Welches Buch lest ihr gerade? (II)

Die Faszination des geschriebenen Wortes - Romane, Stories, Gedichte und Dramatisches. Auch mit Platz für Selbstverfasstes.
janw
Moderator
Moderator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 8488
Registriert: 11.10.2003
Sa 19. Apr 2008, 01:41 - Beitrag #161

Zu Sansibar hatten wir glaub ich sogar mal einen thread.

Ich lese gerade...immer noch vieles gleichzeitig, neu dazu gekommen ist kürzlich:

Eugène Ionesco - Die Unterrichtsstunde

Vor 20 Jahren hab ich das Stück auf einer Klassenfahrt in einem Kellertheater gesehen, ein ziemlich merkwürdiges Erlebnis.
Jetzt suche ich nach dem Ursprung der Verstörung, den das Stück hinterlässt, liegt er in der Aufdeckung des mörderischen Geschehens, oder schon früher?

Traitor
Administrator
Administrator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 17500
Registriert: 26.05.2001
Di 29. Apr 2008, 17:14 - Beitrag #162

Zuletzt noch direkt die beiden Nachfolger:

"Johnny and the dead" über um ihre Rechte kämpfende Begrabene, besonders glänzend mit einem entfernten Einstein-Cousin und einem mit der Existenz eines Lebens nach dem Tod nicht ganz glücklichen Kommunisten.
"Johnny and the bomb" über eine zeitreisende Obdachlose (die sich Foul Rons "Millenium hand and shrimp!" geborgt hat) und den zweiten Weltkrieg.

Letzteres themenbedingt auch mit deutlich ernsteren Anteilen. Insgesamt alles kein Scheibenwelt-Niveau, aber mit herrlichen Stellen.

Traitor
Administrator
Administrator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 17500
Registriert: 26.05.2001
Di 27. Mai 2008, 20:00 - Beitrag #163

Stanislaw Lem - Der Unbesiegbare Lems Stil variiert beeindruckend zwischen seinen einzelnen Büchern. Psychologisch-surrealistisch in Solaris, humoristisch-wirr in Sterntagebüchern und Futurologischem Kongress, ist dieser sehr klassische SF-Roman über die Aufklärung des Scheiterns eines auf einem Wüstenplaneten gelandeten Schiffes sehr dicht und spannend erzählt, mit Fokus auf den auf diesem Planeten wirkenden Kräften. Die Charaktere sind bloße Handlungsträgerschablonen, aber die Idee ist so gut und die Erzählung eben so fesselnd, dass das Buch voll überzeugt.

John Milton - Paradise Regained Mal wieder englische-Klassiker-Zeit. Sprachlich überraschend unproblematisch (sicher orthographisch stark modernisiert, muss ich mal Vergleichsquellen suchen, aber der Rest dürfte ja unveränderlich sein). Mit den ersten beiden Höllen-Kapiteln sehr kraftvoll, dann beim Himmel etwas nachlassend, mal sehen, wie es weiter geht.

Robert P. Crease - The prism and the pendulum. The ten most beautiful experiments in science - von der Kritik hochgelobte Episoden über bekannte Physik-Experimente und ihre Erdenker. In den reinen Beschreibungen und Anekdoten sehr interessant und gelungen, in den Bewertungen der Schönheit und gesellschaftlichen Wechselwirkungen etwas schwadronierend.

henryN
Diligent Member
Diligent Member

Benutzeravatar
 
Beiträge: 247
Registriert: 21.01.2007
Mi 11. Jun 2008, 02:27 - Beitrag #164

Bieri
"Das Handwerk der Freiheit"

der Titel spricht für sich selbst. Nur,
führe mich nicht in Versuchung, spüre ein unbändiges Verlangen nach einer anderen Betrachtungsvariante........ ;-)

Traitor
Administrator
Administrator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 17500
Registriert: 26.05.2001
Mi 11. Jun 2008, 13:22 - Beitrag #165

Robert Rankin - The Book Of Ultimate Truths
Der übliche herrlich schräge grobe Unfug. Dabei wie "Nostradamus ate my hamster" auf der Metaebene, diesmal mit der Suche nach dem titelgebenden Buch des legendären Hugo Runes, eines überkonfusen Magiers/Propheten/Lebemanns.

