@Moralrelativismus: Das muss man doch in der Matrix nicht extra erwähnen
Aber jede weitere Erwähnung bestätigt doch aufs Neue, wie ganz toll reflektiert und erleuchtet wir sind.
Das würde z.b. bedeuten, dass die willentliche Zerstörung von Kunst nicht grausam sein kann.
In unscharfer Alltagssprache würde ich sie vielleicht grausam nennen; im Kontext der hier versuchten Begriffsschärfung aber tatsächlich nicht. Treffender wären "barbarisch" oder "roh".
Ist eine Tat grausam und notwendig, definiert sich Grausamkeit nicht durch die unnötige Härte der Tat.
Nicht ausschließlich, ja. Im Vorbeitrag habe ich mich bewusst um eine Definition der "grausamen Tat" gedrückt. Klar sollte aber von vornherein sein, dass der Begriff zu komplex ist, um anhand eines einzigen Kriteriums definiert werden zu können. Erster Versuch: "Eine Tat kann als grausam bezeichnet werden, wenn Alternativen mit geringerem gewichteten Leidpotential zu erkennen sind." Die Genauigkeit nehmende Spezifizierung "gewichtet" ist drin, um z.B. die Abwägung von kurz- gegen langfristigem Leid abzudecken, oder die von individuellen vs. gemeinschaftlichem.
Paradebeispiele für eine Tat, die grausam, aber notwendig und nicht unnötig hart ist, wären für mich harte Rechtsstrafen oder das klassische "man muss ihn zu seinem Glück zwingen".
Ist eine Tat wohlgemeint, hilfreich, gut, kann sie es zwar trotz, aber nicht aufgrund der Grausamkeit sein, ausser man lässt wiederum zu, dass Grausamkeit nicht durch unnötige Härte definiert wird.
"Trotz", ja. Und unnötige Härte ist ein typisches Charakteristikum, aber kein eineindeutiges Definitionskriterium.
Nun könnte ich aber die Bücherverbrennung als grausam erachten, ganz gleich von wem und mit welcher Intention sie durchgeführt wird. Hier entscheidet zwar dann meine Bewertung der Angemessenheit, aber es geht doch direkt um die Tat, nicht um den Charakter des Täters.
Das wäre eben die "Grausamkeit der Tat", s.o., nicht ein "Indiz für einen grausamen Charakter". Die Tat der Bücherverbrennung würde ich analog zum Kunstvandalismus "nur" als roh bezeichnen. Unter gewissen mildernden Umständen (z.B. zwingt ein mächtiger Diktator jemanden, entweder Bücher oder Menschen zu verbrennen (und ist genre-savvy genug, Selbstmord und andere Ausschlüpfe zu verhindern
)) muss sie auch kein "Indiz für einen grausamen Charakter" sein. In den meisten Umständen wäre sie es aber.
Womit ich auch den "grausamen Charakter" noch nachdefinieren muss: als einen, dem es signifikant eher als einem neutralen Charakter zugetraut wird, grausame Taten (die per voriger Definition Leid leidbefähigter Opfer bewirken) zu begehen. Und da kann dank angenommer Korrelationen eben auch eine rohe Tat gegen unbelebte Opfer ein starkes Indiz für eine Grausamkeitstendenz gegenüber leidbefähigten Opfern sein.
Zum Sadismus: Im engeren Sinne würde ich darunter Lustgewinn aus Leidbeifügung verstehen (im allerengsten rein sexuellen). Auch für einen weiteren Sinn würde ich immer noch mindestens eine Tendenz voraussetzen, bei zwei gleich nützlichen Alternativen die mehr Leid verursachende zu wählen - egal, ob aus Lustgewinn oder abstraktem Highscoredenken. Es als Sadismus zu bezeichnen, lediglich das Leid zu wählen, weil es bequemer ist, finde ich zu begriffsdehnend. Das ist simpler übersteigerter Individualutilitarismus.