Wünsche/Gebete vs. Erfahrung

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und der Wahrheit.
Aydee
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Fr 30. Nov 2012, 18:47 - Beitrag #1

Wünsche/Gebete vs. Erfahrung

(ich weiß nicht genau, ob dies das richtige Forum ist)


Was haltet ihr von der Theorie, dass Wünsche/Gebete nicht in Erfüllung gehen (können), weil die Äußerung des Wunsches/Gebets eine Mangeläußerung darstellt, ein Ausdruck, dass das worum man bittet fehlt. Und da es fehlt, werden wir nicht die Erfahrung machen (können), dass wir es haben.

Ganz blödes Beispiel:
Es gibt Zeitgenossen, die haben nie genug {Geld, Zeit..}, ganz gleich wie viel sie "tatsächlich" haben, in ihren Augen ist es nicht genug.
Dann gibt es Menschen da kann man einfach nur Bauklötze staunen, wie viel sie mit wie wenig auf die Beine stellen.


Hintergrund der Theorie ist, dass unsere Erfahrung bestimmt, wie wir über etwas denken/empfinden. Wenn wir die Erfahrung machen, dass uns {etwas} fehlt, werden wir auch so empfinden. Und solange wir diesen Mangel empfinden, können wir nicht die Erfahrung machen, dass wir {dieses etwas} haben.

(oder genug davon, wenn wir empfinden, dass es nicht genug ist, dass da mehr sein sollte)


Edit.
PS: vielleicht ist es auch weniger "die Erfahrung machen" sondern mehr "sich dafür entscheiden, so zu empfinden/denken".....

Lykurg
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Sa 1. Dez 2012, 10:12 - Beitrag #2

Einerseits können wir uns erinnern, daß wir etwas einmal hatten und nun vermissen, also uns wünschen, oder aber, daß wir nun etwas haben, das wir uns früher wünschten. Sicher vergessen wir insbesondere letzteres oft, andererseits bilden wir uns manchmal auch erst im Nachhinein ein, daß uns etwas bestimmtes früher gefehlt haben müsse, eben da wir es nicht hatten. ;)

Und andererseits mag das für Dinge wie Geld gelten, die man in relativ unbegrenztem Maße anhäufen könnte, aber für andere Arten von Wünschen kann eine klare Erfüllung erfolgen, insbesondere für materielle Dinge des täglichen Bedarfs.

Ein großartiges Buch über das Erfüllen von - ganz einfachen und etwas komplizierteren - Wünschen ist von Jakob Arjouni: "Idioten. Fünf Märchen." Gerade die Frage, ob das, was wir uns wünschen, auch das ist, was wir brauchen, wird dort sehr treffend behandelt.

Maglor
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Sa 1. Dez 2012, 12:06 - Beitrag #3

So richtig habe ich zwar nicht verstanden, worum es hier gehen soll, aber die Erfahrung zeigt doch, dass nur der, der Wünsche und Hoffnungen hat, auch enttäuscht werden kann.

Besonders schwierig wird es, wenn der empfundene Mangel in der eigenen Person begründet ist. Da hilft auch kein beten oder wünschen mehr, denn letztlich ist der Wunsch nur an die eigene Person gerichtet und dessen Erfüllung liegt entweder in der eigenen Hand oder aber außerhalb aller Möglichkeiten.

Konkrete Wünsche und Mängel halte ich für gar nicht so bedeutsam. Viele finden auch ohne konkrete Enttäuschung keine Erfüllung. Das Unglück hat dann keine konkrete Ursuche mehr, die außerhalb des eigenes Gemüts liegt.

