Religionsfreiheit - Segen oder Fluch?

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Maglor
Karteizombie
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4280
Registriert: 25.12.2001
Mo 11. Mai 2009, 23:08 - Beitrag #21

@e-noon
Stalin warf in den Schauprozessen einigen Angeklagten nur vor den "Glauben" an den Sozialismus verloren zu haben. Laut Stalin genügte es schon nur "im Gedanken" den Staat zu schädigen um mitsamt der Sippe ausgerottet zu werden.
"Volksfeindliches Verhalten fängt nicht erst bei Sabotage an, sondern beim Zweifel an der Richtigkeit des Parteikurses. Es gibt zu viele Nörgler, und die müssen wir ausmerzen."
Im Grunde passt dieser kleine Einblick in einen totalitären Staat ganz gut zum Thema. Dort steht Zweifel an den Staatszielen unter Strafe.
Tatsächlich gibt es auch in unserer BRD gewisse Zwänge. Als der "Kalif von Köln" zur Ermordung etwaiger Konkurrenten, die Kalif an Stelle des Kalifen werden wollten, aufrief, war es mit der Relgionsfreiheit eben vorbei. Es handelte aber beim Aufruf zum Mord um einen richtiges Verbrechen. Gleiches galt auch für eine evangelikal bewegtes Ehepaar, dass meinte die eigenen Kinder zu Hause zu unterrichten, um sieso vor heiklen Themen wie Evolution, Sexualkunde etc. zu bewahren.

Zitat von Ipsissimus:Ist dir eigentlich klar, dass wir in Europa, sollten die christlichen Kirchen und der Islam politisch die Macht unter sich aufteilen, in 20 Jahren wieder Inquisition, Hexenhammer, Exorzismus und Scharia hätten? Oh, natürlich würden wir es freundlicher nennen und beschreiben. Aber es wäre wieder da. Die entsprechenden Bestimmungen sind zumindest in der katholischen Kirche niemals aufgehoben worden. Sie brauchen nur wieder aus den Regalen genommen zu werden.

Oh, nein ich muss wohl in einem anderen Europa leben. Derzeit sehe ich ich nichts dergleichen. Vielmehr scheint es mir, dass die Bandbreite in unserer Gesellschaft sehr stark zugenommen hat. Von einer schlummernden Allmacht der Kirche kann wohl kaum die Rede sein, wenn der von beiden großen Kirche angestoßene Volksentscheid für Religionsunterricht als Regelfach an den nötigen Mehrheiten scheiterte. Gleich wohl mögen sich kleine Teile unterschiedlichster Religionsgemeinschaften radikalisieren, aber diese Gruppierungen scheinen doch anders als in den USA weder großen Einfluß auf die Politik zu haben, noch auf das Gros der Bevölkerung.
Auch spricht alles dafür, dass sich auch Katholische Kirche ihrer historischen Schuld und ihrer Irrtümer sehr wohl bewusst ist. Allerdings erst in jüngster Zeit gab sie es offen zu.
Johannes Paul II. gab 1992 sogar zu, dass sich die Erde um die Sonne dreht, und rehabilierte Galileo Galilei hoch offiziell.
Es gab von offizieller Seite durchaus Erklärungen zu Inquisition und Hexenwahn, allerdings erst in jüngster. Eben eine Erklärung der Schuld und des Irrtums.
Hier eine Erklärung des Dominikaner-Ordens
[quote]Unabhängig von den vielleicht manchmal nachvollziehbaren historischen Gründen für die Mitwirkung erkennen wir heute die verheerenden Folgen dieses Tuns unserer Brüder. Wir empfinden dies als ein dunkles und bedrückendes Kapitel unserer Geschichte. Dies gilt in gleicher Weise für die nachgewiesene Beteiligung des deutschen Dominikaners Heinrich Institoris an der Hexenverfolgung. Durch das Verfassen des „Hexenhammers“ unterstützte und förderte er die menschenverachtende Praxis der Hexenverfolgung. Folter, Verstümmelung und Tötung haben unendliches Leid über zahllose Menschen gebracht]
Die Kirche kennt ihre Vergangenheit sehr wohl und gibt ihre Fehler zu.
Die Stringenz christlicher Lehre ist selbst nur ein Dogma. Die Bibel ist ein wunderliches Buch. Durch geschickte Exegese können selbst die perversten Stellen in einer mit der heutigen Zeit üblichen Moral in der Verbindung gebracht werden.
Katholizismus 2.0 ;)
Wahr ist nur, dass sich die Kirche eben mit Abtreibung, Turbokapitalismus, Homo-Ehe, Krieg gegen den Terror und anderen Errungenschaften der Moderne noch nicht so ganz abgefunden hat. Ganz auf der Höhe der Zeit ist sie offenbar noch nicht. :crazy:

