Zum Wahrheitsbegriff bei Jesus

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Makeda
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Mo 13. Jul 2009, 23:03 - Beitrag #1

Zum Wahrheitsbegriff bei Jesus

Abgetrennt aus dem thread
Was ist Gerechtigkeit?

Wieso könnte selbst Jesus Pilatus nicht antworten, als er fragte: "Was ist die Wahrheit"?

Ipsissimus
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Di 14. Jul 2009, 00:18 - Beitrag #2

will man es zu seinen Gunsten auslegen: er gab die Antwort eines Zenmeisters
will man es zu seinen Ungunsten auslegen: er wußte es nicht und versuchte sich selbst an die Stelle der Wahrheit zu setzen

Makeda
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Di 14. Jul 2009, 10:39 - Beitrag #3

Kurz zu Jesus: "Wahrheit war nicht das wehsedliche seiner Sendung, er war Geboren, um Zeugnis zu geben für die Gerechtigkeit, jene Gerechtigkeit, die er in dem Königreich Gottes verwirklichen wollte..."

Ipsissimus
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Di 14. Jul 2009, 11:55 - Beitrag #4

"Wahrheit war nicht das wehsedliche seiner Sendung, er war Geboren, um Zeugnis zu geben für die Gerechtigkeit, jene Gerechtigkeit, die er in dem Königreich Gottes verwirklichen wollte..."

worüber sprechen wir, über exegetische Positionen oder über unsere Ansichten zur Person Jesus?

janw
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Di 14. Jul 2009, 12:53 - Beitrag #5

Zu der Jesus-Geschichte:
U.a. Lapide, Pinchas ((1987): Wer war schuld an Jesu Tod?
zeigt, daß die Szene höchstwahrscheinlich eine Fälschung ist, mit dem Ziel, die Schuld auf die Juden und von den Römern weg zu lenken, denn das behauptete Recht auf Freilassung eines Gefangenen hat es nicht gegeben.

Lykurg
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Di 14. Jul 2009, 13:27 - Beitrag #6

Ob die ganze Szene gleich eine "Fälschung" sein muß oder doch eher eine freie Bearbeitung, weiß ich nicht. Immerhin stellt sich mir die Frage, wer (außer Pilatus selbst und vielleicht der einen oder anderen Wache) die Vorgänge im Prätorium und auf dessen Vorplatz gleichermaßen hätte verfolgen können. Schließt Lapide die Begnadigung explizit aus, oder sagt er, daß es keinerlei Belege für eine solche Praxis gebe?
Eine dritte Möglichkeit wäre, daß er Pilatus nicht zum Träger dieser Information machen wollte. Vom Ende her interpretiert mußte er es unbedingt vermeiden, Pilatus zu seinem Anhänger zu machen, da er dann doch das Volk/die Priesterschaft dazu hätte bringen müssen, ihn umzubringen...

Ipsissimus
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Di 14. Jul 2009, 14:02 - Beitrag #7

Im Grunde ist der Ausspruch Jesu eine Ungeheuerlichkeit: er setzt sich in Personam mit !!der!! Wahrheit gleich. Fundamentalisten konstruieren daraus eines ihrer Lieblingsargumente: das ist so ungeheuerlich, dass es entweder einfach stimmen muss oder Jesus einer der größten Hochstabler der Menschheitsgeschichte ist. Andere Möglichkeiten gibt es natürlich nicht^^ dass er sich geirrt haben könnte, dass er einfach ein Irrer war wie es sie auch heute noch gibt, dass er etwas anderes gemeint haben könnte, als seine Nachfolger meinten, dass der Kontext unvollständig, weil stilisiert widergegeben ist uvm.^^

Als ich sagte, bei wohlwollender Auslegung könnte er die Antwort eines Zenmeisters gegeben haben, dachte ich mir schon was dabei^^ seine Antwort hat etwas von einem Koan, wenngleich kein sehr kompliziertes^^

Lykurg
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Di 14. Jul 2009, 14:28 - Beitrag #8

Ipsissimus, meinst du Joh 14,6 ("Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich")? Denn in der Passionsgeschichte selbst wird das nicht so deutlich, da deklariert Jesus die Wahrheit als seine Aufgabe und sich als ihren (einzigen?) Mittler, aber nicht als Personifikation; auf die Frage des Pilatus, was Wahrheit ist, wird keine Antwort gegeben (ebenso wie auf "Woher bist du"). - Ich finde die entsprechende Passage eine der faszinierendsten des ganzen NT^^

Ipsissimus
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Di 14. Jul 2009, 14:54 - Beitrag #9

ach Mist, stimmt ja^^ ich habe die beiden Stellen gerade durcheinander geworfen, sorry^^ andererseits könnte man es natürlich so verstehen, dass an der einen Stelle die fehlende Antwort von der anderen Stelle nachgereicht wird^^

lasse ich die Stelle aber für sich stehen, gibt es wieder zwei Antworten:
entweder er wusste es nicht oder aber
er wusste, dass es keine Wahrheit gibt^^ (in dem Fall hätte Pilatus natürlich die Finger in eine offene Wunde gelegt^^)

Maglor
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Di 14. Jul 2009, 23:17 - Beitrag #10

Genauso wenig antwortet Jesus auf die Frage des Pilatus "Bin ich eine Jude?", im Grunde beantwortet er keine Frage des Pilatus. Das Problem ist, dass die Evangelien Pilatus als Gutmensch darstellen, der seine Hände in Unschuld wäscht. Mir kommt da der Gedanke, dass Jesus die Fragen des Pilatus, boykottiert um seine Passion nicht zu gefährden.