Ipsissimus
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Mo 3. Dez 2012, 10:57 - Beitrag #4

Hintergrund der Theorie ist, dass unsere Erfahrung bestimmt, wie wir über etwas denken/empfinden. Wenn wir die Erfahrung machen, dass uns {etwas} fehlt, werden wir auch so empfinden. Und solange wir diesen Mangel empfinden, können wir nicht die Erfahrung machen, dass wir {dieses etwas} haben.
Das scheint mir eine recht abstruse Logik zu sein. Oder besser gesagt, eine äußerst fragwürdige Anwendung von Autosuggestion. Die Empfindung des Mangels geht ja offenbar auf einen real existenten Mangel zurück. Welcher Grund sollte bewirken, dass ein Mensch bei real vorhandenem Mangel kein Empfinden dieses Mangels aufweist? Wie sollte ein Empfinden von "kein Mangel" zustande kommen, wenn Mangel allenthalben vorliegt? Aus meiner Sicht wäre das ein sehr "gläubiger" Umgang mit den eigenen Empfindungen, die dem weichen müssten, was suggeriert wird.

Aydee
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Mo 3. Dez 2012, 18:46 - Beitrag #5

Ich glaube, ich möchte garnicht wissen, bei wie viele Menschen die Wahrnehmung ihres Lebens durch (Auto)Suggestion bestimmt wird. Wo fängt Suggestion an?

Nicht jeder empfundene Mangel geht auf einen tatsächlichen Mangel zurück (stell ich jetzt einfach so mal als Tatsache hin)

Ich meinte das hier:
"Besonders schwierig wird es, wenn der empfundene Mangel in der eigenen Person begründet ist." (Maglor)

Wenn sich jemand lange oder intensiv genug (oder beides) einredet, dass ihm/ihr etwas fehlt, dann glaub dieser Mensch das irgendwann. Und dieser "Glaube" bestimmt dann sein/ihr Empfinden. Und vielleicht ist dieser Mensch durch diesen Glauben, das Empfinden unfähig zu erkennen, dass das wovon er/sie glaub, dass es fehlt, bereits da ist.


"Wie sollte ein Empfinden von "kein Mangel" zustande kommen, wenn Mangel allenthalben vorliegt?" (Ipis)

Wie kann Erfüllung eines Wunsches, einer Idee, einer Vorstellung empfunden werden, wenn die eigene Realität von der Vorstellung des Fehlens bestimmt wird?

Beispielsweise könnte die Angst/Vorstellung, nicht geliebt zu werden, dazu führen, dass man nicht bemerkt, dass man bereits geliebt wird. Selbst wenn dieser Mensch es bemerkt, ist es womöglich nie genug.
Würde diese Vorstellung nicht zu Handlungen/Reaktionen führen, die jemand niemals macht, der !weiß! dass er geliebt wird.

Vielleicht blockiert diese {Mangel-}Vorstellung ja die Erfüllung des Wunsches, weil nicht der Wunsch die empfundene Realtiät bestimmt, sondern die Vorstellung hinter dem Wunsch. (weil sie stärker ist, intensiver) Und die sagt, dass du {es} nicht hast.

Ipsissimus
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Di 4. Dez 2012, 13:19 - Beitrag #6

dann muss die Kernaussage aber differenzieren zwischen dem Empfinden objektiven versus subjektiven Mangels und dem Empfinden physischen versus psychischen Mangels.

Bei objektivem Mangel würde ich meinen, dass eine Veränderung der Situation für die objektive Abschaffung des Mangels mehr bewirkt als Gebete oder Wünsche, da beides ja nur autosuggestiv arbeitet. Wenn es allerdings nicht um eine Behebung des Mangels geht, sondern nur um eine Änderung des Empfindens, können beide Maßnahme dienlich sein, allerdings ist dann gegen den Mangel nichts getan.

