Dostojewski

Die Faszination des geschriebenen Wortes - Romane, Stories, Gedichte und Dramatisches. Auch mit Platz für Selbstverfasstes.
angie
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Fr 11. Mär 2005, 23:51 - Beitrag #41

Natürlich weiß man nicht was er danach tun wird, aber dennoch begreift er in diesem Moment was er die Zeit davor verleugnet hat, wobei bei einem neunzig jährigen mann durchaus anzunehmen ist, dass er dadurch nichts ändert

Ipsissimus
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Sa 12. Mär 2005, 00:19 - Beitrag #42

mit anderen Worten, Dostojewski behauptet nichts und überläßt es den Projektionen seiner LeserInnen, was immer ihnen an Interpretation genehm ist :-)

endoplasmatisch
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Sa 12. Mär 2005, 11:47 - Beitrag #43

habe euer zwiegespräch verfolgt. und klasse, dass du letztendlich, wie ich meine, zu dem einzig wahren ergebnis gekommen bist; denn schon goebbels verwandte 1922 in seiner dissertation dostojewski für seine ansinnen oder aber auch ein georg lucas hat 1943 dostojewski für eine marxistische linie vereinnahmt. ich glaube auch, dass man sich seinen reim drauf machen sollte und halte es für unabdinglich, sich nicht das recht rauszunehmen anderen seine sicht der dinge als erklärung zu verkaufen. und dieses recht nehmen sich bei dostojewski so unendlich viele heraus. aber auch das macht werk und person so interessant.

Milena
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Sa 12. Mär 2005, 12:20 - Beitrag #44

@endoplasmi, um nochmals darauf zurückzukommen, dann wurde Dostoj quasi für nichts und wieder nichts für vier Jahre ins Straflager nach Sibirien verbannt..?!
--und Nietzsche schrieb in einem Brief an Georg Brandes:
.."ich schätze ihn(Dostoj)andererseits als das wertvollste psychologische Material, das ich kenne-ich bin ihm auf eine merkwürdige Weise dankbar,
wie sehr er auch immer meinen untersten Instinkten zuwider geht.
der einzige logische Christ..."
--und Interpretationen oder Kernaussage eines Stückes, halte ich wie mit der Betrachtung eines Bildnisses, es ist immer abhängig von der Betrachtungsweise des jeweiligen Betrachters..
ich lasse jedermanns Meinungen gelten und würde mich niemals gezwungen fühlen, auf grund meiner Betrachtungsweise dies ändern zu wollen.

endoplasmatisch
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Sa 12. Mär 2005, 12:50 - Beitrag #45

dem teil2 gibt es nix hinzuzufügen. jawoll.

wegen dem urteil: es ist an dem. das ist das gesamte urteil! für die details ist dann eben dieses büchlein da. hierin findest du aus dem prozess
- zeugenaussagen
- aussagen der angeklagten also auch dostojewskis
- berichte und anorbnungen des zaren bzw. der abteilunf 3 (der russ. geheimpolizei
- hinrichtungsbefehl
- berichte der russ. behörden usw.

das er begnadigt wird, stand schon ca. tage vor seiner hinrichtung fest. die begnadigung/ scheinhinrichtung ist genau vorbereitet worden, dazu gibts sone art regieanweisungen, die noch mehrfach geändert worden - und immer war der zar höchstpersönlich inviolviert (kein schönes wort!) auch alles in dem ding (370 seiten)

muss man sich alles durchlesen, aber wenn man das ding querliest, ergibt sich schon ein plastisches bild.

sone hinrichtungen gab es zu dieser zeit aber öfters, die dann auch durchgezogen wurden, denn das väterchen zar war zu der zeit recht schlecht drauf, weil ihm alles aus`m ruder lief.

angie
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Sa 12. Mär 2005, 14:12 - Beitrag #46

@Ipsissismus(hoffe ich hab den namen jetzt richtig in erinnerung)
Schließt das für dich aus, dass man sich darüber austauscht?
Ich finde es immer interessant die Meinungen anderer grade bei Dostojewski zu hören, weil ich mich durchaus einem Kommentator anschließen würde der meinte : "D. entdecken heißt sich selbst entdecken"
Zumal ich nachwievor finde, dass unsere Deutungen sich nicht ausschließen.
Aber mal was ganz anderes. Drei seiner Bücher sind ja jetzt in einer neuen Übersetzung rausgekommen, die seinen einmaligen Sprachstil besser einfangen soll, wisst ihr ob dem so ist?
Würde mich sehr ärgern, hab grad erst die Gesamtausgabe in einer der alten Übersetzungen gekauft.

