Bücher von Frauen über Frauen für Frauen

Die Faszination des geschriebenen Wortes - Romane, Stories, Gedichte und Dramatisches. Auch mit Platz für Selbstverfasstes.
Ipsissimus
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Mo 15. Nov 2010, 14:18 - Beitrag #21

und vielleicht enthält Twilight einen hohen Erkenntniswert, wenn man es näher untersucht, ohne, dass das von der Autorin beabsichtigt wäre.
ich bin auf deine einschlägige Analyse sehr gespannt^^

Ist man ein schlechter Bauarbeiter, wenn man ein normales Haus baut und keinen Palast?
nein, aber möglicherweise kein Palastbauer^^

ich lasse ja den Leuten ihre normalen Häuser, e-noon, zumindest ihre Illusion von dem, was ein normales Haus sei; tatsächlich denke ich mir aber doch des öfteren, dass viele, die in offenen Regenunterständen wohnen, diese für normale Häuser und die tatsächlichen normalen Häuser für Paläste halten^^

e-noon
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Mo 15. Nov 2010, 14:54 - Beitrag #22

ich bin auf deine einschlägige Analyse sehr gespannt^^
Nicht nur meine ^^ Vielleicht suche ich nachher mal ein paar Links heraus.

nein, aber möglicherweise kein Palastbauer^^

Genau das, was ich ausdrücken wollte. Man muss kein schlechter Bauarbeiter sein, weil man kein Palastbauer ist; man muss kein schlechter Autor sein, nur weil man kein Autor von höherer Literatur ist.
ich lasse ja den Leuten ihre normalen Häuser, e-noon, zumindest ihre Illusion von dem, was ein normales Haus sei; tatsächlich denke ich mir aber doch des öfteren, dass viele, die in offenen Regenunterständen wohnen, diese für normale Häuser und die tatsächlichen normalen Häuser für Paläste halten^^
Es wirkt jedoch so, als würde sich das widersprechen, als würde die Tatsache, dass man Unterhaltungsliteratur liest, verhindern, dass man diese als solche erkennt, oder höhere Literatur für die ihr eigenen Charakteristika ebenso schätzen kann, wie man Unterhaltungsliteratur für die ihr eigenen Charakteristika schätzen kann.

Lykurg
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Mo 15. Nov 2010, 15:06 - Beitrag #23

Es wirkt jedoch so, als würde sich das widersprechen, als würde die Tatsache, dass man Unterhaltungsliteratur liest, verhindern, dass man diese als solche erkennt, oder höhere Literatur für die ihr eigenen Charakteristika ebenso schätzen kann, wie man Unterhaltungsliteratur für die ihr eigenen Charakteristika schätzen kann.
Ich verstehe nicht, was du damit meinst, bzw. kann den Eindruck so nicht teilen.

e-noon
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Mo 15. Nov 2010, 15:12 - Beitrag #24

Es wirkt jedoch so, als würde sich das widersprechen, als würde die Tatsache, dass man Unterhaltungsliteratur liest, verhindern, dass man diese als solche erkennt, oder höhere Literatur für die ihr eigenen Charakteristika ebenso schätzen kann, wie man Unterhaltungsliteratur für die ihr eigenen Charakteristika schätzen kann.

Zitat von Lykurg:Ich verstehe nicht, was du damit meinst, bzw. kann den Eindruck so nicht teilen.

Hm, mir ist grade nicht so klar, worauf du dich beziehst. Ich habe Ipsis
"Es ist meiner Auffassung nach also überhaupt nicht die Frage, ob ein Mann oder eine Frau Literatur verfasst. Der Unterschied besteht darin, ob es gute oder schlechte SchrifstellerInnen sind."
so verstanden, dass der Unterschied zwischen Unterhaltungs- und hoher Literatur der zwischen guten oder schlechten SchriftstellerInnen sei. Dem würde ich nicht zustimmen. Wenn das aber z.B. nur auf "Kitschige Schwulstliteratur" im Kontrast zu anderer Literatur gemünzt sein sollte, könnte ich natürlich wieder zustimmen. Allerdings bezog er sich auf Feuerkopf und die trennte ebenfalls in Unterhaltungs- und hohe Literatur, bzw. bezog sich auf selbige Trennung, ihren Sinn verneinend.

