Der folgende Text ist im wesentlichen aus einem Referat hervorgegangen (deshalb der teilweise etwas stichpunktartige Stil). Seeker hatte ja mal vorgeschlagen, dass Philosophen vorgestellt werden. Da wollte ich es euch nicht vorenthalten .
Biographie:
Thomas Hobbes wird am 5. April 1588 in Westport in der Grafschaft Wiltshire als Sohn eines wenig gebildeten Landgeistlichen geboren, seine Mutter entstammt einer Bauernfamilie. Sein Vater muss bald auf Grund einer Schlägerei fliehen und ein Onkel übernimmt die Erziehung Hobbes'. Er besucht die Elementarschule in Westport und wechselt 1596 auf die Schule in Malmesbury, wo er Unterricht in den klassischen Sprachen erhält, die er schließlich vorzüglich beherrscht. Sieben Jahre später beginnt er dann das Studium der sieben freien Künste an der Universität von Oxford, doch hat er wenig Freude daran. Er kommt hier mit puritanischen Kreisen und der scholastischen Philosophie in Kontakt. Vier Jahre später schließt er das Studium mit dem Grad eines Baccalaureus Artium ab.
Hobbes tritt nun in den Dienst von Sir William Carvendish ein und unterrichtet seinen Sohn. Er macht mit ihm eine (damals für junge Adelige übliche) mehrjährige Reise nach Europa. Nach der Rückkehr widmet sich Hobbes, immer noch im Haushalt der Cavendishs, humanistischen Studien und trifft Herbert of Cherbury und Francis Bacon. Er lernt in diesen Studien die Beschreibung des Peloponnesischen Krieges von Thukydides kennen. Von dieser sehr
beeindruckt, übersetzt er sie ins Englische. Er bricht, wieder als Privatlehrer tätig, zu einer neuen Europareise auf, auf der er Euklids Elemente, das wohl berühmteste Mathematikbuch aller Zeiten, kennenlernt, das ihn im Bezug auf seine Methode sehr beeinflussen sollte. 1634 bricht er mit dem Sohn des neuen Earls von Carvendish zu einer neuen Europareise auf, auf der er so bedeutende Gelehrte, wie Mersenne, Gassendi, Descartes und Galilei trifft. Zwei Jahre später kehrt er nach London zurück.
Der Earl von Newcastle bittet ihn im Jahre 1640 eine Parteischrift für den König zu schreiben, einer Bitte, der er mit den Elements of Law, dessen Titel sehr an die Elemente des Euklids erinnert, nachkam. Er versucht mit diesem Werk die Politikwissenschaft als eine aus bestimmten Prinzipien hergeleitete und nicht als eine empirische Wissenschaft aufzubauen. Die Schrift lässt er im Parlament zirkulieren, doch mit geringem Erfolg. Nachdem das Kurze Parlament aufgelöst und das Lange Parlament eingesetzt wurde, sieht er sich in Gefahr und flieht nach Frankreich.
Zwei Jahre später erscheint der zuerst geschriebene dritte Teil von Hobbes' großem Werk Elementa Philosophiae, den er De Cive, vom Bürger, nennt. In den folgenden Jahren betreibt Hobbes optische Studien und engagiert sich am Hof. 1647 erkrankt er dann schwer und als Folge der Krankheit bleibt eine paralytische Schüttellähmung, die ihn zur Beschäftigung eines Schreibers
zwingt. Sein Hauptwerk, den Leviathan, veröffentlicht er 1651. Es ist das Werk, das seine politische Theorie in Vollendung darstellt und auch besonders auf kirchenpolitische Fragen eingeht. Der Name stammt von einem biblischen Ungeheuer. Die Reaktion auf dieses und eine Intrige bringen ihn dazu, nach England zurückzukehren und sich der Republik zu unterwerfen. Er wird vom Earl of Devonshire nach Derbyshire ingeladen, wo er, bis auf regelmäßige Aufenthalte in London, den Rest seines Lebens verbringt.
In den Jahren 1655 und 1658 bringt er die Schriften De corpore, vom Körper, und De Homine, vom Menschen, heraus und vollendet damit seine Elementata Philosophiae. 1666 wird er dann des Atheismus bezichtigt und verbrennt aus Angst als Häretiker, d. h. als jemand, der religiöse Irrlehren verbreitet, verurteilt zu werden einen Teil seiner Schriften. Er arbeitet nun an seinen drei Schriften "A Dialogue between a Philosopher and a Student of the Common Laws of England", "An Historical Narration Concerning
Heresy" und "Behemoth or The Long Parliament", die aber erst posthum erscheinen. Die letztere ist eine Darstellung und Analyse des Bürgerkriegs, von dem Hobbes sehr stark beeinflusst wurde. 1672 verfasst er eine erst posthum erscheinende, in lateinischen Versen geschriebene Autobiographie und 1675 und 1676
veröffentlicht er Übersetzungen der Odysee und der Ilias. Am 4. Dezember 1679 stirbt er dann in dem hohen Alter von 91 Jahren.