Milena
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Sa 12. Mär 2005, 14:27 - Beitrag #47

angie, ich glaube fast nicht, dass eine neuere Übersetzung gleich viel mehr von seinem Sprachstil rausholen würde,
aber wissen tue ich es natürlich nicht.

angie
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Sa 12. Mär 2005, 14:35 - Beitrag #48

Da ich null russisch kann, habe ich leider nicht so viel ahnung. ich habe nur gelesen, dass dostojewski im russischen sehr viele "Grammatikfehler" bzw. Unsauberkeiten benutzt, die für seinen Stil sehr wichig wären und das dies nun der erste Übersetzter sei, der sich traut die zu übernehmen

Ipsissimus
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Sa 12. Mär 2005, 18:43 - Beitrag #49

wäre ich dieser Ansicht, Angie, hätte ich mich dann mit dir darüber auseinandergesetzt? :-)

e-noon
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Sa 12. Mär 2005, 21:15 - Beitrag #50

Ich würde Ipsi zustimmen, dass sich der Großinquisitor und Jesus auf zwei verschiedenen Gesprächsebenen befinden, dass der Großinquisitor nicht Jesus, Jesus aber am Ende den GI erreicht und dadurch als Sieger aus der Situation hervorgeht; aber heißt das, dass er auch unabhängig von Dostojewskis Schilderung recht behält oder dass er recht behalten sollte?

Für einen Gott ist es recht einfach, sich einer Diskussion durch den Hauch von Göttlichkeit, der ihn nun einmal umgibt, zu entziehen oder deren Ausgang nach seinem Belieben zu bestimmen. Aber meiner Meinung nach sollte auch ein Gott seine Thesen und göttlichen Gesetze zumindest erklären, wenn möglich auch mit Argumenten stützen, so er denn solche aufzuweisen hat. In einer Diskussion, in der es auf der ersten Seite viele logische, gute Argumente gibt, auf der anderen Seite jedoch lediglich Schweigen (das ihm natürlich vom GI auferlegt wurde - aber hätte er es nicht dennoch brechen können?) herrscht, betrachte ich normalerweise die erste Seite als Sieger.
Wie gesagt, aus der Schilderung Dostojewskis geht klar hervor, dass Jesus der letztliche Sieger ist, aber würdet ihr das auch so sehen?

Ipsissimus
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Sa 12. Mär 2005, 22:32 - Beitrag #51

der GI muss verlieren, weil in einer christlich sich gebährenden Gesellschaft ein Autor gut daran tut, die christlichen Werte gewinnen zu lassen, wenn er leben will. Wenn der GI gewinnt, hat ja nicht Jesus verloren :-) aber die Gesellschaft, für die der GI eintritt, müßte sich dann den Spiegel vorhalten lassen - ohne den süßen Wahn, daß ja "selbst ein GI" noch gerettet werden könne :-)

e-noon
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Sa 12. Mär 2005, 23:04 - Beitrag #52

*g* Ipsi, ich wollte eigentlich nicht wissen, ob der Autor gute Gründe hatte, Jesus gewinnen zu lassen; vielmehr lautet meine Frage, ob auf dich und andere unabhängig von der Schilderung des Autors, dass der GI sich von dem Kuss Jesu anscheinend besiegt gefühlt hat, zumindest dem Leser dies als Bild vor Augen schweben könnte, trotzdem die Argumentation des GI vielleicht größeren Eindruck gemacht hat als der bloße Kuss und das Aufblitzen von Göttlichkeit und Liebe auf Seiten Christi :) ?

