Zum Tod von Umberto Eco

Die Faszination des geschriebenen Wortes - Romane, Stories, Gedichte und Dramatisches. Auch mit Platz für Selbstverfasstes.
Ipsissimus
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Sa 20. Feb 2016, 03:45 - Beitrag #1

Zum Tod von Umberto Eco

Im Alter von 84 Jahren starb Umberto Eco.

Du hattest mich ziemlich lange beschäftigt.

Ruhe in Frieden.

Lykurg
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Sa 20. Feb 2016, 17:01 - Beitrag #2

Mich auch. Und starb am selben Tag wie Harper Lee.
Das Jahr meint es wirklich nicht gut mit uns. :(

Maglor
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Mo 22. Feb 2016, 15:53 - Beitrag #3

Er ist ein leuchtendes Beispiel für Einheit von Wissenschaft und Kunst. Er war auch einer der bedeutendsten Geisteswissenschaftler der Gegenwart, wenigstens aber der bedeutsamste Italiener. Bedeutungen war auch sein eigentliches Thema. Besonders für italienische Öffentlichkeit ist er ein schwerer Verlust, liefert er doch immer wieder auch bemerkenswerte politische Einschätzungen.

Der "Friedhof von Prag" hatte mich damals tief beeindruckt. Seine anderen Romane stehen weit oben auf der Liste der noch zu lesenden Bücher. Sie sind Beispiele dafür, dass Bestseller-Listen nicht aus Pulp-Fiction bestehen müssen. Es sind historische Romane im strengsten Sinne (näher an den Quellen als Schulbücher oder gar populärwissenschaftliche Werke). Gleichzeitig sind jedoch komplexe Botschaften und Pointen für die Gegenwart enthalten.

Lykurg
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Mo 22. Feb 2016, 18:57 - Beitrag #4

Ich mochte Baudolino und vor allem den Namen der Rose lieber als den Friedhof von Prag - will unbedingt Foucaults Pendel lesen. Aber ja, gut, daß du auf seine zahlreichen nichtliterarischen Seiten verweist, die aber natürlich auch in seine Romane eingeflossen sind (spannend in dem Zusammenhang auch sein eigenes Sekundärwerk zum Namen der Rose).

Da du den Friedhof von Prag erwähnst, kennst du Leo Perutz' Nachts unter der steinernen Brücke? Unbedingt lohnend.

Traitor
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So 28. Feb 2016, 19:27 - Beitrag #5

Neben Borges der andere Großmeister der gelehrten Literatur; gleichzeitig anti- wie postmodern. Vielleicht sein einziger Makel war, dass er sich kaum kurz zu fassen wusste, sodass ich mich bisher nur zu zweien seiner Werke aufraffen konnte... die Rose ist davon wohl das Maximum an Intellektualität, das man dem Massenmarkt zumuten konnte, das Pendel eigentlich schon weit darüber hinaus.

Ipsissimus, das Plusquamperfekt nur aufgrund seines Ablebens, oder auch, da du die Beschäftigung bereits aus anderen Gründen eingestellt hattest?

Ipsissimus
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Mo 29. Feb 2016, 17:46 - Beitrag #6

ich habe mit Ausnahme von Nullnummer eigentlich sein gesamtes literarisches Werk und einiges aus dem wissenschftlichen Werk gelesen, fand aber, dass er nach der Insel des vorigen Tages besser aufgehört hätte, fürs Publikum zu schreiben. Das Pendel ist meiner Ansicht nach das Beste - und zusammen mit den ersten hundert Seiten Rose auch das Schwierigste -, was er je geschrieben hat, die Insel war schon ein deutlicher Abfall und danach kam nichts mehr, was mich wirklich noch mitgenommen hätte. Nullnummer werde ich mir allerdings aus Gründen der Vollständigkeit noch antun^^ und wenn ich ihn hier kritisch darstelle, ist das Jammern auf hohem bis höchstem Niveau^^

Wirklich gemocht habe ich ihn aber, weil er Blockflötenspieler war^^

Maglor
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Mi 2. Mär 2016, 17:41 - Beitrag #7

Ich kann nur sagen, dass Ecos Lieblingsthemen - soweit sie mir lediglich aus der "Friedhof von Prag" und der Verfilmung von "Der Name der Rose" bekannt sein können - erschreckend aktuell geworden sind. Erst diese Woche sind mir etliche moderne Simonis begegnet, deren Denken vollkommen von dem mehr in Mode kommenden apologetischen Kulturrassismus beherrscht war.

Damals hatte mir ein Lateindozent mitgeteilt, dass im Baudolino ein paar mittellateinische Briefe zitiert werden, von denen nie irgendeine Übersetzung in moderner Sprache publiziert wurde. Er habe deswegen auch einen Briefwechsel mit Eco geführt. Der Lateindozent erklärte seinen Studenten daraufhin, dies sei der praktische Nutzen des Fach mittellateinische Philologie.
Blöde nur, dass ich den Baudolino nie gelesen habe und meine bescheidenen Kenntnisse der mittellateinischen Sprache nie anwenden konnte. :wzg:

Lykurg
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Mi 2. Mär 2016, 18:06 - Beitrag #8

Damit werden wohl kaum die des Priesterkönigs Johannes gemeint sein? Von denen dürfte es genügend moderne Übersetzungen geben, denke ich. Baudolino habe ich in recht gemischter Erinnerung, es setzt halt die ganzen spätmittelalterlichen Vorstellungen des phantastischen Ostens um in einer bildgewaltigen Reisebeschreibung, die mir ein bißchen zuviel wurde.^^ Die Perspektiven auf Barbarossa und seine Zeit sind aber ähnlich wie im Namen der Rose enorm farbenprächtig und schön, ein großes Spiel mit Fragmenten der (Literatur-)Geschichte.


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