Gegenwärtig darf ich mich mit Auszügen aus Thomas von Aquins Summa Theologica auseinandersetzen, konkreter der 118., der 77. und 78. Frage des zweiten Teils, es geht also um Habsucht, Handel und Zinsgeschäfte. Hier gibt es II, 118 in einer englischen Übersetzung. Der Einfachheit halber hier einige Notizen dazu, die allerdings eher vorläufigen Charakter haben. Anregungen und Widersprüche jeder Art sind mir willkommen, davon liefert der Text selbst ja schon aus Prinzip eine ganze Menge.[quote="Lykurg"]Thomas von Aquin erörtert in der 118. Frage der Summa Theologica den ethischen Stellenwert der Habsucht (avaritia). Von der Frage ausgehend, ob es sich dabei um eine Sünde handelt, untersucht er im Folgenden, wie schwer sie wiegt, welcher Tugend sie gegenübersteht und in welchem Verhältnis sie zu anderen Sünden steht. Die Untersuchungen erfolgen jeweils dialektisch, Autoritätszitate und eigene Überlegungen werden jeweils pro und contra gesammelt und im Responsum abgewogen, worauf eine Klärung übriggebliebener Widersprüche der abgelehnten Argumentation erfolgt.
Sein Ergebnis, avaritia sei eine Sünde, ergibt sich daraus, daß sie in der Überschreitung des rechten Maßes (debita mensura) bestehe. Dabei sieht Thomas im Gegensatz zu Aristoteles eine natürliche Veranlagung des Menschen, äußeren Reichtum (exteriores divitias) zu besitzen, um ein Leben secundam suam conditionem zu führen. Zum Wesen der Habsucht gehöre es aber, Güter besitzen zu wollen, die eben dieses Maß überschreiten. Es gelte aber, die natürlichen Neigungen (inclinationes naturales) gemäß dem Verstand zu regeln, wovon ausdrücklich auch alte Menschen nicht befreit sind. Hier zeigt Thomas, daß er in mangelndem Maßhalten ein naturae defectum sieht, nicht etwa eine persönliche Eigenschaft.
Thomas unterscheidet zwischen Habsucht in Erwerb und in Aufbewahrung der Güter, dabei führt er – was bei Aristoteles noch völlig fehlte – eine Relation der Besitztümer ein dahingehend, was der eine an zeitlichen Gütern im Überfluß habe, müsse dem anderen fehlen (bis heute würden ihm darin Teile der Linken zustimmen). Dies könnte auf eine Sünde an anderen Personen hinauslaufen, entweder durch Vorenthaltung des Benötigten (dann handelt es sich um einen Verstoß gegen die Freigebigkeit) oder durch Raub (dann wird gegen die Gerechtigkeit verstoßen). Auch das Verletzen des Maßes in die entgegengesetzte Richtung ist Thomas zufolge falsch, wobei er übertriebene Freigebigkeit, also Verschwendung, als Schuld bezeichnet, im übermäßigen Altruismus (?) (minus habere quam debeat secundum justitiam) aber keine Schuld, sondern eine Strafe sieht, wobei er selbst anmerkt, einen solches Gegensatzpaar lasse sich hier nicht bilden.
Die Sündhaftigkeit der Habgier liegt aber wesentlich darin begründet, daß (deshalb wird der Aspekt des Maßhaltens von Thomas so unterstrichen) das Verlangen nach Reichtümern über die Liebe zu Gott gestellt wird, womit sogar die Voraussetzung für eine Todsünde erfüllt wäre. Die Schwere einer Sünde entscheidet sich ihm zufolge daran, wogegen sie sich richtet]