Würdest du meinen, dass Autoren, die nur Unterhaltungsliteratur schreiben, damit automatisch schlechte bzw. schlechtere Autoren seien, als jene, die hohe Literatur schreiben?

Feuerkopf
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Mo 15. Nov 2010, 15:15 - Beitrag #25

Ich oute mich mal. Ich kann mit dem, was gemeinhin als "Hohe Literatur" gilt, wenig bis nichts anfangen. Sie berührt mich oftmals nicht.
Um mal bei der Architektur zu bleiben: Ein gotischer Dom interessiert mich zwar, aber ich bevorzuge die Gradlinigkeit der Romanik. Ein opulentes Bauwerk verhindert bei mir jede Form von Andacht, weil die Form über die Funktion siegt und die Opulenz mich massiv ablenkt.
Ich kann Versailles interessant finden, aber mir gefällt Bauhausarchitektur besser.
Vielleicht ist für mich das vorgeblich "einfache" auch das "ehrliche".
Ich habe keinen Zugang zu Bachmann, Atwood oder Wolf.

Wir haben schon mal über "Wortgeklingel" geschrieben und dem gegenüber bin ich zutiefst misstrauisch.
Watt de Feuerkopp nich kennt, freat se nich.;)

e-noon
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Mo 15. Nov 2010, 15:31 - Beitrag #26

Feuerkopf, was ist mit Shakespeare? Wortgeklingel vom Feinsten ^^ aber mit Gehalt! Oder Goethe?

@Ipsi: Wie würdest du Jane Austen einordnen?

Und was ist eigentlich mit Boccaccio? Er wird als einer der Trecorone, der berühmtesten Schriftsteller des italienischen trecento, gefeiert, dabei sind die meisten der Geschichten im Decamerone nur perverse Zoten (wer's gelesen oder Pasolinis Verfilmung gesehen hat, wird mir zustimmen!).

Feuerkopf
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Mo 15. Nov 2010, 15:45 - Beitrag #27

Shakespeare war in seinem Bühnenwerk schon deshalb kein "Wortklingler", weil er für die Leute von der Straße schrieb. Er war durchaus derb im Humor, selbst in den Dramen (Stichwort: comic relief). Mit den Sonetten verhält es sich sicherlich anders.

Boccaccio hat mit dem "Decamerone" ein erstaunlich modernes Prosawerk geliefert - anbetracht dessen, dass es im 14. Jahrhundert (!) entstand. Übrigens sehr lesenswert!

Goethe...
Tja, ein Multitalent, ein Bonvivant, ein Kollegenschwein und gelegentlich überschätzt. In einem so großen Oevre gibt es viel Licht, aber auch Schatten. ;)

Jane Austen?
Ich gestehe, nur die Verfilmungen ihrer Bücher zu kennen. Das Englisch des 18./19. Jh. ist mir zu mühselig zu lesen. Die Geschichten sind aber bemerkenswert, wobei ich "Stolz und Vorurteil" sehr liebe.

e-noon
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Mo 15. Nov 2010, 15:49 - Beitrag #28

Wobei Jane Austen sicher das Klischee "von Frauen über Frauen für Frauen" bedient ^^ Allerdings nicht Fantasy ist und auch keine überzeichnet starken Frauen enthält (eigentlich gar nicht so viel enthält ^^). Das Englisch ist übrigens nicht sehr mühselig zu lesen, sicher nicht mühseliger als Shakespeare ^^

Hm, ich glaube, mir ist dein Konzept von "Wortklingler" nicht ganz klar ^__-
Ich denke, wir können uns zumindest schon mal darauf einigen, dass Shakespeares Werke durch intensive Beschäftigung noch gewinnen. Natürlich hat er auch für die Groundlings geschrieben, bzw. haben diese es vermutlich genossen, aber man kann ja Werke auf verschiedene Weisen genießen.

Ipsissimus
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Mo 15. Nov 2010, 16:09 - Beitrag #29

Das Decameron ist ein Kompilat, e-noon, die Geschichen selbst wurden größtenteils nicht von Boccaccio verfasst sondern gesammelt und überarbeitet. Und es wäre völlig unzureichend, sie auf ihre Schoten zu reduzieren, der Rahmen deckt allgemeine Weltthemen ab, wobei das Besondere daran die Darstellung der Geschehnisse aus der Perspektive von aufgrund eigener Daseinsfreude und Entscheidungskraft handelnden Individuen ist, die aus der Anonymität hervortreten. Im Decameron hat das Mittelalter bereits die Renaissance erreicht, und das lässt Boccaccio - der im übrigen später jede Menge weitaus "künstlerische" Texte in lateinischer Sprache verfasst hat - deutlich in die erste Riege eines Petrarca oder Dante aufsteigen.