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Mi 13. Mai 2009, 11:11 - Beitrag #22

Oh, nein ich muss wohl in einem anderen Europa leben.


dir ist aber aufgefallen, dass ich im Irrealis schrieb? Also "sollten" wie in "sollten die christlichen Kirchen und der Islam politisch die Macht unter sich aufteilen". Aber auch davon abgesehen teile ich deinen Religionsoptimismus nicht. Wenn der Bible Belt dürfte, wie er will, nicht auszudenken. Das gleiche würde in Europa passieren, sollten (Irrealis!!!) die Religonen wieder politische Macht in die Hände bekommen.

Bzgl. Galilei: es ist natürlich wirklich eine absolute Leistung, etwa 350 Jahre nachdem sich 2+2=4 als Standard durchgesetzt hat, endlich einzugestehen, dass man mit 2+2=5 wohl nicht ganz richtig lag. Ich würde das unter "Begrenzung des eigenen selbst-lächerlich-machens" ablegen, nicht unter "Einsicht", denn wo gibt es denn etwas Einzusehen, was man schon seit Schulzeiten besser weiß als die eigene Verkündigung. Davon abgesehen bezweifele ich auch nicht, dass es selbst in der Katholischen Kirche ernstzunehmende Strömungen gibt, nur gibt es die nicht wegen sondern trotz der Katholischen Kirche. Man wird sehen, wie weit diese Stromüngen gegen die offizielle Kirchenpolitik kommen, und wann ihnen der Atem ausgeht.

blobbfish
Listenkandidat
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 3022
Registriert: 26.01.2003
Do 14. Mai 2009, 16:20 - Beitrag #23

Blobbfish, damit läufst du bei Freigeistern offene Türen ein; versuch mal einen Kreationisten zu finden, der sich dafür begeistern lässt UND NICHT innerhalb von 5 Minuten von der Priorität der Bibel zu erzählen beginnt


Ist leider richtig, was du sagst, allerdings ein praktisches Problem. Ich denke aber, eine Lösung kann darin bestehen, ihm das Reden zu verbieten indem man Totschlagargumente anbringt. Ich meine in einem Seminar haben wir auch solche Argumente betrachtet, die aber leider im Regelfall nicht so konstruktiv sind. Leider sind mir mögliche Beispiele entfallen und mir fehlt auch die Zeit Texte zu wühlen um ein solches zu rekonstruieren.
(Zumindest Popper lässt sich anwenden, auch wenn man da aufpassen muss da sein Konzept auch Probleme mit sich bringt und sogar zusammenbrechen kann.)


Wäre es nicht wesentlich realistischer und fruchtbarer, das Prinzip bedingungsloser Toleranz in ein Prinzip der bedingten Toleranz überzuführen "Dir wird soviel Toleranz gewährt, als du selbst anderen Toleranz gewährst."?


Bringt auch wieder Geltungsprobleme mit sich. Kann aber benutzt werden um auf vielleicht illegitime (Bedarf u.U. einer Klärung) Weise zum zuerst aufgeführten Toleranzprinzip zu gelangen. Im Grunde verschiebt man damit die Problematik aber nur. Vielleicht wird’s dann ja einfacher.