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Fr 13. Jun 2008, 09:56 - Beitrag #166

Manson in His Own Words

von Charles Manson (Autor), Nuel Emmons (Redakteur)

256 Seiten
Verlag: Grove/Atlantic Inc
Sprache: Englisch
ISBN-10: 0802130240


Helter Skelter: The True Story of the Manson Murders

von Vincent Bugliosi (Autor), Curt Gentry (Künstler)

Verlag: W.W. Norton & Co;
Reprint (Dezember 2001)
Sprache: Englisch
ISBN-10: 0393322238


Nuel Emmons war in den späten 50ern/frühen 60ern ein Knastkumpel Mansons, der es im Gegensatz zu Manson doch noch geschafft hat, in ein bürgerliches Leben zu wechseln.

Nach den Tate/LaBiancha-Morden (1969, insgesamt 9 Morde in 2 Tagen) der Manson-Family und der Umwandlung der Todesurteile gegen Manson und 5 Haupttäter in lebenslängliche Gefängnisstrafen war er der erste, dem es Manson nach langem Zögern erlaubte, mit ihm Interviews zu führen, was Manson explizit mit ihrer alten Bekanntschaft begründet.

Diese Interviews wurden dann in dieses Buch umgearbeitet, welches also keine Direktschrift Mansons ist, aber von ihm autorisiert wurde und weitgehend mit seinen Worten und seiner Sprache die Sachverhalte aus seiner Sicht der Dinge darstellt. Das Buch ist für einen kritischen Leser eine dringende Ergänzung zu "Helter Skelter" von Curt Gentry und Vincent Bugliosi, das die Dinge aus der Sicht der Anklage beschreibt.

Nach der Lektüre stellt sich die Frage nach dem Ausmaß der Schuld, die Manson trifft. Er streitet keineswegs seinen Einfluss auf die jungen Männer und Frauen ab, die die Morde tatsächlich begingen, aber dieser Einfluss ist weder so weitgehend noch so ungeheuerlich, wie es in "Helter Skelter" und allen davon abgeleiteten Dokumentationen dargestellt wird. Die Schuld, die Manson selbst anerkennt, besteht darin, dass er das Abtrifften einiger Mitglieder zwar erkannt, aber nicht unterbunden, sondern durch seine eigene drogenbedingte krisenhafte psychische Verfassung passiv unterstützt hat. Liest man "Helter Skelter" unter dieser Maxime nochmals, kann man diese Aussage mit einigem guten Willen auch anhand dieses Buches nachvollziehen, das im übrigen kein gutes Haar an Manson lässt.

Andererseits wird in "Manson in His Own Words" sehr deutlich, was Manson im Prinzip war: ein verbitterter kleiner Wichser und Zuhälter, der seine Kindheitstraumata nie überwunden hat, mit zuviel Gefängniswissen, zuviel Ehrgeiz und zuviel Einfluss auf charakterschwache und in Persönlichkeitskrisen begriffene junge Menschen. Allerdings sind viele der Unterstellungen aus "Helter Skelter" offenbar Übertreibungen - die in späteren Dokumentationen als Sachverhalte verkauft wurden - deren Funktion sich nur aus dem Prozessverlauf erklären lässt, der aus der Sicht Bugliosis (Chefankläger und Hauptermittler im Prozess) an einigen Stellen zu kippen drohte und entsprechend forciert werden mußte.

Ich sehe mich außerstande, anhand dieser beiden Bücher zu erkennen, ob das juristische Urteil über Manson angemessen war, und ob das Bild, das in der Öffentlichkeit über ihn und seine Gruppe gezeichnet wurde, auch nur einigermaßen korrekt ist. Das Rolling Stones-Magazin hat mit ziemlicher Sicherheit übertrieben, als es ihn zum "most dangerous human being alive" erklärte. Klar ist nur, dass er der Bezugspunkt für die Täter war, ohne den diese jungen Menschen die Taten niemals so ausgeführt hätten. Ob er sie dazu anstiftete, bleibt fraglich; dass es auf die Morde hinauslief, hatte er ein paar Tage vorher erkannt und nicht verhindert, obwohl er der einzige war, der es hätte verhindern können.