Es gibt gute und schlechte Autoren von Unterhaltungsliteratur; es gibt aber keine schlechten Autoren von hoher Literatur^^ contradictio in adjectu^^

Es stimmt natürlich, wenn du sagst, das die Zielrichtungen unterschiedlich sind; und ich spreche der Unterhaltungsliteratur ihre Existenzberechtigung ja auch nicht ab, wenn sie wenigstens tut, was sie behauptet, unterhalten. Aber es gibt eben neben den flachen, mühelos per Spaziergang zu erklimmenden Hügeln im Flachland auch die schwierig zu ersteigenden Berggipfel von Gebirgslandschaften, und warum will mensch immer nur den Staub der Ebene schlucken?

bei Austen würde ich meinen, die Liebesverwirrungen dienen der Gesellschaftskritik, die eigentliches Thema sind. Vom Niveau der Sprachbeherrschung stufe ich sie bei oberer Mittelklasse ein, es gibt viel schlechteres, aber auch nach oben ist deutlich Platz. Also schon hohe Literatur, wenn auch nicht allerersten Ranges.

Feuerkopf, das kann ich gut nachvollziehen; hohe Literatur kann etwas Sprödes, Unzugängliches haben. Ich habe nur immer wieder erlebt, dass es sich lohnt, sich durch das Spröde hindurch zu kämpfen. Davon abgesehen lese ich auch jede Menge Trivia^^

Padreic
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Mo 15. Nov 2010, 18:29 - Beitrag #30

Geht man davon aus, dass Literatur auch Erkenntnis vermitteln kann, mag es sich lohnen, durch Sprödes sich hindurchzukämpfen. Obgleich ich von der Annahme ausgehe, meide ich zumeist die Romane, die zu viel Kampf benötigen. Meine Erfahrung ist jedoch, dass die Werke, die mit mir psychisch harmonieren, die für mich von Belang sind, meist auch keinen echten Kampf bedeuten. Manns 'Doktor Faustus' oder auch Dostojevskis 'Brüder Karamasow' mögen als ein wenig spröde gelten; sie hatten weitgehend nicht diese Wirkung auf mich. Dagegen habe ich den 'Zauberberg' guten Gewissens weggelegt... - ich will durch jedes literarische Werk, das ich lese, unterhalten werden. Das mag durch ein gehaltvolles Werk natürlich leichter gelingen als durch ein belangloses...

"Hohe Literatur" muss auch keineswegs Charakter von Wortgeklingel haben. 'Der Fremde' von Camus gilt im Allgemeinen als höhere Literatur - die Sprache ist jedoch bewusst einfach gehalten. Sprache muss präzise sein, nicht kompliziert.

Die 'E- und U'-Unterscheidung im Sinne von 'kompliziert und einfach' ist sicherlich nur wenig sinnvoll. Wenn muss man sie am Gehalt unterscheiden. 'Narziß und Goldmund' z. B. ist nicht schwer zu lesen, ist für mich aber immer sehr wertvoll gewesen. Ein anderes gutes Beispiel ist für mich 'Naookos Lächeln'.

Manche Bücher macht zum Teil wohl auch ihr Alter dann plötzlich zu "hoher Literatur" ;). Gilt 'Herr Lehmann' in 50 Jahren als hohe Literatur?

e-noon
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Mo 15. Nov 2010, 20:13 - Beitrag #31

Zitat von Ipsissimus: Und es wäre völlig unzureichend, sie auf ihre Schoten zu reduzieren, der Rahmen deckt allgemeine Weltthemen ab, wobei das Besondere daran die Darstellung der Geschehnisse aus der Perspektive von aufgrund eigener Daseinsfreude und Entscheidungskraft handelnden Individuen ist, die aus der Anonymität hervortreten. Im Decameron hat das Mittelalter bereits die Renaissance erreicht, und das lässt Boccaccio - der im übrigen später jede Menge weitaus "künstlerische" Texte in lateinischer Sprache verfasst hat - deutlich in die erste Riege eines Petrarca oder Dante aufsteigen.
Da kann ich vollinhaltlich zustimmen, aber es sind auch Zoten dabei ^^ Schätze, wenn ich den passenden youtube-link hier einfüge, wird er zensiert... ^^ Aber das kann ja niemanden davon abhalten, in der youtube-suchmaske "Pasolini decamerone 4" einzugeben ^^ man muss auch kein Spanisch können, um das wesentliche mitzubekommen.