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Mo 18. Mai 2009, 14:33 - Beitrag #24

na ja^^ einem Kreationisten das Reden zu verbieten, das verbietet natürlich die Religionsfreiheit^^ außerdem gehören Kreationisten zu der Sorte Menschen, die einfach immer weiterreden können, ohne Gegenargumente jemals zur Kenntnis nehmen zu müssen^^ gegen Kreationisten lässt sich alles mögliche anwenden, es nützt nur nichts^^ die unterliegen einer selbtstabilisierenden Halluzination

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Di 19. Mai 2009, 12:54 - Beitrag #25

Maglor, nur eine kleine Posse am Rande zum Thema "Die Kirchen sehen ihre Fehler"^^

http://www.zeit.de/2009/22/Portraet-Kermani

frei nach dem Motto "dümmer geht ümmer"^^

blobbfish
Listenkandidat
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 3022
Registriert: 26.01.2003
Di 19. Mai 2009, 17:37 - Beitrag #26

Zitat von Ipsissimus:na ja^^ einem Kreationisten das Reden zu verbieten, das verbietet natürlich die Religionsfreiheit^^ außerdem gehören Kreationisten zu der Sorte Menschen, die einfach immer weiterreden können, ohne Gegenargumente jemals zur Kenntnis nehmen zu müssen^^ gegen Kreationisten lässt sich alles mögliche anwenden, es nützt nur nichts^^ die unterliegen einer selbtstabilisierenden Halluzination


Letzteres ist eine (leider überwiegend richtige) Pauschalisierung, ersteres war von mir mehr im übertragenen Sinne gemeint. Kann man aber auch auf faktisch ausweiten, allerdings muss dann eine transsubjektive Begründung her, die ist nicht allzu trivial und wäre für eine praktische Gesetztgebung vmtl. auch nicht geeignet.

Maglor
Karteizombie
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4280
Registriert: 25.12.2001
Di 19. Mai 2009, 23:21 - Beitrag #27

@Kulturpreis-Streit
Hier zeigt sich die ganze Brisans der "Toleranz".
Müssen Bischöfe es toll finden, dass jemand ihr Christentum als "Gotteslästerung und Idolatrie" bezeichnet?
Ein Rückfall ins Mittelalter war das aber noch lange nicht. Zwei Bischöfe spielen beleidigte Leberwurst, mehr nicht.
Der eigentliche Skandal ist, dass sich die hessische Landesregierung sich "erpressen" lässt.

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Mi 20. Mai 2009, 00:59 - Beitrag #28

wenn der böse Muslim NUR das gesagt hätte, könnte ich es vielleicht noch nachvollziehen^^ nun hat er aber ein klitzekleines bisschen mehr gesagt, und das lässt die guten Bischöfe äußerst dumm aussehen; der Artikel stellt das schon sehr schön klar. Das mit der Erpressung der Landesregierung beurteile ich genauso wie du

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
Mi 20. Mai 2009, 13:11 - Beitrag #29

Sehe ich ähnlich, nicht das Christentum an sich wurde angegriffen, sondern im Gegenteil, in seinem Artikel gelangt der Muslim (sry Name vergessen) ja zu dem Schluss, dass er unter seiner Interpretation des Kreuzes in diesem einen Bild durchaus auch unter dem Kreuz beten könnte. Was er nicht mal und als Gotteslästerung empfindet, ist ja die Leidensverherrlichung der Kirche, die an die Stelle der Auferstehungsverherrlichung tritt, manchmal oder oft. Das zu kritisieren (also die Kritik zu kritisieren) finde ich unangemessen, zumindest in der Schärfe. Und damit heulend zur Landesregierung zu rennen ist absolut unangemessen, skandalös ist dann jedoch die Reaktion selbiger Landesregierung, an der mangelnder Sachverstand ebenso deutlich wird wie die Voreingenommenheit.

Vorherige

Zurück zu Philosophie

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 6 Gäste