Bei subjektivem Mangel muss halt geschaut werden, was für ein Mensch da empfindet. Es gibt Menschen, bei denen wirken psychoaktive Methoden therapeutisch, während andere sich dagegen verwahren, weil sie die Manipulation fürchten. In jedem Fall halte ich subjektiv empfundenen psychischen Mangel bei objektivem Nichtvorhandensein von Mangel für therapiewürdig, falls die Selbstheilungskräfte eines Menschen nicht in einer angemessenen Zeitspanne damit fertig werden. Auch die Umkehrung - ich darf mir nicht wünschen, dass der Mangel aufhört, da ich mich sonst dafür blockiere, wahrzunehmen, dass er gar nicht da ist - halte ich nur für eine weitere psychoaktive Methode, die bei manchen wirkt, bei anderen nicht, je nach dem Grad ihrer Beeinflussbarkeit.

Subjektiv empfundenen physischen Mangel nehme ich nicht ernst.

Davon abgesehen ist die Unterscheidung zwischen "objektiv" und "subjektiv" immer fragwürdig; von derartigen Dichotomien abhängende Aussagen werden also besser immer nur als Tendenzen aufgefasst, jeder Einzelfall kann anders sein.

e-noon
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Di 4. Dez 2012, 13:33 - Beitrag #7

Ich halte das für Quatsch. Es ist natürlich plausibel, dass man, wenn man etwas nie erfahren hat, damit nur schwer umgehen kann, wenn es eintrifft, beispielsweise was Liebe, Verantwortung, Macht oder auch Freiheit angeht, aber dennoch darf man sich doch etwas ersehnen, erkämpfen und auch dann genießen, ohne, dass die Sehnsucht das Erreichen blockiert. Alle sozialen Bewegungen (Arbeiterrechte, Frauenrechte etc) hätten doch sonst nicht funktionieren können.

Auch, wenn ich jemanden um etwas bitte, bekomme ich es auch, wenn ich es vorher noch nicht kannte. Als ich zum ersten Mal Schulterschmerzen hatte und zum Arzt ging, bekam ich auch meine erste Massage und habe mich dann sehr gut gefühlt. Als ich mich im Sommer sehr schlapp fühlte und auch das Gefühl hatte, ich sei noch nie im Leben wirklich fit gewesen, habe ich angefangen, zu Joggen, und irgendwann konnte ich vierzig Minuten am Stück laufen, was ich nie erwartet hätte. Jedes Lernen beginnt mit dem Wunsch nach Wissen - ich könnte ja dann nicht Russisch lernen, wenn der Wunsch, Russisch zu können, mich blockieren statt antreiben würde.

Also die Theorie finde ich völlig an den Haaren herbeigezogen. Allein das letzte Jahrhundert sollte gezeigt haben, dass Menschen sich fast alles beschaffen, erfinden, durchsetzen, aneignen können, was sie sich wünschen. Es mag einige sehr begrenzte Sachen geben, bei denen ein zu starker Wunsch die Verwirklichung behindert - beispielsweise der Wunsch nach Liebe - aber auch da kann man nicht von einem Mangel an Erfahrung sprechen, denn auch Menschen, die in ihrem Leben schon viel Liebe erfahren haben, können sich (wieder) viel Liebe wünschen, das Prinzip ist das gleiche.

Wenn ich mir lange genug einrede, dass ich keine Zeit habe, liegt es vielleicht daran, dass ich jetzt mehr Verpflichtungen habe als früher. Dann muss ich abwägen, ob mir die Verpflichtungen wichtiger sind oder die freie Zeit, und eines von beiden opfern. Aber auch da liegt es nicht an einem Mangel an Erfahrung von freier Zeit (jeder hatte ja als Kind massig freie Zeit), der sich in einem Wunsch manifestiert und mich dadurch blockiert, sondern an den steigenden Erwartungen der Gesellschaft an Erwachsene gegenüber Kindern.

Maglor
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Do 6. Dez 2012, 20:01 - Beitrag #8

Es irrt der Mensch so lang er strebt, hat nicht der Teufel geflüstert.
Die Bedürfnislosigkeit und Unterwürfigkeit gehen Hand in Hand.
Es ist ein Kotau vor der ganzen Welt.
Welt- und Selbstverbesserer haben zwar nicht lauch nicht leichter, aber ... :rolleyes:


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