Es gibt gute und schlechte Autoren von Unterhaltungsliteratur] Gut, dem kann ich schon eher zustimmen. Aber meinst du nicht, mann kann auch gleichzeitig ein guter und ein schlechter Autor sein? Selbst wenn man ein hervorragendes Werk hoher Literatur schreibt, kann man beim nächsten auch total daneben greifen ^^

Aber es gibt eben neben den flachen, mühelos per Spaziergang zu erklimmenden Hügeln im Flachland auch die schwierig zu ersteigenden Berggipfel von Gebirgslandschaften, und warum will mensch immer nur den Staub der Ebene schlucken?
Keine Frage; aber wie Padreic ziehe ich die Berge vor, die durch einen Lift zu angenehmem Aufstieg einladen ^^

bei Austen würde ich meinen, die Liebesverwirrungen dienen der Gesellschaftskritik, die eigentliches Thema sind. Vom Niveau der Sprachbeherrschung stufe ich sie bei oberer Mittelklasse ein, es gibt viel schlechteres, aber auch nach oben ist deutlich Platz. Also schon hohe Literatur, wenn auch nicht allerersten Ranges.
Ich würde eher sagen, beides. Gesellschaftskritik schließt Liebesthema nicht aus, und ich würde auch ohne weiteres Studium nicht behaupten wollen, dass die Liebesverwirrungen lediglich Erfüllungsgehilfen der Gesellschaftskritik sind. Könnte sein, aber bin ich mir nicht so sicher. Auch weiß ich nicht, ob es wirklich so sehr Gesellschaftskritik ist als vielmehr Kritik einzelner Charakterzüge. In Persuasion zum Beispiel wird kein Zwang auf die Protagonistin ausgeübt, sie selbst ist einfach charakterlich und aufgrund ihres jugendlichen Alters geneigt, dem Ratschlag ihrer älteren Freundin zuzustimmen. Hinter diesem Ratschlag steht natürlich in gewissem Maße Standesdünkel, und dieser wird angeprangert, aber es sind zumindest nicht rein die Praktiken einer bestimmten Gesellschaft, die kritisiert werden bzw. Thema des Buches sind. Mehr Fokus auf den menschlichen Eigenschaften als auf der Gesellschaft als solches, für mein Empfinden.

hohe Literatur kann etwas Sprödes, Unzugängliches haben. Ich habe nur immer wieder erlebt, dass es sich lohnt, sich durch das Spröde hindurch zu kämpfen. Davon abgesehen lese ich auch jede Menge Trivia^^

Hast du auch mal erlebt, dass es sich nicht gelohnt hat? ^^

Ipsissimus
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Di 16. Nov 2010, 12:21 - Beitrag #32

okay, Schoten mögen auch dabei sein, aber natürlich waren Zoten gemeint^^ peinlich ^^ bzgl. Pasolini (ist der Film wirklich in Spanisch? Pasolini war Italiener) müsste man allerdings fragen, inwieweit der gute Boccaccio nicht gegen ihn in Schutz genommen werden müsste. Nur weil viele dieser sozialkritischen Avantgardisten auch ganz wüste Sexmonster waren, heißt das nicht automatisch, dass eine entsprechende Grundhaltung auch in den Vorlagen enthalten sein muss^^

Aber meinst du nicht, mann kann auch gleichzeitig ein guter und ein schlechter Autor sein? Selbst wenn man ein hervorragendes Werk hoher Literatur schreibt, kann man beim nächsten auch total daneben greifen ^^
jetzt willst du mich aber aufs Glatteis führen^^ selbstverständlich können Autoren schlechte Tage haben und selbstverständlich merkt man das dann auch ihren Werken an. Trotzdem ist es eigentlich immer ersichtlich, was Zielrichtung eines Werkes ist, ob es auf Unterhaltung oder auf die komplexe Durchdringung komplexer Sachverhalte zielt, ein paar Grenzfälle, bei denen ich durchaus kulant urteilen will, eingestanden.