Ipsissimus
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Sa 12. Mär 2005, 23:52 - Beitrag #53

die Argumentation des GI hangelt sich entlang der üblichen Arroganz der Macht, die immer "weiß", was für "die Menschen" am besten ist, zufälligerweise immer das, was den Subjekten der Macht ihre Machtpositionen sichert. Von daher hat der GI nichts gesagt, was mir auch nur für einen Pfennig sympathisch wäre. Allerdings, davon völlig unbeeinträchtigt, gilt es festzustellen, daß der GI die Faktizität der Welt und ihrer menschenbezüglichen Ordnung aud seiner Seite hat. Er schildert nichts als Fakten. Ob ich allerdings bereit bin, einem Menschen die Absolution zu erteilen, der sein Leben lang andere Menschen bis aufs Blut gequält hat und kurz vor seinem Ende ein klein bißchen was einsieht, mit fraglichen Kosequenzen? Bin ich Jesus?

e-noon
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So 13. Mär 2005, 14:20 - Beitrag #54

*lol*
Ich würde ihm wohl ebenfalls keine Absolution erteilen, nur weil seine Argumentation schlüssig ist... allerdings bin ich der Meinung, dass seine Vorwürfe durchaus berechtigt sind. Die Menschheit so zu schaffen, dass sie mit den Geheimnissen Gottes gar nicht umgehen können, und ihnen dann ein schlechtes Gewissen zu machen, weil sie ihr Leben nicht diesen Geheimnissen und göttlichen Regeln, sondern Dingen, mit denen sie umgehen können, weihen, finde ich nicht nett von Gott ^^
Daher ist meine Sympathie auf Seiten der Argumentation des GI, wenn auch nicht auf der Seite des GI, der in seinem Leben, wie du sagst, trotz der Menschenfreundlichkeit, mit der er seine Thesen begründet, sicher vielen Menschen großes Leid zugefügt hat und dem man diese Freundlichkeit daher nicht so ganz glauben kann. Seine Ziele, den Menschen zu geben, was sie brauchen, anstatt das, wofür Gott sie geschaffen hat, befürworte ich, allerdings wird sein Handeln durch die Wahl seiner Mittel zum genauen Gegenteil dessen, was er in seiner Rede propagiert!

Ipsissimus
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Mo 14. Mär 2005, 10:45 - Beitrag #55

mir kommt es wie ein Missverständnis vor, dem GI eine Argumentation aus Menschenfreundlichkeit zu unterstellen; eine Argumentation aus Menschenverachtung scheint mir eher plausibel

e-noon
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Mo 14. Mär 2005, 23:27 - Beitrag #56

Zumindest sind seine Ziele laut seiner Aussage auf das Wohl der Menschheit angelegt; deshalb wirft er Jesus ja auch vor, von den Menschen mehr zu verlangen, als wofür sie geschaffen sind und womit sie glücklich sein können.

Milena
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Mi 16. Mär 2005, 18:15 - Beitrag #57

@endoplasmi, gibt´s Dich noch, oder war´s das schon etwa.?
na,ja, auf jeden Fall lese ich gerade ´Memoiren aus einem Totenhaus`von Dostoj, das mich schwer vermuten lässt, dass er aus seiner Zeit des Straflagers in Sibirien berichtet und psychomässig detailgetreu und sehr bildhaft das ganze Mysterium beschreibt., siehe der obige Thread mit seiner Verbannung etc.
und gestehen muss ich jetzt auch noch,
dass ich es noch nicht geschafft habe in den Bücherladen zu springen.:crazy:

Milena
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Do 31. Mär 2005, 20:45 - Beitrag #58

ich habe mir das Reclam der Grossinquisitor besorgt, aber ich komme so schwer vorwärts, ich weiss nicht, liegt das jetzt nur an mir, oder was geht..? ich muss fast jede Zeile zweimal lesen um überhaupt einigermassen zu verstehen, um zu begreifen, wie, was, wo eigentlich...??!!:crazy:

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