gut am diskutieren zu sein, dann halte ich mich mit meinem Hauptproblem noch zurück, da es auf einer wesentlich tieferen Ebene ansetzt und die Frage aufwirft, ob es überhaupt sinnvoll ist von "Krankheiten" zu sprechen.
Aber das wie gesagt später, weil es sonst einen deutlichen Schnitt in die momentane Diskussion darstellen würde. Wenn ich sehe, dass es hier ruhiger wird, kann ich den Einwand ja posten. Bis dahin halte ich mich wahrscheinlich zurück und lese interessiert mit. ^^

janw
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So 23. Dez 2007, 01:09 - Beitrag #11

Vielleicht bist Du da an des berühmten Pudels Kern gestoßen, hinter dem mal wieder das Nichts lauert...
Was ist Gesundheit?
Abwesenheit von empfundenem Leid?
Ist Frieden bloße Abwesenheit von Krieg?

In jedem Falle würde es den Arzt in eine neue Rolle bringen, über den Heiler hinaus zum Sorger, Berater in allen Lebenslagen. Das wäre vielleicht näher an Hippokrates, als es den Gesundheitspolitikern und der Pharmalobby recht wäre.

Maglor
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So 23. Dez 2007, 16:32 - Beitrag #12

janw, ich glaube mit den "Anfallsleiden" befindest du dich eher im neuroligschen als im psychiatrischen Fach. ^^
Wie auch immer: Es ist verzwickt. So gegenannte Lebensumstände, das Verhalten usw haben Biochemisches im Gehirn zur Folge, genauso kann aber auch ein biochemisches Ungleichgewicht psychische Folgen. EWo die Ursache liegt, ist meist unklar. Was war zu erst da: Ei oder Huhn? :P
Interessanter und verwirrender ist nur noch das psychosomatische Feld und Hypochondrie ist ohnehin die häufigste Ursache körperlicher Leiden.
[quote="Maurice"]Der Thread scheint eine gute Idee von mir gewesen zu sein: Viele User schreiben viel und hochwertig... nur Maglor macht wieder seine komischen Witze, aber das ist ok. ]
Gesundheit ist das Gefühl relativer geistiger, seelischer und körperlicher Unversehrtheit! (Aber eigentlich ist die Definition hier besser: Gesundheit ist das Fehlen von Krankheit. :wink:)

janw
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So 23. Dez 2007, 21:02 - Beitrag #13

Maglor, sicher sehen die Neurologen das eher als ihre Domäne, wobei man andererseits auch argumentieren könnte, daß Anfälle recht ähnlich Emergenzen neuronaler Aktivität darstellen könnten wie Depressionen, zumindest die Grenze reichlich unscharf ist.
Gut, sind Depressionen instrumentell nachweisbar?
Das wäre eine Grenzziehungsmöglichkeit, und dann hättest Du recht mit Deiner Anmerkung.

Maglor
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Mo 24. Dez 2007, 00:15 - Beitrag #14

Ich glaube die Verwirrung hat das Wort "Anfall" gestiftet. Während ich an Epilepsie dachte, dachtest du wahrscheinlich an "Gelegensheitsanfall".
http://de.wikipedia.org/wiki/Gelegenheitsanfall

janw
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Fr 28. Dez 2007, 03:13 - Beitrag #15

Mhh...die Mediziner ziehen da eine strikte Grenze, bei der ich mir aber nicht ganz sicher bin, ob die so scharf zu ziehen ist.
Sicher gibt es den Fall, daß durch außergewöhnliche Belastungen ein einzelner und nicht wiederkehrender Anfall ausgelöst wird, aber ist nicht auch der Fall denkbar, daß ein solcher Anfall das Entstehen eines Wiederholungsprozesses mit weit breiterem Auslöserspektrum triggert - durch neu entstehende Bahnungen etwa?
Und letztlich...liegen den Anfällen wie auch psychischen Leiden neurologische Phänomene zugrunde - sind da die neurologische und die psychologische Domäne so scharf zu trennen?

Maurice
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Sa 29. Dez 2007, 15:57 - Beitrag #16

Weil es erwünscht war, meinen eigentlichen Kritikpunkt zu äußern und weil ich nicht will, dass der Thread einschläft, obwohl ich selbst im Moment nicht besonders Lust auf philosophische Diskussionen habe:

Wie schon von einigen angesprochen, bedarf die Frage, ob eine Krankheit vorliegt, einem Maßstab. Dieser Maßstab ist "das Normal". Nun kann man sich die Frage stellen, ob es "das Normale" objektiv also an sich gibt oder ob sie nur menschliche Konvention ist. Wenn sie nur Konvention sein sollte, ist die Einteilung in "krank und gesund" auch nur Konvention und eine Diskussion, was als solches gelten soll, ist keine Erkenntnisfrage, sondern eine Frage des sprachlichen Geschmacks.
Ein Verweis auf statistische Verteilungen löst das Normproblem imo nicht, da die bloße Statistik nicht sagt, was "normal" ist, sondern der Mensch diesen Maßstab in der Statistik selbst anlegen muss. So liegt es nicht im Wesen der Sache, ob ich sage, dass alle Werte mit 10% oder mit 20% Abweichung um den Bereich X "normal" sind oder nicht. Das wird festgelegt.
Löst der Verweis auf eine angeblich "obejktive Natur des Menschen" das Problem, weil alles das, was von dieser "Natur" abweiche, krank sei? Ist der Naturbegriff aber nicht auch wieder nur vollständig Konvention? Früher galt es als "unnatürlich", sich sexuell von Menschen gleichen Geschlechts angezogen zu fühlen und wurde gerne als "krank" bezeichnet. Heute stören sich da weit weniger Menschen an solchen Neigungen und deutlich weniger würden Homosexualität als "Krankheit" bezeichnen. (Leider gibt es immer noch zu viele, die von "kommt selten vor" auf "unnormal -> schlecht" schließen - oder einfach von "gefällt mir nicht -> obejktiv schlecht".)
"Krankheit" an einer "objektiven Natur des Menschen" zu definieren, scheitert deshalb weil der Artbegriff aus biologischer Sicht prinzipell fragwürdig geworden ist. Da Evolution graduell stattfindet und durch schneller oder langsamere Veränderungen im Gencode mehr oder weniger verschiedene Individuen entstehen, entwickeln oder entstehen nicht ganze Arten als geschlossene Instanzen aus anderen, sondern Individuen paaren oder klonen sich, um neue Individuen hervorzubringen, mit (idR) leicht abweichenden Gencodes. Diese Lebewesen ähneln sich dann mehr oder weniger und der Mensch fasst sie mit Begriffen in Gruppen zusammen, damit er besser über sie reden kann. Eine "Art" gibt es deshalb an sich noch nicht. Demnach auch keine "Natur des Menschen" an sich - sondern nur Konventionen, die bestimmen, was als "Mensche" und als dessen "Natur" zu gelten hat.
"Krankheit" wäre demnach nur eine Sache von sprachlicher Konvention...


So ich muss jetzt essen kommen, deshalb alles nur kurz. Hoffe der Hauptpunkt kam trotzdem rüber. :)


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