Diese komplexe Durchdringung kann durchaus in einfacher Sprache erfolgen, da bin ich mit Padreic völlig einig.

Etwas schwieriger wird es bei reduktionistischen Ansätzen, also bei Büchern wie Cormac McCarthys "The Road", dessen Kompexität offenkundig massiv reduziert ist und das vordergründig eher keine hohe Literatur zu sein scheint. Allerdings liegt bei derartigen Werken die Komplexität im Hintergrund zugrunde, im Konzept und der Ästhetik der Sprache, sie ist so in der Form integriert, das sie über dieser gar nicht wahrgenommen wird ohne Analyse.

aber wie Padreic ziehe ich die Berge vor, die durch einen Lift zu angenehmem Aufstieg einladen ^^
irgendwann packt auch dich die Lust nach etwas, das nicht einfach nur die Reproduktion endlos identischer Gefühlslagen ist^^

bzgl. Austen d´accord zu deinen Ausführungen; ich hatte mich diesbezüglich eher ein bisschen an der feministischen Interpretation ihrer Werke orientiert, aber das ist natürlich bei weitem nicht die einzige mögliche Sicht.

Hast du auch mal erlebt, dass es sich nicht gelohnt hat? ^^
:-)

es gibt Werke, deren Thematik mich von vornherein gar nicht erst interessiert, die lese ich von vornherein nicht, und andere Werke, bei denen ich skeptisch bin, ob es mich interessiert. Bei dieser letzten Sorte kann es dann sein, dass ich sie nach 100 Seiten weglege oder eben, dass sie mich fangen, wie zuletzt "Unendlicher Spaß" von Wallace oder "Der Afrikaner" von Le Clézio (okay, der hat nur 133 Seiten^^). Bei den Sachen, bei denen ich von vornherein weiß, dass sie mich interessieren, hat es sich bisher auch immer gelohnt^^


im Allgemeinen ziehe ich aber auch bei Unterhaltungsliteratur solche vor, die sich noch Mindeststandards an Gehalt und Form verpflichtet fühlen; dass ich ein Buch wirklich lese, wenn es ausschließlich auf emotionalen Gehalt abzielt, kommt eher nie vor.

Ich gebe auch gerne zu, dass die Unterscheidung ab der zweiten Hälfte des 20sten Jahrhunderts problematischer und die Grenze extrem fließend wird. Viele sozialkritische Bücher erfüllen durchaus hohe Ambitionen in inhaltlicher Hinsicht, ohne in der formalen Gestaltung an den Inhalt anknüpfen zu können oder umgekehrt. Böll wäre so ein Autor für das erstere, Grass für das letztere.

e-noon
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Di 16. Nov 2010, 12:53 - Beitrag #33

jetzt willst du mich aber aufs Glatteis führen^^

Es läge mir fern, dich nur jetzt aufs Glatteis führen zu wollen ^^
Ich meinte aber tatsächlich, ob du einen Autor kennst, der ein gelungenes Werk hoher Literatur verfasst hat, gelungen in Bezug auf Sprache, Inhalt und deren Verknüpfung, und der sich dann an einem zweiten oder zehnten versucht hat, dabei vielleicht das Genre gewechselt und dabei jämmerlich versagt hat? Ein hochgepriesener Literat, der es vielleicht versäumt hat, seine schwülstigen Liebesgedichte aus der Teenagerzeit vor seinem Tod zu verbrennen? Dessen unschönere Ergüsse die Kritik sich bemüht zu übersehen?
Keine Sorge, das ist eine offene Frage, keine, bei der ich bei erfolgter Antwort hinter einem Baum hervorspringe und "Aha!" schreie ^^

bzgl. Pasolini (ist der Film wirklich in Spanisch? Pasolini war Italiener) müsste man allerdings fragen, inwieweit der gute Boccaccio nicht gegen ihn in Schutz genommen werden müsste.
Ipsi... ich studiere Italienisch ^^ Pasolini war Italiener, ja, was ihm leider nicht so gut bekommen ist. Ich schätze schon, dass das Original in Italienisch war/ist, aber die spanische Version scheint die verbreitetere zu sein, zumindest ist mir die italienische noch nicht begegnet. Du hast natürlich Recht, dass Pasolini nicht Boccaccio ist, sondern eigene Zielsetzungen verfolgte, aber ich habe das Decamerone in Teilen ja auch gelesen und kann sagen, dass er sich nicht allzuweit vom Text entfernt hat ^^