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Do 3. Jul 2008, 18:04 - Beitrag #167

Wilhelm von Polenz: Der Büttnerbauer (1895)
Naturalistischer Roman mit Anklängen an 'Heimatliteratur', schildert den Untergang eines Bauern, der die neue Zeit nicht versteht und sich aus einer Mischung von beratungsresistentem Starrsinn, Blindheit und vielleicht Gutgläubigkeit bei einem Güterspekulanten verschuldet, bis ihm nur noch der Strick bleibt. Die Handlung ist zum größten Teil von der ersten Seite an präzise vorhersehbar, das Schlesisch der Dialoge ist gewöhnungsbedürftig. Die Blut-und-Boden-Passagen sind nicht so unerträglich wie der gelegentlich durchscheinende Antisemitismus; davon gleich mehr...

Gustav Freytag: Soll und Haben (1855)
Klassiker des 19. Jahrhunderts, in Weimarer Zeiten gymnasiale Pflichtlektüre, dabei von einer kolportagehaft simplen Figurenzeichnung - insbesondere, was die Frauen betrifft, aber auch in der völlig spiegelbildlichen Anordnung der guten und bösen Nebengestalten rund um die beiden Hauptfiguren, praktischerweise fast genau entsprechend der Einteilung in Christen und Juden, mit je einer Ausnahme pro "Seite".
Anton Wohlfart, bürgerlichem Waisenkind, gelingt dank guter Vorsorge seines Vaters und natürlich seiner Rechtschaffenheit der Aufstieg im Handelskontor Schröter; auch wenn gewisse adlige Freundschaften ihn auf 'schlimme' Abwege führen, bewahrt er seine moralische Integrität und wird am Ende mit der Hand der edelgutweißundreinen Sabine Schröter belohnt. Sein ehemaliger Klassenkamerad Veitel Itzig, tückischer, unredlicher und intriganter Judenknabe, der er ist, sieht am Tag seiner Verlobung keinen anderen Ausweg mehr als sich zu ertränken - da seine Spekulationen glücklich vereitelt wurden und seine Ermordung des Spießgesellen herauszukommen droht.
Mit Hinweis auf Freytags massives Engagement zugunsten der Lage der Juden viele Jahre später, als der Antisemitismus erstmals (?) ein Massenphänomen wurde, entschuldigen manche Interpreten diesen Roman. Seine furchtbare Wirkung auf die öffentliche Meinung läßt sich aber nicht wegdiskutieren. - Übrigens wäre es bei Gelegenheit einmal interessant zu untersuchen, inwieweit die antisemitischen Klischees dieser Romane heutzutage fast bruchlos in antikapitalistische Stimmungen umgesetzt worden sind. Anhaltspunkte dafür gibt es jedenfalls.

Wilhelm Raabe: Der Hungerpastor
(1864)
Auch hier zwei parallele Lebensläufe, christlich-jüdisch, gut-böse, diesmal allerdings beruflich ins Geistige gewendet (Theologe Johann Unwirrsch vs. Philosoph Moses Freudenstein), etwas humorvoller und an ein paar Stellen überraschend. Verglichen mit Freytag schreibt Raabe Hochliteratur.

---

Siegfried Lenz: Schweigeminute
(2007)
Feinfühlig gezeichneter Rückblick eines Schülers auf die Liebesbeziehung zu seiner Lehrerin, von der in der Schweigeminute Abschied genommen wird. Eigenartiges Buch, schöne, berührende Sprache.

Bruno Schulz: Die Zimtläden
(1934)
In der "Zeit" als einer der bedeutendsten Prosatexte des 20. Jhs. gerühmt, was ein bißchen viel sein mag, jedenfalls aber eine erstaunliche Sprache - dicht gedrängte Metaphorik, jeder Satz quillt vor Adjektiven über; das gezeichnete Bild ist überaus facettenreich schillernd: Der Vater des Erzählers verliert allmählich den Verstand, und die Erzählung geht mit. Auf den ersten Blick fand ich gar keinen Zugang, jetzt genieße ich ihn als etwas völlig anderes.

