Ein Rätsel, was steckt hinter dem Satz?

Der Kaktus auf dem Fensterbrett und der bedrohte Regenwald, Haustiere, die uns zu Kühlschrankbutlern erziehen, Wildtiere, die ihre Lebensräume verlieren, Reisen in die Einsamkeit und Erkundungen von Städten.
janw
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Mo 11. Apr 2005, 17:23 - Beitrag #1

Ein Rätsel, was steckt hinter dem Satz?

Gestern fiel mir ein Satz ein, der einen Schverhalt im Gartenbau und in der Landwirtschaft recht gut beschreibt, und ich fragte mich, ob andere hier auch etwas damit anfangen können.

Was bedeutet also:

"Kalk macht reiche Väter und arme Söhne"?

Fritz
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Mo 11. Apr 2005, 18:00 - Beitrag #2

Hmm... relativ entscheidend für die Fruchtbarkeit unserer Böden sind ja die Huminstoffe. Sorgt Kalk (=Basen) also dafür, das kurzfristig mehr Nährstoffe im Boden sind, aber die Huminstoffe verschwinden?

e-noon
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Mo 11. Apr 2005, 18:59 - Beitrag #3

So etwas ähnliches würde ich auch vermuten, dass Kalk als Düngemittel kurzfristig den Ertrag steigern kann, langfristig aber andere wichtige Stoffe aus dem Boden raubt und somit spätere Erträge geringer ausfallen, als sie es gänzlich ohne Kalk wären.

janw
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Mo 11. Apr 2005, 20:23 - Beitrag #4

Gar nicht schlecht für den Anfang. Ja, die Huminstoffe werden weniger und die Erträge später werden niedriger.
Warum aber verschwindet der Humus und warum ist das so schlimm?

Fritz
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Mo 11. Apr 2005, 22:26 - Beitrag #5

Warum die verschwinden kann ich dir nicht sagen.
Schlimm ist es, da die Huminstoffe als Kationenaustauscher die wichtigen Mineralstoffe binden und deren Auswaschung verhindern.
Im Regenwald gibt es dafür ja den so beliebten Micorhizza(?).

Traitor
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Mo 11. Apr 2005, 22:34 - Beitrag #6

Laienhaft geraten wäre ein möglicher Mechanismus, dass durch die kurzfristige Düngwirkung der Bewuchs diese Stoffe besonders effektiv aus dem Boden bezieht und sie dementsprechend einfach schneller zur Neige gehen, ohne sich regenerieren zu können (ob und wai sie das normalerweise tun, kA).

Maglor
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Di 12. Apr 2005, 13:03 - Beitrag #7

Kalk ist für viele Lebewesen absolut tödlich. Es ist gut möglich, dass der Kalk-Einsatz dazu führt das die Fauna im Erdboden längerfristig ausgerottet. Und die kleinen Organismusmen sind ja für die Bildung des Humus verantwortlich.
Von diesem Effekt wird in der Landwirtschaft ebenfalls Gebrauch gemacht. Möchte man etwa einen Hühnerauslauf nach jahrelanger Freilandhaltung desinfizieren, so bestreut man ihn mit Kalk und gräbt ihn unter. Der Effekt ist, dass die Keime im Boden getötet werden.

MfG Maglor

janw
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Di 12. Apr 2005, 14:04 - Beitrag #8

Tjaja, die Trivialnamen :rolleyes:

Maglor, Dus sprichst von Calciumhydroxid, auch bekannt als Löschkalk, der ist wahrlich ätzend. Ich spreche von Calciumcarbonat, das wirkt anders.

blobbfish
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Di 12. Apr 2005, 14:32 - Beitrag #9

Ich würde sagen, dass das Calciumcarbonat als Dünger wirkt. Mit der Zeit verlaugt aber Boden, weil das Carbonat als Base fungiert und da Kohlensäure keine allzustarke Säure ist, ist das Carbonat hingegen eine recht gute base. Und alkalische Böden sind nunmal nicht sonderlich angenehm für diese Huminstoffe (Was auch immer das ist). Ich gehe mal davon aus, dass die Lauge auf Dauer nicht vertragen, ebenso wie der menschliche Körper.

Maglor
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Di 12. Apr 2005, 14:59 - Beitrag #10

Ist Claicumcarbonat etwa identisch mit Kali?

MfG Maglor
P.S. Dies ist der Small-Talk-Bereich und ich benutze daher die Umgangssprache.

janw
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Di 12. Apr 2005, 15:10 - Beitrag #11

Nene, Kali ist was anderes.

Und wir reden insgesamt von moderaten Kalkgehalten, sonst hätte blobby recht...

blobbfish
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Di 12. Apr 2005, 15:20 - Beitrag #12

Kali ist Kaliumnitrat oder () Kalidünger -> Kunstdünger -> KNH3? Ein Stoff, den man nicht unterschätzen sollte.

Trivialnamen sind öfters tauflisch, macht sich immer wieder um Chemieunterricht bemerkbar.

Was ist unter "moderaten Kalkgehalten" zu verstehen? Größere Menge?

janw
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Di 12. Apr 2005, 15:47 - Beitrag #13

Kali bezeichnet verschiedene lösliche Kaliumsalze wie Kaliumcarbonat, Kaliumnitrat u.a.
Moderat heißt hier, daß die Gehalte so niedrig bleiben, daß die negativen Wirkungen der Hydroxidionen nicht erreicht werden.

blobbfish
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Di 12. Apr 2005, 16:08 - Beitrag #14

Der Verstopfungseffekt von Kalk ist sicherlich nicht gemeint. Dann tippe ich deswegen auf die Härte beziehungsweise Weiche von Wasser. Aber was es damit dann auf sich hat keine Ahnung, zumal ich mir nie merken kann, welches der Sorten viel Kalk enthält und welches wenig.