Die letzte Geschichte, die ich gelesen habe, endet so: "Dann brachten sie [der Abt und der Mönch] das Mädchen ungesehen wieder aus dem Kloster fort, doch möchte ich glauben, dass sie es noch manches Mal haben zurückkommen lassen." ^^

Oder der Mann, der sich als Taubstummer ausgibt und im Nonnenkloster Arbeit findet:
"Bevor sie fortgingen, gelüstete es beiden noch mehrmals auszuprobieren, wie der Stumme sich auf die Kunst des Reitens verstehe, und sagten hinterher oft zueinander, dass dieses Spiel wirklich noch weit süßer sei, als man ihnen erzählt habe."
Ich denke, das genügt zu Illustrationszwecken ^^

irgendwann packt auch dich die Lust nach etwas, das nicht einfach nur die Reproduktion endlos identischer Gefühlslagen ist^^

Was heißt hier irgendwann ^^ Allein studienbedingt lese ich so manches Werk, das sprachlich und inhaltlich nicht gerade einfach zu durchdringen ist; und natürlich habe ich auch die Erfahrung gemacht, dass diese Werke in aller Regel reicher sind und länger in einem fortwirken, als dies bei seichteren Genüssen der Fall ist. Ich weigere mich nur, daraus eine Wertung abzuleiten, die in Formulierungen wie "Staub der Ebene schlucken" doch unweigerlich durchscheinen ;)

Bei den Sachen, bei denen ich von vornherein weiß, dass sie mich interessieren, hat es sich bisher auch immer gelohnt^^

Ich könnte dich darauf hinweisen, dass dies ein tautologischer Schluss ist ;) Aber ich weiß in etwa, was du meinst.
die sich noch Mindeststandards an Gehalt und Form verpflichtet fühlen;

Deine Mindeststandards ^^ Müsste man mal vergleichen, inwieweit sich deine und meine Mindeststandards unterscheiden. Allerdings denke ich, dass tatsächlich ein großer Unterschied in der Zielsetzung besteht, präzise
dass ich ein Buch wirklich lese, wenn es ausschließlich auf emotionalen Gehalt abzielt, kommt eher nie vor.
. Da scheiden sich wohl die Geister ^^

Ipsissimus
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Di 16. Nov 2010, 13:44 - Beitrag #34

Es läge mir fern, dich nur jetzt aufs Glatteis führen zu wollen ^^
viel Feind, viel Ehr^^ wobei, Feinde sind wir ja hoffentlich keine^^ nur Kombattanten^^

Ich meinte aber tatsächlich, ob du einen Autor kennst, ...
die Klassiker hierfür sind natürlich "Hollin’s Liebeleben" (sic!) von Achim von Arnim, ein vom "Werther" inspiriertes Machwerk, das von der Arnim-Rezeption komplett ignoriert wird, sowie "In einer Familie" von Heinrich Mann, das so schlecht ist, dass sich Mann zeitlebens dafür schämte^^

deine Decameron-Zitate sind schon berechtigt; ich möchte aber darauf hinweisen, dass es ein gewaltiger Unterschied ist, ob derartige "brave" Formulierungen in einem literarischen Werk auftauchen und die Fantasie stimulieren, oder ob sie optisch vorexerziert werden. Und Boccaccio ist kein John Cleland^^

als dies bei seichteren Genüssen der Fall ist
es gibt also seichtere und weniger seichte Genüsse?^^

... dass dies ein tautologischer Schluss ist ...
nicht notwendigerweise^^ es könnte auch sein, dass ein Thema, das mich interessiert, so schlecht erarbeitet ist, dass ich die Lektüre trotzdem abbreche^^

Deine Mindeststandards
natürlich^^ andererseits, du studierst Italienisch. Literatur- oder Sprachwissenschaften? Im ersten Fall wirst auch du dich gelegentlich mit ästhetischen Theorien auseinander setzen dürfen^^

e-noon
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Di 16. Nov 2010, 13:59 - Beitrag #35