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
So 27. Jul 2008, 18:18 - Beitrag #168

Necla Kelek: Die fremde Braut. Bericht aus dem Inneren des türkischen Lebens in Deutschland (2004)
Keleks Buch beschreibt die Ergebnisse einer von Anfang an völlig falsch gelaufenen 'Integrationspolitik', die tatsächlich nur das Entstehen von Parallelgesellschaften bewirkte, mit Schwerpunkt auf der Situation junger Frauen. Sie beschreibt die Schicksale vieler Frauen, denen sie im Verlauf ihrer Forschungstätigkeit zu dem Thema begegnet ist (und auch ihren eigenen), erschreckend häufig berichtet sie von Frauen, die als "Importbräute" aus der Türkei nach Deutschland verkauft wurden, ohne den Bräutigam zu kennen, und mitten in Deutschland unter sklavenähnlichen Bedingungen gehalten werden. Sie berichtet über die institutionelle Duldung von Mehrehen, die Hilflosigkeit, Dummheit und Fahrlässigkeit, mit der 'Integrationsexperten' versuchen, Mißstände zu verschleiern oder sich im Konfliktfall gegen die Frauen zu stellen. Die Bilanz ist verheerend.

Leo Perutz: Turlupin (1924)
Amüsanter kurzer Roman über einen Pariser Perückenmacher, der durch eine Reihe von Zufällen eine maßgebliche Rolle in der französischen Geschichte einnimmt, indem er 1642 unwissentlich eine Revolution verhindert...

Homer: Ilias
Unser allgemeiner kultureller Hintergrund, den 'man' ja irgendwie kennt - aber im Detail doch immer anders. Für mich spannende Neuentdeckungen gab es etwa in der Charakterzeichnung der Helena (bei Homer eine sehr viel stärkere Frau, als ich dachte); auch der Athena, die ziemlich intrigant und skrupellos vorgeht... Achill dagegen ist eben gerade nicht "das Vieh", als das man ihn seit "Kassandra kennt. Ansonsten ein Gemetzel, das jeden 'Anti'kriegsfilm in den Schatten stellt.

Traitor
Administrator
Administrator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 17500
Registriert: 26.05.2001
So 3. Aug 2008, 16:42 - Beitrag #169

Zuletzt noch:

Robert Rankin - Raiders of the Lost Carpark
Fortsetzung des letzten Eintrags, über den Kampf von Hugo Rune und Konsorten gegen Dunkle Mächte, die aus Verborgenen Zonen agieren und Autos, Kulis etc. abhandenkommen lassen, um die Welt zu beherrschen.

Robert Rankin - Sex and Drugs and Sausage Rolls
Wieder mal zurück zur Brentford-Trilogie: Zeitreisende manipulieren die Rockgeschichte, sodass u.a. 1980 die Queen auf einem Beatles-Reunion-Konzert erschossen werden kann, wodurch Richard Branson die Regierung übernimmt etc. In Brentford soll ein Konzert der Superband "Gandhi's Haidryer" alles reparieren.

Robert Rankin - The Witches of Chiswick
Verne, Welles etc haben die Wahrheit geschrieben - im 19. Jahrhundert gab es Steampunk-Hochtechnologie. Dies fällt erst im 23. Jahrhundert durch eine winzig kleine Digitaluhr im "Fairy-Feller's Masterstroke" auf.

Terry Pratchett - Wyrd Sisters
Die Scheibenwelt-Variante von MacBeth.

Also nur leichte Kost, versetzt mit Zeitschriften und Physik.

Aktuell:
Stanislaw Lem - Robotermärchen
Keine klassischen Robotergeschichten à la Asimov, sondern Märchen, wie sie in einem Roboter-dominierten Universum erzählt werden.

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Mo 4. Aug 2008, 12:42 - Beitrag #170

Ebenfalls eher leichte Kost nebenher:

Leo Perutz: Zwischen neun und neun
(1918)
(ich ringe um Worte, es ist schwierig, rückblickend irgendetwas zusammenfassendes über den Roman zu sagen, ohne eine seiner großen Überraschungen vorwegzunehmen oder aber irrezuführen) - Rätselhaft beschrieben wird ein Tageslauf in der Sicht des Wiener Studenten Stanislaus Demba, der im verzweifelten Versuch, sein vermeintliches Lebensglück zu retten, an einer dichtgefügten Kette von 'zufälligen' Unglücksfällen zugrundegehen muß... jedes Wort mehr wäre zuviel. Lesen?

