Heidelberg

Der Kaktus auf dem Fensterbrett und der bedrohte Regenwald, Haustiere, die uns zu Kühlschrankbutlern erziehen, Wildtiere, die ihre Lebensräume verlieren, Reisen in die Einsamkeit und Erkundungen von Städten.
Traitor
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Sa 15. Aug 2009, 12:55 - Beitrag #1

Heidelberg

Dank Astronomie-Sommerschule habe ich nun eine innerdeutsche Bildungslücke beseitigt und erstmals Heidelberg besucht. Meine Eindrücke: eine im Wesentlichen sehr schöne, aber doch auch irgendwie widersprüchliche Stadt.

Heidelberg hat 145.000 Einwohner und liegt am Neckar am Rand des Odenwaldes. Direkt über der Stadt liegen mit Königstuhl und Heiligenberg zwei 500- bzw. 400-Meter-Berge. Hauptattraktion ist die "barocke Altstadt auf mittelalterlichem Grundriss", die so gut erhalten ist wie bei kaum einer anderen deutschen Stadt dieser Größe. Darüber am Berghang liegt dann das große Heidelberger Schloss, zum Teil Ruine, zum Teil intakt.

Die Altstadt ist natürlich wirklich schön, eine riesige zusammenhängende Fußgängerzone und viele nette Gebäude, sowohl die Universität als auch das Rathaus und die Bürgerhäuser. Das Schloss ist sehr sehenswert, fast noch mehr von unten oder dem Berg gegenüber als malerische Kulisse als von innen, aber auch da ist es hübsch groß. Den Marsch wert ist der "Philosophenweg" auf der gegenüberliegenden Flusseite, der eben diesen und viele andere nette Blicke ermöglicht.

Nun aber auch zu den Widersprüchen. Sehr überrascht hat mich, dass Heidelberg sein Flussufer so vollkommen verschwendet. Auf der "falschen" Seite gibt es eine Uferwiese, aber auf der Stadtseite ist das Ufer bis auf ein paar Bootsanleger komplett von einer zweispurigen Straße vereinnahmt. Jede andere Großstadt ist doch froh über ihren Fluss und nutzt ihn für hübsche Promenaden mit Cafés und dergleichen oder einen Park.
Dann kenne ich keine andere alte Stadt, deren Sehenswürdigkeiten so sehr vom modernen Kommerz unterwandert wurden. Hier gibt es einen Subway-Imbiss im "Haus zur goldenen Sonne", einen Dönerladen direkt neben dem berühmtesten Prunkbaus "Haus Zum Ritter", und Souvenirläden in der Fassade der Kirche. Sehr befremdlich.

Ein positiver Widerspruch dagegen ist die Jesuitenkirche. Katholisch, aber innen fast frei von jedem Kitsch; großzügig, schlicht, nüchtern und erhaben, bemerkenswert.

Lykurg
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Sa 15. Aug 2009, 14:46 - Beitrag #2

Den Eindruck kann ich in weiten Teilen bestätigen von meinem Besuch im Februar. Das Schloß fand ich von innen noch sehenswerter als von außen, hatte mich aber auch intensiv mit dem Bildprogramm der Fassaden auseinandergesetzt und war deshalb ein bißchen voreingenommen. Reizvoll ist jedenfalls auch der Blick von der Schloßterasse über die Stadt.

Flußnutzung und Straßenführung sind mir ebenfalls als leicht obskur aufgefallen; trotzdem scheint das Konzept angesichts der Touristenmengen einigermaßen aufzugehen. Dementsprechend dann auch die gewerbliche Ausrichtung - immerhin sind die Läden rund um die Heiliggeistkirche in gut mittelalterlicher Tradition, nur daß sie keine Heiligenbildchen mehr verkaufen, sondern Postkarten und Kuckucksuhren.^^

Die Jesuitenkirche habe ich leider verpaßt, allerdings hätte ich die erst Pfingsten 09 eingeweihte Kuhn-Orgel dort ohnehin noch nicht sehen können - wie wirkt die in dem zwar schlichten, aber doch barocken Raum, oder ist sie dir nicht gesondert aufgefallen?