Zitat von Ipsissimus:viel Feind, viel Ehr^^ wobei, Feinde sind wir ja hoffentlich keine^^ nur Kombattanten^^

Und auch das nur gelegentlich :kiss:
die Klassiker hierfür sind natürlich "Hollin’s Liebeleben" (sic!) von Achim von Arnim, ein vom "Werther" inspiriertes Machwerk, das von der Arnim-Rezeption komplett ignoriert wird, sowie "In einer Familie" von Heinrich Mann, das so schlecht ist, dass sich Mann zeitlebens dafür schämte^^
Interessant, werde ich mich mal informieren.

deine Decameron-Zitate sind schon berechtigt] Natürlich kann man das keineswegs vergleichen und selbstverständlich grenzt Pasolini eng ans pornographische oder hat diese Grenze vielleicht schon überschritten; andererseits, wer weiß, wie der Text in Boccaccios Zeiten gewirkt hat ^^ auch die Definition von Pornographie verschiebt sich. Ich wollte aber auch Pasolini nicht mit Boccaccio gleichsetzen sondern nur mein Statement bezüglich der doch sehr intensiven sexuellen Elemente Boccaccios untermauern.

es gibt also seichtere und weniger seichte Genüsse?^^

Auf jeden Fall, es gibt seichte und tiefgründige Genüsse, intellektuell fordernde und emotional aufpuschende Genüsse, es gibt lang fortwirkende und momentan wirkende Genüsse, es gibt Nüsse, die schwer zu knacken, dafür aber umso leckerer sind und es gibt Industrienüsse, vorgeröstet und übersalzen. Das alles sehe ich ebenfalls so, aber ich würde davon keine Wertung ableiten wollen. "Nur hohe Literatur gibt mir etwas" - keine Frage, so ein Statement kann ich nachvollziehen, wenn es auch auf mich nicht zutrifft. "Nur hohe Literatur ist echte Literatur/gute Literatur/einem Intellektuellen würdige Literatur" würde ich nicht so stehenlassen wollen ;)

nicht notwendigerweise^^ es könnte auch sein, dass ein Thema, das mich interessiert, so schlecht erarbeitet ist, dass ich die Lektüre trotzdem abbreche^^

Was imo zeigt, dass es zwei Achsen gibt: die X-Achse ist hohe bzw. Unterhaltungsliteratur, die y-Achse ist gute/schlechte Qualität.

natürlich^^ andererseits, du studierst Italienisch. Literatur- oder Sprachwissenschaften? Im ersten Fall wirst auch du dich gelegentlich mit ästhetischen Theorien auseinander setzen dürfen^^

Sowohl als auch :cool: Natürlich, und ich streite auch nur den Sinn und die Berechtigung von allerhöchstens 90% dieser Theorien ab, der Rest ist gut und wahr und schön. Allerdings muss nicht alles jenseits dieser Kriterien schlecht sein, sondern eben einfach mit anderem Fokus. Es kann immer noch schlecht sein, muss es aber nicht.

e-noon
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Di 22. Nov 2011, 16:26 - Beitrag #36

Im Rahmen der Vorbereitung auf mein Examen lese ich zurzeit vermehrt Werke aus dem Viktorianischen Zeitalter; es war für mich überraschend, zu erkennen, wieviele weibliche Schriftstellerinnen zu dem Zeitpunkt bereits von einem breiten Publikum geschätzt wurden. Auch war mir peinlicherweise nicht klar, dass beispielsweise George Eliot nur das männliche Pseudonym einer Schriftstellerin war, deren Namen ich mir auch jetzt noch nicht gemerkt habe. Gerade habe ich Elizabeth Gaskells 'North and South' gelesen, einen stark gesellschaftskritischen Bildungsroman, der sich mit der Industrialisierung Englands und deren Folgen für die (Klassen-) Gesellschaft beschäftigt.

Ich möchte zudem daran erinnern, dass auch die meisten von Shakespeares Komödien auf einer ungewöhnlich aktiven, intelligenten, listigen Frauenfigur beruhen, die den Großteil der Handlung bestimmt. Ich denke, es ist ausgeschlossen, dass damals vorwiegend Frauen im Theater waren ;) Auch die Leserschaft der besagten Komödien ist heute noch nicht überwiegend weiblich, denke ich.