Leo Perutz: Wohin rollst du, Äpfelchen...
(1928)
Ein Buch, das dem Zeitgefühl nach dem ersten Weltkrieg so sehr entsprach, daß sein Titel damals redensartlich war. Sein privater Rachefeldzug führt einen ehemaligen Kriegsgefangenen bis nach Sibirien und zurück, eine Suche nach dem Gegner, die immer stärker zu einer Suche nach sich selbst wird. Wie so oft bei Perutz ist auch hier nie alles, wie es scheint, und aus kleinen Hinweisen am Rand ergibt sich ein ganz anderes Bild des Geschehens.

Robert Schneider: Die Offenbarung (2007)
Angesichts meiner Begeisterung für Schneiders Erstling "Schlafes Bruder" hatte ich mir wohl zuviel von diesem Buch versprochen, insbesondere da mich das Thema zwangsläufig fesselt: Ein Naumburger Organist (an St. Wenzel, der Kirche mit der erhaltenen Bach-Orgel) und schrulliger Außenseiter findet das Autograph eines unbekannten Oratoriums von Bach -Offenbarung des Johannes - und kommt der Erfüllung eines seiner vielen gescheiterten Lebensträume zum Greifen nahe. Die Schilderung insbesondere der bachforschenden Fachwelt ist bösartig-komisch, die von Schneider imaginierte Musik allerdings nicht ganz so atemberaubend wie in SB, und ihre übersinnliche Wirkung mir doch zu weit auf der Mystery-Schiene. Schade eigentlich, insbesondere die parallelisierten Vaterkonflikte sind stark, auch sonst bietet es einiges - und natürlich Liebe zur Musik. Gespaltene Gefühle...

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
So 10. Aug 2008, 17:04 - Beitrag #171

Leo Perutz: Der Meister des Jüngsten Tages (1923)
Perutztypisch ausdauernd rätselhafte Handlung um eine Verkettung von Todesfällen, deren einzig 'logische' Konsequenz der Selbstmord des Ich-Erzählers wäre... sehr österreichisch nebenbei. Leicht an Schnitzler erinnernd.

Necla Kelek: Die verlorenen Söhne. Plädoyer für die Befreiung des türkisch-muslimischen Mannes (2006)
Die Studie zeigt sehr deutlich, was schief läuft hinsichtlich der Integration (diesmal auf die männliche Hälfte bezogen); wie schief es tatsächlich läuft, und wie wenig die Gesellschaft das zur Kenntnis nimmt. Die gegebenen kulturellen Erklärungen für höhere Gewaltbereitschaft und fehlendes Rechtsempfinden helfen, das Entstehen einer Parallelgesellschaft nachzuvollziehen, und machen Angst. - "Die verkaufte Braut" war vielleicht noch eindrucksvoller hinsichtlich der Mißachtung und des Scheiterns unserer Maßstäbe, "Die verlorenen Söhne" helfen aber, das Bild kausal zu untermauern. Es ruft letztlich zum Handeln auf, zur Verteidigung der Freiheit aufgeklärter Muslime, die entgegen dem Wunsch ihrer Familienoberhäupter ein selbstbestimmtes Leben führen wollen.

John von Düffel: Houwelandt (2004)
Familienbande auch hier, aber kein allmächtiger Clan, sondern eine völlig zerlegte Sippe, die sich aufgrund ungewöhnlicher Umstände wieder zusammenrauft - irgendwie kommen sie einer nach dem anderen auf die Idee, zur Abwechslung einmal ehrlich zueinander zu sein. Zufall? Naja.

Maglor
Karteizombie
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4280
Registriert: 25.12.2001
Mi 13. Aug 2008, 22:36 - Beitrag #172

Tad Williams: Otherland - Die Stadt der Goldenen Schatten

Science Fiction aus dem Jahre 1996. Ich bin mehr als überrascht über die Aktualität der ein oder anderen Science. Ansonsten recht spannend und Tad Williams steter Wechsel von Handlungs-Ort, Person und Perspektive hat mir schon bei der Osten-Ard-Reihe gefallen.