Es scheint eine Heidelberger Eigenart zu sein, daß man Kirchen vorzugsweise als Bibliotheken nutzt. Die Heiliggeistkirche verwahrte über ein Jahrhundert lang auf ihren Emporen die Schätze der Palatina, und die Universität bewarb sich im 19. Jh. um die Jesuitenkirche als neues Bibliotheksgebäude...

blobbfish
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Sa 15. Aug 2009, 18:03 - Beitrag #3

Interessant. Ich war bisher noch nicht in Heidelberg, liegt zwar, meine ich, in Reichweite meines Tickets, aber ich habe mir sagen lassen, dass die Studentenschaft dort recht versnobt sein soll, bestätigt wurde mir dies auch von einem Ex-Heidelberger, der nach dem Vordiplom nach Marburg wechselte, seine Freundin studiert hier. Erfahrungen diesbezüglich?

Marburg hat die Lahn auch nicht ideal genutzt, aber man muss auch zugestehen, dass es im Lahntal sehr eng ist, Stadtautobahn und Bahnschienen wollen natürlich auch einmal durch. Allerdings sind beide nicht störend, wenn man auf den Lahnweisen weilt. In Mensanähe ist es aber soweit gut gelöst, jedenfalls was Weidenhausen und Südviertel an Platz hergeben. In die andre Richtung hat man einen Parkplatz am Ufer errichtet, eine der wenigen Parkmöglichkeiten in Marburg. Aber in der Ecke ist eh keiner und das Ufer ist beidseitig mit Bäumen bewachsen.

Kassel hat auch keine Uferpromenade in dem Sinne, aber das ist historisch bedingt, da sowohl Unterneustadt als auch Bettenhausen bzw. ehem. Messeplatz und die "Altstadt" direkt an die Fulde grenzen, und das mit Haus, Mauer, Rondell. Jenseit der Drahtseilbrücke ist es aber ähnlich, dort wo Aue und Buga sind. Auf der einen Seite trennt der Auedamm die Aue von der Fulde, auf der anderen Seite zeitweise ebenfalls ein Damm zur Buga. Hinzu kommt noch, dass dort das Flussbett der Fulda recht tief liegt.

sledge
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So 16. Aug 2009, 04:51 - Beitrag #4

Ja schade, dass ihr den Heidelberg-Besuch nicht im Voraus angekündigt habt. Für mich wären das 45min Autobahn gewesen (also quasi nix) - zumal man bei Interesse vielleicht was in Thema Altstadt und Orgeln organisieren hätte können. Versprechen könnte ich zwar nichts, aber so ein paar Fühler hätte man ausstrecken können.

Schade,
sledge

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So 16. Aug 2009, 10:11 - Beitrag #5

Naja, sledge, bei mir war es im Wesentlichen ein gut gefüllter Tag, und ich wußte nicht, daß du Orgelkontakte hast... Bild Dann hätte mich auch Heiliggeist noch gereizt. Hast du die neue in der Jesuitenkirche schon gehört?

Traitor
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Mo 17. Aug 2009, 12:22 - Beitrag #6

Lykurg, von der Orgel habe ich zugegebenermaßen gar nichts gesehen, da ich etwas in Eile war, um noch bei gutem Tageslicht auf dem Schloss anzukommen, und so nur kurz in die Kirche am Wegesrand reingeschaut habe. Später habe ich dann vergessen, sie nochmal genauer zu betrachten.

blobbfish, hinsichtlich der Versnobtheit habe ich keine konkreten Erfahrungen, die ansässigen Astronomen waren ganz normal. Allerdings ist die eine Mensa (Marstall) ziemlich snobistisch, mit Cocktailbar, Jazzmusik und Klavier. Dafür aber auch sehr gut.

Es gibt dort übrigens zwei Läden, in denen du an die CioMod-Schokolade kommen könntest, "St. Anna No1", vom Bismarckplatz die erste Seitenstraße rechts der Hauptstraße, und die "Epicerie", etwas weiter links.

sledge, ich war auch ziemlich rundum beschäftigt, aber vielleicht entsteht hier ja gerade der Plan für das nächste Matrix-Treffen. ;)


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