Hier noch ein interessanter Link zur Frauenliteratur.

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Di 22. Nov 2011, 16:38 - Beitrag #37

Auch ich habe mir inzwischen, zu erheblichen Teilen fremdinduziert, einige Beispiele weiblich-weiblicher Literatur sowohl leichterer als auch schwererer Kost zu Gemüte geführt; anderes schon früher, insbesondere Anna Seghers, Christa Wolf, Ingeborg Bachmann und Elfriede Jelinek, wobei die ja auch nur teilweise für weibliches Publikum schreiben. Anna Seghers hat zunächst noch unter männlichem Pseudonym veröffentlicht; die Themen der letzten drei sind stark auf weibliche Rollen in der Gesellschaft und natürlich auch innerliche Zustände ausgerichtet, in erheblichem Maße auch auf Gewalt gegen Frauen, insofern auch gesellschaftskritisch. Diese Texte hätte ein Mann sicher nicht so geschrieben, deswegen sind sie aber für Männer nicht weniger relevant und lesenswert.

Was ich übrigens damals meinte, kann ich unmöglich rekonstruieren oder beantworten, ist ja schon fast ein Jahr her... Bild

e-noon
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So 19. Feb 2012, 11:50 - Beitrag #38

Die genreabhängige Präferenz für männliche oder weibliche Autoren, die auch J.K. Rowling dazu bewogen hat, nicht unter ihrem weiblichen Vornamen zu veröffentlichen, findet sich auch schon deutlich früher, beispielsweise im Genre der Gothic Novel. Ab einem bestimmten Zeitpunkt wird das Genre größtenteils von Autorinnen dominiert, wie Wikipedia verdeutlicht:

Zitat von Wikipedia:Though the authors were mostly women, some men wrote Gothic romances under female pseudonyms. For instance the prolific Clarissa Ross and Marilyn Ross were pseudonyms for the male writer Dan Ross and Frank Belknap Long published Gothics under his wife's name, Lyda Belknap Long. Another example is British writer Peter O'Donnell, who wrote under the pseudonym Madeleine Brent.

Ipsissimus
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Di 21. Feb 2012, 12:32 - Beitrag #39

so ganz richtig verstehe ich das immer noch nicht^^ für mich hat es noch nie eine Rolle gespielt, welches Geschlecht AutorIn hatte, und quer durch alle Gattungen habe ich Lieblingsbücher von beiden Geschlechtern

e-noon
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So 16. Dez 2012, 22:10 - Beitrag #40

Das ist sehr löblich, Ipsi, aber du bist ja auch weder ein Teenager, noch Viktorianer, noch einer dieser furchtbaren Ignoranten wie Traitor. ;)

George Eliot war eine der besten Autorinnen des Viktorianischen Zeitalters, zusammen mit den Brontes, Thackeray, Trollope, Dickens, Hardy, Henry James und Mrs. Gaskell. Fünf Frauen, fünf Männer. Die meisten haben sowohl aus der Sicht von Frauen als auch aus der Sicht von Männern geschrieben. Die Leserschaft ist bis heute sehr breit gestreut. Virginia Woolf (<- weibliche Autorin) nennt George Eliots berühmtesten Roman 'Middlemarch' "one of the few English novels written for grown up people."

"Lady Chatterley's lover", wohl das berühmteste Werk von D. H. Lawrence, hat eine weibliche Protagonistin und wurde und wird von einem breiten Publikum rezipiert. Ebenso fast alle berühmten Ehebruchsromane des Realismus, ich nenne mal Madame Bovary von Flaubert, Anna Karenina von Tolstoi, Effi Briest von Fontane.

An Fantasyautorinnen fallen mit neben der schon genannten J. K. Rowling immerhin Anne Rice (Interview mit einem Vampir), Trudi Canavan (The Magician's Gild (furchtbar), The Age of the Five (ziemlich gut)), Cornelia Funke (bereits genannt), Tamora Pierce (leider in Deutschland wenig rezipiert) und, der neue Stern in der Kategorie "Von Frauen über Frauen, aber von einer breiten Masse männlicher und weiblicher Leser verschlungen", Suzanne Collins (The Hunger Games/Die Tribute von Panem) ein.

Was Sci-Fi angeht, so lese ich das kaum.

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