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Do 21. Aug 2008, 00:08 - Beitrag #173

Leo Perutz: Das Mangobaumwunder. Eine unglaubwürdige Geschichte (1916)
Einer der letzten Perutz-Romane, die mir noch fehlten - allerdings, wie befürchtet, deutlich schwächer als die meisten anderen. Hat man das Mysteriöse akzeptiert - wozu einen der Titel ja zwingt - begleitet man einen unwissenden Protagonisten bei seinen *auweia*-Irrfahrten, während man als Leser schon längst weiß, worum es tatsächlich geht - und auch nicht mehr wesentlich überrascht wird. Das umgekehrte Konzept etwa in "Zwischen neun und neun", wo der Leser das für die Hauptfigur Offensichtliche eben die meiste Zeit nicht begreift, funktioniert weit besser.
Die Personenzeichnungen sind teilweise unbefriedigend, das Zeitmanagement lange nicht so verdichtet wie in den späteren Werken. - Wenigstens bleibt mir für demnächst noch ein kleiner Leckerbissen übrig...

Klaus Modick: Weg war weg (1988)
Ein Autor bringt sein Romantyposkript, das Produkt dreier Jahre Arbeit, zum Copyshop, kauft vorher noch schnell Windeln für seinen Sohn und stellt fest, daß ihm sein Auto mitsamt dem Text geklaut wurde. Der Rest des Buches schildert eine aberwitzige und etwas wirre Wiederbeschaffung seines Buchs, wobei er (nach anfänglichem Größenwahn) zunehmend Distanz zum Text gewinnt, bis er letztlich fast froh ist, ihn verloren zu haben und ein Fragment, das jemand anderes als dessen eigene Leistung ausgibt, genußvoll verreißt.
Die Geschichte ist mit viel Vergnügen am Trash erzählt, dabei ständig quer durch die Metaebenen reflektierend, die Figur spricht den Leser an, der Erzähler diskutiert mit dem Setzer usw., außerdem wird ein bißchen Literaturtheorie des Poststrukturalismus betrieben und vor allem persifliert. Durchaus amüsant, aber natürlich kann man dem Text auch genau das vorwerfen, was er sich selbst vorwirft zu sein: Der Text eines Autors, dem nichts besseres einfiel, als irgendwie über das Schreiben zu schreiben.

Per Olov Enquist: Der Besuch des Leibarztes (2001)
schildert den Aufstieg und Sturz des Altonaer Arztes Struensee, der anstelle des regierungsunfähigen Königs Christian VII. vier Jahre lang praktisch die Herrschaft in Dänemark ausübt, dabei aufklärerische Reformen in großer Zahl in Angriff nimmt und letztlich an der Reaktion scheitert, die ihn hinrichten läßt. Enquist legt viel Wert auf die psychologische Durchgestaltung seiner Figuren, die ungemein lebendig wirken und trotzdem etwas Unergründliches behalten - so beim König die Frage, ob er eigentlich wirklich geisteskrank oder nur hypersensibel und fast gebrochen ist. Der "Bösewicht" Guldberg wird durch eine ähnlich gute Motivierung selbst zur tragischen Figur, jedenfalls zum Seelenverwandten des Königs.

Amy
Royal Member
Royal Member

Benutzeravatar
 
Beiträge: 1709
Registriert: 21.09.2003
So 31. Aug 2008, 16:50 - Beitrag #174

Seit heute: "Bis(s) zum Morgengrauen" von Stephenie Meyer. Alle schwärmen so davon, da muss ich mir das auch genauer ansehen. Bis jetzt gefällt es mir ;)

Und nebenbei: "Anleitung zum ENTlieben".

e-noon
Sterbliche
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 4576
Registriert: 05.10.2004
So 31. Aug 2008, 20:13 - Beitrag #175

Gerade fertig und sehr empfehlenswert: Breaking dawn (den vierten Band von "Bis(s) zum Morgengrauen). JEDER, der die Bücher noch nicht gelesen hat, hat was verpasst :)

Amy
Royal Member
Royal Member

Benutzeravatar
 
Beiträge: 1709
Registriert: 21.09.2003
So 31. Aug 2008, 22:15 - Beitrag #176

Danke, e-noon :)
Das motiviert mich noch mehr, das Buch/die Bücher schnell zu verschlingen ^^

Lani
Experienced Member
Experienced Member

Benutzeravatar
 
Beiträge: 575
Registriert: 08.01.2006
So 31. Aug 2008, 23:59 - Beitrag #177

Zitat von e-noon:Gerade fertig und sehr empfehlenswert: Breaking dawn (den vierten Band von "Bis(s) zum Morgengrauen). JEDER, der die Bücher noch nicht gelesen hat, hat was verpasst :)

Wer den vierten Band nicht liest, kann aber glücklich sein. Ein Müll ist das im Gegensatz zu den zauberhaften anderen 3 Bänden. Die Charaktere sind komplett anders und reagieren unlogisch.