Anderer Ansatz baut auf denen von Fritz auf: Wenn die Huminstoffe Kationaustauscher sind und Wasser enthalten (Man sieht, ich habe quasi keine Ahnung von Biologie), könnte es ja sein, dass sie mehr Kalium(Kalium plus, sonst wurde es den Pflanzen sicherlich nicht gut bekommen, abgesehen davon, dass der Stoff nicht wirklich existieren könnte wegen dem Wasser) in die Pflanzen bringen und die anderen Stoffe zum Beispiel währenddessen absacken. Oder die Huminstoffe sind etwas zu positiv geladen und das mögen sie auch nicht (Ich denke grade an Kochsalz in Pflanzenzellen, oder war das nur Natronlauge und dann Salzsäure? Ich mein Natronlauge, und da lief dann Wasser aus der Zelle raus, beziehungsweise wurde hinausgepumpt um das konzentrationsgefälle zu überwinden.)

Trotzki_Rip
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Di 12. Apr 2005, 16:50 - Beitrag #15

also mit der Härte is das so,je Härter das Wasser desto Kalkhaltiger,und Ca hat die eigenschaft mit mit Beispielsweise Ammoniak und anderen Metallen/Nicht-
metallen aus Salzen Komplexe zu bilden(z.B [Ca(NH3)]O).

D.H wenn die Pflanzen das 'harte' Wasser aufnehmen,wird ihnen durch das gelöste Calcium wichtige Nährstoffe (Mineralien(Salze),Amminosäuren u.ä) vorenthalten,weil diese eben gebunden sind.

Weis aber nit inwiefern ich richtig liege.

janw
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Mo 18. Apr 2005, 17:22 - Beitrag #16

Also dann, die Rettung naht in Form der Lösung:

Aber erst noch kurz zu blobbfish:
Die Wasserhärte spielt hier nicht die Rolle.
Huminstoffe liefern tatsächlich einiges an Kalium, wenn auch nicht so viel wie manche Tonminerale. Das könnte schon zur Lösung führen.
ein Teil der Stoffaufnahme der Wurzeln erfolgt durch Osmose, indem die Wurzelzellen ziemlich viel Zucker gelöst enthalten, der dort nicht raus kann und das Wasser im Boden anzieht, das dann in die Zellen einströmt und einige gelöste Ionen mitschleppt. Andere Ionen müssen aber energieaufwändig eingefangen werden.

und zu Trotzki_Rip:
Diese Komplexbildung des Calciums gerade mit organischen Stoffen nutzt die Pflanze, indem sie solche Stoffe (sog.Chelatbildner) abgibt, die gelöstes Calsium im Boden einfangen, an den Wurzelzellen andocken und dort das Calcium abgeben. Innerhalb der Zellen wird durch entsprechenden pH-Wert und organische Säuren verhindert, daß das Calcium ausfällt, denn nur in gelöster Form können die Pflanzen es ja verwerten.

Extrem kalkhaltige Böden sind aber auch ungünstig, weil hier Phosphat als Calciumphosphat im Boden festgehalten wird und damit ein P-Mangel auftreten kann, besonders bei Wechselfeuchte.

Aber nun zur Hauptsache:
Aus dem Bestandsabfall der Pflanzendecke (Blätter, Stroh,...) stellen viele Bodenorganismen von der Kellerassel bis zu Bakterien Huminstoffe her. Huminstoffe sind chemisch nicht klar zu beschreiben, es sind organische Molekültrümmer, Säuren, Eiweißreste und daraus neu zusammen gesetzte Gebilde.
Diese haben eine große Oberfläche und im Falle von Eiweißtrümmern noch Reste des Stickstoffs in sich, der in Eiweißen vorhanden ist.
Durch die große Oberfläche und entsprechende negative Ladungen können Kationen wie Kalium ganz gut andocken.
(Wobei man sagen muß, daß Tonminerale noch viel mehr Kalium enthalten, aber Böden mit wenig Tonmineralen haben eben nur die Huminstoffe als Kaliumspeicher).

Die Bodenorganismen sorgen dafür, daß diese Huminstoffe immer weiter abgebaut werden und die darin enthaltene Stoffe den Pflanzen wieder zugänglich werden.

Diese Bodenorganismen fühlen sich am wohlsten bei einem etwa neutralen Säuregrad des Bodens, also pH 7 und etwas darüber. Durch die Säuren im Niederschlag und die beim Abbau enstehenden organischen Säuren ist in den meisten Böden aber ein pH von 5,5-6 normal, also in dem Bereich, wo die Bodenorganismen sich noch nicht maximal gut fühlen.

Gibt man solch einem Boden jetzt Kalk, also Calciumcarbonat, dann schafft man für die Bodentierchen bessere Lebensbedingungen, die Huminstoffe werden schlagartig besser abgebaut und mehr Nährstoffe frei gesetzt. Was den Pflanzen zugute kommt.

Wenn nun der Bauer häufig Kalk gibt, ist irgendwann der Humus aufgezehrt, und der Boden verarmt an Nährstoffen und Nährstoffhaltevermögen.
Der Sohn ärgert sich verständlicherweise.

Die Lösung: Immer wieder Humus zuführen in Form von Kompost oder Mist.


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