Zu seiner Philosophie
Einleitende Worte:
Hobbes war in erster Line Staatsphilosoph. Seine Staatsphilosophie leitet er nicht, wie in der Antike üblich, aus der Ethik, sondern aus der Anthropologie (der Lehre vom Menschen) her. Er will hierbei von der Methode her nicht durch historische Betrachtungen, sondern nach dem Vorbild der Geometrie aus grundlegenden Prinzipien herleitend vorgehen. Neben seiner Staatsphilosophie ist sein Materialismus und sein Empirismus hervozuheben. Materialismus heißt, dass er die Existenz von etwas anderem als Materie leugnet. Auch alles, was man normalerweise als Seele bezeichnet, führt er auf die Materie zurück. Empirismus heißt, dass er keine andere Erkenntnismöglichkeit über die Wirklichkeit sieht als die sinnliche Anschauung. Er leugnet z. B. die angeborenen Ideen Descartes oder die Ideenschau Platons.
Im Folgenden werde ich mich aber vornehmlich auf die Staatsphilosophie und ihre Grundlegung konzentrieren.
Anthropologie:
Die Sprache spielt bei Hobbes eine große Rolle. Sie ist es, die den Menschen vom Tier unterscheidet. Doch sie macht den Menschen nicht besser, sondern nur mächtiger, und ihr größter Vorteil ist die Ermöglichung von Befehlen, da diese Grundlage für die menschliche Gesellschaft sind.
Die Namen sieht er nur als Merkzeichen, die nichts über die Realität aussagen. Insbesondere gilt dies für Allgemeinbegriffe, wie Mensch oder Pflanze, die nur durch Abstraktion, und nicht, wie vor ihm oft angenommen, reale Dinge sind. Für diese Namen haben sich in den meisten Fällen übliche Bedeutungen durchgesetzt. Doch Redner, die einen Aufruhr, Kriegsbegeisterung oder ähnliches hervorrufen wollen, setzen oft Namen nicht in ihrer verbreiteten Bedeutung ein, um die Leute zu beeinflussen. Wie großes Übel seiner Meinung nach Unklarheiten über Begriffe bringen können, verdeutlicht dieses Zitat:
"Gut und böse sind Namen, die unsere Neigungen und Abneigungen bezeichnen, die je nach den verschiedenen Temperamenten, Gewohnheiten und Lehren der Menschen verschieden sind (...) Ja eine und derselbe Mensch hat zu verschiedenen Zeiten verschiedene
Ansichten und lobt - das heißt, nennt gut -, was er ein andernmal tadelt und böse nennt. Daraus entstehen Zank, Streitigkeiten und zuletzt Krieg. Und deshalb befindet sich der Mensch so lange im reinen Naturzustand, der ein Kriegszustand ist, wie private Meinung Maßstab von Gut und Böse ist." (Leviathan 122)
Deshalb muss auch der Herrscher auch die Bedeutungen der Begriffe festlegen, doch dazu später mehr.
Seine Moralphilosophie ist ohne Verankerung in nicht-materiellen Dingen wie dem Guten an sich oder Gott. Er leitet sie nur vom Menschen her. Was die vitale Bewegung fördert, wird Liebe genannt, was sie lindert oder schwächt, nennt man Schmerz. Was gefällt und Vergnügen bereitet, nennt man gut, was dagegen missfällt und Missvergnüngen bereitet, nennt man übel und schlecht. Gut und böse legt somit jeder Mensch selbst fest. Damit aber kein Streit entsteht, muss der Herrscher diese festlegen.
Was zum Ziel führt, heißt nützlich, und was keinen Nutzen bringt, wird als eitel und nichtig bezeichnet. Die Menschen sind interessengeleitet und versuchen nur ihren Nutzen zu maximieren.
Viele achten nur auf ihren kurzfristigen Nutzen, nur für sie und auch für die anderen ist es besser, wenn sie auf den langfristigen Nutzen achten. Alles lässt sich auf Erstreben und Vermeiden zurückführen Die folgenden Zitate verdeutlichen dies: "Vorwärtskommen ist etwas Angenehmes, weil es ein
Näherkommen zu dem ziel, d. h. zu etwas angenehmeren, ist. Fremdes Unglück zu sehen, ist etwas Angenehmes; denn es gefällt,
nicht sofern es ein Unglück ist, sondern sofern es ein fremdes Unglück ist. (...) Ebenso ist es etwas Unangenehmes, fremdes Glück zu sehen, jedoch nicht sofern es Glück ist, sondern sofern es fremdes Glück ist." (de Homine 26)
"Stets den nächsten vor uns besiegen ist Glück; und das Rennen aufgeben heißt Sterben." (Elements of Law 77)
Es gibt so niemals einen Endpunkt des Ziels. Wir wollen immer besser als wir selbst zuvor und auch als alle anderen sein. Habgier und Ehrgeiz, früher als schlecht angesehen, werden hier in die politische Ordnung eingebaut.