Amy
Royal Member
Royal Member

Benutzeravatar
 
Beiträge: 1709
Registriert: 21.09.2003
Mi 3. Sep 2008, 23:02 - Beitrag #178

Momentan: "Bis(s) zur Mittagsstunde"

Leider muss ich gestehen, dass ich einige Tränen vergoßen habe und bisher bin ich nicht wirklich erfreut über Edwards Abstinenz. Jacob ist bestimmt ein lieber kleiner (bzw. eher großer) Kerl, aber irgendwie werd ich mit ihm nicht warm...
Naja, ich hab schon wieder mehr als die Hälfte durch und irgendwann in diesem Buch wird einer meiner neuen Lieblingsvampire (Lestat wird er leider nie vom Thrönchen schubsen ^^) hoffentlich wieder auftauchen.

Da ich mir sicher bin, dass ich morgen fertig bin, habe ich mir für morgen Abend/übermorgen schon nächstes gekauft: "Bis(s) zum Abendrot"
Leider habe ich dank den Büchern mittlerweile ein kleines finanzielles Loch. Puh.

Zitat von .lani:

Wer den vierten Band nicht liest, kann aber glücklich sein. Ein Müll ist das im Gegensatz zu den zauberhaften anderen 3 Bänden. Die Charaktere sind komplett anders und reagieren unlogisch.


Hmm.. Ich habs noch nicht gelesen und werd wohl auch auf die deutsche Ausgabe warten (mal sehen, wahrscheinlich will ich aber so lange eh nicht warten), aber ich bin bisher überwiegend Leuten begegnet, die so wie du denken. Bisher hat dieser Teil seine Fans wohl mehr enttäuscht, als erfreut. Schade drum...
Auf der anderen Seite : hey! Drei Teile waren gut, erst der vierte ist schlecht! Normalerweise geht das oft viel schneller ;)

Lani
Experienced Member
Experienced Member

Benutzeravatar
 
Beiträge: 575
Registriert: 08.01.2006
Do 4. Sep 2008, 11:06 - Beitrag #179

Ja, das stimmt wohl...aber man hätte sich ein würdigeres Ende gewünscht. Da musste sogar ich fast erbrechen vor Kitsch. *g*
Aber das ganze Verhalten von den Charakteren ist einfach so unlogisch und überhaupt...waah. ^^

Amy
Royal Member
Royal Member

Benutzeravatar
 
Beiträge: 1709
Registriert: 21.09.2003
Fr 5. Sep 2008, 21:52 - Beitrag #180

Verrate mir nichts vom Ende! :D Und ich war jahrelang Feindin von Kitsch und Romantik und auf einmal schmelze ich - dank Edward! - bei Sprüchen wie "Pass auf mein Herz auf - denn ich habe es bei dir gelassen." regelrecht dahin :rolleyes:

[ Vielleicht sollten wir einen Thread zur Twilight-Reihe machen? ;) ]


Zur Zeit: "Bis(s) zum Abendrot" (hab aber erst 100 Seiten)
Bin jedoch noch nicht weit, auch wenn ich mich schon im selben Konflikt wie Bella befinde: Edward oder Jacob?
Natürlich.. Edward ist ein wahrer Gott.
Und obwohl ich mit Jake irgendwie nicht warm werde, tut er mir leid, dass er der Lückefüller war und nun mehr oder weniger abgeschoben wird.

Eigentlich mochte ich Jake erst überhaupt nicht ;)
Aber ich bin zur Zeit bei einem Online-Rollenspiel dabei, wo ich Jake spiele.
Und sowas hilft dann doch... die Denkweise und Gefühle dieses armen Wauwaus zu übernehmen ^^ Mittlerweile tut er mir daher nur noch leid.

VorherigeNächste

Zurück zu Literatur

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 8 Gäste