Was die Wahrheit und Jesus betrifft, so möchte ich gern auf das Johannes-Evangelium verweisen.
Da kennt dieser Jesus eine klare Verteilung. Die Wahrheit kommt von Gott und jene, die die Wahrheit glauben, sind die Söhne Abraham. Jene, die sie nicht glauben, sind natürlich Söhne des Teufels.
Johannes 8,42 usw.
"Wenn Gott euer Vater wäre", hielt Jesus ihnen entgegen, "dann würdet ihr mich lieben. Denn ich bin von Gott zu euch gekommen, in seinem Auftrag und nicht aus eigenem Entschluss. Warum versteht ihr denn nicht, was ich sage? Weil ihr gar nicht fähig seid, mein Wort zu hören! Euer Vater ist nämlich der Teufel und ihr wollt das tun, was euer Vater will. Er war von Anfang an ein Mörder und hat die Wahrheit immer gehasst, weil keine Wahrheit in ihm ist. Wenn er lügt, entspricht das seinem ureigensten Wesen. Er ist der Lügner schlechthin und der Vater jeder Lüge.Und ihr glaubt mir nicht, gerade weil ich die Wahrheit sage. Wer von euch kann mir auch nur eine Sünde nachweisen? Wenn ich aber die Wahrheit sage, warum glaubt ihr mir dann nicht? Wer Gott zum Vater hat, hört auf das, was Gott sagt. Aber ihr hört es nicht, weil ihr nicht von Gott stammt."
Da Pilatus Gutmensch und Gottessohn ist, anders als bösen Pharisäer kein Sohn des Teufels, würde er ja glatt auf die Wahrheit hereinfallen und sich ihn Jesus verlieben und ihn retten. Das wäre natürlich äußerst ärgerlich. Genauso gut hätte ja Jesus aus seinen Visionen, dass er verraten wird, die Konsequenzen ziehen können und die Flucht ergreifen.
Im Grunde nur paulinische Gnadenlehre. Wem der Herr gnädig ist, wird die Wahrheit glauben. Oder wie Luther meinte, entweder man wird vom Gott oder vom Teufel geritten, womit er sich ja mit den Humanisten, die den freien Willen betonten, mehr oder minder entzweite.

Ipsissimus
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Mi 15. Jul 2009, 10:59 - Beitrag #11

das Problem bei Joh. 8,42 ff ist , dass Jesus im Grunde nichts anbietet als wenn-dann, ein paar Behauptungen und Diffamierungen sowie ein paar suggestive Fragen, auf die er sich schnell Antworten gibt, alles ohne jegliche Beweiskraft. Im Prinzip geht er hier manipulativ vor, nicht argumentativ. Und mit Logik hat er es auch nicht, denn was wirft er den Leuten eigentlich vor, wenn er ihnen gleichzeitig konstatiert, des Teufels zu sein, mithin nicht anteilig göttlicher Gnade?

Maglor
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Do 23. Jul 2009, 22:01 - Beitrag #12

Ja eben genau das ist das Problem. Sein einziges logisches Argument ist die Verteufelung. (Zugeben die Pharisäer arbeiten mit der gleichen Vorstellung von Lüge und Wahrheit, Gott und Teufel. Darum verstehen sie sich auch so gut.)
Der eigentliche Witz ist, dass die Verteufelung durchaus ein überzeugendes Argument sein kann. Also die durchaus physische Bedrohung ein Teufelssohn zu werden, als Grund den Herrn Jesus doch zu lieben. :crazy:
Im Grunde ist nämlich schon Gewalt im Spiel, allerdings erst am jüngsten Tag, wenn der gute Hirte die Böcke von den Lämmern trennt. Bei den Zeugen Jehovas sollen solche Argumente ja noch zählen. :rolleyes:

Milena
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Do 23. Jul 2009, 22:14 - Beitrag #13

...was ihr alle habt....
ich glaube an jesus, an gott, an das mystische auch ohne gewaltanwendung, weil ich schon immer daran glaubte und halt darin gefunden habe ohne es euch jemals erklären zu können und es auch nicht zu wollen....^^

Ipsissimus
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Fr 24. Jul 2009, 00:03 - Beitrag #14

das bleibt dir ja auch unbenommen, Schatz^^ aber so sind die Theologen nun mal^^ müssen alles zerfleddern^^


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