Das folgende Zitat sagt noch etwas aus, wie Hobbes Werte, auch den des Menschen, sieht:
"Die Geltung oder der Wert eines Menschen ist wie der aller anderen Dinge sein Preis." (Leviathan 67)
Es gibt so keinen Realwert, sondern alles bestimmt der Mensch bzw. der Markt. Prinzipiell sind so alle Menschen gleich, da es keine übergeordnete Instanz gibt, die sie bewertet.
Naturzustand:
Der Naturzustand ist ein hypothetischer Zustand, in dem kein Staat existiert. Wenn es keinen Staat gäbe, würden die Menschen aggressiv, misstrauisch und ungerecht handeln. All dies würde auf Furcht basieren, da sich niemand seines Lebens, dessen Verlust das größte Übel darstellt, und seines Hab und Guts sicher sein könnte.
Die Bedeutung des Staates für dieses Verhalten macht auch folgendes Zitat deutlich:
"Nun sind sicher beide Sätze wahr: Der Mensch ist ein Gott für den Menschen, und: Der Mensch ist ein Wolf für den Menschen [homo homini lupus est]; jener, wenn man die Bürger untereinander, dieser, wenn man die
Staaten untereinander vergleicht. "
Das Fehlen von Sicherheit und wohldefinierten Besitz (allen gehört alles) machen das Leben "einsam, armselig, ekelhaft, tierisch und kurz." Nimmt man das Fehlen von Recht mit dem durch Begrenztheit der Güter und Habgier erzeugten Mangel und der natürlichen Neigung der Menschen, anderen Schaden zuzufügen, gibt das den Krieg jedes gegen jeden, den sogenannten bellum omnium in omnes.
Das folgende Zitat sagt noch etwas zu den Besitzstreitigkeiten:
"Am häufigsten wollen die Menschen einander verletzen, weil sie denselben Gegenstand zugleich begehren, der sehr oft weder gemeinsam genossen noch geteilt werden kann. Deshalb muss der Stärkste ihn haben; und wer der Stärkste ist, das muss durch das Schwert entschieden werden."
Der Staatsvertrag und die Einsetzung des Souveräns:
Die politischen Ordnung ist durch einen Vertrag gegründet. Dies ist nicht eine Auswirkung der natürlichen Geselligkeit der Menschen, sondern Folge einer Nutzensabwägung und Furcht vor der Unsicherheit des Naturzustands.
Der Souverän ist ein von dem Vertrag begünstigter Dritter, der keinen Vertrag mit den Bürgern geschlossen hat. Er hat die absolute Macht über die Bürger, weil sie ihre Rechte mit dem Vertrag aufgegeben haben. Er muss ihnen nur Sicherheit bieten, denn die Unsicherheit würde keinen Vorteil gegenüber dem Naturzustand mehr bieten und der Staat würde sich auflösen. Der Souverän kann sich nicht gegen das Volk, sondern nur gegen Gott versündigen. Er kann den Vertrag gegenüber dem Volk nicht brechen, da er ihn nicht geschlossen hat. Beschränkungen würden den Souverän nur hindern, die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten. Er setzt das Recht, die Bedeutung der Worte und auch das
öffentliche religiöse Bekenntnis fest. Gerechtigkeit ist nur noch, was das durch ihn geschriebene Recht ist. Dadurch ersetzt er den Willen vieler durch den eines und verhindert den Krieg jedes gegen jeden. Es verwundert so nicht, dass Hobbes den Souverän auch einen sterblichen Gott nennt. Auf Erden ist niemand über ihm und so kann er auch nicht rechtmäßig abgesetzt werden. Er selbst entscheidet über seine Nachfolge. Der Souverän ist auch geistliches und weltliches Oberhaupt zugleich.
Ich persönlich halte von Hobbes' Philosophie reichlich wenig. Ihre Beschränkung auf das materielle und das empirische, ihre besondere Betonung des Bösen im Menschen etc. sind alle nicht nach meinem Geschmack. Aber Hobbes war für die Philosophiegeschichte von großer Bedeutung, er war einer der größten Staatstheoretiker der Geschichte und auch hat er Grundsteine für den englischen Empirismus gelegt, der mit Locke wirklich gegründet und von Hume vollendet wurde, der wiederum Anstoß für Kants kritische Philosophie war. Also, auch wenn man ihn nicht mag, schadet es nicht, ihn zu kennen .
Padreic